Minderjährig - BerH?

  • Ich las in Lissner pp RZ 25, dass die Einkommen des Kindes maßgeblich seien. :confused:

    Das stimmt schon, aber die anwaltliche Beratung ist möglicherweise Sonderbedarf im Rahmen des Unterhalts. Dementsprechend sind die Einkommensverhältnisse der Eltern auch zu prüfen - neben deren Genehmigung zur Antragstellung.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Okay, dann werde ich mal beanstanden. Danke für Eure Hilfe!
    Ich frage mich aber noch eines: Ist der Antrag der Minderjährigen überhaupt "gestellt", wenn sie kein eigenes Antragsrecht haben? Ich will auf die 4-Wochen-Frist hinaus...

  • Da kannst du dich zum Beispiel fragen, was du machen würdest, wenn du einen Antrag hättest der ausgefüllt, aber nicht unterschrieben ist.

    Oder du vergleichst die Antragstellung hilfsweise mit einem Rechtsgeschäft eines beschränkt Geschäftsfähigen und sagst dir ok, gestellt i.S.d. § 6 ist der Antrag, er ist bloß noch nicht vollwirksam gestellt. Dann überlegst du, ob die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters auf den Zeitpunkt des gedachten Rechtsgeschäfts zurückwirken würde oder nicht.

  • Mit dieser Begründung

    Zitat von wobder

    - Auftrag an RA (kann uns eigentlich egal sein)

    nicht lediglich rechtl. vorteilhaft, soweit nicht auf die 10,- EUR verzichtet wird, sonst denke ich ja

    sonst wär auch gut § 110 BGB vertretbar, wenn der Mdj. prinzipiell mit seinem Lehrlings /Taschengeld kleine Geschäfte, und das ist bei 10,- EUR zweifelsfrei, selsbt vornehmen kann

    bekommen bei mir Minderj. - auf ihren eigenen Antrag hin - Beratungshilfe in Strafsachen. Die Abweisung würde doch bedeuten, dass ich dem beschuldigten Minderj. jegliche Möglichkeit nehme, sich rechtlich in der Sache beraten zu lassen!


    Nehmen wir mal an, ich würde diese Anträge zurückweisen (egal, ob nun sofort, weil nicht prozessfähig oder nach ergebnislosem Ablauf einer gesetzten Frist zur Beibringung der Genehmigung des ges. Vertreters). Der Antragsteller legt Erinnerung ein, Begründung: gesetzliche Vertreter weigern sich, mitzuwirken, die Beratung war dringend geboten. Die Bestellung eines Ergänzungspflegers für die Antragstellung bei BerH halte ich für übertrieben, schließlich sollten - u.a. - durch die Beratungshilfe die Gerichte entlastet werden. ENTlastet. Ich sehe da eher geringe Chancen, vom Richter gehalten werden. (Zudem es auch nicht meinem Rechtsempfinden entsprechen würde.)

    Moment mal: Der minderj. Antragsteller könnte doch gar nicht Erinnerung einlegen, ohne gesetzl. Vertretermitwirkung!

    Ich bewillige dem Früchtchen seine Berh jedenfalls. :)

    Einmal editiert, zuletzt von Baatz (18. September 2014 um 08:58) aus folgendem Grund: erg.

  • Aktuell häufen sich bei mir komischerweise Anträge auf Beratungshilfe ohne Mitwirkung ihres gesetzlichen Vertreters. Es handelt sich meist um Konstellationen bei den die Minderjährigen den elterlichen Haushalt verlassen haben und bei Freunden untergekommen sind. Dabei soll es dann bspw. um die Klärung von Unterhaltsansprüchen etc. gegen die Eltern gehen.

    Ich habe in der Vergangenheit solche Anträge schon als Anlass genommen, um familiengerichtlich etwas anzuleiern. Aber die Antragstellung der BerH habe ich nie als wirksam erachtet.

    Jetzt ist mir aber (in einer Familiensache) ein Berechtigungsschein eines anderen Gerichts gezeigt worden, in dem einem solchen Minderjährigen BerH für die "Prüfung Ruhen der elterlichen Sorge" und "Antrag auf Vormundschaft" bewilligt worden ist. Ich hätte das so niemals bewilligt, aber bin jetzt etwas in Grübeln gekommen.

    Also, wie handhabt ihr Anträge Minderjähriger ohne Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters?

  • Nur weil ein anderes Gericht einen Schein erteilt hat, muss es noch nicht richtig sein. Man sieht insbesondere in Beratungshilfesachen (wohl auch Mangels gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung) öfter diskussionswürdige Entscheidungen (in beide Richtungen).

    Nach §§ 5 BerHG, 9 FamFG fehlt es den Kindern meiner Ansicht nach schlicht an Verfahrensfähigkeit. In einem Parallelthema wurde mit dem § 110 BGB herumargumentiert ("Die Kinder können die Selbstbeteiligung ja mit dem Taschengeld zahlen"), das halte ich aber nicht für mit dem Wortlaut des § 9 FamFG vereinbar.

    In der Sache selbst wäre die Beratungshilfebewilligung letztlich auch ohne praktischen Nutzen: Die Kinder könnten dann zu Rechtsanwalt und dieser würde irgendwas veranlassen (z.B. Aufforderung zur Unterhaltszahlung). In der Regel (insbesondere bei Familienstreitigkeiten) macht die Gegenseite dann trotzdem nicht was sie soll und man muss vor Gericht. Spätestens hier braucht man dann zwingend einen Ergänzungspfleger / Vormund, damit wirksam Anträge gestellt werden können.

    Daher ist meine Linie, dass ich die Kinder anschreibe und bitte, zunächst die Frage der rechtlichen Vertretung zu klären (gerne in Kooperation mit dem Jugendamt) und dass sie dann auf den Antrag zurückkommen können.

    Nebenbei: "Prüfung Ruhen der elterlichen Sorge" und "Antrag auf Vormundschaft" sind als Beratungshilfeangelegenheiten ohnehin fragwürdig. Vormundschaft und das Ruhen der elterlichen Sorge wird ja nicht beantragt sondern allenfalls angeregt. In der Regel wird das Gericht von Amts wegen tätig, wenn es von einem entsprechenden Sachverhalt Kenntnis erhält. Warum man hierfür anwaltliche Beratung benötigen soll, erschließt sich mir beim besten Willen nicht. Zudem gibt es auch keine Beratungshilfe für die Antragstellung in gerichtlichen Verfahren.

  • Ich bewillige Beratungshilfe in solchen Fällen in erster Linie deshalb nicht, weil das Jugendamt gem. § 18 SGB VIII verpflichtet ist, Jugendliche in Sachen Umgang und Unterhalt zu unterstützen und daher eine anderweitige Hilfemöglichkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG darstellt.

    Ansonsten sehe ich aber die Minderjährigkeit in den geschilderten Fällen als unproblematisch. Vorausgesetzt, die Antragsteller sind 14 Jahre oder älter.

    § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG erklärt ja gerade Jugendliche, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, für verfahrensfähig, wenn sie in einem Verfahren ihnen nach dem bürgerlichen Recht zustehende Rechte geltend machen wollen. Und das sind alle Kindschaftssachen nach § 151 FamFG.

  • Nach §§ 5 BerHG, 9 FamFG fehlt es den Kindern meiner Ansicht nach schlicht an Verfahrensfähigkeit.

    So sehe ich es auch. Der Antrag ist daher unzulässig.

    § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG erklärt ja gerade Jugendliche, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, für verfahrensfähig, wenn sie in einem Verfahren ihnen nach dem bürgerlichen Recht zustehende Rechte geltend machen wollen

    Das gilt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut aber nur in Verfahren die die Person des Kindes betreffen.

    Das BerH-Verfahren betrifft weder die Person des Kindes noch wird ein ihm nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht geltend gemacht. Schon gar nicht liegt eine Kindschaftssache vor. Für welche Angelegenheit BerH beansprucht wird ist m.E. ohne Belang.
    Das Kind kann ja noch nicht einmal wirksam den Anwaltsvertrag schließen.

    Ich bewillige Beratungshilfe in solchen Fällen in erster Linie deshalb nicht, weil das Jugendamt gem. § 18 SGB VIII verpflichtet ist, Jugendliche in Sachen Umgang und Unterhalt zu unterstützen und daher eine anderweitige Hilfemöglichkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG darstellt.

    Für Unterhaltsansprüche käme das noch dazu, wenn der Antrag zulässig wäre.

  • Ich sehe das anders.

    Wenn man § 9 FamFG so auslegt, dann würde die Vorschrift in vielen Fällen obsolet werden. Wenn man Minderjährigen die Möglichkeit einräumt, in Kindschaftssachen selber Verfahren führen zu können, andererseits den Minderjährigen aber versagt, Beratungshilfe oder Verfahrenskostenhilfe zu beantragen, so würde die Vorschrift praktisch leerlaufen.

    So hat das OLG Düsseldorf beispielsweise entschieden, dass Minderjährige in Kindschaftssachen sowohl einen Rechtsanwalt mandatieren als auch Verfahrenskostenhilfe beantragen können (OLG Düsseldorf Beschl. v. 13.8.2019 – 6 WF 169/19, BeckRS 2019, 32101, beck-online)

  • Ich sehe das anders.

    Wenn man § 9 FamFG so auslegt, dann würde die Vorschrift in vielen Fällen obsolet werden. Wenn man Minderjährigen die Möglichkeit einräumt, in Kindschaftssachen selber Verfahren führen zu können, andererseits den Minderjährigen aber versagt, Beratungshilfe oder Verfahrenskostenhilfe zu beantragen, so würde die Vorschrift praktisch leerlaufen.

    So hat das OLG Düsseldorf beispielsweise entschieden, dass Minderjährige in Kindschaftssachen sowohl einen Rechtsanwalt mandatieren als auch Verfahrenskostenhilfe beantragen können (OLG Düsseldorf Beschl. v. 13.8.2019 – 6 WF 169/19, BeckRS 2019, 32101, beck-online)

    Allerdings gibt es da durchaus einige Stimmen, die dem Kind in so einem Fall trotzdem absprechen, den Antrag selbst stellen zu können, sondern die Verfahrensfähigkeit nur für ein bereits laufenden Verfahren bejahen (vgl. z.B. KG (19. Zivilsenat), Beschluss vom 21.10.2016 - 19 UF 32/16 in dem jede Menge solcher Beschlüsse benannt werden). Damit würde auch Beratungshilfe auf eigenen Antrag ausscheiden.

    Für § 1666 BGB Verfahren hat der BGH sogar die Verfahrensfähigkeit komplett verneint, BGH, Beschluss vom 12.5.2021 – XII ZB 34/21.

  • Wobei der BGH eindeutig gesagt hat, dass auch bei § 1666 das Kind ab 14. eigenständig Beschwerde einlegen kann und in der II. Inst. verfahrensfähig ist, d.h. auch VKH mit RA erhalten kann.

    (btw. Die Begründung, der Gesetzgeber hat bewusst in Kauf genommen, dass ein Kind in der I. Inst. nicht verf.fähig ist, in der II. aber wohl, kann nur jmd. mit 2 Examen verstehen.

    Klar, wozu auch Verfahrensfähigkeit in der I. Inst., wenn es ja ne nächste gibt. Reicht ja, wenn man dort die Verf.keit einräumt. Hää? Grundsatz der effektiven Wahrnehmung von Rechte durch Verlust einer ganzen Inst.? Außerdem gibt es ja einen Verf.beistand. Ja, aber was hat das damit zu tun, der hat völlig andere Aufgaben und Rechte.)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Die oben zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf halte ich für fragwürdig.

    Unter Rn. 18 konstruiert das OLG aus einer reinen Verfahrensvorschrift (§ 9 FamFG) eine Art materiellrechtliche "Teilgeschäftsfähigkeit" für gewisse Anwaltsverträge. Das findet im BGB meiner Meinung nach keine Stütze.

    Zumal:

    Selbst wenn man der Ansicht des OLG Düsseldorf folgen würde, hilft es bei der Beratungshilfe nichts.

    Das Beratungshilfeverfahren ist ein reines Sozialhilfeverfahren. Da es ausschließlich um Sozialhilfeansprüche des Kindes gegen das Land geht, kann man meiner Meinung nach im Beratungshilfeverfahren selbst mit den Ausnahmen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG nicht argumentieren.

    Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit wäre eine außergerichtliche Geschäftsbesorgung / Beratung und kein gerichtliches Verfahren, in dem dem Kind nach § 9 FamFG wie auch immer ausgestaltete Verfahrensrechte zustehen, daher hat das Kind insoweit auch keine Möglichkeit einen Anwaltsvertrag zu schließen.

    Bei der VKH kann man vielleicht noch irgendwie vertreten, dass es ja bloß ein Folgeantrag in einer Angelegenheit ist, für welche das Kind Verfahrensrechte selbstständig ausüben kann.

    Aus dem § 9 FamFG, der ja eine Verfahrensvorschrift für das gerichtliche Verfahren ist, nun auch noch eine Möglichkeit zu Abschluss vorgerichtlicher Anwaltsverträge abzuleiten, ist gewagt.

  • Gewagt ist, jmd. der eigenständig Verfahrensanträge stellen kann und hierfür VKH mit RA erhalten kann, das Recht auf effektive Gewährung von Rechtsschutz durch BerH, nichts anderes ist BerH, schon gar kein reines Sozialhilfeverfahren, für eben diese Verfahren abzusprechen. Zumindest in den Fällen, wo das Kind im gerichtl. Verfahren verfahrensfähig ist, § 9 FamFG, muss dem Grunde nach die Möglichkeit für BerH gegeben sein.

    Übrigens, der Verfassungsgerichtshof des L B, Az. 23 A/21, hat ausgeführt: "... Danach scheitert das Akteneinsichtsrecht nach Auffassung des Amtsgerichts nur daran, dass der Antragsteller nicht wirksam einen Rechtsanwalt beauftragen könne. Diese Auffassung widerspricht § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur erstreckt sich die Verfahrensfähigkeit auch auf ein Verfahren, das im Zusammenhang mit einem Antrag nach § 1887 Abs. 2 BGB steht. Davon ist auch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts erfasst (vgl....."

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

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