E-Post-Pflicht nach § 130d ZPO in der Zwangsversteigerung

  • Bezüglich der Siegelung des Antrages der Gemeinde sollte man tatsächlich nochmal genau darüber nachdenken. Der gesiegelte Antrag ersetzt in der Verwaltungsvollstreckung ja den Vollstreckungstitel.

    BGH; Beschl. v. 18.12.2014 – I ZB 27/14; zum § 7 JBeitrO
    Goldbach ZfIR 2017, 384, 386; zum § 322 AO
    Stöber/Becker § 16 ZVG Rn 5 m.w.N.

    Überall in der Kommentierung steht nur "soll". Ich habe allerdings keine Vorschrift gefunden, dass ich tatsächlich ein Siegel fordern darf. Wir haben das immer beanstandet, wenn es vergessen wurde, und ich wollte das mal mit Vorschriften unterfüttert. Nur leider habe ich dazu nichts gefunden. Also hinsichtlich der Anträge und Schriftsätze des Finanzamtes und der Gemeinden finde ich nichts. Und im Schneider, § 16 Rdnr. 366 sagt Goldbach auch, dass ein Siegel nicht verlangt werden kann. Damit ist das bei den elektronischen Schriftsätzen meiner Ansicht nach obsolet.

    Nach dem Wortlaut des Justizbeitreibungsgesetzes wäre ebenfalls kein Siegel erforderlich. Höchstrichterlich wird es verlangt, weil das Ersuchen den Titel ersetzt. Wie beim Ersuchen nach der Abgabenordnung auch (s. Goldbach). Tux hätte die Entscheidung als Bestätigung verstehen können.

  • Ich habe hier ein paar offene Fragen im Umgang mit der Pflicht zur elektronischen Einreichung für Rechtsanwälte und Behörden nach § 130d ZPO:


    b) Muss und kann ich nicht formgerecht eingereichte Anträge - nach erfolgloser Fristsetzung - zurückweisen? Contra: Es ist *kein* formgerechter Antrag da. Was nicht da ist, kann ich nicht zurückweisen. Pro: Es ist kein *formgerechter* Antrag da, aber eben doch ein Antrag.

    Aus meiner Sicht müsste der Antrag als unzulässig verworfen werden...

    Dazu gibt es bereits eine Entscheidung: LAG Schleswig-Holstein vom 25.03.2020, 6 Sa 102/20.

    Danke!

    Wenn kein Wind geht, dann rudere!
    (polnisches Sprichwort)

  • Beim Beitrag von rainer klang es so als könne das Gericht noch nicht einmal elektronische Eingänge empfangen. Wie man diese weiterverarbeitet, ist ja wieder eine andere Baustelle.

    Empfangen und senden können wir schon, aber noch nicht elektronisch verarbeiten. Heisst, es wird ausgedruckt.

    Also liegen bei euch die Voraussetzungen für den elektronischen Rechtsverkehr vor.

    Die Weiterbearbeitung der (elektronischen) Eingänge ist ja wieder eine andere Baustelle.

  • Ich hatte zu den anwaltlichen Zwangsverwaltern die Frage zu § 130d ZPO letztlich schon einmal aufgeworfen.
    Entnehme ich der obigen Diskussion richtig, dass § 130d ZPO auch für Rechtsanwälte als Zwangsverwalter für verpflichtend gehalten wird?
    Was wäre denn, wenn ein Inbesitznahmebericht durch den anwaltlichen Zwangsverwalter nur in Papierform vorgelegt würde? Den kann ich doch schlecht als unwirksam behandeln, weil doch das Verfahren nur danach entsprechend weiter geht. Aktuell ist mir ein Inbesitznahmebericht in Papierform angekündigt worden.


  • Ich hatte zu den anwaltlichen Zwangsverwaltern die Frage zu § 130d ZPO letztlich schon einmal aufgeworfen.
    Entnehme ich der obigen Diskussion richtig, dass § 130d ZPO auch für Rechtsanwälte als Zwangsverwalter für verpflichtend gehalten wird?
    Was wäre denn, wenn ein Inbesitznahmebericht durch den anwaltlichen Zwangsverwalter nur in Papierform vorgelegt würde? Den kann ich doch schlecht als unwirksam behandeln, weil doch das Verfahren nur danach entsprechend weiter geht. Aktuell ist mir ein Inbesitznahmebericht in Papierform angekündigt worden.


    Naja, man könnte den Eingang in Papier als unwirksam behandeln und den ZwV auffordern, den Bericht wirksam einzureichen. Tut er dies nicht, kann man ein Zwangsgeld festsetzen. Kommt dann immer noch nix, kann man den Zwangsverwalter entlassen und einen neuen bestellen. Theoretisch.
    Man kann natürlich auch aus rein pragmatischen Erwägungen den Papiereingang akzeptieren und zukünftig so verfahren wie von stempel vorgeschlagen.
    Ich würde zunächst versuchen, das telefonisch mit dem ZwV zu klären.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!


  • Man kann natürlich auch aus rein pragmatischen Erwägungen den Papiereingang akzeptieren (...)

    Davon würde ich dringend abraten. Jedenfalls in den Fällen, in denen eine elektronische Einreichung zwingend ist.

    Nicht auf dem vorgeschriebenen Übermittlungsweg eingereichte Erklärungen sind unwirksam. Weder das Gericht noch die Beteiligten können auf die Einhaltung des Übermittlungsweges verzichten.

  • Als Nicht-RA konnte ich meine Jahresberichte problemlos beim
    jeweiligen VG letzte Woche einreichen.
    Wenn ich § 130d ZPO lese: "Vorbereitende Schriftsätze und
    deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und
    Erklärungen"
    kann ich momentan die Berichte von Zwangs-
    verwalter hierunter nicht subsumieren.
    Ich habe gerade bei Zöller nachgeschaut. Die Kommentierung
    zu § 130d ZPO ist noch sehr mager.
    Die Frage wird darauf hinauslaufen, ob unsere Berichte als
    Erklärungen zu werten sind.
    Es wäre vielleicht sinnvoll ein AG macht einen Probelauf und
    provoziert in Absprache eine Entscheidung.

  • Es sind alle Schriftsätze gemeint, die unterschrieben werden müssen. Unsere Jahresberichte, Inbesitznahmen pp sind vom Zwangsverwalter zu unterschreiben. Tja nun. Ich denke auch, dass sie elektronisch eingereicht werden müssen. Ich verstehe bloß nicht warum die Zwangsverwalter, dien auch RAe sind, so zicken. Alles andere muss doch auch elektronisch eingereicht werden.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Ist nicht so einfach.

    "Nur im Bereich einer (allein) für den Beruf des Rechtsanwalts spezifischen Einzeltätigkeit oder wenn der Rechtsanwalt selbst auf keine strikte Trennung seiner Berufe nach außen achtet, wird der anwaltliche „Amtsträger“ als Rechtsanwalt tätig und unterliegt dann auch den für diesen typischen Berufs- und Prozessordnungspflichten." (Fritzsche NZFam 2022, 1, beck-online)

  • Ist nicht so einfach.

    "Nur im Bereich einer (allein) für den Beruf des Rechtsanwalts spezifischen Einzeltätigkeit oder wenn der Rechtsanwalt selbst auf keine strikte Trennung seiner Berufe nach außen achtet, wird der anwaltliche „Amtsträger“ als Rechtsanwalt tätig und unterliegt dann auch den für diesen typischen Berufs- und Prozessordnungspflichten." (Fritzsche NZFam 2022, 1, beck-online)


    Gegenteilig finde ich es eigentlich gar nicht so schwer. Die Zwangsverwalter werden (zumindest hier am Gericht) ausdrücklich bestellt als "Herr Rechtsanwalt Sowieso". Sämtliche Berichte und Schriftsätze kommen auf Briefköpfen der jeweiligen Rechtsanwaltskanzlei. Inwieweit man da jetzt eine strikte Trennung der Berufsfelder annehmen kann, erschließt sich mir nicht.

  • Ist nicht so einfach.

    "Nur im Bereich einer (allein) für den Beruf des Rechtsanwalts spezifischen Einzeltätigkeit oder wenn der Rechtsanwalt selbst auf keine strikte Trennung seiner Berufe nach außen achtet, wird der anwaltliche „Amtsträger“ als Rechtsanwalt tätig und unterliegt dann auch den für diesen typischen Berufs- und Prozessordnungspflichten." (Fritzsche NZFam 2022, 1, beck-online)

    Gegenteilig finde ich es eigentlich gar nicht so schwer. Die Zwangsverwalter werden (zumindest hier am Gericht) ausdrücklich bestellt als "Herr Rechtsanwalt Sowieso". Sämtliche Berichte und Schriftsätze kommen auf Briefköpfen der jeweiligen Rechtsanwaltskanzlei. Inwieweit man da jetzt eine strikte Trennung der Berufsfelder annehmen kann, erschließt sich mir nicht.

    Die Frage war, ob es entsprechend § 130d ZPO schlicht genügt, wenn der Zwangsverwalter Rechtsanwalt ist. Inzwischen stellt man auf die Formulierung bei der Bestellung und auf den Briefkopf ab.


  • Man kann natürlich auch aus rein pragmatischen Erwägungen den Papiereingang akzeptieren (...)


    Davon würde ich dringend abraten. Jedenfalls in den Fällen, in denen eine elektronische Einreichung zwingend ist.
    Nicht auf dem vorgeschriebenen Übermittlungsweg eingereichte Erklärungen sind unwirksam. Weder das Gericht noch die Beteiligten können auf die Einhaltung des Übermittlungsweges verzichten.


    Sehe ich grundsätzlich wie du - meine pragmatische Akzeptanz des Papiereingangs wäre nur dadurch motiviert, dass es offenbar im Moment noch rechtlich umstritten ist, ob der Rechtsanwalt als Zwangsverwalter als Zwangsverwalter wie ein Rechtsanwalt zu behandeln ist (nur elektronische Einreichung zulässig) oder nicht (dann Papiereingang ok).
    Ich vertrete (natürlich) die Ansicht, dass er der Rechtsanwalt als Zwangsverwalter als Zwangsverwalter auch wie ein Rechtsanwalt zu behandeln ist, aber wenn es mir gerade reinpasst, könnte ich ja durchaus auch mal die aA vertreten :teufel:

    Es sind alle Schriftsätze gemeint, die unterschrieben werden müssen. Unsere Jahresberichte, Inbesitznahmen pp sind vom Zwangsverwalter zu unterschreiben. Tja nun. Ich denke auch, dass sie elektronisch eingereicht werden müssen. Ich verstehe bloß nicht warum die Zwangsverwalter, dien auch RAe sind, so zicken. Alles andere muss doch auch elektronisch eingereicht werden.


    Genau meine Meinung. Es ist mir ein Rätsel.
    Leider sind aber nicht nur zickige Rechtsanwälte das Problem, sondern auch Behörden. Da wehrt man sich auch mit Händen und Füßen dagegen und gräbt unzählige Argumente aus, warum man gerade nicht elektronisch einreichen muss. Es ist grotesk.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Die Zickereien der Kollegen kann ich nicht so richtig nachvollziehen, da ich die Kommunikation über das beA bislang als bequem, zeit- und kostensparend empfinde.

    Dessen ungeachtet lässt sich eine beA-Nutzungspflicht für anwaltliche Zwangsverwalter, Insolvenzverwalter etc. aber nicht so richtig plausibel begründen.

    Ich persönlich halte es für falsch, dass Zwangsverwalter, Insolvenzverwalter usw., die nebenher auch als Rechtsanwalt tätig sind, durch Verwendung ihrer Anwaltsinsignien (Briefköpfe, Angabe der Berufsbezeichnung in Grußformeln etc.) nach außen hin suggerieren, dass es sich bei der Zwangsverwaltung, Insolvenzverwaltung etc. um anwaltliche Tätigkeiten handeln würde. Dass es sich nicht um anwaltliche Tätigkeiten handelt, ergibt sich ja schon daraus, dass die Ämter auch von Nichtanwälten ausgeübt werden können.

  • Inzwischen stellt man auf die Formulierung bei der Bestellung und auf den Briefkopf ab.

    Meine Aussage war nicht so gemeint, dass ich meine Ansicht nur auf diese Formulierungen stütze, diese jedoch auch als Anhaltspunkt nicht gänzlich ausschließen würde.
    In dem zitierte Aufsatz von Fritzsche wird u.a. darauf abgestellt:
    "...wenn der Rechtsanwalt selbst auf keine strikte Trennung seiner Berufe nach außen achtet, wird der anwaltliche "Amtsträger" als Rechtsanwalt tätig und unterliegt dann auch den für diesen typischen Berufs- und Prozessordnungspflichten."

    Der Bezug meiner Aussage ging daher eher in die Richtung der strikten Trennung der Berufsfelder unter Einbeziehung der im Aufsatz angegebenen Entscheidung des BGH (NJW 2015, 3241).

  • Die Zickereien der Kollegen kann ich nicht so richtig nachvollziehen, da ich die Kommunikation über das beA bislang als bequem, zeit- und kostensparend empfinde.

    Dessen ungeachtet lässt sich eine beA-Nutzungspflicht für anwaltliche Zwangsverwalter, Insolvenzverwalter etc. aber nicht so richtig plausibel begründen.

    Ich persönlich halte es für falsch, dass Zwangsverwalter, Insolvenzverwalter usw., die nebenher auch als Rechtsanwalt tätig sind, durch Verwendung ihrer Anwaltsinsignien (Briefköpfe, Angabe der Berufsbezeichnung in Grußformeln etc.) nach außen hin suggerieren, dass es sich bei der Zwangsverwaltung, Insolvenzverwaltung etc. um anwaltliche Tätigkeiten handeln würde. Dass es sich nicht um anwaltliche Tätigkeiten handelt, ergibt sich ja schon daraus, dass die Ämter auch von Nichtanwälten ausgeübt werden können.


    Du brichst es auf die Frage runter "Was bin ich oder was mache ich?" und meinst, du bist zwar Rechtsanwalt, aber als Insolvenzverwalter nicht als solcher tätig, weil sich sich nicht um eine anwaltliche Tätigkeit handelt?
    Ehrlich: So langsam tut mir mein Genick weh vor lauter Kopfschütteln.
    Wer durch Verwendung eines entsprechenden Briefkopfes und hinzufügen von "Rechtsanwalt" nach seiner Unterschrift als Anwalt auftritt, hat sich auch wie ein solcher zu verhalten bzw. muss die entsprechenden Regelungen gegen sich gelten lassen.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Wenn bei mir ein Insolvenzverwalter eine Klage einreichen lässt mit "RA X als IV ..." dann ist mein erster Schritt der Aktenbearbeitung, dass ich die Systemdaten berichtige in "X als IV ... ". Er klagt eben nicht als RA, sondern als IV und ich würde auch sonst nicht schreiben "Malermeister Müller gegen Dachdecker Huber", sondern Müller gegen Huber.
    Daher habe ich schon Sympathie für die Auffassung, dass weder der ZV noch der IV, die zufällig nebenher RAe sind, in ihrer Eigenschaft als ZV oder IV die Berufspflichten des RA berücksichtigen müssen. Das sieht übrigens der BGH im Falle der Haftung wohl auch so. Die "Nebenspielfelder" sind nicht von der Haftung als Anwalt umfasst (entschieden z.B. zuletzt für einen RA, der als Treuhänder tätig war).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Zitat

    ... und meinst, du bist zwar Rechtsanwalt, aber als Insolvenzverwalter nicht als solcher tätig, weil sich sich nicht um eine anwaltliche Tätigkeit handelt?

    Korrekt!

    Zur Entscheidung des BGH vom 06.07.2015, AnwZ (Brfg) 24/14:

    Der BGH sagt nicht, dass Insolvenzverwalter, die eine Anwaltszulassung haben, bei Ausübung des Insolvenzverwalteramtes per se anwaltlich tätig werden.
    Der BGH sagt, dass Insolvenzverwalter, die im Zusammenhang mit ihrem Insolvenzverwalteramt anwaltlich tätig werden und eine Forderung für die Masse einziehen, das Umgehungsverbot beachten müssen.
    Steht so auch im Leitsatz der Entscheidung: "Das Verbot, ohne die Einwilligung des Rechtsanwalts eines anderen Beteiligten mit diesem unmittelbar Verbindung aufzunehmen oder zu verhandeln, gilt auch für einen Rechtsanwalt, der zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist und für die verwaltete Masse eine Forderung geltend macht."

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