Anhörung bei Berichtigung nach § 319 ZPO

  • Hallo,

    bei Berichtigungsanträgen ach § 319 ZPO höre ich in der Regel die Gegenseite an mit dem Zusatz "Es ist beabsichtigt, die beantragte Korrektur vorzunehmen."

    Die Korrektur erfolgt jederzeit von Amts wegen, bezüglich einer Anhörung schweigt sich Zöller aus.

    Ich bin mit dieser Verfahrensweise nicht alleine, im Haus verfügen sämtliche Richter "Abschrift an Gegner", sofern ein Berichtigungsantrag zur Akte gelangt.

    Mir wird dies nun aber als eine "überflüssige" Handlung bzw. als eine "die Servicekräfte unzumutbar belastende Arbeitsweise" vorgehalten.

    Mich würde interessieren, ob auch andere Kolleg*Innen eine Anhörung verfügen oder direkt entscheiden.

    Danke für Ihre Beiträge!

  • Ich schicke den Antrag auch an die Gegenseite. Allerdings muss ich an dieser Stelle auch sagen, dass ich die Verfügung selber ausführe.

    Man muss das Unmögliche so lange anschauen, bis es eine leichte Angelegenheit wird.
    Das Wunder ist eine Frage des Trainings!
    (Albert Einstein)

  • Ich halte die Anhörung im Angesicht von Art. 103 I GG für zwingend erforderlich.

    Mir wird dies nun aber als eine "überflüssige" Handlung bzw. als eine "die Servicekräfte unzumutbar belastende Arbeitsweise" vorgehalten.

    Wer maßt sich denn derartiges an? Und hält man das dann auch den Richtern vor?

  • Auch hier im Haus soll wohl (anlässlich von Gesprächen über hohe Belastung) von Verwaltungsseite schon die Auffassung vertreten worden sein, Anhörungen in Zivilsachen würden völlig überflüssigen Aktenumlauf und Mehraufwand produzieren (mit anderen Worten: selbst schuld, wenn du dann mit deiner Arbeit nicht rumkommst). Schließlich erhalte der Gegner den Kostenfestsetzungsantrag ja zusammen mit dem KFB übersandt.

    Ich persönlich halte nichts davon, "rechtliches Gehör" erst dann zu gewähren, wenn die Entscheidung schon getroffen worden ist und habe deshalb in meiner C- und F-Zeit in aller Regel vor dem Erlass eines KFB oder vor Absetzung einer sonstigen Entscheidung angehört.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Zitat

    Wer maßt sich denn derartiges an? Und hält man das dann auch den Richtern vor?

    Beschwert hatte sich ein Kollegin, die die Akte nach Fristablauf der Anhörung als Vertreterin hatte bearbeiten müssen.
    Ihrer Meinung nach habe ich die Akte geschoben, da ich direkt, dh. ohne Anhörung hätte entscheiden müssen.

    Vorgehalten bekomme ich es von meiner Geschäftsleiterin im Rahmen eines Beurteilungsgespräches, zum Stichpunkt "Arbeitsweise".

  • [QUOTE]
    Beschwert hatte sich ein Kollegin, die die Akte nach Fristablauf der Anhörung als Vertreterin hatte bearbeiten müssen.
    Ihrer Meinung nach habe ich die Akte geschoben, da ich direkt, dh. ohne Anhörung hätte entscheiden müssen.

    Wie nett.
    Nur so als Anregung: "DS zur Stellungnahme" ohne vorherige Prüfung finde ich unglücklich, weil man dann womöglich erst nach Ablauf der Stellungnahmefrist evtl. Beanstandungen erheben würde, was das Verfahren (m. E. unnötig) verzögert. Wenn ich aber vorher prüfe, muss ich nach Wiedervorlage neu in die Akte einsteigen. Auch doof.
    Deshalb habe ich es in Fällen, die voraussichtlich unkompliziert durchlaufen in der Regel so gemacht, dass ich den Antrag geprüft, den KFB vorbereitet und (hier in NRW in TSJ) als Entwurf gespeichert habe. Wenn die Akte dann ohne Eingang zurückkam, musste ich nur das neue Datum einsetzen und konnte den KFB rausjagen. Und auch der jeweilige Vertreter konnte das, sofern er denn meiner Vorarbeit genügend vertraut hat.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wie #6.
    Wir (Landgericht) prüfen stets sämtliche Anträge zu beginn, schicken es selbst zur SN und ganz wichtig: fertigen (soweit möglich) immer einen Entwurf! Dadurch spart man sich Zeit beim nächsten Mal und die Vertretung freut sich auch :)
    Und auch einen Berichtigungsantrag schicke ich nochmal ab.

  • Abgesehen davon, daß der Vorhalt inhaltlich wie auch formell schlichtweg eine bodenlose Unverschämtheit darstellt (und ich das den Betreffenden auch deutlich mitteilen würde):

    ..., bezüglich einer Anhörung schweigt sich Zöller aus.

    Meine (20. und 24. Aufl.) nicht: Nr. 23 zu § 319:
    "Die Anhörung der Parteien ist in der Regel geboten …, bei Parteiberichtigung ... unerläßlich ... "

    Wenn das in neueren Auflagen nicht mehr so ausgeführt wird, wie wäre es mit BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, Nr. 41 zu § 319:
    "Vor einer Entscheidung ist den Parteien mit Blick auf Art. GG Artikel 103 Abs. GG Artikel 103 Absatz 1 GG in aller Regel rechtliches Gehör zu gewähren …"

  • :meinung:, insbesondere auch, was die Unverschämtheit anbetrifft. Wie jemand sein Dezernat bearbeitet, entscheidet jeder selbst - oder gilt plötzlich die sachliche Unabhängigkeit nicht mehr? Das OLG Celle z.B. hat sich ausdrücklich m.w.N. gegen eine Entscheidung ohne vorherige Anhörung gestellt. Anstatt einen derartigen Tinnef zu verbreiten, sollten sich die Kritiker lieber mit den gesetzlichen Gegebenheit befassen und sich in Übrigen um ihren eigenen Kram kümmern, bei dem sie sich sicherlich auch nicht hineinreden lassen!

  • Bei Kostenausgleichungsanträgen, die lediglich die Gerichtskosten betreffen, haben wir ehemals von einer Anhörung abgesehen. Was soll der Gegner auch einwenden, auf den Antrag, die Gerichtskosten auszugleichen. Aber seit wir die Entscheidung OLG Celle, Beschluss vom 14.1.2008 - 23 W 4/08-, juris, kennen, hören wir auch dann an. Aus der Entscheidung: "Die Gelegenheit zur Stellungnahme für jeden Antrag der Gegenpartei ist auch im Kostenfestsetzungsverfahren verfassungsrechtlich geboten (…)" Für jeden Antrag der Gegenpartei heißt: für jeden Antrag der Gegenpartei.

  • Ich sehe das anders und zitiere das OLG Düsseldorf

    Beschluss vom 264.2011, Az 24 W 29/11, hier Rn 6

    Wobei auch dort von der Verpflichtung zur Anhörung ausgegangen wird. Das OLG kommt lediglich zum Ergebnis, dass ein Mangel nicht zwingend zur Aufhebung führt, wenn der KFB inhaltlich richtig ist.

    Zitat:

    Allerdings dürfte dies auch in einfachen Fällen dem rechtsstaatlichen Gebot des rechtlichen Gehörs zuwiderlaufen. Denn eine Differenzierung nach einfach gelagerten, zweifelsfreien Sachverhalten ist zum einen kein brauchbares Abgrenzungskriterium.

    Zum anderen gebieten es rechtsstaatliche Grundsätze, den Bürger, von – hier nicht vorliegenden Not- oder Eilfällen - abgesehen, vor jeder ihn belastenden staatlichen Maßnahme anzuhören. 


  • Schließlich erhalte der Gegner den Kostenfestsetzungsantrag ja zusammen mit dem KFB übersandt.

    Rechtsstaatlich (rechtliches Gehör us.w.) eindeutig nicht vertretbar...

    Ich persönlich halte nichts davon, "rechtliches Gehör" erst dann zu gewähren, wenn die Entscheidung schon getroffen worden ist und habe deshalb in meiner C- und F-Zeit in aller Regel vor dem Erlass eines KFB oder vor Absetzung einer sonstigen Entscheidung angehört.

    Deshalb habe ich es in Fällen, die voraussichtlich unkompliziert durchlaufen in der Regel so gemacht, dass ich den Antrag geprüft, den KFB vorbereitet und (hier in NRW in TSJ) als Entwurf gespeichert habe. Wenn die Akte dann ohne Eingang zurückkam, musste ich nur das neue Datum einsetzen und konnte den KFB rausjagen. Und auch der jeweilige Vertreter konnte das, sofern er denn meiner Vorarbeit genügend vertraut hat.

    richtig, so sollte es auch laufen. Egal ob "normale" KF oder Berichtigung nach § 319, angehört werden muss immer, und so läuft ja auch die normale Arbeitsreihenfolge. Wenn das Gericht bei Antragseingang z.B. erkennt, dass der geltend gemachte Anspruch (egal ob Klage oder KF) nicht geht, dann Zwischenverfügung etc. an Antragsteller/Kläger mit Hinweis, dass das nicht geht. Wenn Antrag statthaft/schlüssig ist, Anhörung der Gegenseite (was nicht ausschließt, dass bei einfachen und offensichtlichen Sachen (zb. Verfahren <500 Euro, Antragsteller/-vertreter ohne Fahrtkosten, da am Gerichtsort ansässig etc.) schon mal ein Entwurf gefertigt werden kann, den man später (etwa bei Einwedungen der Gegenseite) einfach nur rausjagen oder modifizieren muss, die Entscheidung ergehen kann. Wenn wieder von Grund auf in die Sache eingestiegen werden muss, ist das die Arbeitserschwernis.

    Erlebe aber bei div. Gerichten das Gegenteil. Anhörung um Anhörung... und dann jahrhundertelang nichts vom Gericht... oder aber eben einfach ne Entscheidung á la "Rechtsmittelfrist reicht doch als Anhörung" :mad:

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