Beginn der Ausschlagungsfrist

  • Moin moin,

    folgender Sachverhalt:

    Erblasser verstirbt am 04.10.2024, sein Sohn geht zum Notar und lässt seine Erbausschlagungserklärung notariell beglaubigen, nicht beurkunden.

    Notar schickt via ERV eine digitale Kopie der Erklärung an das Nachlassgericht, die am 11.11.2024 eingeht. Das Original der Erklärung geht per Post erst am 18.12.2024 und somit verspätet ein.

    Es wird nunmehr von einem Erben ein Erbscheinsantrag gestellt, so dass die Erbausschlagungserklärung hinsichtlich der Wirksamkeit zu prüfen war. Anhand der Daten Kenntnisnahme am 04.10.2024, Eingang der originalen Urkunde am 18.12.2024, wäre zunächst die Nichteinhaltung der Frist des § 1944 BGB festzustellen.


    Der Ausschlagende wird anwaltlich vertreten und hatte Kenntnis vom Tode des Vaters am 04.10.2024. Es bestand lange Jahre kein Kontakt zwischen Sohn und Vater, so dass es keine Kenntnis gab, ob der Vater ein Testament (seitens des Sohnes gemutmaßt: Enterbung) hinterlassen haben mag oder nicht. Daher fragte der Anwalt beim Nachlassgericht an, ob es ein Testament gegeben habe, was mit Schreiben vom 29.10.2024, dem Anwalt zugegangen am 08.11.2024, verneint wurde.
    Der Anwalt vertritt nun die Auffassung, dass die Frist nach § 1944 BGB für den Sohn erst mit Zugang der Mitteilung des Nachlassgerichts bzgl. des Nichtvorhandenseins eines Testaments begonnen habe.

    BeckOK führt dazu aus, dass im Fall gesetzlicher Erbfolge Kenntnis vom Berufungsgrund dann anzunehmen sei, wenn dem Erben die Familienverhältnisse bekannt sind und er nach den Gesamtumständen und seiner subjektiven Sicht keine begründete Vermutung hat oder haben kann, dass eine ihn ausschließende letztwillige Verfügung vorhanden ist.

    Welches Datum ist nun maßgeblich für den Beginn der Ausschlagungsfrist: der 04.10.2024 (Kenntnis vom Tod) oder der 08.11.2024 (Zugang Negativmitteilung Testament vom Nachlassgericht)?:/

  • Der Ausschlagende ist doch selber davon ausgegangen Erbe zu sein, warum hätte er sonst die Ausschlagungserklärung abgegeben? Die Frist ist daher abgelaufen.

    Ganz viele Verwandte erklären eine Ausschlagung rein vorsorglich, unabhängig davon, ob sie Erbe geworden sind oder nicht, weil sie "nichts damit zu tun haben wollen".


    (seitens des Sohnes gemutmaßt: Enterbung)

    Also geht er eben nicht (zwangsläufig) davon aus, Erbe geworden zu sein, will aber ganz sicher gehen...

  • Ich bedauere immer wieder, wie schwierig es zu sein scheint, einen Sachverhalt so knapp aber auch so inhaltsgemäß anzugeben, dass man diesen auf Anhieb verstehen kann bzw. alles Wesentliche enthalten ist.

    Also…Ablauf war:

    1. Schreiben von RA an NLG (datiert von?)

    2. Schreiben des NLG vom 29.10.24 geht am 08.11.24 dem RA zu.

    3. Ausschlagung (wann genau erfolgt?) wird durch Notar am 11.11.24 elektronisch übermittelt

    4. Original Ausschlagung geht am 18.12.24 bei Gericht ein.


    Unter der nicht ganz abwegigen Annahme, dass der Erbe erst bei der Beratung durch den RA grundsätzlich Kenntnis von Fristen etc. bekommen hat und er zumindest bis zum Zugang des Schreibens bei seinem RA (Frage wäre auch, ob er dessen Kenntnis sich zurechnen lassen muss) noch davon ausgehen konnte, der Erblasser hätte nicht ihn testamentarisch eingesetzt, sondern eine andere Person, würde die Frist frühestens am 8.11.24 angefangen haben zu laufen. Denn tatsächlich Kenntnis davon, dass er gesetzlicher Erbe wurde, hatte er frühestens erst am 8.11.24. Vorher wusste er zwar vom Tod, kann sich aber auf ein Nichtwissen hinsichtlich seines Erbrechts berufen.


    Dann allerdings wäre die Ausschlagung (im Original) noch rechtzeitig eingegangen.

    Dass man bereits ab dem Erbfall (also auch ohne Kenntnis über die Erbenstellung) ausschlagen kann, ergibt sich aus § 1946 BGB. Ich wollte mir schon immer mal den Scherz erlauben, beim Tode eines Prominenten oder hohen Politikers einfach eine Ausschlagung zu den Gerichtsakten zu senden. Das kann niemand verhindern und ich bin dann in der (vmtl. dauerhaft aufzubewahrenden Akte / wg. besonderem öffentlichen Interesse) für „ewig“ aus dem Akten ersichtlich 😂

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!