Ermittlung der Erben durch das Nachlassgericht

  • Ein Notariat -Nachlassgericht- in Baden-Württemberg.

    Der Erblasser hinterlässt seine Witwe, keine Kinder, die Eltern sind vorverstorben.

    Nach dem von der Witwe des Erblassers vorgelegten Nachlassverzeichnis besteht der Nachlass lediglich aus einem Giroguthaben in Höhe von 500,-- EUR. Weiter gibt die Witwe an, dass keine handschriftlichen letztwilligen Verfügungen vorhanden sind. Ebenso existieren keine notariellen letztwilligen Verfügungen.

    In solchen Fällen fertige ich eine Verfügung nach § 41 LFGG, in der die Einstellung der amtlichen Tätigkeit des Nachlassgerichts festgestellt wird. Weiter werden die bisher ermittelten gesetzlichen Erben und deren Erbquoten angegeben und eine Abschrift der Verfügung an diese Erben übersandt.

    In vorliegender Nachlasssache wurden die gesetzlichen Erben allerdings nur teilweise ermittelt. Zum Beispiel ist nicht bekannt, ob zwei vorverstorbene Geschwister des Erblassers kinderlos verstorben sind.

    Zudem ist eine erbberechtigte Schwester des Erblassers (nichteheliches Kind der Mutter des Erblassers) nur dessen Halbschwester, die aber durch die Ehe der Eltern des Erblassers ehelich wurde (über eine Adoption ist nichts bekannt).

    1) Liege ich richtig in der Annahme, dass die "Halbschwester des Erblassers den Anteil des Vaters des Erblassers gar nicht erben kann sondern, dass dieser Erbteil den übrigen Geschistern des Erblassesr "anwächst".

    2) Aus den genannten Gründen würde ich in der Verfügung nach § 41 LFGG die ermittelten Erben auflisten, auf die Darstellung der Erquoten jedoch verzichten und weiter ausführen, dass die Erben nicht abschließend ermittelt wurden. Ist dies so möglich?


    3) Ist es nicht problematisch, die Verfügung dann nur einem Teil der Erben zu übersenden? Eventuelle weitere Erben erfahren so nichts vor der "Erbschaft". Es könnte ja auch möglich sein, dass die Angaben der Witwe im Nachlassverzeichnis über die Höhe des Nachlasses gar nicht stimmen.


  • Zudem ist eine erbberechtigte Schwester des Erblassers (nichteheliches Kind der Mutter des Erblassers) nur dessen Halbschwester, die aber durch die Ehe der Eltern des Erblassers ehelich wurde (über eine Adoption ist nichts bekannt).

    Liege ich richtig in der Annahme, dass die "Halbschwester des Erblassers den Anteil des Vaters des Erblassers gar nicht erben kann sondern, dass dieser Erbteil den übrigen Geschistern des Erblassesr "anwächst".

    Diese Fragestellung verstehe ich nicht ganz.

    Wenn das nichteheliche Kind der Mutter durch die Eheschließung der Eltern (!) des Erblassers ehelich geworden ist, dann handelte es sich doch nur um ein vorehelich geborenes Kind, das später ehelich geworden ist und das die gleichen Eltern hat wie die von vorneherein ehelich geborenen Kinder.

  • Dann war der Sachverhalt nicht ganz zutreffend dargestellt und Deine Annahme ist grundsätzlich richtig. Richtig ist sie aber nur dann, wenn das Kind im Rechtssinne durch nachfolgende Ereignisse nicht zum ehelichen Kind des Vaters des Erblassers wurde. Da es sich aber so verhalten soll, müssten insoweit noch weitere Ermittlungen erfolgen. Es soll ja auch Fälle geben, bei welchen der spätere Ehemann der Mutter die Vaterschaft zu einem Kind anerkennt, obwohl er weiß, dass er nicht der Vater ist. Und solche Fälle gibt es erst recht, wenn er es nicht weiß.

  • Da es sich aber so verhalten soll, müssten insoweit noch weitere Ermittlungen erfolgen. Es soll ja auch Fälle geben, bei welchen der spätere Ehemann der Mutter die Vaterschaft zu einem Kind anerkennt, obwohl er weiß, dass er nicht der Vater ist. Und solche Fälle gibt es erst recht, wenn er es nicht weiß.

    Für das Erbscheinverfahren stimme ich Dir zu.

    Im vorliegenden Fall möchte ich weitere Ermittlungen aber gerade vermeiden, da der Nachlass geringwertig ist und die Ermittlungen unverhältnismäßig wären..

    Wie könnte man dies folglich in der Verfügung nach § 41 LFGG darstellen?

  • Im vorliegenden Fall möchte ich weitere Ermittlungen aber gerade vermeiden, da der Nachlass geringwertig ist und die Ermittlungen unverhältnismäßig wären..

    Wie könnte man dies folglich in der Verfügung nach § 41 LFGG darstellen?

    Na einfach so, indem man auf den § 41 LFGG (BW) verweist und darum die Akten wegen geringem Vermögen ohne weitere nachlassgerichtliche Tätigkeit dicht macht. Dass der Wert von der Witwe richtig angegen worden ist, muss man dabei halt (wenn man keine anderen Hinweise hat) eben als gegeben annehmen...

    Hier der Wortlaut des § 41 LFGG (BW), für alle "die wo nicht aus dem Ländle sind" :D

    "Das Nachlaßgericht hat Erben von Amts wegen zu ermitteln. Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Ermittlung mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre oder der Nachlaß geringfügig ist."

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Die Witwe ist von Dir informiert worden, damit hast Du ihr gegenüber keine Verpflichtung mehr. Wie TL ausführt, ist hier mangels pos. Nachlass nichts weiter zu veranlassen außer der Feststellung, dass weitere Erbenermittlung gem. § 41 1 Satz 2 LFGG unterbleibt.

    Übrigens: Du bist trotz Erbenermittlungspflicht nicht verpflichtet, für Deine Akten eine Zusammenfassung der ermittelten Erben mit deren Quoten zu erstellen. 90 % der Nachlassgerichte in BW machen das NICHT. Damit man bei Erbenanfragen nicht jedesmal die ganzen Akten durchschauen muss, ist es zweckmäßig, aber keine Pflicht.

  • Ich denke, dass das Thema ganz gut zu einem Fall von meinem Büro passt:

    A ist in B verstorben; A ist 1976 geboren, also noch relativ jung. A stand unter Betreuung aufgrund MS. A ist aufgrund des Vorversterbens seiner Mutter Miterbe nach seinen Großeltern geworden. Da A über 20 Jahre in einem Pflegeheim betreut wurde, sind Schulden beim Sozialamt aufgelaufen, mit denen der Bruder C nichts zu tun haben möchte. Ausgeschlagen hat C allerdings auch nicht.
    Ich habe jetzt das Nachlassgericht in B darüber informiert, dass B Miterbe nach den Großeltern ist, die Eigentümer von Grundbesitz waren, der nun verkauft werden soll. Darauf hin bekomme ich vom Amtsgericht B einen Brief, in dem steht:
    "In der Nachlasssache des B wird mitgeteilt, dass kein Erbenermittlungsverfahren von Amts wegen durchgeführt wird. Der Bruder des Verstorbenen C kann einen Erbscheinsantrag stellen." Ist dies aufgrund von Länderverordnungen möglich, dass das Nachlassgericht keine Erbenermittlung von Amts wegen macht?
    C reagiert mittlerweile nicht mehr auf E-Mails, Schreiben oder ähnliches. Hat jemand einen Tip für mich, wie ich weiter verfahren kann?
    Vielen Dank vorab...

  • C ist mangels Ausschlagung Erbe (wohl: Alleinerbe) nach seinem Bruder A.
    A ist Miterbe nach seinem Großvater (oder nach seiner Großmutter oder nach beiden).
    Demzufolge ist C Erbesmiterbe (nicht: ursprünglicher Miterbe) und kann - entgegen der unzutreffenden Annahme des Nachlassgerichts - aufgrund dieser Rechtsstellung auch einen Erbscheinsantrag stellen.

    Amtliche Erbenermittlung gibt es nur, wenn es landesrechtlich so bestimmt ist. Ist es nicht bestimmt, gibt es keine.

    Lösung: § 82 GBO, weil die Nachlassgerichte C nicht zwingen können, Erbscheine nach den jeweiligen Erblassern zu beantragen.

  • Verstehe ich das richtig, dass das Grundbuchamt C quasi zwingen könnte, einen Erbschein zum Zwecke der Grundbuchberichtigung zu stellen?:gruebel:

  • Es sei jedem gegönnt, selbst auch einmal Teil eines solchen Problems zu sein oder ein Elternteil zu haben, welches an so einem Fall beteiligt ist. Dann sieht man die Welt plötzlich mit anderen Augen.

    Auf Antrag des Miterben kann meine Erachtens (soweit dessen Erbenstellung u. Quote noch nicht abschließend bestimmbar ist), eine Nachlasspflegschaft von Amts wegen angeordneten werden. Ist der Erbteil des bekannten Erben bestimmbar, dann eine Teil-Nachlasspflegschaft.

    Man kann alles…wenn man will :)

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  • Wer sagt denn, dass man seine Entscheidung an der Sympathie des Beteiligten festmacht?

    Soweit hier überhaupt ein Ermessen im Rahmen der Prüfung nach § 1960 BGB besteht, wird doch die Frage, ob ein Pfleger zu bestellen ist, nicht von der Person des Beteiligten abhängig sein, sondern der Frage, ob im Interesse der unbekannten Erben für diese ein Pfleger zu bestellen ist, wenn anderenfalls anzunehmen wäre, dass den Erben ein Nachteil droht oder diese ohne ein Eingreifen des Gerichts wahrscheinlich niemals oder erst erheblich später etwas von ihrem Erbrecht erfahren oder sogar davon auszugehen ist, die Erben überhaupt keine Kenntnis erhalten werden.

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  • …Ermessen im Rahmen der Prüfung nach § 1960 BGB besteht, wird doch die Frage, ob ein Pfleger zu bestellen ist ...

    Kenntnis vom unbekannten der Erben - Sicherungsbedürfnis? - Ermessensentscheidung (von Fall zu Fall) - ggf. Anordnung Nachlasspflegschaft/Bestellung Nachlasspfleger.


  • Nix unbekannt, nur eben etwas anstrengend und für routiniertere Leute einfacher als für Laien.

    Also doch noch unbekannt. Wenn ich das Ergebnis nicht kenne, sind die Erben doch unbekannt. Sonst könnte man doch nie eine Nachlasspflegschaft anordnen. Denn bestellte Nachlasspfleger puzzeln am Ende doch immer Erben aus ihrer Wundertüte. Ist auch für sie oft etwas anstrengend und dauert mitunter sehr lange.

  • Nix unbekannt, nur eben etwas anstrengend und für routiniertere Leute einfacher als für Laien.

    Also doch noch unbekannt. Wenn ich das Ergebnis nicht kenne, sind die Erben doch unbekannt. Sonst könnte man doch nie eine Nachlasspflegschaft anordnen. Denn bestellte Nachlasspfleger puzzeln am Ende doch immer Erben aus ihrer Wundertüte. Ist auch für sie oft etwas anstrengend und dauert mitunter sehr lange.

    Wer sagt denn, dass man seine Entscheidung an der Sympathie des Beteiligten festmacht? Soweit hier überhaupt ein Ermessen im Rahmen der Prüfung nach § 1960 BGB besteht, wird doch die Frage, ob ein Pfleger zu bestellen ist, nicht von der Person des Beteiligten abhängig sein, sondern der Frage, ob im Interesse der unbekannten Erben für diese ein Pfleger zu bestellen ist, wenn anderenfalls anzunehmen wäre, dass den Erben ein Nachteil droht oder diese ohne ein Eingreifen des Gerichts wahrscheinlich niemals oder erst erheblich später etwas von ihrem Erbrecht erfahren oder sogar davon auszugehen ist, die Erben überhaupt keine Kenntnis erhalten werden.

    So sehe ich das in Übereinstimmung mit @Balzac, TL und der obergerichtlichen Rechtsprechung auch:

    KG OLGZ 1971, S. 210; OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).

    Das Kammergericht hat bereits im Jahr 1971 festgestellt:

    „Die Sicherung und Erhaltung des Nachlaßvermögens ist (...) nicht Selbstzweck. Dieses Vermögen soll nicht um seiner selbst willen, sondern für diejenigen Personen, die sich als Erben herausstellen, gesichert und erhalten werden. Das erfordert jedoch auch, daß die Erben, wenn sie unbekannt sind, ermittelt werden und eine Verbindung zwischen ihnen und dem Nachlaß hergestellt wird, weil dieser für sie verloren ginge, falls sie von seinem Vorhandensein und von ihrer Erbenstellung keine Kenntnis erlangen. Die Erbenermittlung ist daher eine Maßnahme der Nachlaßsicherung, so daß ein (Sicherungs-) Bedürfnis zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft allein auf Grund der Notwendigkeit gegeben sein kann, unbekannte Erben zu ermitteln, auch wenn das Nachlaßvermögen in seinem Bestand selbst nicht gefährdet ist. Deshalb gehört die Ermittlung der unbekannten Erben zu den wesentlichen Aufgaben des Nachlaßpflegers (KGJ 40, 37 [38]; Staudinger-Lehmann aaO, § 1960 Rdn. 51) und kann sogar seine Hauptaufgabe sein (KG OLGR 8, 269).“ (KG OLGZ 1971, S. 210; so auch OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).

    Das OLG Hamm führt in der vorzitierten Entscheidung weiter aus:

    „Da es sich bei einer Nachlasspflegschaft um eine Personenpflegschaft für den zurzeit noch nicht bekannten Erben handelt, ist für jedes Erbteil und jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen“.

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