Betreuung für tote Person

  • Eine Sache zunächst mal unter „Kurioses“, die aber doch auch ziemliche betreuungsrechtliche Verwicklungen erahnen lässt:

    Wie ein toter Mann zwei Jahre lang unbemerkt in seiner Wohnung in Pforzheim liegen konnte
    Geschwister, Nachbarn und ein gesetzlicher Betreuer - zwei Jahre lang hat niemand den Tod eines Mannes in Pforzheim bemerkt. Wie konnte es dazu kommen?
    www.swr.de
  • Tragischer Fall. Aber aus dem Bericht ohne Kenntnisse der Details dem Betreuer einen Vorwurf zu machen halte ich für nicht angemessen. Als Immobilienmakler hatte ich sowas allerdings schon öfters und frage mich jedesmal: haben die Nachbarn keinen Geruchssinn mehr?

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Ja, der § 1874 Abs. 1 BGB lässt ja die Betreuung fiktiv weiterbestehen. Aber hier könnte hinzukommen, dass sie überhaupt nie wirksam wurde, nämlich wenn der Betreute beim Erhalt des Bestellungsbeschlusses (oder sogar schon am Tag des Bestellungsbeschlusses) tot war. Dann wäre der Betreuer nämlich die ganze Zeit Vertreter ohne Vertretungsmacht gewesen. Das könnte also noch spannend werden.

  • OK, das Betreuungsgericht und die StA sehen kein Fehlverhalten des Betreuer. Da die Betreuung aber mit dem Tod des Betreuten endet, müsste er da nicht seine erhaltene Vergütung zurückzahlen?

    Weshalb sollte er? Vgl. § 1874 BGB. War nach altem Recht auch nicht anders.

    Aber doch keine Pauschalvergütung über § 7 ff. VBVG für den Zeitraum zwischen Tod des Betroffenen und Kenntnis Betreuer vom Tod des Betroffenen, sondern Stundenvergütung über §§ 12, 3 VBVG (so auch BGH in seiner Entscheidung aus 2016).

  • In einem anderen Thread wurde neulich noch diskutiert, warum denn der Betreuer im Jahresbericht unbedingt angeben müsste, wann er den Betroffenen zuletzt persönlich getroffen hat.

    Genau aus dem Grund möchte ich das wissen.

    Edit: Ich hätte vielleicht vorher den Artikel lesen sollen... :whistling: Nichtsdestotrotz bleibe ich bei meinem Standpunkt.

  • Zu Betreuende, die keinen Kontakt wünschen, hatte ich in den 28 Jahren meiner Tätigkeit auch immer wieder mal.

    Das ich zu jemanden aber 2 Jahre überhaupt keinen Kontakt hatte ist mir noch nicht passiert.

    Bei denen, wo keinerlei Netzwerk besteht (Pflegedienst, Angehörige, EGH etc.) und ich bei mehreren Versuchen keinen Kontakt bekomme, schaue ich immer mal per Online-Banking aufs Konto. (soweit Vermögensorge vorhanden)

    Wenn dort regelmäßig Geld abgeholt wird gehe ich erstmal davon aus, dass die Person noch lebt.

    Sollten auch weiterhin Kontaktversuche scheitern teile ich dies dem Amtsgericht mit und frage an wie weiter zu verfahren sei.

    Beim Bund sagten wir immer "Melden macht frei".

    Anträge bei Ämtern etc. würde ich aber immer weiter stellen. Egal ob Kontakte stattgefundne haben.

    Kleiner Nachtrag:

    Eine Betreute von mir ist mal mitten im Sommer während meines Urlaubes verstorben. Einen Tag vor ihrem Tod (Aufgeschlagene TV Zeitung) hatte ich sie noch besucht.

    Nach 14 Tagen (Rückkher aus meinem Urlaub und Anrufe der Nachbarn) hat man deutlich im Flur des Hauses gerochen was in der Wohnung los war..... Den Geruch vergisst man nicht.

  • Nach 14 Tagen (Rückkher aus meinem Urlaub und Anrufe der Nachbarn) hat man deutlich im Flur des Hauses gerochen was in der Wohnung los war..... Den Geruch vergisst man nicht.

    "Der Geruch aus der Wohnung sei ihnen aufgefallen, doch sie wären dem nicht auf den Grund gegangen."

    Anscheinend reichte diesen Nachbarn nicht mal der Geruch über 2 Jahre, um das mal zu hinterfragen...

  • Naja, die mumifizierte Leiche soll (nach einem anderen Pressebericht) auf einem Teppich liegend aufgefunden worden sein. Der hat die Leichenflüssigkeit wohl aufgesaugt. Da das Ganze im Winter stattfand, wird die Heizung angeschaltet gewesen sein. Gesetzt den Fall, ein Fenster stand auf Kipp, kann es nicht so viel gerochen haben. Hängt natürlich auch davon ab, wie dicht die Etagentür zum Flur schließt. Ansonsten: die schwäbische Hausfrau ist wohl auch nicht mehr wie früher. Der Hausflur muss ja auch entsprechend lange nicht geputzt worden sein.

  • Was irgendwie untergeht:

    Es gibt eine Schwester und eine Mutter. Wie war da der Kontakt? Offensichtlich haben die auch 2 Jahre nichts gemerkt und da stört es mich doch ein bißchen, wenn sich der Blick nur auf den gesetzlichen Betreuer richtet.

    Bei uns in der Tageszeitung war die Traueranzeige mit gestorben "November 2022".

    Laut Traueranzeige war heute die Urnenbeisetzung.

    traurig

  • Genau das scheint ja nicht klar zu sein. Das Standesamt beurkundet nur einen Zeitraum, ala „zwischen November 2022 und Januar 2025“. Ob sonstige Beweismittel (aufgeschlagene TV-Zeitschrift, Ablaufdatum von Lebensmitteln) da tatsächlich ausreichen? Interessant wäre natürlich, falls dem Betreuten selbst der Bestellungsbeschluss per EB ausgehändigt worden wäre.

  • zwischen November 2022 und Januar 2025

    Jain, also das Standesamt beurkundet, was se bekommen, ein Zeitraum bis Januar 2025 dürfte auszuschließen sein.


    Freier Beweiswürdigung allen ehren, aber die TV Zeitschrift und die Lebensmittel sind nur ein Indiz, da der Betroffene sich theoretisch auch nicht mehr ganz da in der Wohnung bewegt haben könnte.

    Ich denke, hier braucht es eine Entscheidung, ob der Betreuer die Vergütung bekommt bzw. behalten darf, auf Basis im Zweifelsfall für Betroffenen/Landeskasse oder im Zweifel für Betreuer.

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