Ergänzungspflegschaft für Strafverfahren / Ermittlungsverfahren

  • Aufenthaltsbestimmungsrecht, weil die Geschädigte aus der Familie genommen wurde, sowie Entscheidung über Zeugnisverweigerungsrecht im Strafverfahren.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich möchte mich hier mal kurz dranhängen.

    Ich habe jetzt folgenden Sachverhalt: Strafverfahren gegen Großmutter, minderjährige Enkelin ist Zeugin.
    Es hat auch bereits ein Termin stattgefunden, in welchem das Kind jedoch noch nicht vernommen wurde.
    Ich soll jetzt einen "Verfahrenspfleger zur Entscheidung über die Wahrnehmung des Zeugnisverweigerungsrechts" bestellen. Es ist wohl der Ergänzungspfleger gemeint.
    Die Kindeseltern sind bisher noch nicht am Verfahren beteiligt gewesen, zumindest finde ich in der Akte nichts.

    In § 52 StPO finde ich jedoch keinen Vertretungsausschluss für die Eltern, nur weil die Angeklagte die Großmutter ist. Die Eltern selber sind ja nicht angeklagt.
    Ich will mich jetzt hier nochmal absichern, ob ich vielleicht etwas übersehen habe, aber ich tendiere dazu, die Akte zurückzugeben mit der Anfrage, warum nicht die gesetzlichen Vertreter über das Aussageverweigerungsrecht entscheiden können. Da könnte natürlich ein Interessenskonflikt bestehen, aber einen gesetzlichen Vertretungsausschluss finde ich einfach nicht... :confused:

    Ich wäre dankbar für Hinweise...

  • Wie alt ist denn das Kind?

    Zu welchem Ergebnis bezüglich der Verstandesreife ist man in dem Termin gekommen? Gibt es dazu einen Aktenvermerk?

    Mal abgesehen davon: Einen Vertretungsausschluss würde ich per se auch nicht sehen. § 1629 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist m. E. hier nicht anwendbar... :gruebel:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

    Einmal editiert, zuletzt von Noatalba (14. Oktober 2010 um 17:27) aus folgendem Grund: § ergänzt

  • Das Kind ist 11.

    Im Protokoll des Termins in der Strafsache ist festgehalten: "Der minderjährigen Zeugin ... soll ein Verfahrenspfleger zur Seite gestellt werden, da diese nicht alleine über ihr Aussageverweigerungsrecht entscheiden kann."

    Mehr steht da nicht...

  • Das Kind ist 11.

    Im Protokoll des Termins in der Strafsache ist festgehalten: "Der minderjährigen Zeugin ... soll ein Verfahrenspfleger zur Seite gestellt werden, da diese nicht alleine über ihr Aussageverweigerungsrecht entscheiden kann."



    O.k., dann würde ich es zumindest so auslegen, dass der Richter von mangelnder Verstandesreife ausgeht - was uns aber trotzdem nicht über die Problematik des fehlenden Vertretungsausschlusses der Eltern hinwegbringt.

    Denke, ich würde die Akte zunächst zurückgehen lassen mit den Gedanken, die Du Dir dazu gemacht hast. Dann mag die Anregung zur Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft weiter untermauert werden. SO würde mir das jedenfalls nicht reichen.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Hallo,

    ich bin etwas irritiert. Ich habe einen Antrag der StA vorliegen, für ein Stafverfahren dem 12jährigen Kind einen Ergänzungspfleger zur Prüfung des Zeugnisverweigerungsrechts zu bestellen.

    Die Mutter wurde vom Vater beschuldigt, das Kind mehrmals geschlagen zu haben.

    Das Kind wurde von der Polizei vernommen und dort wurde im Eindrucksvermerk ausgeführt, das Kind hätte kein Problem gehabt, die Befragung ohne seinen Vater zu vollziehen, die Belehrung gab er an, verstanden zu haben und dass er möchte, dass seine Mutter bestraft wird. Mehr Ausführungen zur Verstandesreife habe ich nicht, die StA nimmt als Begründung nur auf den Vermerk Bezug.

    Daraus kann ich aber noch nicht die Notwendigkeit sehen, einen Pfleger bestellen zu müssen. Im Müko zu § 1909 BGB Rn.32 heißt es:

    Zitat


    das vernehmende Gericht, im Ermittlungsverfahren auch die Staatsanwaltschaft, muss vorab zu der für das VormG bzw. FamG bindenden Ansicht gelangt sein, dass dem Zeugen die erforderliche Verstandesreife fehlt; es muss daher unter Darlegung der genannten Voraussetzungen um die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft ersucht worden sein (§ 35 a S. 1 FGG).



    Danach muss ich dann ja nicht weiter von Amts wegen ermitteln, oder? Was würdet Ihr jetzt machen?


    P.S.
    Hat sich erledigt, aus einem weiterem Antrag zu einem anderen Verfahren geht klar hervor, dass dem StA wohl nicht klar ist, dass nur bei fehlender Verstandesreife eine Ergänzungspflegschaft erforderlich ist, dort hat er sogar geschrieben, dass von ausreichender Verstandesreife der Kinder auszugehen sei.

  • In einem solchen Verfahren nach § 52 StPO gegen den Vater - die Ergänzungspflegschaft ist bereits erlassen und das JA bestellt - kommt nun eine bislang verfahrensunbekannte Anwältin und beantragt, die Ergänzungspflegschaft um den Wirkungskreis "anwaltliche Vertretung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und Anschluss als Nebenklägerin" zu erweitern, weil "die Mutter aufgrund gemeinsamen Sorgenrechts mit ihrem Ehemann vorliegend nicht vertretungsberechtigt" sei.

    Fällt das noch unter § 52 StPO? Oder ist das schon wieder etwas eigenes? Bin gerade etwas planlos ...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Die Nebenklage gegen den Vater ist doch letztlich auch nicht anders zu beurteilen als eine Zivilklage gegen den Vater auf Schmerzensgeld oder Schadenersatz. Sofern der Vater (mit)sorgeberechtigt ist, können gemäß § 1629 II, 1795 BGB weder Vater noch Mutter die elterliche Sorge hierfür ausüben, sodass ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist. Einer Entziehung der Vertretungsmacht bedarf es insoweit gar nicht. Ich weiß, dass jetzt u.U. der Einwand kommen könnte, dass von der Klageerhebung selbst zu unterscheiden ist die Entscheidung darüber, ob eine solche Klage erhoben werden soll, weil diese Frage nicht unmittelbar von den genannten Vorschriften erfasst wird. Aber so kleinlich würde ich das jetzt nicht betrachten, ich würde den Ergänzungspfleger einfach bestellen, wobei die Anhörungsvorschriften (§§ 159 ff. FamFG) nicht außer Acht zu lassen sind.

  • D. h. ich (Rechtspfleger, weil es nicht um Personensorge geht) bestelle gleich das Jugendamt, das den Rest ohnehin schon macht, ja?

    Das Kind ist 11 Jahre alt. Zur Anhörung ist zusätzlich ein Verfahrenspfleger notwendig, würde ich meinen. Beides ist nicht mehr möglich, wenn ich den Zeitplan der Beteiligten berücksichtige, wonach der Anwalt zur Anhörung am Mittwoch bereits mandatiert sein soll. Ich kann also entweder die Bestellung (Erweiterung) jetzt sein lassen oder später widerrufen, so dass allerdings hinterher u. U. niemand mehr dem Anwalt das Mandat entziehen kann.

    Was würdet Ihr nun tun?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Nach § 159 FamFG ist doch für die Anhörung des Kindes kein Verfahrenspfleger notwendig (den es im Übrigen im Familienbereich ohnehin nicht gibt, möglich wäre ja ohnehin nur ein Ergänzungspfleger oder Verfahrensbeistand). Entweder kommt man zu dem Schluss, dass das Kind persönlich anzuhören ist oder aber nicht. Im gegenständlichen Fall wird man wohl zu dem Schluss kommen, dass es nicht persönlich anzuhören ist. Auf die Anhörung der Mutter kann man ohnehin verzichten, denn sie ist es ja, die die Nebenklage will. Das Jugendamt entfällt (nach § 162 FamFG), also bliebe für die Anhörung nur noch der Vater. Und da es um eine Nebenklage gegen den Vater geht, kann man da wohl nach § 160 Abs. 3,4 FamFG auch erst einmal davon absehen.
    Notfalls kann man den Beschluss ja auch per einstweiliger Anordnung erlassen, wenn derartig Eile geboten ist.

  • Greift 1795?

    Ich habe mal gelesen, dass 1796 anzuwenden wäre.

    Dann kann man zu dem Ergebnis kommen, dass der beschuldigte Vater die Vertretung nicht mehr ausüben kann...
    ....dann aber die Mutter allein, wenn man nicht auch bei ihr einen erheblichen Interessenswiderstreit feststellt.

    Also kein Ergänzungspfleger für die über das Zeugnisverweigerungsrecht hinaus beantragten Wirkungskreise....

  • Du fragst dich, ob in einem Rechtsstreit zwischen Kind und einem seiner sorgeberechtigten Elternteile (z.B. Zivilklage, aber man sollte wohl darunter auch eine Nebenklage auffassen) der verklagte Elternteile nicht schon kraft Gesetzes von der Vertretung ausgeschlossen ist (und somit erst ein Entzug des Vertretungsrechts nach § 1796 BGB erforderlich ist)?
    Ich habe da kein Zweifel, dass der eine Elternteil und gemäß § 1629 II BGB somit auch der andere Elternteil bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, eine Ausnahme besteht da nur bei Unterhaltsforderungen, wenn sich ein Kind in der Obhut nur eines Elternteils befindet.
    Anders sieht es aus, wenn es über das Zeugnisverweigerungsrecht etwa noch um ärztliche Untersuchungen oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht geht, hier muss ggf. § 1796 BGB zum Tragen kommen, da es sich nicht um Rechtssstreite zwischen dem Kind und einem seiner Elternteile handelt, sondern um Streitigkeiten zwischen beiden Elternteilen untereinander.

  • Der Vollständigkeit halber, das OLG Frankfurt, 6 UF 174/08 subsumiert die Nebenklage nicht unter § 1795 BGB.

    Naja, hier hatte aber die Mutter wenigstens allein die elterliche Sorge.

    Warum man aber in einem Fall, bei dem das Kind als Nebenkläger sowohl durch Mutter und Vater vertreten wird und sich diese Nebenklage noch gegen den Vater richtet, einen Ergänzungspfleger nur nach einem Entzug der Vertretungsmacht nach 1796 bestellen darf, erschließt sich mir nicht ganz. Der Fall einer Nebenklage hat durchaus gewisse Parallelen zu einem streitigen Zivilverfahren, wenn ich allein nur mal an die Kostenentscheidung denke (der Beschuldigte hat die Kosten des Nebenklägers zu tragen ... oder aber auch nicht ... bis hin zu einer sich daraus ergebenden Kostenfestsetzung).

  • Mal abgesehen davon, dass das OLG Hamburg für meinen Geschmack ganz schön rumeiert, um ja nicht der Beschwerde stattgeben zu müssen. :daumenrun

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

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