Wohnungseigentum und Überbau

  • Moin !

    Hab hier eine (für mich) schwierige Nuss zu knacken:

    Antrag auf Teilung nach § 3 WEG, aus der Abgeschlossenheitsbescheinigung mit Lageplan ist deutlich ersichtlich, dass das zu teilende Gebäude als Überbau auf zwei in fremdem Eigentum stehende Grundstücke reicht, es ist ansonsten nix weiter dazu gesagt :(
    Ich weiß durch diverse Anwaltsschreiben in meiner Akte, dass der eine Eigentümer ein "Problem" mit dem Überbau hat, eine Gestattung also definitiv nicht vorliegt...
    Zudem Ist ein Verfahren (Ziel: Rückbau) bezüglich eines nachträglich gebauten Dachgeschosses (im WE aufgeteilt) beim Bauordnungsamt anhängig.

    Nun meine Fragen:

    1. Ich würde per Zwischenverfügung hinsichtlich des Überbaus die Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit auf den Fremdgrundstücken verlangen (ähnlich: OLG Hamm), sofern nicht ein Zuerwerb zur Klärung der Eigentumsverhältnisse erfolgt. Einwände ?

    2. Interessiert mich die Sache mit dem Bauordnungsamt ? Bin der Meinung "nein"...falls ein Rückbau erfolgt, muss das WE eben geändert werden...oder ?

  • Der Überbau ist ein Eintragungshindernis (vergl. auch
    Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 4.A.,
    4. Auflage 2004 RN 60 m.w.N.). Es ist die Zustimmung des Nachbarn zum Überbau nachzuweisen. Es soll wohl umstritten sein, ob es auch genügt, wenn die Voraussetzungen des § 912 Abs. 1 BGB vorliegen. Dafür wohl Sauren, WEG, 5. Aufl., RN 14 zu § 1 WEG).

    Um das Dachgeschoss würde ich mich nicht kömmern. Ob das Sondereigentum wie geplant errichtet werden darf oder baurechtlich Bestand hat, ist nicht im Grundbuchverfahren zu prüfen. Wenn das Sondereigentum am Dachgeschoss im amtlichen Aufteilungsplan ausgewiesen ist, würde ich zunächst eintragen.

  • Die Voraussetzungen des § 912 BGB kann mir doch aber keiner (mit Ausnahme eines Urteils) in der Form des § 29 GBO nachweisen, oder ?

    Und eine Zustimmung des einen Nachbarn gibt es definitiv nicht - dieser hat einen Anwalt "zur Verhinderung" des WE beauftragt.

    Für die Zustimmung des anderen Nachbarn reicht notarielle Beglaubigung, oder ?

  • Für den Nachweis der Gestattung durch den anderen Nachbarn reicht dessen not. begl. Zustimmung aus (Rastätter, BWNotZ 1988, 134/139; Tersteegen, RNotZ 2006, 433/453 m.w.N. in Fußn. 204). Weigert sich der weitere Nachbar, die betreffende Erklärung abzugeben, kann der Nachweis der Duldungspflicht auch durch Feststellungsurteil erfolgen (vgl. z. B. OLG Karlsruhe, DNotZ 1986, 753/754). Ggf. müsste also auf Feststellung darauf, dass ein zu duldender Überbau vorliegt, geklagt werden. Zwischenverfügung scheidet aus, da in solchen Fällen kein leicht und schnell behebbares Hindernis vorliegt.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Mir liegt eine Teilung nach § 8 WEG mit 14 Einheiten vor;
    vier Garagen (eigenständiger Baukörper) ragen mit ihrer Rückwand bis auf ein angrenzendes Grundstück.
    Eine Duldung des Überbaus durch den Nachbarn ist nicht nachgewiesen.
    Nach einer diesbezüglichen Beanstandung soll an den Garagen kein Teileigentum mehr gebildet werden,
    sondern diese sollen im Gemeinschaftseigentum verbleiben.

    Allerdings sollen an den betreffenden Garagen nunmehr Sondernutzungsrechte bis zur Grundstücksgrenze begründet werden.
    Da nun kein Sondereigentum an dem Überbau mehr gebildet wird,
    steht meines Erachtens das Erfordernis des einheitlichen Grundstücks der Eintragung nicht mehr entgegen.
    Oder wie seht ihr das?

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • zum Verständnis:

    eine überbauproblematik besteht nur hinsichtlich des Sondereigentums?

    in meinem fall steht ein Carport auch auf dem nachbargrundstück, er gehört aber nicht zum sondereigentum.

  • Guten Morgen,
    ich hänge mich hier nochmal dran. Mein Fall ist folgender:
    An der Garage, die auch auf ein anderes Grundstück ragt, was nicht im Eigentum der Wohnungseigentümer steht, soll im Wege der Änderung der Teilungserklärung Sondereigentum begründet werden. Da bisher keine Duldungs-Dienstbarkeit bezüglich des Überbaus eingetragen wurde, hatte ich zwischenverfügt und auf die Eintragung einer Dienstbarkeit hingewiesen.
    Jetzt hat mich der Notar angerufen und gefragt, wie es sich denn verhält, wenn die Duldung des Überbaus bereits als Baulast im Baulastenverzeichnis eingetragen ist. Er hat davon gesprochen, dass es sich hierbei ja um das "stärkere Recht" handele und somit die Eintragung einer Dienstbarkeit entbehrlich sein müsste.
    Ist das so? Finde nichts und hab auch ehrlich gesagt überhaupt keine Ahnung.
    Danke schon mal. :)

  • Mit einer Baulast wird lediglich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung abgesichert. Hält die Bauaufsichtsbehörde diese Absicherung nicht mehr für erforderlich, kann die Baulast jederzeit wieder aufgehoben werden. Privatrechtliche Ansprüche entstehen aus der Bestellung einer Baulast nicht (s. dazu etwa Rohrer, Baulast und/oder Dienstbarkeit, BWNotZ 1984, 165, Grziwotz, Zur “Doppelsicherung” baurechtlicher Genehmigungsvoraussetzungen, BauR 1990, 20, 21 f, Schöner/Stöber, GBR, 15. Auflage 2012 RN RN 3201 sowie die Nachweise im DNotI-Report 15/1998, 145 ff). Im letztgenannten Gutachten führt das DNotI aus: „Während die Baulast eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung und Eingriffsgrundlage gegenüber der Bauaufsichtsbehörde begründet, begründet sie keine entsprechende privatrechtliche Verpflichtung gegenüber dem aus der Baulast Begünstigten. Dieser hat weder einen zivilrechtlichen noch einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Nutzung entsprechend der eingeräumten Baulast. Um ein Nutzungsrecht des Begünstigten zu begründen, ist vielmehr noch eine gesonderte privatrechtliche Vereinbarung notwendig (ständige Rspr. - vgl. BGHZ 88, 97, 100 = DNotZ 1984, 176 = NJW 1984, 124; BGHZ 94, 160, 164 f. = DNotZ 1986, 140 = NJW 1985, 1952; BGHZ 106, 348, 353 f. = NJW 1989, 1607, 1609; BGH NJW 1993, 2741, 2743; BGH NJW 1995, 53; ..“ (es folgen weitere Nachweise).

    Die Duldung des Überbaus ist jedoch durch eine privatrechtliche Vereinbarung abzusichern. Ein Sonderrechtsnachfolger (im Eigentum des überbauten Grundstücks) ist an eine Zustimmung bzw einen Verzicht seines Vorgängers nur bei Eintragung einer Grunddienstbarkeit gebunden (Lorenz in Erman BGB, 14. Auflage 2014, § 912 RN 1, Roth im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 912 RN 70 mwN). s. dazu auch hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1052188
    Ggf. wären dann auch Regelungen zum Verzicht auf Überbaurente zu treffen (Staudinger/Roth, RN 69), s. etwa hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1069904

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  • Ich "darf" mich auch das erste Mal mit dieser Problematik auseinandersetzen:

    eine überbauproblematik besteht nur hinsichtlich des Sondereigentums?

    in meinem fall steht ein Carport auch auf dem nachbargrundstück, er gehört aber nicht zum sondereigentum.

    Gibt es außer dem Gesetzeswortlaut selbst obergerichtliche Entscheidungen oder Literaturmeinungen, die dies klarstellen?

    Zumindest die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 9. 1. 1986 (11 W 67/85) verstehe ich nämlich anders:

    "Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde ist es rechtlich unerheblich, daß der Überbau nach der Teilungserklärung nicht als Sondereigentum ausgewiesen wird, sondern im gemeinschaftlichen Eigentum stehen soll; denn das Verbot des § 1 Abs. 4 WEG betrifft nicht die sachenrechtliche Zuordnung bestimmter Räume zum Sonder- oder Gemeinschaftseigentum, sondern die vorrangige Frage, ob überhaupt Raumeigentum an einem Gebäude gebildet werden kann."

  • Der Beschluss des OLG Karlsruhe vom 09.01.1986 besagt nichts anderes, als dass ein Überbau auch dann vorliegt, wenn der hinübergebaute Gebäudeteil im Gemeinschaftseigentum verbleibt. Nur ist diese Frage für die Begründung von Wohnungseigentum nicht relevant, weil es darum geht, dass nach § 1 Absatz 4 WEG Sondereigentum nur mit dem Miteigentumsanteil am gleichen Grundstück verbunden werden kann. Das setzt zum einen voraus, dass es um den „Raum“ Sondereigentum geht und zum anderen, dass die gleichen Eigentumsverhältnisse am Grundstück herrschen. Letzteres ist bei einem gestatteten oder bei einem entschuldigten unrechtmäßigen Überbau der Fall. Ein Sondernutzungsrecht bezieht sich nur auf die interne Nutzung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft, während der Überbau die Situation im Nachbarrecht beschreibt.

    Im Ausgangsfall konnten die Überbauvorschriften ohnehin nicht angewandt werden:

    Bei einem seitlich offenen Carport wird nicht von einem Gebäude im Sinne des § 912 BGB ausgegangen (siehe OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.09.1992 - 6 U 45/92 = NJW-RR 1993, 665; AG Brandenburg, Urteil vom 07.12.2016, 31 C 160/14 = BeckRS 2016, 20665, Brückner im Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2023, § 912 RN 6; Roth im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2025, § 912 RN 6). Leicht versetzbare Gebäude (Schuppen, fliegende Bauten, Gartenhaus, Behelfsheim) fallen aus dem Anwendungsbereich der Überbauvorschriften heraus, weil bei ihnen die Werterhaltungsfunktion der §§ 912 ff. BGB aufgrund der leichten Verlegbarkeit zurücktritt (siehe die Nachweise bei Tersteegen, Der Überbau in der notariellen Praxis“, RNotZ 2006, 433/435

    https://www.dnoti.de/download/?tx_dnotionlineplusapi_download%5Bnodeid%5D=67f0962e-f377-44ae-97ae-220b7f53fdc0&tx_dnotionlineplusapi_download%5Bpreview%5D=1&tx_dnotionlineplusapi_download%5Bsource%5D=0&cHash=c2e9ccb391c87607d14fdd2f64a3e96f

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  • Ganz herzlichen Dank für deine Rückmeldung, Prinz, und sorry, dass ich noch mal nachhaken muss:

    § 1 Abs. 4 WEG stellt also nur ein Problem in Bezug auf Sondereigentum dar, befindet sich demnach ein Raum, ein Teil eines Raums oder ein Teil des Gebäudes (wie z.B. eine Mauer) aufgrund eines Überbaus auf einem anderen als dem aufzuteilenden Grundstück kann Wohnungseigentum unabhängig von der eigentumsrechtlichen Zuordnung dieses Überbaus gebildet werden, falls an den Räumen, den Raumteilen oder den Teilen des Gebäudes kein Sondereigentum gebildet wird, sondern Gemeinschaftseigentum. Wie kann es denn dann nach dem OLG KA in der oben genannten Entscheidung unerheblich sein, ob der Überbau nach der Teilungserklärung im Sonder- oder Gemeinschaftseigentum steht? Stünde dieser nach der Teilungserklärung nach Vollzug der Teilung im Gemeinschaftseigentum, müsste die Bildung von Wohnungseigentum doch möglich sein? Oder habe ich irgendwo einen Denkfehler? :gruebel:

  • § 1 Abs. 4 WEG stellt also nur ein Problem in Bezug auf Sondereigentum dar, ...

    Nein, da habe ich mich missverständlich ausgedrückt.

    Wie hier

    Prinz
    19. Juli 2022 um 11:11

    ausgeführt, stellt sich die Frage, in wessen Eigentum das über die Grundstücksgrenze gebaute Gebäude steht, nicht nur dann, wenn an den Räumen in diesem Gebäude Sondereigentum begründet werden soll, sondern auch dann, wenn dieses Gebäude (Zusatz: oder Räume innerhalb des Gebäudes) im Gemeinschaftseigentum verbleiben soll/sollen. Für die Begründung von Wohnungseigentum ist das Miteigentum an ein und demselben Grundstück erforderlich. Steht ein Teil des Gebäudes auf einem im fremden Eigentum stehenden Grundstück, würde ohne gestatteten oder entschuldigten unrechtmäßigen Überbau das Eigentum an dem hinübergebauten Teil an der Grundstücksgrenze geteilt werden. Dabei ist es egal, ob der übergebaute Teil im Gemeinschaftseigentum verbleiben oder im Sondereigentum stehen soll. Daraus resultiert die Aussage des OLG Karlsruhe.

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  • Vielen lieben Dank für deine Rückmeldung und deine Geduld. Vielleicht magst du mir auf Grundlage des folgendes Beispiels eine Einschätzung abgeben, ob ich die praktischen Auswirkungen verstanden habe, dann ist mir dieser Passus des OLG KA jetzt auch nicht ganz so wichtig.

    An einem Haus auf Grundstück A soll Wohnungseigentum gebildet werden. Das hälftige Miteigentum an dem Grundstück soll mit dem Sondereigentum an den Wohnungen 1 und 2 verbunden werden. Eine Überbauproblematik bzgl. des Wohnhauses besteht nicht. Auf dem Grundstück befindet sich eine Garage, die zum Teil auch auf Grundstück B steht. Ein Nachweis, dass es sich bei dem Überbau im Bereich der Garage um einen wesentlichen Bestandteil des aufzuteilenden Grundstücks handelt, liegt nicht vor, weshalb von einer Teilung des Eigentums am Überbau an der Grundstücksgrenze auszugehen ist.

    Variante 1: An der Garage soll auch Sondereigentum begründet werden.

    Variante 2: An der Garage soll kein Sondereigentum begründet werden.

    Stehen der Teilung Vollzugshindernisse entgegen?

    Bei Variante 1 steht § 1 Abs. 4 WEG der Begründung von Sondereigentum an der Garage entgegen.

    Bei Variante 2 kann die Teilung im Grundbuch vollzogen werden, der Überbau im Bereich der Garage steht der Begründung von Sondereigentum an den Wohnungen nicht entgegen. Das Gemeinschaftseigentum umfasst die die Garage bis zur Grundstücksgrenze.

  • So ist es. Allerdings frage ich mich, wo denn die restlichen ½ Miteigentumsanteile verbleiben sollen.

    Anders als beim Sondereigentum wird beim Sondernutzungsrecht kein Raum vorausgesetzt. In dem in #5 geschilderten Fall

    Spaltenmuckel
    6. August 2014 um 14:14

    wurde ein rechtmäßiger Überbau nicht nachgewiesen. Damit ist davon auszugehen, dass das Eigentum an den vier Garagen auf der Grundstücksgrenze geteilt wurde. An einem geteilten Raum kann mE kein Sondereigentum begründet werden. Dabei lasse ich mal die Luftschrankenproblematik (siehe etwa diesen Thread

    RE: Gemeinschaftseigentum mit Sondernutzungsrecht wird baulich in Sondereigentum integriert)

    außen vor. Es sollte jedoch nur noch ein SNR an dem (im gemeinschaftlichen Eigentum verbleibenden) Teil der Garagen bis zur Grundstücksgrenze hin begründet werden. Das war möglich. Daher die offenbar missverstandene Aussage „Sehe ich auch so. Beim SNR ergibt sich die Überbauproblematik nicht“. Wäre die Duldung des Überbaus nachgewiesen worden, hätte/n an den Garagen mit den hinübergebauten Bauteilen sowohl Sondereigentum begründet, als auch Sondernutzungsrechte eingeräumt werden können.

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