Reisekosten der Rechtsabteilung einer Partei

  • Hallo, liebe Kollegen,

    habe folgenden Fall. Eine Partei , die klägerische A- GmbH hat ihren Sitz in H. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nunmehr macht die A-GmbH Fahrtkosten für die Wahrnehmung des mündlichen Verhandlungstermins bei dem hiesigen AG in S. geltend. Hierzu trägt sie weiter vor, dass sie durch einen Mitarbeiter der Rechtsabteilung der B-GmbH im Termin vertreten worden sei. Die B-GmbH sei ein Tochterunternehmen der A-GmbH und würde regelmäßig durch die dortige Rechtsabteilung vertreten werden. Die B-GmbH hat ihren Sitz jedoch im deutlich entfernteren Ort E. . Fahrtkosten werden nun für die Entfernung E. nach S. geltend gemacht, mit der Begründung, die Beauftragung eines hier ortsansässigen Rechtsanwaltes hätte deutlich höhere Kosten verursacht. Die Kosten eines Rechtsanwaltes wären auf Grund des recht hohen Streitwertes tätsächlich höher ausgefallen.
    Ich habe nun ein Problem damit, die höheren Reisekosten als notwendig anzuerkennen, da ausweislich des jeweiligen Handelsregisterauszuges es sich sowohl bei der A-GmbH als auch bei der B-GmbH um Hauptniederlassungen handelt, die rechtliche Vertrtung durch die B-GmbH für mich nicht ersichtlich ist. Die A-GmbH teilt hierzu mit, dass dieser Umstand nicht relevant sei, dass sich die gesellschaftsrechtliche Konstellation aus den zu Grunde liegenden Gesellschaftsverträgen ergibt.
    Bei beiden GmbH´en besteht Geschäftsführeridentität. Aus der Akte ergibt sich eine Vertretung der B-GmbH nicht.
    Habt Ihr eine Idee dazu ?::confused:

  • Aus dem Bauch heraus:

    Es gibt nur Fahrtkosten von H zum Gericht. Der Vergleich mit den höheren RA-Kosten interessiert mich nicht, da nunmal kein RA beauftragt wurde. Die Vertretung durch die B-GmbH interessiert mich auch nicht, da der Sitz der A-GmbH nunmal in H ist und es nur vom Sitz der Partei zum Gericht Fahrtkosten gibt.

  • Wie der Vorbeitrag.
    Für die internen Geflogenheiten der Partei, sich von einer weiter entfernten Tochterfirma vertreten zu lassen, kann die Gegenseite nichts und hat dafür kostenmäßig auch nicht einzustehen. Wegen des Rechts, am eigenen Termin teilzunehmen, gibt es die Terminsreisekosten vom eigenen Sitz zum Gericht und retour nach JVEG, mehr nicht.

  • Ich will mich der Frage mal mit einem Extrembeispiel nähern:

    Die in A niedergelassene X-GmbH wird in A verklagt.
    Ihr GF sitzt auch in A, ist aber nicht hinreichend rechtskundig, um die X-GmbH im RS zu vertreten.
    Keine GmbH ist verpflichtet, einen zur Vertretung in gerichtlichen Verfahren hinreichend versierten GF vorzuhalten.

    Zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung iSd. § 91 I ZPO ist also in jedem Fall die Beauftragung eines Dritten erforderlich.

    Die X-GmbH steht also vor der Frage: Einen RA beauftragen (teuer) oder einen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in B bemühen (zwar Reisekosten, aber gegenüber RA billig).

    Die X-GmbH entscheidet sich also unter dem Aspekt einer Kosten sparenden Prozessführung für die Vertretung durch einen Mitarbeiter der Rechtsabteilung. Sie obsiegt.

    Wieso sollte der X-GmbH, für die die Prozessvertretung durch einen Dritten erforderlich war, die Erstattung der Reisekosten des Mitarbeiters der Rechtsabeilung verwehrt und sie für Ihre Bemühungen, die Kosten mit Prozessvertretung durch einen Dritten anstelle eines RA gering zu halten, "bestraft" werden?

    Ich würde die Reisekosten in meinem Beispiel wie auch im angefragten Fall als notwendige Rechtsverteidigungskosten festsetzen.

  • Wenn die GmbH aber keine eigene Rechtsabteilung hat, hat sie das Recht einen Anwalt zu beauftragen. Da zählt m.E. das Argument der Kostenersparnis nicht. Zumal hier die kostengünstigere Variante doch offensichtlich nicht zum Schutz des Gegners gewählt wurde, sondern um eigene Kosten beim eigenen Verlieren zu sparen.

    Die GmbH hat in diesem Falle Pech. Es sind nur die Kosten zu erstatten, die bei Terminswahrnehmung vom eigenen Sitz aus entstanden wären. Die weiteren Argumente würden mich wie fussel77 und 13 ebenso nicht interessieren.

  • Wenn die GmbH aber keine eigene Rechtsabteilung hat, hat sie das Recht einen Anwalt zu beauftragen. Da zählt m.E. das Argument der Kostenersparnis nicht.

    Selbst wenn eine Partei eine Rechtsabteilung hat, hätte sie das Recht, einen RA zu beauftragen. Darum geht es ja gar nicht.
    Es geht darum, dass die GmbH nicht in der Lage ist, die Prozessvertretung aus den eigenen Reihen zu organisieren und deshalb die Beauftragung eines Dritten erforderlich ist.

    Zitat


    Zumal hier die kostengünstigere Variante doch offensichtlich nicht zum Schutz des Gegners gewählt wurde, sondern um eigene Kosten beim eigenen Verlieren zu sparen.

    Woher nimmst Du denn dieses? Ob man gewinnt oder verliert, weiß man naturgemäß immer erst hinterher - Kosten sparende Prozessführung scheint mir eine grundsätzliche Obliegenheit unabhängig vom Ausgang des RS zu sein. ;)

    Zitat

    Die GmbH hat in diesem Falle Pech. Es sind nur die Kosten zu erstatten, die bei Terminswahrnehmung vom eigenen Sitz aus entstanden wären. Die weiteren Argumente würden mich wie fussel77 und 13 ebenso nicht interessieren.

    Mit anderen Worten: Die Reisekosten sind keine notwendigen Kosten, weil die Beklagte, wenn sie sich schon nicht durch ihren eigenen GF vertreten lassen kann, einen teureren RA hätte beauftragen müssen, um in den Genuss der Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten zu kommen?

  • Ich würde - sorry 13 ;) - die Reisekosten auch eher geben. Denn die B-GmbH gehört als Tochter ja letztlich zur Klägerin.
    Mal einen anderen Fall: A (Unternehmen mit mehreren Niederlassungen) mit Sitz in München verklagt B mit Sitz in München. Daher ist der Ort des PG München. Aufgrund der internen Organisation der A werden alle Rechtsstreitigkeiten zentral von der Zweigstelle in Hamburg bearbeitet. Dann wären sogar die Reisekosten eines RA aus Hamburg erstattungsfähig , da die Gegenseite die interne Organisation eines Unternehmens gegen sich gelten lassen muss (obergerichtliche Rechtsprechung). Oder ist der Fall doch ganz anders?

  • Vielen Dank für eure Hilfe.
    Ich war irritiert darüber, dass es sich bei beiden GmbH ´s um selbstständige Hauptniederlassungen handelt, also keine Haupt- und Zweigstelle, und dass sich aus der Akte nicht ergeben hat, dass die Sachbearbeitung durch die Rechtsabteilung der B-GmbH erfolgt. Selbst die im Termin vorgelegte Vollmacht enthält eine derartige Angabe nicht. Briefkopf und Anschrift der vorgelegten Schriftstücke enthält die A-GmbH.

    Ich habe mich nun dazu entschieden, die Reisekosten zu geben. Eine grundlegende Entscheidung, die meine "Bedenken" festigt, habe ich nicht gefunden. Vielmehr muss "die in die Kosten verklagte Partei die Organisation... hinnehmen"...

  • Berichte mal, ob das anstandslos durchgegangen ist. Ich meine nämlich gerade nicht, dass die Gegenseite die Organisationsstruktur der Partei hinzunehmen hat. Das ist vom BGH ausdrücklich nur bei Großunternehmen im Rahmen des so gen. Outsourcings zugestanden worden.

  • Berichte mal, ob das anstandslos durchgegangen ist. Ich meine nämlich gerade nicht, dass die Gegenseite die Organisationsstruktur der Partei hinzunehmen hat. Das ist vom BGH ausdrücklich nur bei Großunternehmen im Rahmen des so gen. Outsourcings zugestanden worden.

    Ich habe es hinzunehmen, wenn die Partei keine eigene Rechtsabteilung vorhält.

    Die Partei hat es aber nicht hinzunehmen, wenn sich die Gegenseite so organisiert, dass dadurch für sie Mehrkosten entstehen. Ich würde auch keine Vergleichberechnung zu den ersparten Rechtsanwaltskosten vornehmen.

    Denn die Partei hat auch sonst kein Recht darauf in Höhe der ersparten Rechtsanwaltskosten nicht erstattungsfähige Kosten erstattet zu bekommen. Würde die A-GmbH einen RA beauftragen, wer würde dann dem Vertreter von der B-GmbH die vollen Reisekosten geben?

  • :zustimm:

  • Die Partei hat es aber nicht hinzunehmen, wenn sich die Gegenseite so organisiert, dass dadurch für sie Mehrkosten entstehen. Ich würde auch keine Vergleichberechnung zu den ersparten Rechtsanwaltskosten vornehmen.

    Dieser Punkt mit den Reisekosten wird hier ja immer sehr hoch aufgehängt, siehe auch den aktuellen Grundsatzthread zu der Frage. Ich verstehe allerdings schon nicht, einmal ganz unjuristisch formuliert, wieso das oftmals auf die Ebene "erstattungspflichtiger Gegner hat das nicht hinzunehmen" gerückt wird, denn diesem ist es genauso unbenommen, auch einen auswärtigen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen (sei es nun örtlich in einem Bereich, der nach § 91 ZPO noch erstattungsfähig ist, wie auch immer man das in diesem Punkt sieht, oder weiter weg).

  • Berichte mal, ob das anstandslos durchgegangen ist. Ich meine nämlich gerade nicht, dass die Gegenseite die Organisationsstruktur der Partei hinzunehmen hat. Das ist vom BGH ausdrücklich nur bei Großunternehmen im Rahmen des so gen. Outsourcings zugestanden worden.


    Was heißt "Großunternehmen"? Ich unterscheide da nicht nach Größe, sondern entscheidend ist für mich, ob eine Partei die Bearbeitung von Rechtsstreitigkeiten für alle Niederlassungen an einem Ort bündelt (was ja auch durchaus Sinn macht).

  • Die Gegenseite ist nicht anwaltich vertreten. Der Antrag und auch die weiteren Schreiben der A-GmbH wurden dem Beklagten zur Kenntnis- und Stellungnahme übersandt. Keine Reaktion. Demzufolge rechne ich nicht mit einem Rechtsmittel. Sollte es anders sein, werde ich entsprechend berichten...

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