BMJ: Konzeptpapier zur Behandlung der GbR im GB-Verfahren

  • Zitat

    Dass für jedes Grundstück die betreffende Grundbucheintragung maßgeblich ist, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Wenn eine (= ein und dieselbe) GbR gleichzeitig zwei Grundstücke erworben hat, die in verschiedenen Blättern gebucht sind und später wird nur in einem dieser Grundbücher ein Gesellschafterwechsel eingetragen, dann ist die Vermutung des § 899 a S.1 BGB für das zweite Grundbuch, in dem der Wechsel nicht eingetragen wurde, nicht mehr maßgeblich.



    Bei der Vollstreckung gegen die Gesellschaft ist maßgeblich, wer in dem betr. GB als Eigentümer eingetragen ist. Gegen diese muss der Titel lauten. Andere Grundbücher zum Vergleich heranzuziehen, halte ich für unangebracht.



    Und wie handhabt man dann die Mobiliarvollstreckung gegen eine solche GbR?

    Was ist für die Vertretung zu prüfen, wenn eine bereits in mehreren anderen Grundbüchern mit unterschiedlichem Gesellschafterbestand eingetragene GbR neue Grundbesitz erwerben will?

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Selbstverständlich wird das Grundbuch nach neuem Recht durch einen Gesellschafterwechsel unrichtig (§ 899 a S.2 BGB i.V.m. § 894 BGB). Es gibt keinen gutgläubigen Erwerb ohne Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S. des § 894 BGB.

    Müssen die Gegner der Neuregelung den Befürwortern jetzt auch noch den Inhalt der Neuregelung erklären?

    Da kann wohl jemand nicht gut verlieren...
    Fakt ist, dass sich eine Änderung im Gesellschafterbestand allenfalls auf die Vertretungsbefugnis auswirkt, nicht jedoch auf die materielle Rechtslage (Eigentümerin ist und bleibt die GbR).

    Dass für jedes Grundstück die betreffende Grundbucheintragung maßgeblich ist, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Wenn eine (= ein und dieselbe) GbR gleichzeitig zwei Grundstücke erworben hat, die in verschiedenen Blättern gebucht sind und später wird nur in einem dieser Grundbücher ein Gesellschafterwechsel eingetragen, dann ist die Vermutung des § 899 a S.1 BGB für das zweite Grundbuch, in dem der Wechsel nicht eingetragen wurde, nicht mehr maßgeblich.

    Die Auffassung halte ich für völlig praxisfremd. Soll der Grundbuchrechtspfleger vor jeder Eintragung noch eine Recherche durchführen (möglichst bundesweit), ob die GbR ehemals mehrere Grundstücke (mit ein und demselben Vertrag) erworben hat und ob bezüglich dieser Grundstücke eine Änderung im Gesellschafterbestand in den einzelnen Grundbüchern vermerkt wurde???
    Zum anderen findet die Behauptung Cromwells m.E. auch keine Stütze im Gesetz. Die Gutglaubensvorschriften dienen vornehmlich dem Schutz des Rechtsverkehrs im Allgemeinen und des Erwerbs im Besonderen. Jemand, der ein Grundstück von einer GbR erwerben möchte, kann sich auf den Inhalt des betroffenen Grundbuchblattes verlassen. Was in anderen Grundbuchblättern steht, kann ihm egal sein und geht ihn zudem nichts an (mangels berechtigten Einsichtsinteresses würde er gar keinen Einblick bekommen). Mit Staudinger u.a. bin ich der Meinung, dass das Grundbuchamt den gutgläubigen Erwerb (auch im unwahrscheinlichen Fall der positiven Kenntnis vom Gesellschafterwechsel) nicht vereiteln darf.

  • Naja... so ganz abwegig würde ich Cromwells Ansicht nun nicht hinstellen. Für den Fall der Doppelbuchung von Grundstücken wird ja nach der h. M. gerade damit argumentiert, dass ein gutgläubiger Erwerb nicht in Betracht komme, weil sich die Widersprüchlichkeit der Eintragungen aus dem Grundbuch in seiner Gesamtheit ergebe (Staudinger § 892 BGB Rn. 29).

    Wobei ich persönlich es nicht sehr geglückt finde, mal das Grundbuch im Gesamten heranzuziehen und mal wieder nur das aktuelle Grundbuchblatt. Meiner persönlichen Meinung nach kommt es auf das aktuelle Grundbuchblatt an.

    Wenn ich aber zufällig drauf komme (oder weiß), dass ein und dieselbe GbR in verschiedenen Grundbüchern verschiedene Gesellschafterstände hat, dann ist für mich als Grundbuchamt definitiv die Vermutung des § 891 BGB erschüttert, und ich kann da nichts mehr ohne weiteres hernehmen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wenn ich aber zufällig drauf komme (oder weiß), dass ein und dieselbe GbR in verschiedenen Grundbüchern verschiedene Gesellschafterstände hat, dann ist für mich als Grundbuchamt definitiv die Vermutung des § 891 BGB erschüttert, und ich kann da nichts mehr ohne weiteres hernehmen.

    Genau das ist der Grund, weshalb es meines Erachtens nur auf das betroffene Grundbuchblatt ankommen kann. Ansonsten würde die Eintragung in der Tat von Zufälligkeiten abhängen, was mir nur schwer einzuleuchten vermag.

  • Das sehe ich wiederum ein wenig anders. Für das Grundbuchamt gilt anerkanntermaßen zunächst die Vermutung des § 891 BGB, da sind wir uns einig. Damit wird durch das Grundbuchamt vermutet, dass der eingetragene Eigentümer der wahre Eigentümer sei, der eingetragene Briefgrundschuldgläubiger der wahre Grundschuldgläubiger sei und so weiter und so fort.

    Wenn aber das Grundbuchamt aus irgendeinem Grunde weiß, dass der eingetragene Eigentümer nicht der wahre Eigentümer ist oder dass das Briefrecht außerhalb des Grundbuchs abgetreten worden ist, dann hat das Grundbuchamt eine solche Unrichtigkeit des Grundbuchs nach übereinstimmender Meinung der obergerichtlichen Rechtsprechung zu beachten.

    Dass dabei aufgrund der unterschiedlichsten Begegbenheiten - und sei es nur die Funktion des Gedächtnisses des jeweils zuständigen Rechtspflegers - auch Zufälligkeiten einen gutgläubigen Erwerb verhindern können, wird sich da nicht vermeiden lassen.

    Die Ansicht, es könne ausschließlich auf das aktuelle Grundbuchblatt ankommen, geht nach meinem Geschmack ein wenig in die Richtung, das Grundbuchamt müsse einen gutgläubigen Erwerb trotz (evtl. zufällig)erkannter Grundbuchunrichtigkeit vollziehen (welche Meinung ich nicht teile).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...


  • Die Ansicht, es könne ausschließlich auf das aktuelle Grundbuchblatt ankommen, geht nach meinem Geschmack ein wenig in die Richtung, das Grundbuchamt müsse einen gutgläubigen Erwerb trotz (evtl. zufällig)erkannter Grundbuchunrichtigkeit vollziehen (welche Meinung ich nicht teile).

    Exakt so sehe ich das und ich werde notfalls mein Hirn jeden Abend gut durchlüften um eine zufällig erlangte Kenntnis von Gesellschafterwechseln rauszupusten. :)


  • Die Ansicht, es könne ausschließlich auf das aktuelle Grundbuchblatt ankommen, geht nach meinem Geschmack ein wenig in die Richtung, das Grundbuchamt müsse einen gutgläubigen Erwerb trotz (evtl. zufällig)erkannter Grundbuchunrichtigkeit vollziehen (welche Meinung ich nicht teile).

    Exakt so sehe ich das und ich werde notfalls mein Hirn jeden Abend gut durchlüften um eine zufällig erlangte Kenntnis von Gesellschafterwechseln rauszupusten. :)



    Der Smiley bedeutet, das meinst Du nicht ernst, hoffe ich.

  • Der öffentliche Glauben kann sich nur m.E. auf das jeweilige Grundbuchblatt beziehen. Ermittlungspflichten lassen sich weder aus dem neuen Gesetzestext noch auf den Sinn der Regelung herausziehen. Ich sehe es also wie rp160.

    Im Übrigen mag es Fälle geben, in denen die vermeintlich unvollständige Eintragung eines Gesellschafterwechsels in nur einem Blatt in der Abspaltung einer urprünglich für mehrere Blätter gegründeten Gesellschaft begründet ist.

  • Ich hatte nicht von einer Ermittlungspflicht gesprochen, sondern davon, dass das Grundbuchamt von der Sachlage -gleich aus welchem Grund- Kenntnis hat. Es liegt im Prinzip kein anderer Fall vor, als wenn das Grundbuchamt zufällig Kenntnis von der Insolvenz des Verfügenden erhält, noch keine entsprechende Mitteilung des Insolvenzgerichts vorliegt und die Voraussetzungen des § 878 BGB nicht erfüllt sind. Nach einhelliger Auffassung der Rechtsprechung darf das Grundbuchamt in diesem Fall nicht zu einem gutgläubigen Erwerb verhelfen, weil die Erklärungen des Verfügenden erkanntermaßen unwirksam sind. Was hier gilt, hat auch im erörterten Fall bei der GbR zu gelten.

  • Nach einhelliger Auffassung der Rechtsprechung darf das Grundbuchamt in diesem Fall nicht zu einem gutgläubigen Erwerb verhelfen, weil die Erklärungen des Verfügenden erkanntermaßen unwirksam sind. Was hier gilt, hat auch im erörterten Fall bei der GbR zu gelten.



    :meinung:

  • Bevor wir uns missverstehen: Ich rede hier keiner Ermittlungspflicht das Wort, denn es gibt keine. Wenn aber das Grundbuchamt von der Unrichtigkeit des Grundbuchs etwas Handfestes mitbekommt, wird es das beachten müssen. Das ist dann auch in der Regel keine Frage der verpflichtenden Ermöglichung eines gutgläubigen Erwerbs (was die Literatur gerne hätte), sondern der sicher erkannt fehlenden Bewilligungsberechtigung, was anerkanntermaßen stets zu beachten ist.

    Natürlich steht es jedem frei, sein Hirn so oft durchzulüften, wie er mag, um möglichst wenige solcher unangenehmen Zufälle entstehen zu lassen.

    Klarstellen möchte ich, dass ich solche Zufälle weder liebe noch gezielt suche.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wenn ich aber zufällig drauf komme (oder weiß), dass ein und dieselbe GbR in verschiedenen Grundbüchern verschiedene Gesellschafterstände hat, dann ist für mich als Grundbuchamt definitiv die Vermutung des § 891 BGB erschüttert, und ich kann da nichts mehr ohne weiteres hernehmen.



    Da bin ich nicht so sicher. Die Vermutung des § 891 BGB gilt für den Gesellschafterbestand nach § 899a BGB nur "in Ansehung des eingetragenen Rechts", bei dem die Gesellschaft als Berechtigte eingetragen ist. Damit kann die Eintragung der Gesellschaft bei dem einen Grundstück nicht die Vermutung hinsichtlich der Eintragung bei einem anderen Grundstück zerstören. Abgesehen davon: woher weiß das GBA denn, dass die bei verschiedenen Grundstücken eingetragenen Gesellschaften identisch sind?

  • :confused:
    Natürlich ('tschuldigung!) gilt die Vermutung in Ansehung des (zugunsten der GbR) eingetragenen Rechts. Nur: Wenn da die "Luftpumpenkäfer-Cromwell-rp160-Andreas GbR-Rettungsteam GbR, bestehend aus Luftpumpenkäfer, Cromwell, rp160 und Andreas" eingetragen ist und der Rechtspfleger Ulf - woher auch immer - weiß, dass da mittlerweile als weiterer Gesellschafter Johannes Bolkart hinzugekommen ist, dann ist die Vermutung, die die §§ 899a, 891 BGB aufstellen, widerlegt. Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob er diese Kenntnis aus einer unglücklichen Bemerkung im Notarvertrag, aus dem Rechtspflegerforum, aus den Obertupfelshausener Morgennachrichten, aus Bayern 3, aus dem soeben bearbeiteten Grundbuch von Hintertupfelshausen Bl. 333 oder aus einer schlecht durchlüfteten Ecke seines guten Gedächtnisses hat. Nur - und da sind wir uns einig: Sie muss konkret sein. Zweifel erschüttern die Vermutung noch nicht und führen daher auch nicht zu einer Beanstandung.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • :confused:
    Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob er diese Kenntnis aus einer unglücklichen Bemerkung im Notarvertrag, aus dem Rechtspflegerforum, aus den Obertupfelshausener Morgennachrichten, aus Bayern 3, aus dem soeben bearbeiteten Grundbuch von Hintertupfelshausen Bl. 333 oder aus einer schlecht durchlüfteten Ecke seines guten Gedächtnisses hat. Nur - und da sind wir uns einig: Sie muss konkret sein. Zweifel erschüttern die Vermutung noch nicht und führen daher auch nicht zu einer Beanstandung.



    Heißt das dann, dass alle Grundstücke der Gesellschaft für weitere Rechtsänderungen blockiert sind, wenn bei irgendeinem Grundstück die Buchung eines Gesellschafterwechsels vergessen worden ist? Die eine unrichtige Eintragung würde die Richtigkeitsvermutung für alle anderen Eintragungen neutralisieren. Denn welche Eintragungen richtig und welche unrichtig sind, kann das GBA nicht feststellen. Vorsichtshalber sollte eine Gesellschaft also immer nur ein Grundstück(srecht) erwerben. Was wäre z. B., wenn sich die Gesellschafterbestände bei der Eigentümereintragung und bei der Eintragung einer Eigentümergrundschuld auf demselben Grundstück unterscheiden?

  • Werden wir konkret:

    Die Gesellschafter A, B und C haben mit ein und derselben notariellen Urkunde im Jahr 1998 zwei Grundstücke erworben, die in zwei verschiedenen Grundbuchblättern gebucht sind. Der alten Rechtsauffassung folgend, sind "A, B und C als Gesellschafter des bürgerlichen Rechts" in beiden Grundbüchern als Eigentümer eingetragen. Nach neuer Rechtsauffassung ist Eigentümer beider Grundstücke die GbR und an die Eintragung der Gesellschafter knüpft sich nach Art.229 § 21 EGBGB die Vermutung des § 899 a S.1 BGB. Wenn nun in Grundbuchblatt 1 die Eintragung eines Gesellschafterwechsels von C auf D erfolgt (unabhängig davon, ob vor oder nach der Gesetzesänderung), stimmen die Gesellschaftereintragungen in beiden Blättern nicht mehr überein, obwohl es sich ausweislich der Erwerbsurkunde um ein und dieselbe GbR handelt. Will die GbR nunmehr über das in Grundbuchblatt 2 gebuchte Grundstück durch das Vertreterhandeln von A, B und C (nicht D) verfügen und hat das Grundbuchamt von der Eintragung des Gesellschafterwechsels in Blatt 1 Kenntnis (was für die Fragestellung unterstellt wird), dann ist aufgrund der Eintragung in Blatt 1 klar, dass in Blatt 2 nicht die richtigen Gesellschafter gehandelt haben. Damit ist die Vermutung des § 899 a S.1 BGB für Blatt 2 widerlegt. Es muss also zunächst der Gesellschafterwechsel eingetragen werden (§ 47 Abs.2 S.2 GBO i.V.m. § 39 Abs.1 GBO) und D genehmigen, bevor die Verfügung der GbR eingetragen werden kann.

    Zu der Eintragung einer Eigentümergrundschuld für die GbR, bestehend aus A, B und D bei in Abt.I eingetragenen Gesellschaftern A, B und C kann es gar nicht kommen. Zuerst muss der Gesellschafterbestand in Abt.I auf A, B und D berichtigt werden (§ 47 Abs.2 S.2 GBO i.V.m. § 39 Abs.1 GBO), bevor die Eigentümergrundschuld unter Benennung dieser Gesellschafter überhaupt eingetragen werden kann.

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