Form des gerichtlichen Herausgabeersuchens nach § 16 NHintG

  • Moin zusammen

    Ich habe gerade folgenden Fall:

    Ersteher hinterlegt das Meistgebot nach § 49 Abs. 4 ZVG.

    Nach Abhaltung des Verteilungstermines ersucht mich das zuständige Versteigerungsgericht um Herausgabe des Hinterlegungsbetrages.

    Die Herausgabe aufgrund eines gerichtlichen Ersuchens ist bei uns in Niedersachsen in § 16 NHintG geregelt. Bisher unkompliziert. Die Ersuchen, die ich in der Vergangenheit erhalten habe, waren im Original vom Rechtpfleger unterschrieben und gesiegelt worden.

    Nun hat die eAkte bei uns Einzug gehalten. Das Ersuchen wurde jetzt qualifiziert elektronisch signiert an mich übersandt worden. Eine eigenhändige Unterschrift und der Dienstsiegelbeidruck fehlen.

    Ich habe dies beanstandet. Das Versteigerungsgericht meint aber, dass sein Ersuchen den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

    Ich habe immer gelernt, dass Ersuchen stets eigenhändig zu unterschreiben und zu siegeln sind.

    Könnt ihr mir da weiterhelfen...

    Lieben Dank!

  • Zumindest für Vollstreckungsersuchen (zB nach JBeitrG) hat der BGH mehrfach entschieden (z.B. BGH, 06.04.2023, I ZB 103/22), dass es im elektronischen Rechtsverkehr keiner Siegelung bedarf, "weil dem Risiko, dass nicht zu der Behörde gehörende Personen einen fingierten Vollstreckungsantrag einreichen, durch das Erfordernis eines sicheren Übermittlungswegs begegnet wird".

  • Zumindest für Vollstreckungsersuchen (zB nach JBeitrG) hat der BGH mehrfach entschieden (z.B. BGH, 06.04.2023, I ZB 103/22), dass es im elektronischen Rechtsverkehr keiner Siegelung bedarf, "weil dem Risiko, dass nicht zu der Behörde gehörende Personen einen fingierten Vollstreckungsantrag einreichen, durch das Erfordernis eines sicheren Übermittlungswegs begegnet wird".

    Das klingt doch sehr gut... Vielen Dank für diesen Hinweis!!

  • Das setzt aber voraus, dass im Hinterlegungsverfahren der elektronische Rechtsverkehr eröffnet ist und die entsprechenden (ggf. für das Hinterlegungsverfahren abweichend getroffenen) Regelungen eine solche Einreichung hergeben.

    and the night is full of hunters
    (The Beauty of Gemina - Hunters)

  • Das setzt aber voraus, dass im Hinterlegungsverfahren der elektronische Rechtsverkehr eröffnet ist und die entsprechenden (ggf. für das Hinterlegungsverfahren abweichend getroffenen) Regelungen eine solche Einreichung hergeben.

    Stimmt. Guter Einwand.

    Bei einem Erfahrungsaustausch für HL-Sachen im Jahr 2023 kamen wir zum Ergebnis, dass der elektronische Rechtsverkehr (eRV) in Niedersachsen für Hinterlegungssachen (noch) nicht geöffnet sei.

    Hat sich das mittlerweile geändert? Ich kann hierzu irgendwie nichts finden....

  • Das setzt aber voraus, dass im Hinterlegungsverfahren der elektronische Rechtsverkehr eröffnet ist und die entsprechenden (ggf. für das Hinterlegungsverfahren abweichend getroffenen) Regelungen eine solche Einreichung hergeben.

    Stimmt. Guter Einwand.

    Bei einem Erfahrungsaustausch für HL-Sachen im Jahr 2023 kamen wir zum Ergebnis, dass der elektronische Rechtsverkehr (eRV) in Niedersachsen für Hinterlegungssachen (noch) nicht geöffnet sei.

    Hat sich das mittlerweile geändert? Ich kann hierzu irgendwie nichts finden....

    Bin jetzt kein Experte für Niedersachsen, aber § 1 NVwVfG i.V.m. § 3a VwVfG dürfte doch den elektronischen Rechtsverkehr eröffnen?

  • Das setzt aber voraus, dass im Hinterlegungsverfahren der elektronische Rechtsverkehr eröffnet ist und die entsprechenden (ggf. für das Hinterlegungsverfahren abweichend getroffenen) Regelungen eine solche Einreichung hergeben.

    Stimmt. Guter Einwand.

    Bei einem Erfahrungsaustausch für HL-Sachen im Jahr 2023 kamen wir zum Ergebnis, dass der elektronische Rechtsverkehr (eRV) in Niedersachsen für Hinterlegungssachen (noch) nicht geöffnet sei.

    Hat sich das mittlerweile geändert? Ich kann hierzu irgendwie nichts finden....

    Bin jetzt kein Experte für Niedersachsen, aber § 1 NVwVfG i.V.m. § 3a VwVfG dürfte doch den elektronischen Rechtsverkehr eröffnen?

    Das Verwaltungsverfahrensgesetz kann keinen elektronischen Rechtsverkehr beim Gericht einführen.

    Abgesehen davon fängt der 3a schon mit "Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet." an (Hervorhebung durch mich).

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Also... ich hoffe doch sehr, dass die Gerichte in Niedersachsen ein elektronisches Postfach haben ;)

    Auch in Niedersachsen dürfte Hinterlegung eine Justizverwaltungsangelegenheit sein und somit eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit einer Behörde (zum Begriff beachte § 1 Abs. 4 NVwVfG) des Landes vorliegen.

  • Kreative Idee, gefällt mir. Muß ich gelegentlich mal unsere Hinterlegungsbearbeiterinnen ansprechen...

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  • Jetzt bin ich total verwirrt...

    Ja, die Amtsgerichte in Niedersachsen verfügen über ein elektronisches Postfach.

    Im Sommer 2024 haben wir vom Justizministerium in Hannover einen Erlass mit der Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten.

    Hier der entsprechende Erlass und der Referentenentwurf:


    Hannover
    3860 - 201. 38
    5102
    25. Juni 2024
    Referentenentwurf eines Änderungsgesetzes zum Niedersächsischen Hinterle-gungsgesetz
    hier: Beteiligung des Geschäftsbereichs
    Anlage
    In der Anlage übersende ich den o. g. Referentenentwurf, der zum einen die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs im Hinterlegungsverfahren vorsieht und zum ande-ren Anpassungen aufgrund des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreu-ungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882) beinhaltet.
    Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum
    16. August 2024.
    Im Auftrag
    ......

    _______

    E N T W U R F
    (Stand: 25.06.2024)
    G e s e t z
    zur Änderung des Niedersächsischen Hinterlegungsgesetzes
    Artikel 1
    Das Niedersächsische Hinterlegungsgesetz vom 9. November 2012 (Nds. GVBl. S. 431), geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Mai 2020 (Nds. GVBl. S. 116), wird wie folgt geändert:
    1. Nach § 5 wird der folgende § 5 a eingefügt:
    „§ 5a
    Elektronisches Dokument
    1Schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzureichende Anträge, Erklärungen und Nachweise können als elektronische Dokumente übermittelt werden; § 130 d der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 2Für das elektronische Dokument gelten §§ 130 a Abs. 2 bis 6 und 298 der Zivilprozessordnung und die Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 5. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4607), in der jeweils geltenden Fassung sowie die aktuelle Bekanntmachung nach § 5 ERVV entsprechend. 3Für das gerichtliche elektronische Dokument gelten §§ 130 b, 173 Abs. 2 bis 4, §§ 298 und 317 Abs. 3 der Zivilprozessordnung entsprechend. 5Das Justizministerium wird ermächtigt, durch Verordnung elektronische Formulare einzuführen; § 130 c Sätze 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.“
    2. § 6 wird wie folgt geändert:
    a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
    - 2 -
    b) Es wird der folgende neue Absatz 2 angefügt:
    „(2) Für die Einsicht in elektronisch geführte Hinterlegungsakten gilt § 299 Abs. 3 der Zivilprozessordnung entsprechend.“
    3. In § 12 Abs. 1 Satz 1 wird die Angabe „§ 1807 Abs. 1 Nr. 4 BGB“ durch die Angabe „§ 240a Abs. 1 Nr. 1 BGB“ ersetzt.
    4. In § 14 Abs. 2 Satz 2 wird die Angabe „173“ durch die Angabe „174“ ersetzt.
    5. § 21 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung:
    „Bei Hinterlegungen aufgrund des § 1844 BGB, auch in Verbindung mit § 1667 Abs. 2 Satz 2, § 1798 Abs. 2 Satz 1 oder § 1813 Abs. 1 BGB oder aufgrund der §§ 1814 und 1818 BGB in der bis einschließlich 31. Dezember 2022 geltenden Fassung, jeweils auch in Verbindung mit § 1667 Abs. 2 Satz 2, § 1908 i Abs. 1 Satz 1 oder § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis einschließlich 31. Dezember 2022 geltenden Fassung, müssen außerdem 20 Jahre seit dem Zeitpunkt abgelaufen sein, in dem die elterliche Sorge, die Betreuung, die Vormundschaft oder die Pflegschaft beendet ist.“
    Artikel 2
    Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.


    A. Allgemeiner Teil
    I. Anlass und Ziel des Gesetzes
    Der Gesetzentwurf sieht Änderungen des Niedersächsischen Hinterlegungsgesetzes (NHintG) vor. Zum einen wird der elektronische Rechtsverkehr im Hinterlegungsverfahren eröffnet, zum anderen erfolgen Anpassungen aufgrund des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I S. 882).
    Die Einführung des Niedersächsischen Hinterlegungsgesetz vom 9. November 2012 (Nds. GVBl. S. 431) war erforderlich geworden, weil die bis dahin geltende Hinterlegungsordnung des Bundes als Bundesrecht aufgehoben wurde. Die niedersächsische Neuregelung hat sich seitdem grundsätzlich gut bewährt. Vor dem aktuellen Reformentwurf hatte sich letztmalig Änderungsbedarf in Bezug auf die Regelungen über die Hinterlegungszinsen ergeben (Änderung von § 12 und § 16 durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12.05.2020 – Nds. GVBl. S. 116 –).
    Vor dem Hintergrund der geänderten praktischen Bedürfnisse im Zusammenhang mit dem elektronischen Rechtsverkehr besteht das Erfordernis, das Hinterlegungsrecht hieran anzupassen und es auf diese Weise im gebotenen Umfang weiterzuentwickeln. Dabei erfolgen die Änderungen auch mit dem Ziel, die Anwenderfreundlichkeit zu verbessern. Durch den neu eingefügten § 5a wird der elektronische Rechtsverkehr im Hinterlegungsverfahren eröffnet. Eine entsprechende Anwendung von Vorschriften der Zivilprozessordnung ist sinnvoll, da sich dies bereits im bisherigen Nds. Hinterlegungsgesetz bewährt hat und durch den Verweis auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung zum elektronischen Rechtsverkehr sichergestellt wird, dass die Gerichte und die professionellen Einreicher die Vorgaben bereits jetzt umsetzen können.
    Weiterer Änderungsbedarf ergibt sich aus dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021, das zum 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Durch diese Reform haben insbesondere die gesetzlichen Regelungen der Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft eine tiefgreifende Novellierung erfahren, so dass entsprechende Anpassungen des Nds. Hinterlegungsgesetzes erforderlich sind.


    Der Gesetzgeber in Niedersachsen geht demnach davon aus, dass die Hinterlegungssachen für den eRV nicht "freigeschaltet" sind....

  • Dafür spricht auch die Regelung in § 3 II 2 NHintG, wonach die Aufgaben der Hinterlegungsstelle von Rechtspflegern und nicht von Beamten des gehobenen Dienstes wahrgenommen werden.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

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  • Sind solche Vorschriften nicht herrlich? :ironie:

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