Direkte Ansprache von Beteiligten in Beschwerdesachen

  • Liebes Forum,

    in einer Grundbuchsache habe ich gegen eine Zwischenverfügung des GBA Beschwerde eingelegt, in dem für den Vollzug einer Auflassung die Übersendung der Ausfertigung des Testamentsvollstreckerzeugnisses (TV war Verkäufer) verlangt wurde. Das Zeugnis war bei Beurkundung in Ausfertigung vorgelegt worden, was in der Urkunde vermerkt ist, und eine beglaubigte Kopie der Ausfertigung ist der Urkunde als Anlage beigefügt. Die Vormerkung für die Käufer wurde auch eingetragen, die Auflassung wird nun aber von der Vorlage der Ausfertigung des TV-Zeugnisses abhängig gemacht.

    Unter Hinweis auf Schöner/Stöber 15. Aufl. Rn. 3462 habe ich Beschwerde eingelegt. Soweit, so gut.

    Nun hat der Grundbuchrechtspfleger gleichzeitig mit dem Erlaß der Zwischenverfügung den Veräußerer angerufen und ihn aufgefordert, die Unterlagen vorbeizubringen, da "der Notar das vergessen" habe. Der TV-Vollstrecker, der das Zeugnis braucht, hat sich geweigert.

    Nachdem meine Beschwerde bereits seit drei Wochen beim GBA vorliegt, hat der Rechtspfleger nunmehr erneut den TV angerufen und ihm gesagt, ohne TV-Zeugnis in Ausfertigung werde er nicht vollziehen. Bis er die Beschwerde bearbeiten könne (gemeint ist wohl der Nichtabhilfebeschluß), würden noch "Monate vergehen", da er erst einmal die Nachlassakten des - auswärtigen - Nachlassgerichts anfordern werde, und beim OLG würde es nochmal so lange dauern. Würde dagegen das Zeugnis in Ausfertigung vorgelegt, würde er sofort umschreiben.

    Ich finde es etwas seltsam, die Beteiligten selbst anzuschreiben, anstatt auf die Beschwerde zu reagieren. Ich habe so etwas auch bisher noch nicht so erlebt. Von daher hätte ich zwei Fragen:
    1) Ist es andernorts üblich, dass Beschwerden dadurch bearbeitet werden, dass die Beteiligten selbst angespochen werden?
    2) In der Sache selbst: Ist für jede Eigentumsumschreibung aufgrund Auflassung die Übersendung der Ausfertigung des TV-Zeugnisses an das Grundbuchamt erforderlich?

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Zu 1. Ich finde das Verhalten des Rechtspflegerkollegen auch sehr merkwürdig. Ich bin ja immer froh, wenn ich einen Notar "greifbar" habe, der die Anträge nach § 15 GBO stellt. Kommunikation erfolgt dann ausschließlich über den Notar. Die Länge des Beschwerdeverfahrens könnte aber durchaus hinkommen. 6 Monate und mehr beim OLG ist bei uns keine Seltenheit.

    Zu 2. Die Ausfertigung muss bei Vollzug der Auflassung vorliegen.

  • Die von Schöner/Stöber (Rn. 3462) vertretene Ansicht erscheint nicht frei von Widerspruch, weil zur gleichgelagerten Problematik beim Erbschein die Auffassung vertreten wird, dass dieser in jedem Fall in Ausfertigung vorgelegt werden muss (Rn. 782). Diese letztgenannte Ansicht halte ich für zutreffend, weil es im Gegensatz zur Vollmacht nicht auf den Zeitpunkt des Handelns, sondern auf den Zeitpunkt der Vollendung der Verfügung ankommt (Bestelmeyer notar 2013, 147, 148 samt Ausführungen in Fn. 10 zum TV-Zeugnis).

    Das Verhalten des Kollegen ist unüblich und nur unter der Prämisse verständlich, dass er den Beteiligten trotz der von ihm erlassenen Zwischenverfügung einen beschleunigten Weg zur begehrten Grundbucheintragung ebnen will, zumal die Vorlage der Ausfertigung des TV-Zeugnisses ja wohl ohne weiteres möglich wäre.

    Konsequenterweise hätte natürlich auch die Vormerkung nicht ohne Vorlage der Ausfertigung des TV-Zeugnisses eingetragen werden dürfen.

  • Danke, dann werde ich mal schauen, ob ich an die Ausfertigung komme. Das Problem sind die Postlaufzeiten beim GbA und der Umstand, dass ich - anders als beim Erbschein - i.d.R. keine Zweitausfertigung des TV-Zeugnisses bekomme.

    Grubu: 6 Monate OLG sind hier auch nicht unüblich. Aber die Nichtabhilfe geht normalerweise schnell. Ich weiß nicht, ob ich den Rechtspfleger so verstehen muss, dass er die Sache erst mal liegen läßt, denn ohne Nichtabhilfe kann das OLG ja nichts entscheiden. Auch das Anfordern der Nachlassakte ist für mich nur unter dem Gesichtspunkt verständlich, dass man damit das Verfahren verzögern kann, denn neue Erkenntnisse werden sich daraus nicht ergeben - eine Ausfertigung des TV-Zeugnisses enthält die Akte ja wohl nicht.
    Habe ich es hier mit der Grundbuchvariante der bekannten Regel "U-Haft schafft Rechtskraft" zu tun? :(

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Die Beiziehung der Nachlassakte bringt trotz des darin enthaltenen Originals des TV-Zeugnisses (auf dem eine eventuelle Einziehung vermerkt sein müsste) nichts, weil die auswärtige Akte gar nicht bezugnahmefähig ist.

    Sonst wie die Vorredner. Wegen des Rechtsscheins verlange auch ich stets die Ausfertigung.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Die Beiziehung der Nachlassakte bringt trotz des darin enthaltenen Originals des TV-Zeugnisses (auf dem eine eventuelle Einziehung vermerkt sein müsste) nichts, weil die auswärtige Akte gar nicht bezugnahmefähig ist.

    Hatte ich immer so verstanden, dass der Antragsteller nur nicht auf das auswärtige Nachlassgericht verweisen kann. Aber wenn der Grundbuchrechtspfleger die Akte netterweise von sich aus anfordert, weshalb ist denn dann die Beweiskraft eingeschränkt? :gruebel: Denke, dass der gute Glaube an das Zeugnis auch gilt, wenn es sich in einer auswärtigen Nachlassakte befindet. Spätestens mit der Beziehung wird der Rechtspfleger bei der Nichtabhilfe in Erklärungsnöte geraten.

    3 Mal editiert, zuletzt von 45 (16. Dezember 2013 um 14:04)

  • Mich würde interessieren, wie die aktuellen Ansichten zur Veräußerung durch den TV sind.

    Muss tatsächlich bei der Eintragung des Eigentumswechsels das TV-Zeugnis in Ausfertigung vorliegen? Wie legitimiert sich der TV, während sich sein TV-Zeugnis beim GBA befindet?

    Falls die Ausfertigung benötigt wird für die Eintragung im Grundbuch, fordert man diese vom Notar nach? Oder nimmt man Einblick in die Nachlassakte des eigenen Gerichts?

    Mein Vorgänger hat in dem Fall die AV eingetragen ohne Vorliegen des TV-Zeugnis. Der TV hatte sein TV-Zeugnis beim Abschluss des Kaufvertrags beim Notar vorgelegt. Dieser schickte mit dem Kaufvertrag eine beglaubigte Abschrift vom TV-Zeugnis mit.

  • Zum Meinungsstand siehe BeckOK GBO/Zeiser GBO § 52 Rn. 62.

    Ich verlange üblicherweise eine Ausfertigung bei allen vom Bestehen der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers abhängigen Eintragungen. Verweis auf die Nachlassakte im Hause geht aber auch. Wie sich der TV in der Zwischenzeit legitimieren kann, ist -ehrlich gesagt- nicht mein Problem. Ggf. muss er auf der Erteilung weiterer Ausfertigungen bestehen.

    Auch für das Testamentsvollstreckerzeugnis gilt der Beibringungsgrundsatz. Fehlt es, ist es also anzufordern.

  • Wie Kai (Post Nr. 8).

    Die Verfügungsbefugnis (der TV handelt als PkA im eigenen Namen) muss bis zum Zeitpunkt der Eintragung im GB vorliegen.

    Nachweis hierfür ist das Original des TV-Zeugnisses (oder die Urschrift in der NL-Akte).

    Anders ist es bei der Vollmacht; in diesem Fall handelt der Bevollmächtigte im fremden Namen.

    Dort geht es um die Vertretungsmacht, die zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung vorliegen muss.

    Die Wirkungen treten sofort ggü. dem Vertretenen ein.

    Ein späterer Wegfall der Vollmacht ist unschädlich.

    Damit reicht es auch, wenn bei der Beurkundung die Vollmacht vorlegen hat
    und der Notar dies bescheinigt.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Wenn wir schon mal dabei sind, habe ich auch eine Frage wie ihr den alltäglichen Fall bearbeitet.

    TV veräußert Grundbesitz und für den Erwerber wird eine Vormerkung eingetragen. Bei Eintragung der Vormerkung lag das TVZ in Ausfertigung vor und wird nach Vollzug zurückgesandt.

    Wochen oder Monate später wird der Antrag auf Eigentumsumschreibung gestellt. Verlangt ihr bei diesem Antrag auch wieder die Vorlage der Ausfertigung? Die Frage zielt auf vielleicht folgendes vergleichbares Problem bei der Einziehung eines ES ab. Mit Eintragung der Vormerkung ist der Erwerber geschützt und der Antrag auf Auflassung ist zu vollziehen. (zuletzt OLG Köln, Beschluss vom 15.09.2010, 2 Wx 54/10)

  • Und wenn nun das TVZ nach Eintragung der Vormerkung eingezogen ist und nicht vorgelegt werden kann?

    Dann ist der frühere TV nicht mehr verfügungsbefugt.

    Bei fortbestehender Vollstreckung ist ein neuer TV zu bestellen, welcher dann die Bewilligung erklärt.

    Oder die Vollstreckung ist beendet, dann ist der Erbe verfügungs- und damit auch bewilligungsbefugt.

    Letzteres kann durch durch einen unbeschränkten Erbschein nachgewiesen werden.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

    Einmal editiert, zuletzt von Spaltenmuckel (11. April 2023 um 16:07)

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