Habe ich einen Denkfehler? (Genehmigung Immobilien mit Touch zur GbR)

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    ich habe gerade etwas auf dem Tisch liegen, das mich ein kleines bisschen verwirrt. Das beschäftigt mich sogar jetzt am Samstag, aber es ist halt auch interessant. ^^ Bitte verzeiht, wenn ich nicht schreibe "warum, wieso, weshalb". Irgendwo möchte ich ja der Amtsverschwiegenheit noch gerecht werden. ;) Seht es wie früher in den Klausuren: "Der Sachverhalt ist als wahr zu unterstellen." 8) Nachfolgend wurde aus Zweckmäßigkeit und ggf. zur weiteren Anonymisierung immer die männliche Form gewählt:

    Mein Betreuter war vor Anordnung der Betreuung im Immobilienbereich recht geschäftstüchtig. In den Zeiten der Niedrigzinsen hat er mehrere Immobilien vollfinanziert und nur die Kaufnebenkosten als Eigenkapital eingebracht. Das sieht auch echt sinnvoll aus, aber um es kurz zu fassen: Von der Kohle sieht er nix direkt, die Mieter bezahlen ihm seine Immobilien, er sieht nur die Schulden geringer werden, hat einige Immobilien im Portfolio und dazu noch mehr Möglichkeiten der steuerlichen Abschreibung. Die Betreuung wird ehrenamtlich von einem (nicht befreiten) Betreuer geführt. Dieser hat mir jetzt gesagt, dass der Betreute Bares benötigt (das lässt sich anhand der Rechnungslegung auch ganz gut nachvollziehen). Dazu gäbe es zwei Möglichkeiten:

    1. Es wird eine der Wohnungen verkauft. Das ist aber definitiv nicht im Sinne des Betreuten, zumal dann Spekulationssteuer (dürfte jedoch nicht allzu hoch sein) und eine ziemlich saftige Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank fällig werden. Die Familienmitglieder meinten bei einem Gespräch auch, dass diese Immobilien einfach später seinen Ruhestand mitfinanzieren sollten.

    2. Mit einem Geschwisterteil des Betreuten eine GbR gründen und diese ins GbR-Register eintragen. Danach zahlt dieser Geschwisterteil dem Betreuten 50% des damaligen Kaufpreises und der Betreute überträgt im Gegenzug die ganze Immobilie an die GbR, in der er dann zusammen mit seinem Geschwisterteil ist. Danach wird alles gerecht geteilt und übernommen (sprich: Restschuld, Mieteinnahmen, Darlehensrate, Zinsen, steuerliche Abschreibungen, Hausgeldzahlungen, etc. pp.).

    Mit Nr. 2 würden sowohl Spekulationssteuer als auch Vorfälligkeitsentschädigung wegfallen, da mit dem Verkauf kein Gewinn erwirtschaftet und kein Darlehen vorzeitig abgelöst wird. Die Immobilie hat lt. Gutachten auch nicht allzu sehr an Wert zugelegt, es ist m. E. von diesem Standpunkt aus genehmigungsfähig (zumal der Schuh etwas drückt und das wäre tatsächlich die schnellste Variante). Der Betreute bekommt im Wege des Schuldbeitritts ja sogar noch etwas Sicherheit. ABER (und das ist die Crux, die mich an der Genehmigungsfähigkeit zweifeln lässt):

    Was ist mit den bislang gezahlten Darlehensraten des Betreuten?! Müssen die da nicht irgendwo berücksichtigt werden? Schließlich bekommt der Geschwisterteil ja eine Immobilie, die zu ca. 1/4 bereits abgezahlt ist und hält im Gegenzug wirtschaftlich gesehen 50% an der Immobilie (über die GbR).

    Habe ich da einen Denkfehler oder gibt sich das wirtschaftlich gesehen nichts? Weil der Gedanke ist halt auch:

    Der Betreute hat am Ende der Finanzierung z. B. 20 Jahre abgezahlt, der Geschwisterteil nur 15, aber der Geschwisterteil hält 50% der Immobilie, obwohl der Betreute 3/4 aller Raten und der Geschwisterteil 1/4 aller Raten gezahlt hat. 5 Jahre länger Raten zahlen macht bei z. B. 6.000 € p. a. halt auch mal eben 30.000 € aus...

    Ich halte Variante 2 für genehmigungsfähig(er), da so dem Wunsch des Betreuten Rechnung getragen wird, sie ist am wenigsten kostenintensiv und die Familienverhältnisse sind in Ordnung. Es gibt innerhalb der Familie keinen Streit und ich konnte miterleben, wie die Familie sich um den Betreuten kümmert. Wäre da nicht der Zweifel im vorherigen Absatz.

    Ich freue mich auf rege Beteiligung und den Geistesblitz von euch überhaupt! :saint:

    LG
    tupperdose

  • Dein Denkfehler: der Betroffene bekommt 50 % des Verkehrswerts und nicht nur 50 % des Restdarlehens. Auch wenn die Differenz vielleicht nicht so groß sein mag. Dafür hatte der Betroffene aber in den letzten Jahren auch steuerliche Vorteile, z.B. durch Abschreibung.

  • Vielen Dank für deinen Post!

    Die steuerlichen Abschreibungen und das alles würde ich über eine vertragliche Vereinbarung zwischen den beiden regeln lassen. "Ein paar Euro hin oder her" sind da m. E. nicht entscheident; es geht letztlich darum, dass der Betreute wieder flüssig wird. Das würde ich daher außenvor lassen, denn der Betroffene hat ja letztlich auch alleine die Hausgelder (inkl. Rückerstattungen und Nachzahlungen) der letzten Jahre bestritten. Mindestens die nicht umlegbaren Rücklagen sind ja "weg" und würden entschädigungslos anteilmäßig übertragen.

    Ich hab inzwischen mit meiner Freundin (Rechtspflegeranwärterin im 2. Jahr; wir reden eigentlich privat nicht über die Arbeit, höchstens über ihr Studium oder halt wenn's mal von ihr eine Verständnisfrage gibt) ein bissl diskutiert: Sie ist der Meinung das ich schauen muss, dass beide am Ende das selbe bezahlt haben.. Also wenn z. B. die ganze Wohnung einen Wert von z. B. 200.000 € hat und bislang nur 50.000 € bezahlt wurden, müsste der Geschwisterteil auch nur 50.000 € bezahlen. Schließlich bezahlen sie ab dem Tag der wirtschaftlichen Übernahme ja auch den gleichen Anteil am Darlehen. Damit würden beide nämlich auf 0 rauskommen, wenn die Finanzierung durch ist.

    Gegenmeinungen?

  • Entlässt die Bank den Betroffenen wirklich aus seinem Darlehen. Wenn die GbR das Darlehen übernimmt? Wird der Betroffene wirklich schuldenfrei? Beas bekommt der Betroffene als Kaufpreis? Den halben Grundstückswert? Nur den bereits zurückbezahlten Darlehensbetrag?

  • Klar, der Betreuer schließt einen Vertrag ab. Der Rechtspfleger entscheidet ob er genehmigt.

    Der Rechtspfleger entscheidet nicht, welche von 2 Varianten

    Natürlich spreche ich mit dem Betreuer ab, welche der beiden Varianten eher als genehmigungsfähig einzustufen ist. ;)

    Entlässt die Bank den Betroffenen wirklich aus seinem Darlehen. Wenn die GbR das Darlehen übernimmt? Wird der Betroffene wirklich schuldenfrei? Beas bekommt der Betroffene als Kaufpreis? Den halben Grundstückswert? Nur den bereits zurückbezahlten Darlehensbetrag?

    Im Endeffekt wird ja eine eGbR gegründet, bei der bei einem Gesellschafter Personengleichheit zum ursprünglichen Schuldner herrscht. Die Bank bekommt ja nur einen weiteren (ebenfalls unbeschränkt haftenden) Vertragspartner dazu. Schuldbeitritt muss ja nicht vom Gläubiger zugestimmt werden, seine Position verbessert sich ja nur.

    Ich hab das jetzt ewig mit allen diskutiert, die mir so eingefallen sind. Eine recht passable Lösung wäre wohl, dass der Geschwisterteil an allen bislang angefallenen Einnahmen und Ausgaben an der Wohnung teilhat. Sprich: Jeder Zahlungseingang (Miete) und -ausgang (Hausgeld, Handwerker, etc.). Da man die Steuer (-vorteile) aber rückwirkend nicht mehr bekommt, wird das pauschal abgegolten, indem der Geschwisterteil zu den (guten!) Konditionen im Darlehen einsteigt und natürlich alles zur Hälfte übertragen bekommt. Die Bank dürfte es herzlich wenig interessieren, wie viele Eigentümer in Abt. I stehen; das Grundstück ist ja sowieso mit einer Grundschuld belastet. Schuldrechtlich: s. o..

    Alle Kosten wären dann im Endeffekt geteilt, es wird so getan, als wäre der Geschwisterteil von Anfang an dabei gewesen. Der Betreute partizipiert dann aber auch hälftig an den Notar- und Grundbuchkosten, Grunderwerbssteuer, Kosten für die Gründung und Eintragung der GbR (schließlich sollen alle die Hälfte bezahlen), die jetzt noch entstehen.

    Gegenmeinungen??

  • Im Endeffekt wird ja eine eGbR gegründet, bei der bei einem Gesellschafter Personengleichheit zum ursprünglichen Schuldner herrscht. Die Bank bekommt ja nur einen weiteren (ebenfalls unbeschränkt haftenden) Vertragspartner dazu. Schuldbeitritt muss ja nicht vom Gläubiger zugestimmt werden, seine Position verbessert sich ja nur.

    Ja aber der bisherige Schuldner haftet weiter voll - auch nach einer Übertragung. Und wenn die Bank zustimmt, dann nur zu den üblichen Bedingungen, d.h. gesamtschuldnerische Haftung aller Eigentümer, und daran ändert auch die GbR nichts, weil die Bank auf persönlicher Haftungsübernhame der GbR-Gesellschafter bestehen wird. Ergebnis: halbes Eigentum weg, Schulden noch voll da.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Mir ist das alles nicht plausibel.

    Wenn der Geschwisterteil bei der angedachten Kontruktion ohnehin etwas zahlen muss, weshalb gibt er dem Betroffenen dann nicht einfach ein Darlehen, das so hoch ausfällt, dass daraus auch die Zinsen bezahlt werden?

    Weshalb komplizierte Konstruktionen bei einem einfachen Sachverhalt?

    Alternativ könnten auch die Bankkredite aufgestockt werden.

  • Mir ist das alles nicht plausibel.

    ...

    Weshalb komplizierte Konstruktionen bei einem einfachen Sachverhalt?

    ...

    Weil im Betreuungsrecht der bestellte Betreuer eigenverantwortlich entscheidet bzw. entscheiden soll und zu seiner getroffenen Entscheidung dann noch den betreuungsgerichtlichen Segen benötigt. ;) So will es der Gesetzgeber =O Die Betreuungsgerichte sollen sich nicht in Betreuerentscheidungen einmischen <X und die Entscheidung den Betreuern überlassen :huh: und diesen keine Vorgaben machen :whistling:

  • Es geht nicht darum, dem Betreuer irgendwelche Vorgaben zu machen, sondern ihn auf etwas hinzuweisen, was er bislang ggf. noch nicht ins Kalkül gezogen hat. Und dass das, was er bislang ins Kalkül gezogen hat, nicht ausreichend durchdacht ist, haben die bisherigen Stellungnahmen doch wohl ergeben.

  • Wie auch schon an anderer Stelle angemerkt, fehlt mir hier der Wille des Betreuten! Was sagt denn der Betroffene zu den Plänen?

    (Zurückblickend hat es wohl keine "bessere" Anlageform gegeben als Immobilien (*), deren Kredite von Dritten (Mietern) getilgt werden. Da schafft man richtig Vermögen. Wenn auch langsam. Aber laut SV ist der Betreute wohl noch nicht im Rentenalter, hat also Zeit.

    * : Bei vergleichbarem Risiko. Meine Meinung.)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Der Fall ist entschieden. GbR wurde gegründet, wird noch ins Register eingetragen, genau wie der Vollzug im GB. Es hat einfach gebrannt, der Betreute hat bei Anhörung praktisch nichts verstanden. Auch nicht, dass ihm bald seine restlichen Wohnungen wegversteigert werden könnten. Die Lage ist sehr prekär geworden. Geschwisterteil hat jetzt aber zumindest schon alles auf's Konto überwiesen, obwohl noch nichts eingetragen ist.

    Es wurde sich jetzt einfach wie folgt geeinigt: (Anfangsschuld + Kaufnebenkosten - Restschuld) / 2 = Kaufpreis. Der Geschwisterteil des Betreuten hat einfach nichts mit den Zahlungen, die der Betreute bei Beginn der Finanzierung geleistet und erhalten hat zu tun. Mit Ausnahme der ganzen Kaufnebenkosten, da diese ja jetzt nur noch halb steuerlich abgeschrieben werden können. Aber was vorbei ist, ist vorbei (keine Partizipierung an vorherigen Mieteinnahmen, Hausgeldern, usw.).

    Zu den einzelnen Beiträgen:

    Im Endeffekt wird ja eine eGbR gegründet, bei der bei einem Gesellschafter Personengleichheit zum ursprünglichen Schuldner herrscht. Die Bank bekommt ja nur einen weiteren (ebenfalls unbeschränkt haftenden) Vertragspartner dazu. Schuldbeitritt muss ja nicht vom Gläubiger zugestimmt werden, seine Position verbessert sich ja nur.

    Ja aber der bisherige Schuldner haftet weiter voll - auch nach einer Übertragung. Und wenn die Bank zustimmt, dann nur zu den üblichen Bedingungen, d.h. gesamtschuldnerische Haftung aller Eigentümer, und daran ändert auch die GbR nichts, weil die Bank auf persönlicher Haftungsübernhame der GbR-Gesellschafter bestehen wird. Ergebnis: halbes Eigentum weg, Schulden noch voll da.

    Der Betreute geht raus aus dem Grundbuch und tritt als Gesellschafter wieder ein. Kann doch dahingestellt bleiben, ob er als Gesellschafter einer GbR oder als Privatperson haftet: Er haftet so oder so, nur das jetzt noch ein Schuldner wirtschaftlich die Schuld mit übernimmt, sich alle Kosten halbieren und jetzt eine Gesamtschuldnerschaft besteht. M. E. Gehüpft wie gehoppelt.

    Mir ist das alles nicht plausibel.

    Wenn der Geschwisterteil bei der angedachten Kontruktion ohnehin etwas zahlen muss, weshalb gibt er dem Betroffenen dann nicht einfach ein Darlehen, das so hoch ausfällt, dass daraus auch die Zinsen bezahlt werden?

    Weshalb komplizierte Konstruktionen bei einem einfachen Sachverhalt?

    Alternativ könnten auch die Bankkredite aufgestockt werden.

    Wie hätte dann das Darlehehen an den Geschwisterteil zurückgezahlt werden sollen? Die Rechnung geht auf lange Sicht nicht auf, die prekäre finanzielle Lage wäre nur aufgeschoben worden.

    Bank hätte das nicht mitgemacht (es gab ja schon Zahlungsschwierigkeiten).

    Es ist rum, vielen Lieben Dank für Eure Beiträge! :thumbup:<3

  • Meiner Meinung nach wurden hier viele Fehler gemacht. Waren die Immobilien alle schon 10 Jahre im Besitz des Betreuten?


    Falls nein, dann fällt jetzt EkSt auf den Verkauf an. Das bedeutet insbesondere, dass die gemachten Abschreibungen der letzten Jahre rückgängig gemacht werden - bei Verkauf zum Verkehrswert ergibt sich der Veräußerungserlös in etwa in folgender Höhe:

    Verkehrswert - (Anschaffungskosten - Abschreibung der letzten Jahre)


    Falls der Verkauf unter Verkehrswert erfolgt ist, dann wird auf diesen Teil Schenkungssteuer fällig werden für Differenzen über 20.000,00 EUR (Schenkungssteuerfreibetrag unter Geschwistern).


    Der Verkauf unter Geschwistern ist auch nicht von der Grunderwerbssteuer befreit. Wurde beim ganzen Sachverhalt kein Steuerberater involviert?


    Unter Umständen hat man hier eine Vollkatastrophe produziert.

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