Reisekosten des RAs am dritten Ort

  • Hallo zusammen,

    vielleicht gibt es ja hierzu schon irgendwo einen Beitrag, hab aber über die Suchfunktion nichts passendes gefunden. Also ich fang mal an:

    Hab einen Beklagten (selbst RA) der sich von einem RA (Anwalt für Mietrecht) an einem dritten Ort (außerhalb Gerichtsbezirk) in einer Räumungssache vertreten lässt. Lt. Vergleich hat der Kläger die Kosten zu tragen.

    BV will nun seine Reisekosten erstattet bekommen. Seine Beauftragung sei notwendig und zur Rechtsverfolgung zweckentsprechend gewesen (er hat RA = Mieter bereits im Vorfeld in Angelegenheit zwischen Vermieter und ihm vertreten). KV sagt= nö, nicht notwendig...als RA hätte er durchaus einen anderen RA (für Mietrecht) über den bisherigen Sachstand am Gerichtsort informieren können.

    Hmm, also auf Grund der Schilderung des BV war die Beauftragung zur Rechtsverfolgung zweckentsprechend...aber war sie auch notwendig?? Wie entscheide ich das denn??:gruebel:

    bitte mal Anregungen von euch


  • die Reisekosten sind vom Gerichtsort bis zur Gerichtsbezirksgrenze erstattungsfähig (d.h. "notwendig" i.S.v. § 91 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 ZPO).

    Ich zitiere mal den hier erwähnten Gesetzestext:
    "Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war."

    Dem Gesetzestext kann man nicht entnehmen, dass die Reisekosten eines auswärtigen RAes (außerhalb der Grenzen des Gerichtsbezirkes) bis zur Grenze des Gerichtsbezirkes erstattungsfähig wären, insbesondere dann, wenn die Partei selbst am Gerichtsort wohnt.
    Ich möchte jetzt erst gar nicht wieder meine BGH-Entscheidung vorbringen (Beschränkung auf die Strecke Wohnort Partei zum Gerichtsort), schließlich haben wir dieses Problem im Forum bereits an anderer Stelle ziemlich kontrovers diskutiert.


  • die Reisekosten sind vom Gerichtsort bis zur Gerichtsbezirksgrenze erstattungsfähig (d.h. "notwendig" i.S.v. § 91 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 ZPO).

    Ich zitiere mal den hier erwähnten Gesetzestext:
    "Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war."

    Dem Gesetzestext kann man nicht entnehmen, dass die Reisekosten eines auswärtigen RAes (außerhalb der Grenzen des Gerichtsbezirkes) bis zur Grenze des Gerichtsbezirkes erstattungsfähig wären, insbesondere dann, wenn die Partei selbst am Gerichtsort wohnt.

    Im Prinzip ist das richtig.

    Allerdings sind die Reisekosten eines Rechtsanwalts im Gerichtsbezirks nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 91 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 ZPO ja stets und ohne Notwendigkeitsprüfung erstattungsfähig, sodass m.E. die Reisekosten zur Vermeidung einer Schlechterstellung der auswärtigen Rechtsanwälte zumindest bis zur Gerichtsbezirksgrenze als "notwendig" i.S. der oben genannten Vorschrift qualifiziert werden müssen (so auch BeckOK-Jaspersen/Wache § 91 ZPO Rn. 168, 168b; Prütting/Gehrlein-Schneider § 91 ZPO Rn. 5; AG Kiel NJW-RR 2013, 892 = AGS 2014, 8 (mit zustimmender Anmerkung Schneider); AG Marbach a.N., B.v. 06.11.2013 - 3 C 32/12; Schneider, MAV Mitteilungen Ausgabe März 2014, 12 [15].


    Zitat

    Ich möchte jetzt erst gar nicht wieder meine BGH-Entscheidung vorbringen (Beschränkung auf die Strecke Wohnort Partei zum Gerichtsort), schließlich haben wir dieses Problem im Forum bereits an anderer Stelle ziemlich kontrovers diskutiert.

    Dass die BGH Entscheidung zu einer anderen Konstellation und zum inzwischen geänderten Gesetzeswortlaut ergangen ist hat BReamter ja andernorts schon ausführlich dargelegt.

    Gruß
    Peter

    Einmal editiert, zuletzt von Freund_der_Staatskasse (28. Februar 2014 um 11:24)


  • Warum muss man Rechtsanwälte, die nicht im Bezirk des Gerichtes ansässig sind, vor Schlechterstellung schützen?

    Es liegt letztlich im Eigeninteresse der RAe, auch Mandate für Prozesse bei (weit) entfernten Gerichten anzunehmen.

    Würden sich die RAe auf die Wahrnehmung von Terminen bei den Gerichten in der Nähe (im Gerichtsbezirk) beschränken, bestünde das Problem nicht bzw. wesentlich seltener.

    Man könnte meinen, dass der Gesetzgeber mit dem Abstellen auf den Gerichtsbezirk in § 91 ZPO vielleicht entprechende Erwägungen angestellt hat.

  • Ich frage mich ganz etwas anderes: Wenn ein RA als Partei schon meint, einen RA beauftragen zu müssen, was er ja darf, dann gebe ich garantiert keine Reisekosten, denn in diesem Fall ist die RA-Partei aufgrund ihrer Vorbildung geradezu prädestiniert, einen RA am Ort des Gerichts schriftlich zu informieren. Wenn nicht ein RA, wer dann noch? Reisekosten sind hier überhaupt nicht notwendig i.S.v. § 91 ZPO.


  • Warum muss man Rechtsanwälte, die nicht im Bezirk des Gerichtes ansässig sind, vor Schlechterstellung schützen?

    Es liegt letztlich im Eigeninteresse der RAe, auch Mandate für Prozesse bei (weit) entfernten Gerichten anzunehmen.

    Würden sich die RAe auf die Wahrnehmung von Terminen bei den Gerichten in der Nähe (im Gerichtsbezirk) beschränken, bestünde das Problem nicht bzw. wesentlich seltener.

    Man könnte meinen, dass der Gesetzgeber mit dem Abstellen auf den Gerichtsbezirk in § 91 ZPO vielleicht entprechende Erwägungen angestellt hat.

    Schon bei der Fassung früherer Versionen von § 91 ZPO hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er keine Ungleichbehandlung von Rechtsanwälten wünscht (vgl. z.B. BT-Drucks. 15/1971, S. 233). Diese grundsätzliche Wertung ist auch bei der neuen Fassung von § 91 ZPO zu berücksichtigen (so wohl auch MünchKomm/Schmidt § 91 ZPO Rn. 65, wenn auch mit falscher Schlussfolgerung) .

    Im Übrigen würde man bei "zackigen" Gerichtsgrenzen zu seltsamen Ergebnissen kommen: Ein Rechtsanwalt, der näher am Gericht sitzt, aber nicht im Bezirk ansässig ist, würde keine Reisekosten bekommen, während ein weiter entfernter Rechtsanwalt mit Sitz im Gerichtsbezirk die Reisekosten voll erstattet verlangen könnte. Solche widersprüchlichen Ergebnisse vermeidet man, wenn man den Notwendigkeitsbegriff so auslegt, dass auch Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts bis zur Gerichtsgrenze erstattungsfähig sind.

    Diese Auffassung stimmt auch mit der h.M. (vgl. z.B. VG Oldenburg AGS 2009, 467) bei Prozesskostenhilfemandaten überein, bei denen ein auswärtiger Rechtsanwalt zu den Bedingungen eines im Bezirk ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet wurde: Auch hier sind die Reisekosten bis zur Gerichtsbezirksgrenze zu erstatten.

    Gruß
    Peter

  • Ich frage mich ganz etwas anderes: Wenn ein RA als Partei schon meint, einen RA beauftragen zu müssen, was er ja darf, dann gebe ich garantiert keine Reisekosten, denn in diesem Fall ist die RA-Partei aufgrund ihrer Vorbildung geradezu prädestiniert, einen RA am Ort des Gerichts schriftlich zu informieren. Wenn nicht ein RA, wer dann noch? Reisekosten sind hier überhaupt nicht notwendig i.S.v. § 91 ZPO.

    Hat der Bundesgerichtshof auch im Fall von Insolvenzverwaltern, die gleichzeitig Rechtsanwälte sind, mehrfach in dieser Weise entschieden.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ebenso im Zivilbereich.


  • die Reisekosten sind vom Gerichtsort bis zur Gerichtsbezirksgrenze erstattungsfähig (d.h. "notwendig" i.S.v. § 91 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 ZPO).

    Ich zitiere mal den hier erwähnten Gesetzestext:
    "Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war."

    Dem Gesetzestext kann man nicht entnehmen, dass die Reisekosten eines auswärtigen RAes (außerhalb der Grenzen des Gerichtsbezirkes) bis zur Grenze des Gerichtsbezirkes erstattungsfähig wären, insbesondere dann, wenn die Partei selbst am Gerichtsort wohnt.

    Im Prinzip ist das richtig.

    .... sodass m.E. die Reisekosten zur Vermeidung einer Schlechterstellung der auswärtigen Rechtsanwälte zumindest bis zur Gerichtsbezirksgrenze als "notwendig" i.S. der oben genannten Vorschrift qualifiziert werden müssen

    Dann bleibe ich bei dem "Prinzip". Es geht bei der Kostenfestsetzung auch gar nicht um eine Besser- oder Schlechterstellung von Anwälten. Bei der Kostenfestsetzung werden die Kosten einer Partei festgesetzt. Gönnt sie sich den Luxus, einen weiter entfernt tätigen Anwalt zu beauftragen, besteht hierfür keine Notwendigkeit, sodass sie letztlich für die Mehrkosten selbst aufkommen muss. Der Anwalt bekommt so und auch so sein Geld.
    Ich kann die Argumentation schon verstehen, dass u.U. bei Beauftragung eines Anwalts innerhalb des Gerichtsbezirkes, wenn dieser ausreichend groß ist oder eine entsprechende Form hat, höhere Reisekosten anfallen können als Beauftragung eines knapp hier der Gerichtsgrenze ansässigen Rechtsanwaltes. Aber dennoch bleibe ich bei meiner Auffassung hinsichtlich der Bewertung, was notwendig ist und was nicht. Wenn jemand am Gerichtsort wohnt, besteht keinerlei Notwendigkeit, einen außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die BGH-Entscheidung halte ich auch heute noch für anwendbar. Und wohnt jemand nicht am Gerichtsort, beschränken sich die Fahrtkosten eines auswärtigen Rechtsanwalts auf die Strecke vom Wohnort der Partei zum Gerichtsort.
    Unmittelbar aus dem Gesetzestext geht jedenfalls etwas anderes nicht hervor.
    Und ich habe mittlerweile bestimmt schon mehr als 100 Entscheidungen dieser Art erlassen, die nie angezweifelt wurden.

  • Dann bleibe ich bei dem "Prinzip". Es geht bei der Kostenfestsetzung auch gar nicht um eine Besser- oder Schlechterstellung von Anwälten. Bei der Kostenfestsetzung werden die Kosten einer Partei festgesetzt. Gönnt sie sich den Luxus, einen weiter entfernt tätigen Anwalt zu beauftragen, besteht hierfür keine Notwendigkeit, sodass sie letztlich für die Mehrkosten selbst aufkommen muss. Der Anwalt bekommt so und auch so sein Geld.
    Ich kann die Argumentation schon verstehen, dass u.U. bei Beauftragung eines Anwalts innerhalb des Gerichtsbezirkes, wenn dieser ausreichend groß ist oder eine entsprechende Form hat, höhere Reisekosten anfallen können als Beauftragung eines knapp hier der Gerichtsgrenze ansässigen Rechtsanwaltes. Aber dennoch bleibe ich bei meiner Auffassung hinsichtlich der Bewertung, was notwendig ist und was nicht. Wenn jemand am Gerichtsort wohnt, besteht keinerlei Notwendigkeit, einen außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die BGH-Entscheidung halte ich auch heute noch für anwendbar. Und wohnt jemand nicht am Gerichtsort, beschränken sich die Fahrtkosten eines auswärtigen Rechtsanwalts auf die Strecke vom Wohnort der Partei zum Gerichtsort.
    Unmittelbar aus dem Gesetzestext geht jedenfalls etwas anderes nicht hervor.
    Und ich habe mittlerweile bestimmt schon mehr als 100 Entscheidungen dieser Art erlassen, die nie angezweifelt wurden.


    :daumenrau:genauso:


  • Dann bleibe ich bei dem "Prinzip". Es geht bei der Kostenfestsetzung auch gar nicht um eine Besser- oder Schlechterstellung von Anwälten. Bei der Kostenfestsetzung werden die Kosten einer Partei festgesetzt. Gönnt sie sich den Luxus, einen weiter entfernt tätigen Anwalt zu beauftragen, besteht hierfür keine Notwendigkeit, sodass sie letztlich für die Mehrkosten selbst aufkommen muss. Der Anwalt bekommt so und auch so sein Geld.
    Ich kann die Argumentation schon verstehen, dass u.U. bei Beauftragung eines Anwalts innerhalb des Gerichtsbezirkes, wenn dieser ausreichend groß ist oder eine entsprechende Form hat, höhere Reisekosten anfallen können als Beauftragung eines knapp hier der Gerichtsgrenze ansässigen Rechtsanwaltes. Aber dennoch bleibe ich bei meiner Auffassung hinsichtlich der Bewertung, was notwendig ist und was nicht. Wenn jemand am Gerichtsort wohnt, besteht keinerlei Notwendigkeit, einen außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die BGH-Entscheidung halte ich auch heute noch für anwendbar. Und wohnt jemand nicht am Gerichtsort, beschränken sich die Fahrtkosten eines auswärtigen Rechtsanwalts auf die Strecke vom Wohnort der Partei zum Gerichtsort.
    Unmittelbar aus dem Gesetzestext geht jedenfalls etwas anderes nicht hervor.
    Und ich habe mittlerweile bestimmt schon mehr als 100 Entscheidungen dieser Art erlassen, die nie angezweifelt wurden.

    Man muss differenzieren:
    1.) Kosten des bezirksansässigen Anwalts: Immer erstattungsfähig (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO)
    2.) Kosten des nicht bezirksansässigen Anwalt: Erstattungsfähig, soweit notwendig (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO)

    Bzgl. der Konstellation 1.) gibt es aufgrund des Gesetzeswortlautes heute nichts mehr diskutieren, gegenteilige Auffassung wird in der Rechtsprechung nicht mehr vertreten (in der Literatur immerhin noch von einer Stimme: Schmidt im MünchKomm ZPO, der eine analoge Anwendung von § 91 Abs. 1 ZPO befürwortet, was ich für fernliegend halte).

    Bzgl. der Konstellation 2.) (die hier ja vorliegt) kann man sich sicher streiten; hier lässt sich aufgrund des Gesetzeswortlauts ("jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig") i.V.m. der BGH-Judikatur des ortsansässigen Anwalts auch gut etwas anderes vertreten, als von mir oben dargestellt. Dabei gerät man allerdings in einen Wertungswiderspruch zu § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO.

    Gruß
    Peter

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