Zustellung der Bescheinigung 1215/2012 vor Vollstreckung?

  • Hallo, ich habe zur Vollstreckung ein Urteil eines österreichischen Zivilgerichts nebst Bescheinigung nach Artikel 53 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012.

    Um damit vollstrecken zu können bedarf es meines Erachtens eines Zustellungsnachweises der Bescheinigung an den Schuldner.
    (so auch nachzulesen unter https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…zv/3/eugvvo.pdf )
    Der Schuldner lebt in meinem Gerichtsbezirk.

    Ich habe die fehlende Zustellung als Vollstreckungsgericht moniert.

    Der Gläubiger hat den Gerichtvollzieher mit der Zustellung des Bescheinigung in Deutschland beauftragt.

    Dieser hat den Auftrag nicht ausgeführt und an die Rechtshilfestelle des hiesigen Amtsgerichts verwiesen?!

    Nunmehr liegt an Antrag an die Rechtshilfestelle des hiesigen Amtsgerichts vor zur Zustellung der Bescheinigung, ausgestellt vom AG in Österreich, an den im hiesigen Amtsgerichtsbezirk wohnhaften Schuldner.

    Hier weiß nun niemand was er damit anfangen soll und der Antrag wird von Abteilung zu Abteilung geschoben.

    Wer ist hier nach welcher Grundlage für die Zustellung zuständig?

    Muss das AG in Österreich dies veranlassen?
    Reicht die Zustellung durch Gerichtsvollzieher (der sich m.E. hier völlig zu Unrecht weigert)

    Liebe Grüße

    (Thema gehört auch zu Auslandssachen)

  • Die vorherige Zustellung der Bescheinigung nach Art 53 EuGVVO ist eine allgemeine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung (Art. 43 Abs. 1 S.1 EuGVVO).

    Eine unmittelbare Zustellung der Bescheinigung nach Art. 15 EuZuStVO durch den deutschen Gerichtsvollzieher ist unzulässig. Diese setzt nach überwiegender Auffassung nämlich voraus, dass das Recht des Übermittlungsmitgliedsstaat(hier: Österreich) diese zulässt (Musielak/Voit/Stadler, 18. Aufl. 2021, EuZustVO Art. 15 Rn. 1). Das ist, wie sich aus dem Europäischen Gerichtsatlas ergibt, nicht der Fall ( https://e-justice.europa.eu/373/DE/serving…IA&member=).Der Gerichtsvollzieher hat den Zustellungsauftrag also zu Recht abgelehnt.

    Der Antragsteller muss daher in Österreich eine Zustellung im Wege der Rechtshilfe beantragen. Diese erfolgt dann entweder durch Einschreiben mit internationalem Rückschein (Art. 14 EuZuStVO) oder Zustellungsersuchen (Art. 4 EuZuStVO). Dieses Zustellungsersuchen des österreichischen Gerichts liegt nunmehr vor und ist auszuführen.

  • Vieeeeeeeeeelen Dank :D:daumenrau

    Wobei das nicht vorliegt, sondern die Partei hat die Zustellung hier bei uns direkt beantragt. Es liegt kein Ersuchen des österreichischen Gerichts vor, sondern ein direkt Antrag an die hiesige Rechtshilfestelle vom GlV selbst.

  • Hey ich muss das Thema mal noch einmal pushen:

    Ich bin jetzt auf diese Kommentierung gestoßen:

    Die Ausstellung einer Bescheinigung nach Art. 53 wird vom Gläubiger im Erststaat beantragt (MüKoZPO/Gottwald Rn. 1). Gemäß Art. 42 Abs. lit. b wird sie vom Gläubiger mit dem Vollstreckungsantrag im Zweitstaat der dort zuständigen Vollstreckungsbehörde vorgelegt. Die zuständige Vollstreckungsbehörde im Zweitstaat stellt die Bescheinigung an den Schuldner zu (Prütting/Gehrlein/Schinkels Rn. 2).


    Die Brüssel Ia-VO legt die Zustellung der vom Gläubiger vorgelegten Bescheinigung – wie schon aus Art. 42 Abs. 1 lit. b erschlossen werden kann – in die Hand des Zweitstaates, obwohl die Zustellung durch die Ausstellungsbehörde im Erststaat wohl zweckmäßiger wäre (s. auch § 1111 Abs. 1 S. 3 ZPO). Nach dem Konzept der Verordnung richtet sich die Zustellung der Bescheinigung an den Schuldner daher nach dem Recht des Zweitstaates.
    Hat der Schuldner seinen Wohnsitz nicht im Zweitstaat, gilt für die grenzüberschreitende Zustellung die EuZVO, mit den dort enthaltenen Regeln der Sprachenfrage (Rauscher EuZPR/EuIPR/Mankowski Rn. 14 f.).
    (BeckOK ZPO/Neumayr, 43. Ed. 1.12.2021, Brüssel Ia-VO Art. 43 Rn. 6, 7)

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