Vor- und Nacherbfolge nebst Testamentsvollstreckung und Teilungsanordnung

  • Ich habe folgenden Fall:


    Im Grundbuch war eingetragen die Erblasserin A, verstorben 1994.

    A hat ein notarielles Testament hinterlassen, in welchem sie ihre Kinder B, C und D zu nicht befreiten Vorerben zu je 1/3 Anteil eingesetzt hat.

    Nacherben sollten jeweils die jeweiligen Abkömmlinge von B, C und D sein. Der Nacherbfall sollte wie üblich mit dem Tode der Vorerben eintreten.

    Im Testament sind jeweils auch Abkömmlinge namentlich benannt ("Nacherben sind nach dem heutigen Stand : ….“)

    Als Abkömmlinge der Vorerbin B sind genannt: E+F

    Als Abkömmlinge des Vorerben C sind genannt: G+H+I

    Als Abkömmlinge des Vorerben D sind genannt: J

    Es war Testamentsvollstreckung angeordnet für die drei Vorerben als auch bedingt für die Nacherben gemäß § 2222 BGB (geändert: es liegt keine TV nach § 2222 BGB vor) (für den Zeitraum von Eintritt des Nacherbfalls bis sie das Alter von 27 erreichen).

    Daneben lag ein Erbschein von 1995 vor (wieso dieser beantragt wurde weiß ich nicht).

    Der Erbschein entspricht dem notariellen Testament. Nur die Testamentsvollstreckung für die Nacherben findet keine Erwähnung.

    Im Jahr 1995 hat der Testamentsvollstrecker – ausgewiesen durch TV Zeugnis betreffend den Nachlass der A (TV für die Vorerben) – verschiedene Grundstücke an jeweils einen der Vorerben aufgelassen. Zum Teil hat er damit die im Testament angeordneten Teilungsanordnungen erfüllt, zum Teil hat er jedoch auch nicht gemäß der Teilungsanordnung gehandelt und an einen anderen Vorerben aufgelassen.

    Beispiel:

    Grundbesitz 1 wurde an Vorerbin B aufgelassen. Eingetragen wurde die Eigentumsumschreibung und ein Nacherbenvermerk in Abteilung II. Hierbei wurden lediglich E+F erfasst (und auch die NE-TV, die nicht im Erbschein erwähnt ist).

    Grundbesitz 2 wurde an Vorerbe C aufgelassen. Eingetragen wurde die Eigentumsumschreibung und ein Nacherbenvermerk in Abteilung II. Hierbei wurden lediglich die Nacherben G+H+I erfasst (und auch die NE-TV, die nicht im Erbschein erwähnt ist).

    usw.

    Insgesamt sind sehr viele Grundbuchblätter betroffen.


    Grundbesitz 1 wurde im Folgenden (1996) von der Vorerbin B auf Ihre Abkömmlinge – die Nacherben E+F – übertragen. Der Nacherbenvermerk zugunsten E+F wurde damals nicht gelöscht.

    Nun beschäftigt mich dieses Grundbuchblatt, da die Nacherben E+F den Grundbesitz 1 nunmehr weiter veräußern möchten an Dritte.

    Es soll nun auch der Nacherbenvermerk gelöscht werden.

    Ich stelle mir folgende Fragen:

    • War es richtig, dass im Jahre 1995 die Nacherbenvermerke in den Grundbüchern nur die jeweiligen Abkömmlinge auswiesen? D.h. für Grundbesitz 1 nur E+F , für Grundbesitz 2 nur G+H+I?

      Die jeweils anderen Nacherben wurden zu keinem Zeitpunkt beteiligt. Sie haben weder mitgewirkt, noch ihre Zustimmung erteilt oder wurden angehört.

    • Kann ich den Nacherbenvermerk heute auf Grund Löschungsantrag/-bewilligung der E+F löschen? Zumindest werde ich eine eidesstattliche Versicherung von B und E+F anfordern, dass E+F die einzigen Abkömmlinge der Vorerbin B sind.

      Sollte der Nacherbfall bzgl. der Vorerbin B bereits eingetreten sein – ist hier sogar ein Nacherbschein erforderlich?

      Sollte der Nacherbfall bzgl. der Vorerbin B noch nicht eingetreten sein – ist hier die Bestellung eines Pflegers für die vielleicht noch unbekannten Nacherben (evtl. noch adoptierte Kinder oder Kinder, die noch geboren werden) erforderlich?

    • Aber muss ich nicht nunmehr hier auch die anderen Nacherben G+H+I und J berücksichtigen (+ evtl. noch weitere Nacherben)?

    Ich habe Bauchschmerzen dabei, dass der TV durch seine Übertragung quasi die Nacherbfolge „übergehen“ kann.

    Ich habe auch über die Anwendung noch § 2109 BGB nachgedacht. (Fristablauf von 30 Jahren seit September 2024). Jedoch weiß ich nicht ob der Nacherbfall oder die Nacherbfälle eingetreten sind.

    Ich hoffe, ich konnte den Sachverhalt einigermaßen darstellen.

    Bin gespannt auf eure Antworten.

  • Zunächst eine Verständnisfrage:

    Du sprichst von einer Nacherben-TV nach § 2222 BGB, sagst aber gleichzeitig, dass sich die TV auf die Zeit vom Eintritt des Nacherbfalls bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres des jeweiligen Nacherben (oder auch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres des jüngsten Nacherben) beziehen soll. Eine TV nach § 2222 BGB ist aber eine solche zur Wahrnehmung der Rechte für die Zeit zwischen Vor- und Nacherbfall und von einer sich an den Eintritt des Nacherbfalls anschließenden "normalen" TV zu unterscheiden.

    Sodann eine Frage sowohl nach dem Inhalt des Testaments als auch nach dem Inhalt des Erbscheins:

    Die von Dir zitierte testamentarische Formulierung ("nach dem heutigen Stand") deutet darauf hin, dass es für den Personenkreis der Nacherben nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts des Vorerbfalls, sondern auf den Eintritt des Zeitpunkts des Nacherbfalls (siehe unten Möglichkeit 3) ankommt, weil alle Abkömmlinge (insbesondere auch noch hinzukommende) bedacht sein sollen. Dann haben wir aber im Rechtssinne unbekannte Nacherben und die "derzeitigen" sind nur "Vielleicht-Nacherben". Es fragt sich also zunächst, ob der Erbschein überhaupt richtig ist und dies ist er sicher nicht, wenn er nur die damals existenten und (logischerweise) namentlich bekannten jeweiligen Abkömmlinge als Nacherben benennt.

    Nach meiner Ansicht gibt es für den Personenkreis der Nacherben theoretisch drei Möglichkeiten:

    (1) Nacherben sind nur die damals vorhandenen "derzeitigen" Abkömmlinge der Vorerben. Diese Möglichkeit, bei welcher alle Nacherben bekannt wären, scheidet nach meiner Ansicht aufgrund der genannten testamentarischen Formulierung aus.

    (2) Nacherben für B sind E und F, ersatzweise deren jeweilige Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge, sowie etwaige noch hinzukommende Abkömmlinge von B (nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge), sodass die Zahl der Stämme und damit die Erbanteile der Nacherben noch nicht feststehen (analoges gilt dann für den Vorerben C im Hinblick auf die Nacherben G, H und I sowie für den Vorerben D im Hinblick auf den Nacherben J, sodass ich mir entsprechende Wiederholungen erspare). In diesem Fall sind E, F, G, H, I und J also zwar bekannte Nacherben (mit Ersatznacherben), aber gleichwohl sind die Nacherben im Rechtssinne insoweit unbekannt, weil in jedem Vorerbenstamm noch weitere Nacherben hinzukommen können.

    (3) Nacherben sind die im Zeitpunkt des Nacherbfalls (!) vorhandenen Abkömmlinge eines jeden Vorerben zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge. In diesem Fall sind die Nacherben insgesamt unbekannt und die "derzeitigen" sind im Rechtssinne Schall und Rauch.

    Die Frage ist also, was im Testament und was im Erbschein steht und ob das, was im Erbschein steht, auch richtig ist.

    Ohne "Grundlagenforschung" lässt sich Dein Fall nicht lösen. Denn schlimmstenfalls fliegt alles bisher Geschehene nunmehr nachträglich "in die Luft". Die übliche Krux bei unbekannten Nacherben, wenn das Nachlassgericht nicht aufpasst und sich das Grundbuchamt auf das Nachlassgericht verlässt. Maßgeblich ist die objektive Rechtslage und nicht, was falsch in irgendwelchen Erbscheinen steht.

  • Hallo Cromwell,

    zunächst einmal vielen Dank, dass du dich mit dem Sachverhalt befasst hast.

    Du hast recht, eine TV nach § 2222 BGB liegt hier nicht vor. Die Anordnung der TV im Testament lautete wie folgt:

    "Ich ordne Testamentsvollstreckung an. Auch für den Fall, dass bei Eintritt der einzelnen Nacherbfälle der jeweils jüngste Nacherbe das 27. Lebensjahr noch noch nicht erreicht hat, ordne ich für diesen Nacherbfall TV an. Aufgabe des TV ist es in diesem Fall, nach Eintritt des Nacherbfalls den Nachlass bis zum Eintritt des 27. Lebensjahres des jüngsten Nacherben zu verwalten und anschließend die Teilung durchzuführen."


    Zu deiner weiteren Nachfrage: Der Erbschein ist wie folgt formuliert:

    Nacherben sind jeweils die Abkömmlinge der Vorerben. Nacherben sind nach dem heutigen Stand: ....

    Aus meiner Sicht ist der Erbschein daher in Ordnung.


    Was ich mich aber frage ist, ob der Nacherbenvermerk (der in meinem Grundbuch nur noch auf die Nacherben E+F lautet (+ etwaige weitere Abkömmlinge der B) nicht falsch ist.

    Müssten hier nicht auch die Nacherben G,H,I,J auftauchen? (+ etwaiger weitere Abkömmlinge von C und D).


    Wer muss der Löschung des Nacherbenvermerks heute zustimmen?

  • Leider muss ich gehörig Salz in die rechtlichen Wunden streuen.

    a) Sowohl der Erbschein als auch der ursprüngliche Nacherbenvermerk sind falsch, weil die Nacherben insgesamt unbekannt sind und sich eine namentliche Bezeichnung der (derzeitigen) Nacherben somit von vorneherein verbietet (OLG Frankfurt, FamRZ 2024, 1657 = FGPrax 2024, 206 = NJW-RR 2024, 753 = ZEV 2024, 708 (LS) = BeckRS 2024, 9363). Nacherben für jeden Vorerben sind dessen zum Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls vorhandenen Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge. Wer dies jeweils dereinst sein wird, steht in den Sternen. Soweit die Nacherben handeln müssen, kann insgesamt nur ein für nach § 1882 BGB (früher: § 1913 BGB) bestellter Pfleger (für unbekannte Beteiligte) für sie handeln.

    Das ist die Ausgangslage.

    b) Nun zu den Verfügungen des Testamentsvollstreckers:

    aa) Als erste Frage ist zu klären, ob der Testamentsvollstrecker ebenfalls den Verfügungsbeschränkungen der Vorerbschaft unterliegt (die Vorerben sind hier jeweils nicht befreite Vorerben). Dies wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (vgl. Grüneberg/Weidlich § 2205 Rn. 24 m. w. N.) und je nachdem, welcher Ansicht man sich insoweit anschließt, kann diese Problematik bei der einzelnen TV-Verfügung erhebliche Bedeutung erlangen. Diese Frage kann allerdings dahinstehen, sofern und soweit der Testamentsvollstrecker entgegen § 2205 S. 3 BGB unentgeltlich (außerhalb der Teilungsanordnungen) verfügt hat, weil diese Verfügungen schon mangels Mitwirkung der Nacherben unwirksam sind, weil ihnen kein nach § 1913/1882 BGB bestellter Pfleger für die Nacherben zugestimmt hat und die entsprechenden Zustimmungen der „derzeitigen“ Nacherben im Rechtssinne wertlos sind. Wenn es keine (zusätzliche) Testamentsvollstreckung nach § 2222 BGB für den Zeitraum zwischen Vorerbfall und Nacherbfall gibt, konnte der Testamentsvollstrecker diese Zustimmungen für die Nacherben nicht erklären.

    bb) Hat der Testamentsvollstrecker Teilungsanordnungen – exakt wie vom Erblasser angeordnet – erfüllt, so hat er insoweit entgeltlich verfügt und die betreffenden Verfügungen sind wirksam. Hierzu bedurfte es insbesondere keiner Zustimmung der Nacherben (also auch keines für diese bestellten Pflegers), weil keine Beeinträchtigung der Nacherben i. S. des § 2113 Abs. 1 BGB vorliegt. Dementsprechend kommt es insoweit auch nicht darauf an, ob der Testamentsvollstrecker den gesetzlichen Beschränkungen der (hier: nicht befreiten) Vorerbschaft unterliegt.

    Zutreffend ist, dass im Hinblick auf diese entgeltlichen Verfügungen aufgrund der insoweit vollzogenen Erbauseinandersetzung eine „Surrogation nach Stämmen“ eintritt, sodass für den betreffenden Grundbesitz nur noch die Abkömmlinge desjenigen Vorerben Nacherben sind, der den Grundbesitz erhalten hat. Allerdings sind auch die insoweit gebuchten Nacherbenvermerke falsch, weil Nacherben nicht die im Nacherbenvermerk namentlich benannten Abkömmlinge des jeweiligen Vorerben, sondern dessen im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls vorhandenen Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge sind (und der Nacherbenvermerk daher auch in dieser Weise formuliert werden muss). Außerdem sind diese Nacherbenvermerke sogar „doppelt falsch“, weil nunmehr die derzeitigen Nacherben (was aus den genannten Gründen für sich besehen schon falsch ist) als endgültige und einzige Nacherben erscheinen.

    cc) Soweit der Testamentsvollstrecker „außerhalb“ der Teilungsanordnungen verfügt hat oder er diese nicht exakt wie vom Erblasser angeordnet erfüllt hat, sind seine i. S. des § 2205 S. 3 BGB unentgeltlichen Verfügungen mangels Zustimmung der Nacherben (= mangels Pflegerzustimmung) unwirksam (siehe bereits weiter oben). Auch insoweit konnte der Testamentsvollstrecker die Zustimmung für die Nacherben mangels zusätzlicher Testamentsvollstreckung i. S. des § 2222 BGB nicht erklären. Diese Verfügungen können somit nur durch die nachträgliche Zustimmung eines nach § 1882 BGB für die unbekannten Nacherben zu bestellenden Pflegers (natürlich samt betreuungsgerichtlicher Genehmigung) wirksam werden. Aber auch in diesem Fall wären die nach Stämmen personell „verteilten“ Nacherbenvermerke aus den gleichen Gründen falsch (und „doppelt falsch“), aufgrund welcher sie auch bei den wirksamen TV-Verfügungen falsch (und „doppelt falsch“) sind.

    dd) In concreto zu Grundbesitz 1:

    Der Sachverhalt sagt nichts dazu, ob sich die Verfügung des Testamentsvollstreckers insoweit vollständig im Rahmen oder außerhalb einer Teilungsanordnung bewegte. Hiervon hängt aber ab, ob diese Verfügung wirksam oder unwirksam war (siehe oben). War sie wirksam, ist Vorerbin B Eigentümerin geworden und nur der Nacherbenvermerk ist – doppelt - falsch (siehe oben). War sie dagegen unwirksam, ist Vorerbin B nicht Eigentümerin geworden, sodass das Eigentum immer noch erbengemeinschaftlich allen Vorerben zusteht und es für jeden Erbteil unterschiedliche unbekannte Nacherben (innerhalb des jeweiligen Vorerbenstammes) gibt. Dementsprechend ist natürlich auch der bei Grundbesitz 1 gebuchte Nacherbenvermerk falsch, ganz abgesehen davon, dass er aus den genannten Gründen auch (doppelt) falsch ist, wenn die Verfügung des Testamentsvollstreckers wirksam gewesen wäre und Vorerbin B das Eigentum erworben hätte. Klar ist schließlich, dass die Auflassung nicht hätte vollzogen werden dürfen, falls es sich um eine TV-Verfügung außerhalb der Teilungsanordnungen handelte, weil es sich dann um eine unentgeltliche TV-Verfügung handelte und keine Zustimmung der Nacherben (= eines für diese bestellen Pflegers) vorlag.

    Die nachfolgende Übertragung von Grundbesitz 1 durch Vorerbin B an die angeblichen Nacherben E und F kann unabhängig davon, ob B das Eigentum überhaupt erworben hatte, in keinem Fall wirksam gewesen sein. Denn selbst wenn B das Eigentum erworben hätte (bei entgeltlicher Verfügung des TV in Durchführung einer Teilungsanordnung), wäre sie lediglich nicht befreite Vorerbin und die unbekannten Nacherben, seien es alle oder nur diejenigen ihres Stammes (Pfleger!) haben dieser Verfügung nicht zugestimmt, sodass es „zufällig“ richtig war, dass der (doppelt falsche) Nacherbenvermerk seinerzeit nicht gelöscht wurde. Wirksam kann die Verfügung der Vorerbin B also nur sein, wenn sie mittlerweile verstorben ist, es hierdurch zum Eintritt des ihre Person betreffenden Nacherbfalls kam und sie außer E und F keine weiteren Abkömmlinge hatte, sodass E und F von „derzeitigen“ zu endgültigen Nacherben mutiert sind. Dies kann aber nur durch einen Erbschein nachgewiesen werden, weil die unbekannten Nacherben im notariellen Testament nicht namentlich benannt sind und – bei unbekannten Nacherben - gar nicht namentlich benannt sein können (bzw. sie rechtlich irrelevant lediglich als derzeitige Nacherben benannt sind). Es kommt daher insoweit auch nicht mehr auf die Frage an – was aber noch hinzukäme –, ob das Nichtvorhandensein weiterer Abkömmlinge überhaupt durch eine eidesstattliche Versicherung aller Nacherben nachgewiesen werden könnte (verneinend bekanntlich die neuere Rechtsprechung, insbesondere des Kammergerichts).

    Damit ist auch die Frage nach dem Schicksal des nunmehr vorliegenden neuen Eintragungsantrags im Hinblick auf Grundbesitz 1 geklärt. E und F können nur wirksam veräußern, wenn der die Vorerbin B betreffende Nacherbfall bereits eingetreten ist und sie die einzigen Nacherben sind, was durch Erbschein nachgewiesen werden muss (siehe vorstehend; dann ist natürlich auch die Löschung des doppelt falschen Nacherbenvermerks kein Problem). Wenn Vorerbin B noch lebt, steht demgegenüber fest, dass E und F aus den genannten Gründen das Eigentum nicht erworben haben können (unabhängig davon, ob Vorerbin B das Eigentum erworben hatte), sodass sie nunmehr als Nichtberechtigte verfügen und diese Verfügung nur wirksam sein kann, wenn ein für die unbekannten Nacherben des Stammes zu bestellender Pfleger (nebst betreuungsgerichtlicher Genehmigung) dieser Verfügung zustimmt. Mit einer solchen Zustimmung und Genehmigung ist nach meiner Ansicht nicht zu rechnen, weil sich der Pfleger zunächst auf die „Reparatur“ aller bisherigen TV-Verfügungen fokussieren wird und erst im Rahmen einer Gesamtschau dieser (wirksamen oder unwirksamen) TV-Verfügungen eine dezidierte Entscheidung über die Zustimmung zu etwaigen Folgeverfügungen des jeweiligen Vorerben getroffen werden kann. Wenn der nunmehrige Erwerber dem Bestehenbleiben des (natürlich zwingend vorher zu berichtigenden, da bislang doppelt falschen) Nacherbenvermerks zustimmt, könnte die Auflassung allerdings vollzogen werden, aber auf ein solches rechtliches Harakiri wird sich kein vernünftiger Mensch einlassen (Kaufpreis bezahlt und dafür ggf. nichts erworben!).

    Einmal editiert, zuletzt von Cromwell (1. November 2024 um 13:36) aus folgendem Grund: Eingangs unter lit. a) das unzutreffende FGPrax-Zitat gestrichen.

  • c) Als Ergebnis ist demnach festzuhalten:

    Der Erbschein ist unrichtig. Der ursprüngliche Nacherbenvermerk ist unrichtig und er ist es weiterhin, soweit er heute noch (am ggf. noch nicht verteiltem Grundbesitz) fortbesteht.

    Die Verfügungen des Testamentsvollstreckers sind nur wirksam, sofern mit ihnen – ohne irgendwelche Abweichungen – eine Teilungsanordnung erfüllt wurde. Die insoweit in den jeweiligen Grundbuchblättern gebuchten „neuen“ Nacherbenvermerke sind allerdings alle (doppelt) falsch.

    Bewegen sich die Verfügungen des Testamentsvollstreckers außerhalb der Teilungsanordnungen, sind diese Verfügungen unwirksam und sie können nur durch die nachträgliche Zustimmung eines für die unbekannten Nacherben zu bestellenden Pflegers (nebst betreuungsgerichtlicher Genehmigung) wirksam werden.

    Reparaturmaßnahmen: Vorläufig wohl eine Flut von Amtswidersprüchen. Beim Nachlassgericht ist unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Frankfurt anzuregen, den unrichtigen Erbschein einzuziehen und einen Erbschein mit zutreffendem Inhalt zu erteilen. Sodann muss – Grundbuchblatt für Grundbuchblatt – alles inhaltlich repariert werden und zwar unter Beteiligung eines für die unbekannten Nacherben zu bestellenden Pflegers (§ 1882 BGB), wobei ich davon ausgehe, dass für jeden der drei Vorerbenstämme (B/C/D) ein eigener Pfleger zu bestellen ist, weil es im Hinblick auf die zugunsten bestimmter Vorerbenstämme erfolgten TV-Verfügungen um die nachträgliche Austarierung der Interessen der einzelnen Vorerbenstämme geht.

    Langer Rede kurzer Sinn: Sämtliche TV-Verfügungen müssen im Lichte der zutreffenden Rechtslage auf ihre Wirksamkeit geprüft werden und alles weitere hängt dann davon ab, wie diese Prüfung bei der einzelnen Verfügung ausfällt. Dies schlägt dann auf etwaige Folgeverfügungen der Vorerben durch und die „personell beschränkten“ Nacherbenvermerke sind ohnehin alle (doppelt) falsch.

    Die 30-Jahresfrist des § 2109 BGB spielt keine Rolle (da die Ausnahme des § 2109 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB greift).

    Insgesamt ein Paradebeispiel dafür, was passieren kann, wenn das Nachlassgericht die zutreffende Rechtslage nicht erkennt (der Erbschein hätte von vorneherein nicht mit diesem Inhalt formuliert werden dürfen), sich das Grundbuchamt auf die Beurteilung des Nachlassgerichts verlässt (wobei bei der Eintragung des ursprünglichen Nacherbenvermerks noch nichts „passiert“ war, weil er immerhin das „Derzeit-Problem“ verlautbarte) und dann später alles in die Luft fliegen kann, weil das Grundbuchamt die aus dem ursprünglichen Nacherbenvermerk ersichtliche (wenn auch unzureichend formulierte) Rechtslage bei späteren Verfügungen nicht zutreffend umsetzt. Aus grundbuchrechtlicher Sicht liegt der Hund somit darin begraben, dass man beim Vollzug der diversen vom Testamentsvollstrecker erklärten Auflassungen nicht erkannt hat, dass der Testamentsvollstrecker nur mit Zustimmung der unbekannten Nacherben (Pfleger samt betreuungsgerichtlicher Genehmigung) verfügen kann, soweit diese Verfügungen nicht exakt von einer testamentarischen Teilungsanordnung gedeckt sind und dass man die Problematik der unbekannten Nacherben dann im nächsten Schritt auch nicht zutreffend in die „personell beschränkten“ neuen Nacherbenvermerke inhaltlich integriert hat (sofern die betreffende TV-Verfügung überhaupt hätte vollzogen werden dürfen).

    Im Hinblick auf die nunmehr erforderliche Prüfung und Abwicklung der Dinge ist natürlich niemand zu beneiden. Aber es hilft nichts, irgendwann müssen falsch gelaufene Dinge eben wieder ins rechtliche Lot gebracht werden. Ich habe derlei bei vergleichbaren Sachverhalten schon einige Male „durchgezogen“. Zunächst wurde ein zutreffender Erbscheinsinhalt herbeigeführt, dann wurden die Nacherbenvermerke berichtigt und letztlich wurden die erfolgten Vorerbenverfügungen überprüft. Meist ging es dabei nur um einige wenige oder sogar nur um eine einzige grundbuchrelevante Verfügung, während die Problematik im vorliegenden Fall in gehäufter Form auftritt. Ob man nur eine oder mehrere Verfügungen zu überprüfen hat, bleibt sich aber im Ergebnis gleich, weil die Rechtslage und die hieraus resultierende Prüfung stets dieselbe ist.

  • Das freut mich zu hören.

    Aber vielleicht meldet sich auch die Threadstarterin noch.

    Hallo Cromwell,

    vielen herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort.

    Ich benötige etwas Zeit mich darin einzuarbeiten und über das weitere Vorgehen zu entscheiden.

    Hier ist diverser Grundbesitz betroffen, der ja auch teilweise schon weiterveräußert ist. Ich muss hier erstmal sichten, was an Verfügungen passiert ist.

    Das Nachlassgericht bzgl. Korrektur des Erbscheins ins Boot zu holen, wird ein erster richtiger Schritt sein.


    Am Rande: Könntest du die Rechtsprechung bzgl. der eidesstattlichen Versicherung (Kammergericht) verlinken?

    Ich berichte gerne wie der Fall weitergehen wird.

  • Prinz
    19. Juli 2024 um 12:04
    Cromwell
    22. Juli 2024 um 11:54
  • a) Sowohl der Erbschein als auch der ursprüngliche Nacherbenvermerk sind falsch, weil die Nacherben insgesamt unbekannt sind und sich eine namentliche Bezeichnung der (derzeitigen) Nacherben somit von vorneherein verbietet (OLG Frankfurt, FamRZ 2024, 1657 = FGPrax 2024, 206 = NJW-RR 2024, 753 = ZEV 2024, 708 (LS) = BeckRS 2024, 9363).

    Ich darf korrigieren?

    Bei der in der FGPrax 2024, 206 veröffentlichten Entscheidung des OLG Frankfurt/Main handelt es sich um den Beschluss vom 13.06.2024, 20 W 47/24, der sich mit dem Unrichtigkeitsnachweis im Zusammenhang mit der Löschung eines Nacherbenvermerks befasst, während die weiteren genannten Fundstellen auf den im vorliegenden Fall zutreffenden Beschluss des OLG Frankfurt/Main vom 05.03.2024, 21 W 80/23, verweisen (ist jetzt auch in ErbR 2024, 873 ff. veröffentlicht).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Kurzes Update:

    Ich habe beim Nachlassgericht die Berichtigung des Erbscheins angeregt.

    Der gegenständliche Grundbesitz (dort wo ich jetzt den Nacherbenvermerk löschen soll) wurde 1995 durch den TV im Rahmen der Teilungsanordnung an Vorerbin B übertragen. Es dürfte sich daher diesbezüglich um eine entgeltliche Verfügung gehandelt haben.

    Ich habe zur Löschung des Nacherbenvermerks die Bestellung eines Pflegers für die insgesamt unbekannten Nacherben der Vorerbin B gefordert. Dieser soll die Zustimmung zur Löschung des Nacherbenvermerks erteilen. Daneben habe ich die betreuungsgerichtliche Genehmigung gefordert.

    Bzgl. des übrigen Grundbesitzes werde ich noch Einzelfallprüfungen vornehmen.

    Sofern das Nachlassgericht den Erbschein berichtigt, beabsichtige ich auch ggf. die Nacherbenvermerke zu berichtigen.

    Werde berichten :-).

  • Hallo Cromwell,

    ich möchte mich auch für deine Mühe bedanken... auch wenn mir dadurch bewusst wurde, dass ich jetzt wohl einem Denkfehler unterlegen bin.

    Ich habe gerade den Fall, ich habe Vor- und Nacherbschaft.

    Die befreite Vorerbin A will das Grundstück an einen Dritten veräußern. Nacherben B, C und D handeln mit. Alle stimmen der Löschung des Nacherbenvermerks zu.

    Ich habe als Grundlage einen Erbschein, dort steht

    "Nacherben sind die Abkömmlinge der Vorerbin, dies sind zurzeit B, C und D. Der Nacherbfall tritt ein mit Tod der Vorerbin."

    So wie ich deine Ausführungen jetzt verstanden habe, ist das auch ein Fall, dass alle Nacherben unbekannt sind? Ich habe jetzt nämlich auch gedacht, es reicht eine eidesstattliche Versicherung darüber, dass keine weiteren Abkömmlinge vorhanden sind, aus. Aber ich muss hier auch einen Pfleger bestellen, und zwar insgesamt oder?

    :/:(

  • Der Pfleger ist nur für unbekannte (da z. B. noch nicht geborene) Nacherben zu bestellen, siehe Bauer/Schaub/Schaub, 5. Aufl. 2023, GBO § 51 Rn. 118.

    Alternativ könnte in deinem Fall auch eine Löschung des Nacherbenvermerks aufgrund vollentgeltlicher und damit den Nacherben gegenüber wirksamer Verfügung der befreiten Vorerbin in Betracht kommen.

  • Ich bin jetzt die ganze Zeit am rumhirnen. Aber genau zu dem Schluss komme ich auch, das ganze ist vollentgeltlich und grundsätzlich bräuchte ich die Zustimmung der Nacherben nicht, aber rechtliches Gehör muss ich ja gewähren vorab und dann muss ich ja auch wissen wer eigentlich Nacherbe ist.


    Ich habe jetzt wirklich gehofft ich komme mit der eidesstattlichen Versicherung zurecht. Also dass mir versichert wird, dass es keine weiteren Abkömmlinge gibt.Aber so wie ich Crowell verstanden habe wird das nicht funktionieren. Weil es auf den Zeitpunkt des nacherbfalls ankommt und nicht auf den Zeitpunkt des Ausscheidens des grundstücks aus der nachlassmasse?

    Trotz allem ist mir immer noch nicht hundertprozentig klar brauche ich jetzt den Pfleger für alle nacherben oder nur für die eventuell noch irgendwann dazu kommenden? Die die jetzt da sind (derzeit sind...) zählen die jetzt oder nicht?


    Ehrlich gesagt sträubt es mich irgendwie, so einen Aufwand zu starten obwohl eine vollentgeltliche Veräußerung der befreiten vorerbin vorliegt. Aber wenn es rechtlich kein dafür für die eidesstattliche Versicherung gibt, dann geht es halt nicht anders. Ich habe gehofft ich finde etwas...

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