Kostenquotelung - Berechnung der Wahlverteidigervergütung?

  • Im vorliegenden Strafverfahren hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Staatskasse 30% der notwendigen Auslagen des Angeklagten für das Berufungsverfahren tragen muss.

    Die Pflichtverteidigervergütung wurde entspr. abgerechnet und ausgezahlt. Nun kommt der Antrag auf Erstattung der anteiligen Wahlverteidigervergütung für das Berufungsverfahren unter Vorlage der Abtretungserklärung. Der Anwalt berechnet den Erstattungsanspruch so: Wahlverteidigervergütung - Pflichtverteidigervergütung Berufungsverf. = Differenzbetrag * 30% = (weiterer) Erstattungsanspruch aus Staatskasse

    Nach Anhörung des Bezirksrevisors beantragt dieser die Zurückweisung des Antrages mit der Begründung, dass auf den anteiligen Anspruch des Angeklagten (Wahlverteidigergeb.) die komplette PV-Vergütung anzurechnen wäre und danach kein Differenzbetrag zur Erstattung verbleiben würde. Zitieren tut er dabei die Entscheidungen des OLG Celle, Beschluss vom 21.04.2016 - 1 Ws 187/16 und des OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.11.2016 - 1 Ws 475/16. (Er rechnet wohl: Wahlverteidigergebühren * 30% abzgl. PV-Vergütung für Berufungsverfahren :/)

    Die zitierten Entscheidungen beziehen sich allerdings auf Teilfreisprüche, wo eben keine Kostenquotelung im Urteil ausgesprochen wurde, und anschl. die Wahlverteidigergebühren nach der Differenzmethode zu berechnen wäre.

    Stehe ich jetzt auf dem Schlau oder finden diese Entscheidungen eben keine Anwendung, da ich ja hier explizit eine Quote in der Kostenentscheidung habe? Oder muss ich dennoch nach der Differenzmethode vorgehen? Nach meinem ersten Bauchgefühl hätte ich gesagt, der Verteidiger hat den Anspruch korrekt berechnet... oder wie wäre der Erstattungsanspruch hier zu berechnen? ?(

  • Der Bezirksrevisor hat Recht.

    Der Landeskasse wurden nicht 30 % der Differenz zwischen Wahlanwalts- und Pflichtverteidigergebühren auferlegt, sondern 30 % der notwendigen Auslagen des Angeklagten, die hier aus der Wahlanwaltsvergütung besteht.

    Der Rechtsanwalt macht in dem Fall keinen eigenen Anspruch gegen die Staatskasse geltend, sondern den Anspruch des Mandanten gegen die Staatskasse.

    Der gerichtlich bestellte Anwalt hat einen Anspruch gegen den Mandanten auf Zahlung der Wahlanwaltsvergütung aus § 52 RVG. Gem. § 52 Abs. 1 S. 2 RVG entfällt der Anspruch gegen den Mandanten insoweit, als die Staatskasse Gebühren bezahlt hat. Insgesamt kann der Anwalt nicht mehr fordern, als die Vergütung des Wahlverteidigers (Gerold/Schmidt/Burhoff, 26. Aufl. 2023, RVG § 52 Rn. 15-18).

    Der Mandant wiederum kann von der Staatskasse nicht mehr verlangen, als er selbst an den Anwalt zahlen müsste. Da die Auslagen des Rechtsanwaltes bereits mit der Pflichtverteidigervergütung bezahlt wurden, fallen die schon mal raus. Die kann der Anwalt nicht erneut vom Mandanten verlangen (weil wurden schon bezahlt) und der Mandant nicht von der Staatskasse (weil wurden schon bezahlt).

    Blieben also die Gebühren. Und da ist die Berechnung: 30 % Wahlanwaltsgebühren (laut Urteil) abzüglich 100 % bereits gezahlter Pflichtverteidiger-Gebühren (weil der Anspruch des Verteidigers gem. § 52 RVG Abs. 1 S. 2 RVG insoweit entfällt) = negativer Betrag.

    Im Gesamtergebnis besteht kein über die bereits gezahlte Pflichtverteidigervergütung hinausgehender Erstattungsanspruch des Angeklagten gegen die Staatskasse (was bei Mittelgebühren der Regelfall ist, so lange der aus der Staatskasse zu erstattende Anteil unter 80,X % liegt).

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

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