Löschung eines Geh- und Fahrtrechts mit Bescheinigung des Vermessungsamts?

  • Guten Morgen :)
    ich habe hier einen Antrag auf Löschung eines Geh- und Fahrtrechts, das 1920 eingetragen wurde (Grunddienstbarkeit).
    Das Grundstück des Berechtigten hat sich seit der Eintragung mehrmals geteilt, sodass diese Berechtigten die Löschung bewilligen müssen (§1025 BGB).
    Leider kann ich den Werdegang des Grundstücks aber nicht (vollständig) anhand des Grundbuchs nachvollziehen, sondern nur anhand Auskunft des Vermessungsamts.
    Darf ich mich auf die Bescheinigung des Vermessungsamts verlassen und das Recht löschen?
    Vielen Dank im Voraus!

  • Wenn es um die Frage des Freiwerdens nach § 1026 BGB geht, kommt zwar auch eine vermessungsamtliche Bescheinigung nach § 29 Abs. 3 GBO in Betracht; s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1001870
    Dies ersetzt aber nicht die grundbuchamtliche Prüfung, welchen Inhalt die konkrete Dienstbarkeit im Einzelfall hat (OLG München, Beschluss vom 07.08.2012, 34 Wx 76/12); s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…684#post1023684

    Bei der Frage, ob es den Berechtigten der Teilgrundstücke aus der Grunddienstbarkeit im Falle des § 1025 BGB noch einen Vorteil bringt, wäre ich aber vorsichtiger, s. diesen Thread:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1104361
    und die Ausführungen hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…611#post1032611

    Zwar besteht auch in diesem Fall die Möglichkeit, die Grunddienstbarkeit auf Unrichtigkeitsnachweis hin zu löschen, wenn der Eigentümer des belasteten Objekts die Voraussetzungen des § 1025 Satz 2 BGB durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden, etwa durch die Katasterkarte oder die Bescheinigung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs, nachweisen kann (Mohr im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 1025 RN 5 mwN in Fußn. 22 (betreffend den Nachweis nach § 1026 BGB) und Fußn. 23 = OLG Celle, Beschluss vom 14. 4. 2010 - 4 W 43/10). Mohr führt fort: „Ist ihm das (wie in der Regel) nicht möglich, muss er vom Eigentümer des betroffenen Grundstücksteils gemäß § 894 die Erteilung einer Löschungsbewilligung verlangen und diese erforderlichenfalls einklagen (vgl. § 894 ZPO).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)


  • Das Grundstück des Berechtigten hat sich seit der Eintragung mehrmals geteilt, sodass diese Berechtigten die Löschung bewilligen müssen (§1025 BGB).


    Die Auskunft des Vermessungsamtes über den "Werdegang" des Grundstücks ist ausreichend, um die Berechtigten der Teilgrundstücke zu ermitteln, falls es nur darum geht.
    Ansonsten wie Prinz, Löschungsbewilligungen sind mE erforderlich.

  • Hallo zusammen,

    ich schließe mich diesen Thema mal an, da ich vermute, dass es inhaltlich am besten passt.

    Beantragt war die Eintragung eines Erbbaurechts. Dabei wurde eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht, eingetragen 1961) übersehen. Die erste Rangstelle stand folglich nicht zur Verfügung.

    Nunmehr soll die Grunddienstbarkeit am betroffenen Grundstück nach § 1026 BGB gelöscht werden. Das dienende Grundstück wurde bereits mehrfach geteilt. Mir liegt eine Bescheinigung des Katasteramts vor, dass das betroffene Flurstück von der Grunddienstbarkeit frei wurde.

    Die Eigentümer der herrschenden Grundstücke wurden angehört. Bedenken wurden nicht geäußert.

    Das Problem: die Eintragungsbewilligung ist nicht mehr auffindbar.

    Meines Erachtens kann eine Löschung ohne vorherige Einsicht in die Bewilligung nicht erfolgen. Sehe ich das falsch?

  • Das sehe ich auch so.

    Die Bescheinigung des Vermessungsamts ist kein ausreichender Unrichtigkeitsnachweis:

    In Schöner/Stöber, Grundbuchrecht 16. Auflage 2020, 1189 heißt es:

    "An den Unrichtigkeitsnachweis sind strenge Anforderungen zu stellen. ... Die Bescheinigung des Vermessungsamtes (von einem Beamten unterschrieben und mit dem Dienstsiegel versehen), dass die abzuschreibende Fläche von der Dienstbarkeit nicht betroffen ist, kann genügen. Einer solchen „Nichtbetroffenheitsbescheinigung” kommt allerdings nur unterstützende, keine bindende Wirkung zu, so dass das Grundbuchamt weiterhin in eigener Verantwortlich- und Unabhängigkeit prüfen muss, ob die Voraussetzungen des § 1026 BGB gegeben sind. Als öffentliche Urkunde ersetzt die „Nichtbetroffenheitsbescheinigung” nicht die eigenständige Prüfung durch das Grundbuchamt. Die Bescheinigung erteilt insbesondere keinen verfahrensrechtlichen Dispens."

    Wenn die Bewilligung nicht auffindbar ist, bleibt nur die Löschungsbewilligung der Berechtigten.

    Ich frag mich nur, auf welcher Grundlage das Vermessungsamt den Inhalt der Dienstbarkeit beurteilen kann.

  • Ich frag mich nur, auf welcher Grundlage das Vermessungsamt den Inhalt der Dienstbarkeit beurteilen kann.

    Das willst Du nicht wirklich wissen. (Wir haben da z. B. eine Vermessungsoberamtsrätin, deren Bescheinigungen sehr oft mit der Realität nichts zu tun haben, die aber meint, kraft Amtes immer recht zu haben...)

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Nunmehr soll die Grunddienstbarkeit am betroffenen Grundstück nach § 1026 BGB gelöscht werden. Das dienende Grundstück wurde bereits mehrfach geteilt. Mir liegt eine Bescheinigung des Katasteramts vor, dass das betroffene Flurstück von der Grunddienstbarkeit frei wurde.

    Die Eigentümer der herrschenden Grundstücke wurden angehört. Bedenken wurden nicht geäußert.

    Das Problem: die Eintragungsbewilligung ist nicht mehr auffindbar.

    Meines Erachtens kann eine Löschung ohne vorherige Einsicht in die Bewilligung nicht erfolgen. Sehe ich das falsch?

    Oh weh. Wenn der Umfang des Rechts nicht aus dem Grundbuch und den Grundakten festgestellt werden kann, und ein Verfahren nach § 148 GBO (+ VO) erfolglos bleibt, dann ist im schlimmsten Falle mangels Bestimmbarkeit das Recht insgesamt weg. (Wenn die Bewilligung wiederhergestellt werden kann, kann eine Prüfung nach § 1026 BGB, § 22 GBO erfolgen, OLG München 03. September 2014, 34 Wx 90/14)

    Ansonsten bleibt in der Tat nur die Berichtigungsbewilligung der Berechtigten.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Vielen Dank schon einmal.

    Die Frage, wie die Bescheinigung erteilt werden konnte, habe ich mir auch schon gestellt. Wenn dort jedoch die Ansicht vertreten wird, eine solche erteilen zu können, will ich das nicht weiter hinterfragen.

    Die Vorbände mit der Bewilligung befinden sich in einem Lager eines anderen Amtsgerichts. Von dort wurde mitgeteilt, dass die Akten nicht mehr auffindbar sind. Aus dem Eintragungstext ergeben sich leider auch keine weiteren Anhaltspunkte. Auch das beurkundende Notariat wurde nicht genannt. Weder die Eigentümer des dienenden noch des herrschenden Grundstücks haben die Bewilligung vorliegen.

    Ich befürchte ebenfalls, es wird eine Berichtigungsbewilligung notwendig sein.

  • Ich frag mich nur, auf welcher Grundlage das Vermessungsamt den Inhalt der Dienstbarkeit beurteilen kann.

    Es geht doch meist gar nicht darum, den INHALT der Dienstbarkeit zu beurteilen, sondern festzustellen, dass die Dienstbarkeit nicht mehr an der fraglichen Grundstücksfläche lastet. Und das kann das Vermessungsamt Gott sei Dank sehr wohl.

  • Ich frag mich nur, auf welcher Grundlage das Vermessungsamt den Inhalt der Dienstbarkeit beurteilen kann.

    Es geht doch meist gar nicht darum, den INHALT der Dienstbarkeit zu beurteilen, sondern festzustellen, dass die Dienstbarkeit nicht mehr an der fraglichen Grundstücksfläche lastet. Und das kann das Vermessungsamt Gott sei Dank sehr wohl.

    Aber eben nicht im vorliegenden Fall, da hier die Bewilligung verschollen ist.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich frag mich nur, auf welcher Grundlage das Vermessungsamt den Inhalt der Dienstbarkeit beurteilen kann.

    Es geht doch meist gar nicht darum, den INHALT der Dienstbarkeit zu beurteilen, sondern festzustellen, dass die Dienstbarkeit nicht mehr an der fraglichen Grundstücksfläche lastet. Und das kann das Vermessungsamt Gott sei Dank sehr wohl.

    Da der in der Urkunde festgelegte Ausübungsbereich wohl auch zum Inhalt gehört, bin ich mir da nicht so sicher... :/

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