Gläubigerforderung gegen Nachlass

  • Hallo Forum,


    ihr habt ja sicherlich auch häufiger mal Fälle, in denen alle bekannten Erben ausgeschlagen haben und euch Rechnungen aller Art übersandt werden, mit der Bitte diese aus dem Nachlass zu begleichen.

    Selbst wenn noch etwas Nachlass vorhanden ist, wird sich ja aus haftungstechnischen Gründen kaum ein NL-Rpfl. hinreißen lassen und selbst die Auszahlung anordnen, da ja z.B. nicht klar ist, wieviele Forderungen insgesamt noch bestehen.

    Jetzt meine Frage:

    a) wo steht das? Habt ihr dazu evtl. Literaturhinweise oder Aufsätze? Aus dem Gesetz selbst ergibt sich das ja nicht so konkret.

    b) was teilt ihr dem Gläubiger mit, der eine nicht titulierte Rechnung einreicht?

  • Ich schicke den Gläubigern die Rechnungen zurück mit dem Hinweis, dass eine Begleichung der Rechnung durch das Nachlassgericht nicht möglich ist. Sofern eine Nachlasspflegschaft angeordnet ist teile ich noch die Daten des Nachlasspflegers mit.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

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  • Sorry, aber wenn ich Kenntnis von Aktivnachlass habe (auch wenn der Nachlass letztlich überschuldet ist), dann muss ich mir (auch oder garade dann) wenn alle Erben ausgeschlagen haben, über den § 1960 BGB Gedanken machen. Nachlasspfleger!

    Kommt jetzt noch ein Gläubiger und will Geld oder Hilfe bei der Einziehung seiner Forderung, trifft umso mehr § 1961 BGB zu und ich kann die Anfrage des Gläubigers sogar als Antrag auf NLPflegerbestellung nach § 1961 BGB auslegen.

    Wie gesagt: Nur wenn ich Kenntnis habe, dass entsprechender Aktivnachlassvorhanden ist. Wieviel Verbindlichkeiten insgesamt, ob überschuldet etc. spielt keine Rolle. Es geht nur um den sicherungsbedürftigen Nachlass und selbst das Sicherungsbedürfnis muss bei einer 1961er Pflegschaft nichtmal mehr gegeben sein.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich schicke den Gläubigern die Rechnungen zurück mit dem Hinweis, dass eine Begleichung der Rechnung durch das Nachlassgericht nicht möglich ist.




    Das ist ja aber so nicht ganz richtig. Als Gericht hat man nach §§ 1960, 1962, 1915 Abs.1, 1846 BGB schon die Möglichkeit, Zahlungen aus dem Nachlass anzuordnen. Ob man es macht, ist aber eine andere Frage.

    Siehe dazu auch hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…stattungskosten

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  • Also ich denk da an solche Fälle, wo es am Ende noch 500,00 € auf dem Girokonto gibt und der Stromversorger oder ein Arzt noch 50,00 € Forderung hat und die Rechnung hierzu einreicht, welche ja nicht zu den bevorrechtigten Forderungen wie die Bestattungskosten zählt.

    Bis dato wird hier im Grunde auch so verfahren wie bei Mel #2.

    Setzen andere denn bei sowas tatsächlich einen NL-Pfleger ein? Einzig und allein um eine Überweisung zu tätigen? Dessen Kosten sind dann doch teilweise höher als die Forderung des Gläubigers.

    @ TL: Du bist also der Meinung, über § 1846 BGB könnte ich auch als NL-Gericht die Überweisung anordnen? Aber wie siehts dann mit der Prüfung der nicht-titulierten Forderung aus? Da kann ich mich ja ordentlich in die Nesseln setzen.

  • @ TL: Du bist also der Meinung, über § 1846 BGB könnte ich auch als NL-Gericht die Überweisung anordnen? Aber wie siehts dann mit der Prüfung der nicht-titulierten Forderung aus? Da kann ich mich ja ordentlich in die Nesseln setzen.



    1) Klar
    2) Nur ggü. den Erben (nicht ggü. den Gläubigern direkt) entstünde eine theoretische Haftung - wenn z.B. auf nichtbestehende Forderung geleistet wird. Wenn aber die bekannten Erben ausgeschlagen haben, weitere Erben nicht ermittelt werden oder selbst wenn, dann diese ebenfalls bei überschudletem Nachlass wieder ausschlagen, wie soll also dann der Haftungsanspruch realisiert werden? Noch dazu bei € 500 Nachlass und damit maximaler Haftungssumme. Gibt´s höheren Nachlass muss man m.E. ohnehin einen NLPfleger bestellen.

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  • @ TL: Du bist also der Meinung, über § 1846 BGB könnte ich auch als NL-Gericht die Überweisung anordnen? Aber wie siehts dann mit der Prüfung der nicht-titulierten Forderung aus? Da kann ich mich ja ordentlich in die Nesseln setzen.



    1) Klar
    2) Nur ggü. den Erben (nicht ggü. den Gläubigern direkt) entstünde eine theoretische Haftung - wenn z.B. auf nichtbestehende Forderung geleistet wird. Wenn aber die bekannten Erben ausgeschlagen haben, weitere Erben nicht ermittelt werden oder selbst wenn, dann diese ebenfalls bei überschudletem Nachlass wieder ausschlagen, wie soll also dann der Haftungsanspruch realisiert werden? Noch dazu bei € 500 Nachlass und damit maximaler Haftungssumme. Gibt´s höheren Nachlass muss man m.E. ohnehin einen NLPfleger bestellen.



    Die große Befürchtung die ich dabei hätte, wäre nach einem Jahr ein weiterer Gläubiger, der nachdem dann nix mehr auf dem Konto ist, nen Aufstand macht und fragt, mit welchem Recht ich denn den Nachlass an die andern Gläubiger verteilt hätte. Antworte ich dann nach dem Motto "der frühe Vogel fängt den Wurm"?

  • Es gibt keine vorgeschriebene Rangfolge für die Gläubigerbefriedigung. Die Inso mit ihren Rängen gilt hier nicht.

    Vor dem Problem steht auch oft der Nachlasspfleger bei dürftigen Nachlässen, wenn der Wert nicht für ein Inso-Verfahren ausreicht.

    Aus dem Gesetz ergibt sich nicht eindeutig, wie zu verfahren ist, wenn die Masse nicht für alle Gläubiger ausreicht (BGHZ 85,274).

    Nach h.M. ist der Nachlasspfleger (ergo auch das Nachlassgericht) nicht an eine Rangfolge bei der Befriedigung gebunden (Palandt/Edenhofer, § 1991 BGB, Rn. 3 / MüKo, § 1991 BGB, Rn. 7).

    In der Praxis führt daher der NLPfleger idR. ein Gläubigeraufgebot durch und verteilt dann quotal das nach Abzug der Gerichtskosten und seiner Kosten verbleibende Nachlassguthaben.


    Siehe dazu auch Jochum-Pohl, Nachlasspflegschaft, 4. Auflage, Rn. 518 ff.

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  • Ich hätte mal eine Frage zum Gläubigeraufgebot:

    Wird dieses regelmäßig gemacht, auch wenn nach Abzug der Kosten nur noch ein ganz kleiner Aktivnachlass übrig ist ?

    Also auch in den Fällen, in denen quasi nur das Mietverhältnis aufgehoben wird, mehrere Gläubiger (inkl. Beerdigungskosten) vorhanden sind und noch ein ganz geringes Kontoguthabens nach Abzug der Verfahrenskosten besteht?

  • Nein. Da wäre das Quatsch.

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  • Und wenn Bestattungskosten schon erledigt sind?

    Beispielhaft 10 Gläubiger, 6000 € Schulden insgesamt, 200€ Restnachlass.

    Einfach quoteln und fertig ?!

    Der weitere Aufwand löst ja auch wieder Vergütung aus... und frisst ja fast alles auf.

  • Quoteln bei 200€?

    Ne. Da ist mir meine Zeit zu schade. Dem Gläubiger mit der größten Forderung alles überweisen, dem Rest die Dürftigkeit nach § 1990 BGB anzeigen. Kurzer Bericht an NLG und Pflegschaft aufheben. Man muss sich nicht mehr Arbeit und Probleme machen wie nötig.

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