Benachrichtigung der Ersatzerben obwohl der Ersatzerbfall nicht eingetreten ist

  • Vorbemerkung: Ich bin neuer Rechtspfleger. Bei mir am NL-Gericht werden die Ersatzerben von der Testamentseröffnung von dem einen Rechtspfleger immer benachrichtigt und der andere Rechtspfleger benachrichtigt die Ersatzerben nicht.

    SV:
    gemeinschaftliches notarielles Testament:

    1. gegenseitige Einsetzung der Ehegatten

    2. Einsetzung der beiden gemeinsamen Töchter als Schlusserben zu gleichen Teilen nach dem Überlebenden Ehegatten.

    3. Falls einer der Schlusserben aus irgendeinem Grund als Erbe ausfällt, sollen dessen Abkömmlinge in Anwendung der gesetzlichen Vorschriften an seine Stelle treten.

    Weitere Ersatzerben werden nicht bestimmt.


    Der längerlebende Ehegatte verstirbt. Beide Töchter erleben den Erbfall.


    Eröffnung der Vfg.v.T.w. Nach dem längerlebenden Ehegatten


    Müssen nun die Ersatzerben benachrichtigt werden, obwohl die testamentarischen Erben vorhanden sind?

    Der Rechtspfleger, der nicht benachrichtigt, meinte, dass der Ersatzerbfall ja nicht eingetreten ist & deshalb die Benachrichtigung auch nicht erfolgen muss.


    Der andere Rechtspfleger meint, dass alle im Testament benannten Personen benachrichtigt werden müssen.


    Ich danke schon mal vielmals für die Antworten.

    LG

  • Ersatzerben sind m.E. zu benachrichtigen, bspw. weil sie Erbunwürdigkeit des Erben einwenden könnten, wofür sie zunächst Kenntnis von Ihrer Ersatzerbenberufung benötigen.

    S. OLG Hamm NJW-RR 1994, 75

    In der Praxis macht es nach menen Erkenntnissen jedoch kaum jemand. Die allermeisten stellen sich auf den Standpunkt, dass im Fall einer Ausschlagung des Erben sowieso gem. § 1953 Abs. 3 BGB benachrichtigt werden müsste. Die Erbunwüdigkeit scheint für kaum jemanden ein Argument zu sein.

    Das Thema müsste es im Forum auch schon gegeben haben.

  • Ich benachrichtige in diesen Fällen nicht, da die Ersatzerbfolge ganz offensichtlich nicht eingetreten ist. Daher sehe ich die Ersatzerben nicht als Beteiligte an, die benachrichtigt werden müssen.

    Was sollen sie auch sagen, meine Mutter war schon tot?

    AG Cuxhaven (Grundbuch, Nachlass, Strafvollstreckung, RAST, GV-Prüfung)

  • Nach Sichtung mehrerer Kommentare zu § 348 FamFG werde ich dazu übergehen, in diesen Fällen auch die Ersatzerben zu benachrichtigen. Es ist offenbar tatsächlich herrschende Meinung mit nachvollziehbaren Argumenten.

    AG Cuxhaven (Grundbuch, Nachlass, Strafvollstreckung, RAST, GV-Prüfung)

  • Ich gebe dir den Rat, etwaige Beteiligte, bei denen du nach Namen/Anschriften von Ersatzerben fragst, direkt darauf hinzuweisen, dass du diese Auskünfte brauchst, weil Ersatzerben unabhängig davon, ob der Ersatzerbfall eingetreten ist, benachrichtigt werden müssen.

    Weise auch die Ersatzerben, die du benachrichtigst, darauf hin, dass du sie gerade eben lediglich als Ersatzerben benachrichtigst und dies unabhängig davon geschieht, ob der Ersatzerbfall eingetreten ist. Man kann m.E. auch reinschreiben, dass der Ersatzerbfall nach Aktenlage (bisher) nicht eingetreten ist.

    Ansonsten wird es Anrufe von Beteiligten regnen, die das Gericht fragen, wofür denn jetzt die Auskünfte benötigt werden und dass das ja alles Quatsch sei. Stell dich ggf. auch darauf ein, dass die Geschäftsstellen alles andere als begeistert sein und dich zu überzeugen versuchen werden, deine Entscheidung zu überdenken, weil das doch zu massiver Mehrarbeit führt (Ermittlung der Ersatzerben kann schon aufwendig sein, Benachrichtigung aller Ersatzerben, ständige Nachfragen von Beteiligten).

    Spreche aus eigener Erfahrung, weil ich selbst lange einer der wenigen war, die Ersatzerben ermittelt und benachrichtigt haben.

  • An diejenigen, die die Ersatzerben benachrichtigen: Wird dann bei einer Kette von Ersatzerben jeder benachrichtigt, sogar der gemeinnützige Verein, der manchmal am Ende der Kette steht und dessen Chance, etwas zu bekommen, fast null ist?

    PS: Und wie wird bei "ersatzweise deren Abkömmlinge nach den Regelungen über die gesetzliche Erbfolge" verfahren, wenn die Anschriften nicht mitgeteilt werden?

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