Zuständigkeit Bestellung Ergänzungsbetreuer wenn Betreuer = Testamentsvollstrecker

  • Hallo,

    ich stolpere über die Zuständigkeit bei der häufigen Fallgestaltung, dass der (familiäre) Betreuer gleichzeitig aufgrund eines Behindertentestaments (Dauer)Testamentsvollstrecker wird.

    In den Fällen des § 1824 BGB ist der Rechtspfleger für die Bestellung des Ergänzungsbetreuers zuständig, allerdings ist die Überwachung des Testamentsvollstreckers kein Rechtsgeschäft.

    Seht ihr dennoch die Zuständigkeit für die Bestellung des Ergänzungsbetreuers beim Rechtspfleger oder doch eher beim Richter?

  • Der Rechtspfleger ist zuständig für die Bestellung des Ergänzungsbetreuers nach § 1817 Abs. 5 BGB:

    "Soweit ein Betreuer aus rechtlichen Gründen gehindert ist, einzelne Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, hat das Betreuungsgericht hierfür einen Ergänzungsbetreuer zu bestellen."

    Besorgung einzelner Angelegenheiten ist für mich nicht unbedingt immer mit einem konkreten Rechtsgeschäft verbunden. Der originäre Betreuer ist dann nur an der Überwachung des Testamentsvollstreckers gehindert. Die Kommentierung spricht hier auch von Stellvertretungs- oder Bestimmungsbefugnis und nicht direkt von Rechtsgeschäft.

    Also ich sehe hier die Zuständigkeit beim Rechtspfleger.

  • Zuständigkeit des Richters sehe ich in der Sache nur im Ausnahmefall, beispielsweise, wenn Unklarheit darüber herrscht, ob der Betreuer vertreten kann oder nicht oder, wenn beispielsweise schon mehrere Betreuer die Betreuung führen.

  • Ich würde tatsächlich eher Richtung Richterzuständigkeit tendieren.

    Der § 1824 BGB passt meiner Meinung nach mit keiner seiner Varianten auf diese Fallgestaltung. Früher hat man mit der Entziehung der Vertretungsmacht nach §§ 1908i Abs. 1, 1796 BGB ein Vertretungsvakuum geschaffen, das man dann durch die Ergänzungsbetreuung gefüllt hat. Es wurde auch vertreten, dass § 1795 BGB a.F. bzw. § 1824 BGB direkt anwendbar sein sollen, dies erscheint im Lichte der BGH Rechtsprechung jedenfalls fraglich (str., zum Meinungsstand etwa: BeckOGK/Sonnenfeld, 1.5.2022, BGB § 1796 Rn. 45ff, beck-online).

    Teilweise wird um den seit der Reform schmerzlich vermissten § 1796 BGB a.F. herumlaviert und einfach weiter ein Ergänzungsbetreuer bestellt (etwa: BeckOGK/Schmidt-Recla BGB § 1824 Rn. 45, 46).

    Ich würde die Angelegenheit über § 1817 Abs. 1 S. 1 BGB angehen ("Angelegenheiten können durch mehrere Betreuer besser besorgt werden"). Dann ist aber der Richter zuständig.

  • Es liegt ein Verhinderungsfall wegen rechtlicher Verhinderung vor. Deshalb Ergänzungsbetreuer und kein weiterer Betreuer. Fällt z.B. die Verhinderung weg endet die Ergänzungsbetreuung. Eine Entlassung des Ergänzungsbetreuers ist nicht von Nöten. Ein weiterer Betreuer müsste entlassen werden. Und für die Ergänzungsbetreuung ist einzig und allein der Rechtspfleger zuständig, da kein Richtervorbehalt gegeben ist.

    Der Vertretungsausschluss ergibt sich aus dem Doppelvertretungsverbot des § 181 BGB. Der Ergänzungsbetreuer ist kein weiterer Betreuer i.S. des § 1817 BGB. Er ist nicht bestellt, weil die Angelegenheiten durch mehrere Betreuer besser besorgt werden können, sondern weil sie durch einen Betreuer gar nicht besorgt werden können.

  • Ich habe hier auch meine Zweifel. Es fehlt mir ganz oft zunächst an der Anordnung des Aufgabenbereichs, in dem der Betreuer an der Vertretung gehindert ist. Zumindest müsste man m.E. dann zuerst über die Erweiterung der Betreuung nachdenken.

    Ich weiß dass "Vermögenssorge" Nachlasssachen grundsätzlich mit umfasst, ich tue mich aber schwer das so umzusetzen und eine Ergänzungsbetreuung einfach anzuordnen, wenn der Richter in vielen anderen Betreuungen ausdrücklich den Aufgabenbereich "Regelung der Nachlasssachen nach ...." neben der Vermögenssorge anordnet.

  • Der Vertretungsausschluss ergibt sich aus dem Doppelvertretungsverbot des § 181 BGB.

    Wenn es um Rechtsgeschäfte ginge, sicherlich.

    Bei diesen typischen Behindertentestamentskonstruktionen geht es ja in erster Linie darum, dass die Ansprüche des Erben gegen den Testamentsvollstrecker durchgesetzt werden (etwa § 2218 BGB oder den Auszahlungsanspruch bezüglich der Nachlasserträge gemäß der Verwaltungsanordnung). Selbst wenn man hier dem Grunde nach § 181 BGB bejahen würde, müsste man über die Ausnahme "Erfüllung einer Verbindlichkeit" aus dem Vertretungsausschluss rausfallen.

    Teilweise wird da herumargumentiert, dass der Interessensgegensatz so erheblich sei, dass ein dem § 1824 BGB entsprechender Fall vorliege (BeckOGK/Sonnenfeld, 1.5.2022, BGB § 1796 Rn. 46, beck-online). Diese analoge Erweiterung des Vertretungsausschlusses steht aber auf tönernen Füßen.

    Das scheint der BGH auch so zu sehen, denn wenn §§ 1824, 181 BGB direkt anwendbar wären, gäbe es diese Entscheidung aus 2008 nicht (BGH Beschl. v. 5.3.2008 – XII ZB 2/07, BeckRS 2008, 8468, meiner Ansicht ebenfalls folgend: HK-BetrR/Kieß, 5. Aufl. 2023, BGB § 1824 Rn. 32, beck-online).

  • Ich kann doch aber als Rechtspfleger die Betreuung nicht erweitern, ich war immer der Meinung dass dies dem Richter vorbehalten ist und ich nur eine Ergänzungsbetreuung im bereits angeordneten Aufgabenbereich (z.B. Nachlasssachen/Vermögenssorge etc.) anordnen kann. Wenn aber schon die grundlegenden Aufgabenbereiche in den richterlichen Anordnungen verschieden sind, muss ich dann nicht zunächst zur Prüfung der Betreuungserweiterung vorlegen? Was natürlich dazu führt, dass der Richter erweitert und gleichzeitig einen anderen Betreuer für diesen Bereich bestellt?

  • Der Richter hat Vermögenssorge (umfassend) angeordnet.

    Teil der Vermögenssorge ist das Nachlassverfahren nach E. Dort liegt aufgrund der TV eine Verhinderung vor.

    Für diese Verhinderung ordnest Du eine Ergänzungspflegschaft an.

    Wo liegt da eine Erweiterung der bestehenden Betreuung?

  • Mein Problem ist dass der Richter sonst regelmäßig Vermögenssorge + Nachlassangelegenheiten nach E anordnet wenn es ihm bei der Erstbestellung schon bekannt ist oder auch später bekannt wird.

    Kann ich dann einfach den Richter umgehen wenn ich seine Auffassung kennen müsste/sollte und die Ergänzungsbetreuung anordnen wenn bisher nur Vermögenssorge angeordnet ist?

  • Wiesenblume Heist es bei Euch dann im Umkehrschluss, dass ein bestellter Betreuer mit dem Aufgabenbereich "Vermögenssorge" rechtswirksam (vorbehaltlich der erforderlichen Genehmigung) keine Ausschlagung für den Betroffenen erklären kann und Ihr für den Fall, dass der Betreuer mit dem Aufgabenbereich "Vermögenssorge" doch eine Ausschlagungserklärung abgibt, die erforderliche Genehmigung verweigert, da er außerhalb seines Aufgabenbereichs tätig geworden ist? Wird durch den Richter wirklich erst eine Aufgabenkreiserweiterung durchgeführt?

  • 3 Richter, viele Meinungen....

    Ausschlagungserklärung geht nach der hiesigen Auffassung mit dem Aufgabenbereich Vermögenssorge, Abwicklung/Auseinandersetzung von Nachlass, Geltendmachung Pflichtteil etc. ist problematisch. Wir legen also grundsätzlich vor wenn uns das bekannt wird und dann wird normalerweise auch erweitert. Solange es da nichts einheitliches gibt und die Aufgabenbereiche vom Richter mit angeordnet werden, tue ich mich deswegen auch mit einer Anordnung der Ergänzungsbetreuung für Nachlasssachen nur im Aufgabenbereich Vermögenssorge schwer.

    Ganz leidiges Thema übrigens diese Aufgabenbereiche, ist durch die Reform nicht besser geworden.

  • Ist immer ein Problem, wenn der Richter auf der einen Seite umfassend (Vermögenssorge) und gleichzeitig noch kleinteilig (Grundstücksangelegenheiten, Bank-/Versicherungsangelegenheiten, ...) anordnet. Das Große umfasst doch bereits das Kleine.

    Geltendmachung Pflichtteil ist doch eindeutig Vermögensangelegenheiten und keine Abwicklung/Auseinandersetzung des Nachlasses. Der Pflichtteilsberechtigte ist doch am Nachlass gerade nicht beteiligt. Weshalb dann der ergänzende Aufgabenbereich "Nachlassverfahren".

    Klar, Du kannst als Rechtspflegerin nicht anders als aufgrund der "unklaren" (durch den Richter geschaffenen) Rechtslage vorzulegen.

  • Danke, ich dachte schon dass ich hier komplett auf dem Holzweg bin. Ich hab ehrlicherweise auch schon Ergänzungsbetreuungen aus der Vermögenssorge heraus angeordnet, aber inzwischen wieder Zweifel ob das so funktioniert.

    Ich bin mal gespannt wie die Diskussion um die generelle Zuständigkeit hier weitergeht.

  • Lieben Dank für alle eure Ausführungen.

    Ich habe mittlerweile die Akte der Richterin vorgelegt und um Stellungnahme zur Zuständigkeit gebeten. Sie hat vermerkt, dass sie Rechtspflegerzuständigkeit sieht.

    Ob sie das tiefergehend geprüft hat, weiß ich nicht. Zugegebenermaßen kommt mir das Ergebnis entgegen und ich speichere es für künftige Fälle. So habe ich es wenigstens etwas in der Hand, wie groß die Pfeife ist, die als Ergänzungsbetreuer eingesetzt wird ;) Da die Akte Vorlageakte ist, bin ich dann mal bei der nächsten Vorlage gespannt, ob das LG womöglich die angenommene Rechtspflegerzuständigkeit bemängelt.

  • Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers ist nach den Bestimmungen des RpflG eindeutig Rechtspflegerzuständigkeit. § 1817 Absatz 5 BGB ist vom Richtervorbehalt ausgenommen. Und das auch für das LG. Was will da das LG dann bemängeln. Darfst hat keinen weiteren Betreuer mit eigenem Aufgabenkreis bestellen. Sondern nur einen Ergänzungsbetreuer mit der Begründung rechtliche Verhinderung des bestellten Betreuers. Ende und Aus.

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