Vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses gegen "Bewohner"

  • In einem Zwangsversteigerungsverfahren wurde der Zuschlag erteilt.

    Bereits aus dem Gutachten ging hervor, dass das Objekt von Dritten bewohnt wird. Darauf wurde auch im Termin nochmal ausdrücklich hingewiesen. Offenbar war den Bewohnern durch den bisherigen Eigentümer die kostenlose Nutzung des Objekts überlassen worden. Ein Mietvertrag oder ein sonstiger Vertrag existiert wohl nicht.

    Der Ersteher beantragt nun die Erteilung einer vollsteckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses zum Zwecke der Räumung/Herausgabe gegen die aktuellen Bewohner.

    Die qualifizierte Klausel müsste ich als Rpfl. selbst erteilen. Darf ich das in vorliegendem Fall? Habe nur einen anderen Thread gefunden, in dem es um Mieter geht. Dort wurde dann verneint. Hier gibt es aber anscheinend keinen Vertrag irgendeiner Art.

    Und müsste/sollte man vor Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung die Bewohner anhören?

    Der Ersteher möchte die vollstr. Ausfertigung noch vor dem bereits bestimmten Verteilungstermin haben, welcher jedoch bereits nächste Woche stattfinden würde. Das würde wohl kaum klappen, wenn ich vorher noch anhören muss.

  • Zunächst einmal: Das Leben ist kein Wunschkonzert.

    Es ist ein Fall der qualifizierten Klausel. Auf jeden Fall würde ich anhören. Der Bewohner muss die Möglichkeit sein Besitzrecht darzulegen. Vielleicht liegt ja doch ein Vertrag vor.

    Ich meine in Erinnerung zu haben, dass bei Besitz der Sache ohne Rechtsgrund die vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden kann. Hatte aber bisher nur einmal damit zu tun. Da wurde ein Mietvertrag mit Angehörigen eher vorgeschoben, wobei es eigentlich eher eine Nutzungsübrlassung war. Ich habe die Klausel erteilt, Beschwerde wurde nicht eingelegt.

  • Der Zuschlag dient der Vollstreckung ua gegenüber denen, die durch Zuschlag ihr Besitzrecht verloren haben --> Schuldner (nebst Familie), Berechtigte des Wohnrechts (soweit das Recht durch Zuschlag erloschen ist) etc

    Ob man das nun Mietvertrag nennt oder Nutzungsüberlassungsvertrag, für mich fallen die nicht unter "Besitzrecht verloren". Aus dem Bauch. Müsste man prüfen. Kam ja bestimmt schon mal vor.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Genau. Hier ist das Problem, dass möglicherweise nie ein Besitzrecht bestand. Wäre das tatsächlich der Fall, kann m. E. Klausel erteilt werden. Fragt sich nur, ob der Vortrag des Erstehers oder Inhalt der Akte dazu reicht festzustellen, dass ein Besitzrecht nie bestand.

    Habe mal nachgeschaut. Stöber sagt dazu bei § 93 ZVG leider nichts. Da geht es immer nur um konkrete Besitzrechte oder Scheinverträge u. ä.

  • Ganz generell: § 93 ZVG ist in Bezug auf die Personenkreise, gegen die ein vereinfachter Vollstreckungstitel geschaffen werden kann, als Ausnahmeregelung zu verstehen. Daher sollte der Grundsatz sein, dass im Zweifel ein nicht erloschenes Besitzrecht der Bewohner angenommen und keine Klausel erteilt wird.

  • Ganz generell: § 93 ZVG ist in Bezug auf die Personenkreise, gegen die ein vereinfachter Vollstreckungstitel geschaffen werden kann, als Ausnahmeregelung zu verstehen. Daher sollte der Grundsatz sein, dass im Zweifel ein nicht erloschenes Besitzrecht der Bewohner angenommen und keine Klausel erteilt wird.

    Vielen Dank erstmal soweit.

    Der Fall wird leider nochmal wilder. Der Ersteher hat Zuschlagsbeschwerde eingelegt und zwar wegen Irrtums (wusste nicht, dass ein Mietvertrag besteht; das Gericht hatte allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Objekt nach Aktenlage von Dritten bewohnt wird, jedoch nichts über einen Mietvertrag bekannt sei). Die Bewohner haben dem Ersteher gegenüber jetzt wohl erklärt, dass ein Mietvertrag bestehe.

    Ersteher sagt, er würde die Zuschlagsbeschwerde zurücknehmen, sobald die vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses erteilt ist. Außerdem wurde das Bargebot nebst Zinsen nicht beglichen. Er werde zahlen, wenn die vollstr. Ausfertigung vorliegt. Das trotz meiner wiederholten Hinweise darauf, dass das zu Problemen führen kann.

    Da der Verteilungstermin morgen stattfinden würde, wird das allein deshalb nicht klappen, weil ich die Bewohner vorher anhören will. Vermutlich werde ich die vollstr. Ausfertigung wohl auch später nicht erteilen können, da ich damit rechnen muss, dass die Bewohner auch dem Gericht mitteilen werden, dass ein Mietvertrag bestehe.

    Daher brauche ich wiederum auch nicht damit rechnen, dass die Beschwerde zu einem späteren Zeitpunkt zurückgenommen wird.

    Mein Plan war eigentlich: Es wird rechtzeitig gezahlt, Verteilungstermin findet statt, Ausführung bis zur Rechtskraft aussetzen (Antrag liegt vor), Nichtabhilfe, Vorlage an LG.

    Da jetzt leider nicht einmal das Geld da sein wird (was ich erst heute erfahren habe), frage ich mich, ob nicht doch eine Vertagung angenehmer ist. Allerdings rechne ich wie gesagt nicht damit, dass sich an der Situation dann bis zum nächsten Termin grundlegen etwas ändern wird.

    Müsste das Geld denn im Falle des § 116 ZVG trotzdem bis morgen gezahlt sein, um Forderungsübertragung zu verhindern? Oder fällt die Frage nach Zahlung oder Forderungsübertragung unter die "Ausführung" gem. § 116 ZVG, sodass die Zahlung (insgesamt) bis zum nach Rechtskraft neu zu bestimmenden Termin erfolgen kann? Hatte diese Probleme bisher tatsächlich allesamt nicht.

    /edit: Habe jetzt doch noch einen Beitrag gefunden, nach welchem im Falle des § 116 ZVG die Forderungsübertragung erfolgen müsste. Daher wird wohl die Vertragung erstmal die bessere Wahl sein.

    Nastja
    23. Januar 2014 um 10:52

    Einmal editiert, zuletzt von caba (28. November 2024 um 13:04)

  • Du stellt den TP auf, verhandelst über etwaige Widersprüche und nimmst Geld (was du ja nicht bekommen wirst) vom Ersteher entgegen.

    Die Ausführung (Auszahlung oder Forderungsübertragung) unterbleibt.

    Ist der Zuschlag rechtkräftig, bestimmt du einen neuen Verteilungstermin, und machst, was du im ersten Termin noch nicht erledigt hat.

    Achte daraus, dass die Zinsen der erloschenen Rechte bis zum neuen Termin weiterzurechnen sind, sofern eine Zahlung des Erstehers nicht zum ersten Termin erfolgt ist.


    Insoweit ist das alles viel Aufwand ohne wirklichen Nutzen...

  • muss jetzt bissl blöd fragen: ist der Zuschlag gegenüber dem Ersteher in Rechtskraft erwachsen oder nicht?- ist die Beschwerde fristgerecht eingelegt?

    Ich tät sagen:

    Ist er in Rechtskraft erwachsen, besteht keine Grundlage für die Aussetzung der Ausführung; eingelegte Beschwerde hin oder her

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Ist er in Rechtskraft erwachsen, besteht keine Grundlage für die Aussetzung der Ausführung; eingelegte Beschwerde hin oder her

    Beschwerde rechtzeitig eingelegt, daher keine Rechtskraft.

    Wichtig wäre für mich jetzt insbesondere, wie ich am wenigsten Aufwand verursache.

    Ein Kollege schlägt jetzt statt Vertagung oder Aussetzung der Ausführung eine völlige Aufhebung des Verteilungstermins und Neubestimmung nach Entscheidung über die Zuschlagsbeschwerde vor.

  • Zur Verlegung war hier schon mal. Vor andererem Hintergrund.

    WinterM
    20. Dezember 2023 um 08:46
  • Da ich die Vorgehensweise bei beantragter Aussetzung der Verteilung nicht wirklich gut finde, habe ich die Termine immer vertagt/aufgehoben (je nachdem wie lange das Beschwerdeverfahren voraussichtlich dauern wird). Ich finde das ist "sauberer" sowie vor allem für alle Beteiligten einfacher und übersichtlicher.

    Der Ersteher muss hier sein Gebot wegen Irrtums anfechten. Das geht nur über die Zuschlagsbeschwerde, Ist recht knifflig. Unabhängig davon, ob das wirklich unter einen relevanten Irrtum fällt (das ist nur selten der Fall), kann er sich laut Sachverhalt/Protokoll wohl nicht darauf berufen. Selbst wenn er später erst zum Termin erschienen sein sollte (hatte ich mal vor ein paar Jahren (10+)).

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  • Worin soll denn der Irrtum begründet sein? Dass der Ersteher nicht wusste, dass das Objekt bewohnt ist oder nun doch ein Besitzrecht geltend gemacht wird?

    Es gilt der § 56 ZVG, auf den ich immer genauestens hinweise.. "Das Objekt wird so versteigert, wie es unter der gebuchten Anschrift vorgefunden wird. Minderungs- oder Wandlungsansprüche, wie bei der Versteigerung von "Mobilien" sind gänzlich ausgeschlossen."

    Ein Verteilungstermin wird auch nur dann aufgehoben, wenn zwischen Zuschlag und Verteilungstermin, Kenntnis von einer Zuschlagsbeschwerde vorliegt. Nicht rechtzeitige Zahlung des Meistgebotes (Mitteilung zum VT-dass die errechnete Teilungsmasse vorhanden ist) führt zur Forderungsübertragung nebst Eintragung der S-Hypotheken, soweit die UB des FA vorliegt...
    Terminsvertagung oder Neubestimmung geht gar nicht und ist auch nicht vorgesehen

    Der Ersteher muss hier sein Gebot wegen Irrtums anfechten.

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