Auflösend bedingter Alleinerbe

  • Guten Morgen!

    Ich habe folgenden Fall vorliegen:
    (Mit)Eigentümer ist verstorben, es gibt ein privatschriftliches Testament mit der Ehefrau, also Erbschein für Berichtigung.
    Den Erbschein habe ich auch. Dieser weist nun die Ehefrau als auflösend bedingte Alleinerbin aus. Die aufl. Bed. tritt im Fall der Wiederverheiratung ein.

    Das habe ich noch nie gesehen. Es gibt keine Auskunft, was im Fall der Wiederheirat passiert. Gibt es so etwas überhaupt, dass die aufl. bed. Alleinerbenstellung nicht automatisch eine aufsch. bed. Vorerbenstellung bedeutet?
    Wenn diese Erbenstellung geht, wie trage ich das dann ein? Kann ich im Grundbuch nur eine auflösend bedingte Alleinerbschaft verlautbaren? :confused:

  • Der Erbschein ist m.E. unrichtig, weil er die Person des Nacherben nicht bezeichnet. Ich würde beim Nachlassgericht anregen diesen einzuziehen.

    Wenn das Testament nichts anderes regelt wären die gesetzlichen Erben Nacherben. Das müsste aber im Erbschein verlautbart werden.

  • Mehr Info gibt der Erbschein nicht her. Mein Bauchgefühl war auch, dass das so nicht passt. Dachte nur, ich hätte vielleicht eine Änderung nicht mitbekommen.. Also würdet ihr das intern machen? Nicht als Zwischenverfügung, dass das so nicht verlautbart werden kann, richtig?
    Kennt jemand evtl. eine Fundstelle, wonach das nicht so geht?


  • Kennt jemand evtl. eine Fundstelle, wonach das nicht so geht?

    Das ergibt sich bereits unmittelbar aus §352b I FamFG. Danach ist die Person des Nacherben zu bezeichnen. Wenn der Nacherbe - wie es hier ggf. der Fall ist - allgemein unbekannt ist, dann muss identifizierbar

    (z.B. Nacherben sind die gesetzlichen Erben des Erblasser bei Eintritt des Nacherbfalls)

    bezeichnet werden (vgl. auch Zimmermann in: Keidel FamFG, 19. Auflage, §352b Rn. 9 m.w.N.).

    Ich würde die Einziehung des Erbscheines unmittelbar beim Nachlassgericht anregen und dem Antragsteller hiervon Kenntnis geben.
    Eine förmliche Zwischenverfügung würde ich vorerst wahrscheinlich nicht erlassen, es sei denn es gäbe dafür einen besonderen Bedarf.


  • Kennt jemand evtl. eine Fundstelle, wonach das nicht so geht?

    Das ergibt sich bereits unmittelbar aus §352b I FamFG. Danach ist die Person des Nacherben zu bezeichnen. Wenn der Nacherbe - wie es hier ggf. der Fall ist - allgemein unbekannt ist, dann muss identifizierbar

    (z.B. Nacherben sind die gesetzlichen Erben des Erblasser bei Eintritt des Nacherbfalls)


    bezeichnet werden (vgl. auch Zimmermann in: Keidel FamFG, 19. Auflage, §352b Rn. 9 m.w.N.).

    Ich würde die Einziehung des Erbscheines unmittelbar beim Nachlassgericht anregen und dem Antragsteller hiervon Kenntnis geben.
    Eine förmliche Zwischenverfügung würde ich vorerst wahrscheinlich nicht erlassen, es sei denn es gäbe dafür einen besonderen Bedarf.

    Das stimmt, der Erbschein ist offensichtlich falsch.
    Allerdings kann das Grundbuchamt nicht die Einziehung veranlassen, es kann nur zwischenverfügen.

  • Das ist m. E. kein Fall für eine Zwischenverfügung, weil weder das Beantragte überhaupt eintragbar ist noch eine belastbare Eintragungsunterlage vorgelegt worden ist. Wenn schon eine förmliche Entscheidung im Raume steht, dürfte es gleich auf eine Zurückweisung hinauslaufen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Also würdest Du sagen, Zurückweisung wegen falschen Erbscheins nach §§ 352b I FamFG? Suche mir noch eine schöne Fundstelle, dass die Einsetzung unter einer Bedingung eine Vor- und Nacherbfolge beschreibt und dann weg? ... aber die Grundbuchberichtigung muss ja erfolgen, § 82 GBO. Also danach wieder anschreiben und sagen, ich brauche einen Erbschein? Oder wie ginge es dann weiter? Bin echt ein bisschen aufgeschmissen gerade :(

  • Sofern nicht ein Beteiligter auf eine förmliche Entscheidung besteht würde ich erstmal keine treffen.
    Wenn doch könnte man m.E. auch über die Aussetzung des Verfahrens nach §21 FamFG nachdenken, bis das NLG über die Anregung (des GBA) auf Einziehung des Erbscheines entschieden hat.

    Eine unmittelbare Zurückweisung des Antrages dürfte m.E. nicht in Betracht kommen. Die beantragte Eintragung ist möglich und ein neuer Erbschein könnte mit Zwischenverfügung erfordert werden.
    Der Antrag dürfte auf Eintragung als Alleineigentümerin zielen. Soweit man annehmen will, dass die Eintragung als auflösend bedingte Eigentümerin begehrt ist, wäre dies m.E. auch nicht unzulässig, da die Auslegung ergeben dürfte, dass die Eintragung eines Nacherbenvermerks begehrt wird und dieser wäre ohnehin v.A.w. einzutragen.
    Ich wage zu bezweifeln, dass der Antrag nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass eine zulässige Eintragung begehrt wird.

  • Wie jfp würde ich jetzt auch nicht ohne Not eine förmliche Entscheidung treffen. Ich sagte nur, wenn denn eine zu treffen wäre, dann müsste es m. E. eine Zurückweisung sein.

    Die Auslegung wie jfp würde ich nicht gehen. Von Nacherbfolge steht nichts im Erbschein. Ein auflösend bedingter Erbe ist in dieser Form nicht eintragbar. Das ist aber beantragt. Und selbst wenn man diese Auslegung träfe, scheitert es daran, dass es keine vernünftige Eintragungsunterlage gibt.

    Aber das sind momentan ungelegte Eier. Schreib raus, dass es so nicht geht und der Erbschein unbrauchbar ist, und dann warte erst mal ab, was passiert.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich würde das auch nicht an die große Glocke hängen wollen, sondern von einem Versehen des NL-Gerichts ausgehen. In solchen Fällen nehme ich den Telefonhörer in die Hand und löse das Problem mit dem Kollegen vom NL-Gericht schnell und unbürokratisch. Den Erben informiere ich dann kurz, dass auf einen neuen Erbschein gewartet werden muss und gut ist.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Ich würde das auch nicht an die große Glocke hängen wollen, sondern von einem Versehen des NL-Gerichts ausgehen. In solchen Fällen nehme ich den Telefonhörer in die Hand und löse das Problem mit dem Kollegen vom NL-Gericht schnell und unbürokratisch. Den Erben informiere ich dann kurz, dass auf einen neuen Erbschein gewartet werden muss und gut ist.

    Das verstehe ich und trotzdem geht's so einfach sicher nicht. Der Erbschein wurde (wenn nicht ein weiterer Fehler gemacht wurde) antragsgemäß erteilt. Den kann das Nachlassgericht zwar einziehen, aber auf einen neuen Erbschein kannst du lange warten, den müssten die Erben erst beantragen.

  • Ich würde auch d. Kollegen des Nachlassgerichts anrufen, um die Angelegenheit zu besprechen.
    Theoretisch besteht ja auch die Möglichkeit, dass nur die erteilte Ausfertigung unvollständig ist ...

  • Ein frommer Wunsch.

    Wenn man bedenkt, durch wie viele Hände ein solcher Erbschein geht, bis er versandt wird, muss es schon verwundern, dass niemand bemerkte, dass er unrichtig ist, weil sämtliche Angaben über die angeordnete Nacherbfolge fehlen.

    Wenn die Annahme richtig ist (uschi), dass der Erbschein antragsgemäß mit dem aktuellen Inhalt erteilt wurde, dann hat schon bei der Aufnahme des Erbscheinsantrags (samt eV) jemand einen Jahrhundertschlaf gehalten (ob Notar oder Rechtspfleger).

    Alles andere liegt neben der Sache.

    Eine Fundstelle als Beleg für das Nachlassgericht dafür, dass und weshalb der Erbschein falsch ist? Wenn Dilettanten am Werke sind, helfen auch keine Fundstellen.

  • Hallo miteinander. Ich habe letztlich eine Zwischenverfügung erlassen, in der ich einen neuen Erbschein angefordert habe, da bei auflösend bedingter Erbeinsetzung der Nacherbe zu bezeichnen ist etc.

    Jetzt hat der Richter einen neuen Erbschein erlassen, der um folgenden Passus ergänzt wurde:
    (Also vorher alles wie oben #1)
    "In diesem Fall greift gesetzliche Erbfolge, nach der dieEhefrau Erbin zu ½ und die Kinder A und B Erben zu je ¼ würden.“
    Meiner Meinung nach ist das immer noch keine Bezeichnungeiner aufschiebend bedingten Vor- und Nacherbschaft, sondern ansolutunbrauchbar für eine Grundbucheintragung. Solange eine Vor- und Nacherbschaft nichtim Erbschein verlautbart ist, darf ich als Grundbuchamt mich ja auch nicht überden Erbschein hinwegsetzen und einfach einen Nacherbenvermerk eintragen. Findees aber auch unfair, das jetzt auf dem Rücken der Partei auszutragen, weil ichsage, der Erbschein ist immer noch Mist.

    Wenn ich jetzt aber einfach die Ehefrau als Alleinerbineintrage und sie verkauft das Grundstück zum Beispiel, 1 Woche später heiratetsie. Dann ist das Grundstück weg. Die Kinder hatten keinen Schutz… oder?

    Ich bin ein bisschen verzweifelt. Oder liege ich falsch und aus dem Erbschein kann ich eine vernünftige Eintragung zaubern? Lasse mich sehr gerne eines Besseren belehren.:confused:

    Ach so, der Antrag wurde entsprechend dem zuerst erlassenen Erbschein beantragt. Die zust. Rpfl.-Kollegin hatte aber vorher offenbar den Richter gefragt, wie das auszulegen sei und er hat ihr das so vorgegeben.

  • Ich würde ja behaupten, dass das NLG felsenfest der Meinung ist das gar keine Vor- und Nacherbschaft existiert, sondern wirklich die auflösend bedingte Alleinerbenstellung. Somit hast du bzgl. des Nacherbenvermerkes ein Problem, da keiner im Erbschein ausgewiesen ist und du daran gebunden bist. Der neue Passus im Erbschein klingt aber schon eher nach einer Vor- und Nacherbschaft, soll wohl aber keine sein.

  • Ich würde es gleichwohl beanstanden und es dem OLG überlassen zu klären, ob Bindung an den Erbschein bedeutet, dass das Grundbuchamt etwas nicht Mögliches einträgt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ohne die Entscheidung jetzt mehr als nur überflogen zu haben, stellt sich ja doch die Frage, ob ein Erbschein den Numerus clausus des Sachenrechts aushebeln kann. Und das Sachenrecht sagt, dass es die im Erbschein verlautbarte Eigntumsstellung nicht gibt.

    Ich meine, wir dürfen uns nicht so sehr darauf konzentrieren, ob wir den Erbschein überprüfen (was wir nicht dürfen), sondern ob das, was darin verlautbart wird, hinreichend bestimmt bzw. im vorliegenden Fall eintragbar ist. So nach dem Motto: Keine Ahnung, ob der Erbschein stimmt oder nicht, aber das Ergebnis ist nicht eintragbar.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Setz dir ne Maske auf und versuch dem Richter auf 1,5m Abstand persönlich zu erklären, warum er Unsinn verzapft hat. Musste ich bei meinem Direktor auch schon machen, war etwas unangenehm (damals wenigstens noch ohne Maske etc.). Ich glaube Richter haben meist wenig Ahnung von Erbrecht, wenn Sie in dem Bereich anfangen.

    Alle Angaben ohne Gewähr.

    Einmal editiert, zuletzt von Ryker (4. Mai 2020 um 14:20)

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