Aufhebung 7-Tagesfrist wegen Betreuung?

  • Folgender Fall:

    Schuldnerin (Sch.) steht unter Betreuung. Es werden von der Betreuerin 2 Konten verwaltet. Auf Konto A gehen regelmäßig Sozialleistungen der Sch. ein. Von diesen überweist die Betreuerin wöchentlich 25,- Euro auf ein "Taschengeldkonto" B bei einem anderen Kreditinstitut. Anders sei eine über den Monat gleichmässige Verwendung des Taschengeldes durch die Schuldnerin nicht gesichert.
    Gläubiger pfändet beide Konten gleichzeitig.
    Auf konto A hat sich außerdem ein Guthaben von rund 400,- Euro angesammelt, allein aus alten Sozialleistungen. Dieses angesparte Geld soll später für Einmalanschaffungen verwendet werden, da die neuen Sozialhilfevorschriften keine einmaligen Leistungen mehr vorsehen, der Regelbetrag soll diese Anschaffungen mit abdecken (so dass in der Praxis der Sozi- Empfänger eben tatsächlich ansparen muss).

    Die Betreuerin beantragt nun im Namen der Schuldnerin,
    1.) die Pfändungen auf beiden Konten aufzuheben, :eek:
    2.) hilfsweise, die Gutschriften auch nach Ablauf der 7-Tagesfristen für pfandfrei zu erklären (Aufhebung der 7-Tagesfrist). :gruebel:
    3.) Außerdem beantragt sie die Freigabe des angesparten Guthabens, da dieser eben zweckgebunden für spätere Einmalanschaffungen benötigt wird und eben auch aus Sozialleistungen stammt.:cool:

    Was meint ihr? Also, gemäß Antrag 2.) verfahren wir hier in Einzelfällen schon mal, aber ich hätte Bauchschmerzen, das für 2 Konten zu machen (zumal die Sozialleistungen bei Überweisung auf ein weiteres konto ja ihren Sozialleistungs- Charakter verloren haben).... :confused: :confused: :confused:

  • Hinsichtlich des Kontos auf dem die Sozialleistungen regelmäßig eigehen verbleibt es bei der 7-Tages-Frist. Eine Überweisung weiterhin auf das andere Konto ist durch die Pfändung nunmehr ausgeschlossen.

    Nach Ablauf der 7-Tages-Frist bleibt nur die Erinnerung.

    Hinsichtlich der 400,00 € auf dem Konto wäre ggf. über 765 a ZPO eine Lösung möglich.

    Wenn man den Antrag insoweit auslegt, einstweilen nach 732 II ZPO bis zur Entscheidung einstweilen einstellt und schaut wie der Gläubiger sich hierzu äußert.

    Tendiere schon zu der Auffassung, dass hier eine unbillige Härte vorliegen im Sinne der Vorschrift vorliegt.

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

  • Ja die gibt es, auch wenn ich mit meiner Meinung weder beim hiesigen Landgericht, noch bei meinem Ausbilder Zustimmung gefunden habe.
    Ich vertrete die Auffassung, dass die Pfändung des Kontos eines Schuldners, der unter Betreuung steht (und die Betreuerin auch die Vermögenssorge inne hat) und lediglich Sozialleistungen empfängt gem. § 765 a ZPO aufzuheben ist. Der Betreuerin wird das Leben unnötig schwer gemacht, weil sie verpflichtet ist die Leistungen innerhalb der 7 Tages-Frist abzuheben. Überweisungen kann sie dann nur über den Schalter tätigen, was mit erheblichen Kosten verbunden ist. Dem Schuldner werden dadurch die ohnehin knapp bemessenen Einnahmen zusätzlich reduziert. Sozialleistungen sind nicht dazu da die überzogenen Kosten der Bank zu finanzieren. Eine sittenwidrige Härte für den Schuldner würde ich bejahen.
    Demgegenüber stehen sicherlich die Interessen der Gläubigerin auf Befriedigung. Eine solche wird sie jedoch nicht erhalten, soweit keine Aussicht auf veränderte Lebensumstände des Schuldners bestehen (was regelmäßig der Fall ist). Selbst wenn auf das Konto des Schuldners ein pfändbarer Betrag fliesst, wäre die Betreuerin im Rahmen der ordnungsgemäßen Führung der Vermögenssorge verpflichtet diese Beträge an eventuelle Gläubiger auszukehren. Aussicht auf Erfolg der Pfändung ist daher m. M. nach nicht gegeben.
    Aus diesen Gründen habe ich bisher immer versucht solche Pfändungen aufzuheben.
    Leider nur mit mäßigem Erfolg. Das Landgericht hat mir zwar insoweit recht gegeben, als es die sittenwidrige Härte bejaht hat. Dann haben sie jedoch - was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann - nur die Pfändung eingestellt! Hintergrund soll die Rangsicherung für den Gläubiger sein.
    Da stellt sich mir doch die Frage nach dem Rang woran? Der Schuldner hat nichts und wird auch nichts haben und selbst für den Fall, dass er was hat, gibt´s ja noch die Betreuerin!
    Durch die Einstellung wurde natürlich nichts erreicht, weil die Betreuerin nach wie vor nicht über das Konto verfügen kann bzw. nur innerhalb der 7-Tage-Frist!

    Wie gesagt, ich würd es wieder über § 765 a ZPO versuchen, in der Hoffnung, dass sich irgendwann auch die Geschäftsverteilung im Landgericht ändert.

  • Danke, das war doch mal eine sehr andere Meinung. Die Entscheidung des Landgerichts (welches denn?) stellt in diesem Fall für mich auch nur eine eine "Gewollt aber nicht getraut"- Entscheidung dar....die würde ich in diesem Fall lieber nicht zugrunde legen wollen.

  • Das LG Hamburg hat dazu knallhart gesagt, daß es der Gesetzgeber beabsichtigt hat, daß ein Sozialhilfeempfänger gegenüber einem normalen Arbeitnehmer benachteiligt ist (nicht gerade ein Glanzlicht, diese Entscheidung). Also nix mit Verlängerung der Frist. Auch ein Ansparen haben die damit auch gleich mal ausgeschlossen. :( Je nach dem Alter des Betreuten bzw. der Chance, daß sich am Zustand etwas ändert, könnte man den PfÜB vielleicht ganz aufheben. Positive Entscheidung des OLG Frankfurt bei einem über 70 Jährigen Sch, eine andere Entscheidung ist mangels Mut der Gl bisher nicht entstanden. :gruebel:

  • Das Landgericht Darmstadt geht nach ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch ARbeitslose und Sozialhilfeempfänger Anspruch auf Kontoschutz nach § 850k haben und dieser daher entsprechend anzuwenden ist. Also Freigabe des unpfändbaren Einkommens jeweils für die Dauer von einem Monat wie bei den arbeitenden Schuldnern auch.

    Finde ich auch völlig in Ordnung.

  • Ohje, da stehe ich in der Summe noch immer genau so auf dem Schlauch wie vorher. Übrigens: Es hat sich jetzt herausgestellt, dass der Gl.Vertr. vorher wusste, das auf das gepfändete Konto nur Sozialleistungen eingehen, sich also kein pfändbarer Betrag ergeben würde. ER hat es von vornherin voll auf die "angesparten" Sozialleistungen abgesehen...
    Nun beantragt die Sch- Betreuerin u.a., die Pfändung deshalb wegen Verstoss gegen die guten Sitten und sittenwidriger Härte in der Folge (Betreuung wäre nicht mehr durchführbar ohne Konto) aufgehoben zu kriegen. Ich schwanke noch, ob ich die Pfändung aufhebe oder nur die 7-Tagsfrist außer Kraft setze.... Rechtsmittel wird eh kommen, denke ich.
    Bzgl. der angesparten Beträge habe ich eine genaue Aufstellung bekommen, wofür diese dringend benötigt werden. Der Vortrag ist glaubhaft (Wohnung dringend Renovierungsbedürftig, neue Möbel nötig- Kinder haben nicht mal Betten). Das würde ich also freigeben wollen, mit der Auflage, die zweckgebundene Verwendung innerhalb einer bestimmten Frist zu belegen.

  • Zitat von irwes

    Bzgl. der angesparten Beträge habe ich eine genaue Aufstellung bekommen, wofür diese dringend benötigt werden. Der Vortrag ist glaubhaft (Wohnung dringend Renovierungsbedürftig, neue Möbel nötig- Kinder haben nicht mal Betten). Das würde ich also freigeben wollen, mit der Auflage, die zweckgebundene Verwendung innerhalb einer bestimmten Frist zu belegen.



    Wie willst du denn das machen? Wenn du das Geld einmal freigegeben hast, ist es doch weg für den Gläubiger. Außerdem dachte ich bislang, dass die notwendigen Möbel durch das Sozialamt organisiert und auch bezahlt werden.

    Und wieso sollte für angespartes Arbeitseinkommen anderes gelten als für angesparte Sozialhilfe? Da hat der Schuldner doch ebenso Pech, wenn sein Konto gepfändet wird, das noch ein Guthaben aus Rücklagen von seinem Arbeitseinkommen aufweist.

    Zudem ist ja nicht gesagt, dass der Schuldner ausser der Sozialhilfe keine weiteren Einkünfte auf dem Konto erhält. Möglich sind z.B. Rückerstattungen aus Betriebskostenabrechnungen, Steuer- oder Versicherungserstattungen aus Autoverkauf etc.

    Oje, das hat dich jetzt vermutlich noch weniger weitergebracht. Entschuldigung.

  • @irwes:
    Ich denke du kannst machen was du willst, und fängst trotzdem eine sofortige. Lass es doch darauf ankommen und heb die Pfändung insgesamt auf. Die Wirkung des Beschlusses machst du fein von der Rechtskraft abhängig und dann soll das Landgericht sehen, wie sie sich entscheiden. Ich zumindest würde nach wie vor zu einer Entscheidung gem. § 765 a ZPO tendieren und die Pfändung aufheben. Allerdings würd ich dem Landgericht diesmal bezüglich der Auswirkungen, die sich bei einer Einstellung ergeben würden, gleich ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen, denn damit ist ja nun leider gar nichts gekonnt.

    Was soll dir schon passieren? Über uns ist nicht nur der blaue Himmel, sondern auch noch das Landgericht.

  • Hab grad im Rechtspfleger eine Entscheidung des LG Koblenz (Beschluss vom 25.01.2006, AZ: 2 T 38/06) zu deiner Problematik gefunden, die solltest du mal lesen; dort wurde die Pfändung des Guthabens, soweit es aus Sozialleistungen gebildet wird aufgehoben. Rechtspfleger Juli/August 2006, S. 420.
    Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung für meine Rechtsauffassung.

  • Danke!!! Sehr hilfreich. So mach ich es jetzt auch, Beschluss ist schon getippt. Ich denke auch, die sofortige kommt sowieso, weil der Gl.Vertr. nämlich einen Hamburger Großvermieter vertritt, für die ist es bei zig- Tausend Sozial-Wohnungen nämlich auch eine generelle Frage.

  • Das ist aber schon ein Problem, das ich von einigen Betreuern kenne. Da soll für was grösseres gespart werden und das geht nicht, weil das Konto dicht ist. :(

  • Ich würd weder die Pfändung aufheben, noch den angesparten Betrag freigeben.

    1. Der Gläubiger hat aufgrund seines Titels ein Pfandrecht erworben. Das ist legetim und kann ihm nicht so einfach streitig gemacht werden.
    Es müßte schon ein sehr sehr guter Grund vorliegen, warum die Aufrechterhaltung der Pfändung gegen die guten Sitten verstößt. Nur weil der Schu. einen Betreuer hat seh ich dies noch nicht als gegeben an. Man kann doch nicht einfach eine Pfändung aufheben, nur weil es dem Betreuer lästig ist, innerhalb der 7-Tages-Frist auf die Bank zu marschieren. Außerdem ist doch auch nicht gesagt, daß auf dem Konto nicht irgendwann doch mal pfändbare Leistungen eingehen (z.B. Betriebskostenrückerstattung). Und ich glaub auch nicht daran, daß ein Betreuer eine pfändbare Leistung freiwillig an den Gläubiger abführen würde, wenn sein Betreuter eh bloß Sozialleistungen hat.

    2. Hinsichtlich der angesparten Sozialleistungen hat der Betreute bei mir auch Pech gehabt. Die würd ich wirklich nur in extremen Ausnahmefällen freigeben (§ 765 a ZPO), z.B. wenn`s um Leib und Leben des Betreuten geht. Ansonsten ist die Sozialleistung als Hilfe zum Lebensunterhalt nicht dazu gedacht, angespart zu werden, um hiervon größere Anschaffungen machen zu können. Bei notwendiger Wohnungseinrichtung kann sich der Schu. immer noch an das SozAmt wenden.
    Es kommt immer auf einen Verstoß gegen die guten Sitten an und auch darauf, wie hoch die Gläubigerinteressen zu bewerten sind. Da der Gläubiger anscheinend von dem Schu. eh nix zu erwarten hat, sind seine Interessen immens. Da braucht der Schu. gute Argumente....

  • Zitat von Flori



    Ansonsten ist die Sozialleistung als Hilfe zum Lebensunterhalt nicht dazu gedacht, angespart zu werden, um hiervon größere Anschaffungen machen zu können. Bei notwendiger Wohnungseinrichtung kann sich der Schu. immer noch an das SozAmt wenden.



    Aber hat sich das nicht in den Zeiten von Hartz IV geändert? Ich habe sowas im Hinterkopf, dass diese ganzen "Sonderleistungen" weggefallen sind, dafür aber die Grundbeträge zum Zwecke der Ansparung eben für solche Fälle etwas erhöht wurden. (Ist nur die Frage, inwieweit das für mich als Vollstreckungsgericht eine Rolle spielen kann. Ein Arbeitnehmer, der das Konto gepfändet bekommt, erhält auch nur den pfandfreien Betrag, wenn er sich was zur Seite gelegt hatte für den Notfall ist das genauso weg)

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Zitat von omawetterwax

    Aber hat sich das nicht in den Zeiten von Hartz IV geändert? Ich habe sowas im Hinterkopf, dass diese ganzen "Sonderleistungen" weggefallen sind, dafür aber die Grundbeträge zum Zwecke der Ansparung eben für solche Fälle etwas erhöht wurden. (Ist nur die Frage, inwieweit das für mich als Vollstreckungsgericht eine Rolle spielen kann. Ein Arbeitnehmer, der das Konto gepfändet bekommt, erhält auch nur den pfandfreien Betrag, wenn er sich was zur Seite gelegt hatte für den Notfall ist das genauso weg)



    Grundsätzlich ist das schon richtig mit den Sonderleistungen, aber meines Wissens betrifft das eher solche Sachen wie Bekleidungsbeihilfe. Die Erstausstattung einer Wohnung denke ich ist nicht weggefallen.

  • Ich werde von dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens berichten! Nun ist erstmal mein Beschluss raus. Zur Klarstellung: Ich habe die Pfändung nicht komplett aufgehoben, sondern nur bzgl. der auf dem konto laufend zukünftig eingehenden Sozialleistungen. So bleibt das Pfandrecht im übrigen bestehen und eben evtl. eingehende pfändbare Beträge aus Betriebskostenerstattungen pp. bleiben erfasst. Den Betrag von 400,- Euro habe ich im Rahmen von §765a ZPO freigegeben, da nachgewiesen wurde, dass dieser dringend für die Lebensführung benötigt wurde (Betten, Kleidung, Renovierung zur Herstellung einer bewohnbaren Wohnung). Dafür hätte das Sozialamt nix mehr extra geleistet, sondern hatte zunächst auf eben diesen Betrag und bzgl. der Bekleidung auf die Abgeltung mit den Regelsätzen verwiesen.
    Ich bin jedenfalls zufrieden.

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