Erbrecht des Fiskus ist aufgehoben, was nun?

  • Hallo zusammen,

    ich habe folgenden Fall übernommen.
    Mutter verstorben, alle bekannt gewordenen Erben schlagen aus. Seitens des NLG wird das Erbrecht des Fiskus im Dezember 2019 festgestellt.
    Im April 2020 wird seitens des Fiskalvertreters mitgeteilt, dass diese die Erbausschlagung des Sohnes der Erblasserin unwirksamen ist.
    Im Oktober 2020 hebt das NLG den Beschluss, dass es einen anderen Erben als das Land Nds
    nich vorhanden ist, aufgehoben.
    Nunmehr am 31.01.2022 teilt der ehemalige Fiskalerbe mit, dass dort noch ein Betrag in Höhe von 6.200 Euro aufgrund Steuererstattung verwahrt wird.
    Weiter wird darauf hingewiesen, dass das Land .... noch einen Auslagen- und Aufwendungsersatzanspruchngegen den wahren Erben hat. Dieser würde dann bei entsprechender Auskehrung in Abzug gebracht werden.

    Wie gehe ich jetzt damit um?:confused:
    Erben werden doch nur im Rahmen eines Erbscheinverfahens festgestellt und nicht im Erbausschlagungsverfahren.

    Danke für eure Hilfe.

  • Weshalb war die Erbausschlagung unwirksam?

    Das Nachlassgericht muss sich ja wohl der Argumentation des Fiskusvertreters angeschlossen haben, weil es sonst den Feststellungsbeschluss nicht aufgehoben hätte. Außerdem muss der Sohn in diesem Verfahren angehört bzw. zumindest vom Ergebnis des Aufhebungsverfahrens verständigt worden sein.

  • Wenn die Aufhebung richtig war (und der Sohn informiert ist), sind alle genannten Probleme nicht die des NLGerichts, sondern des Fiskus. Mitteilen, dass nach Aktenlage ggf. der betreffende Sohn als Erbe in Betracht kommt und kein ESA vorliegt. Alte weglegen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Die Erblasserin ist am 08.02.2019 verstorben, der Sohn hat am 06.03.2019 die Erbschaft ausgeschlagen und angegeben, dass er seit dem 08.02.2019 Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erlangt hat.

    Der Fiskalvertreter führt zur Unwirksamkeit der Erbausschlagung aus, dass der Sohn von dem Konto ... Abhebungen auf sein eigenes Konto vorgenommen hat, und zwar am 11.02.2019, 24-05.2019, 12.06.2019 und 17.06.2019.
    Mit diesen Überweisungen hat der Sohn, so der Fiskalvertreter, aufgrund der zu Lebzeiten von der Erblasserin erteilten Bankvollmacht tätigen konnte, hat er über das Erbe sowohl vor als auch nach seiner erklärten Erbausschlagung verfügt.
    Die Erblasserin hatte zahlreiche Wohnungen angemietet (dies wurde durch die Kontoauszüge und gezielte Nachfragen bei der Steuerberaterin der Erblasserin festgestellt)und an Dritte weitervermietet, diese Informationen hat der Sohn, als er vom Fiskalvertreter aufgefordert worden ist, Auskunft über den Nachlass zu erteilen, ausgelassen.
    Mit Übernahme der Mietverträge, so der Fiskalvertreter, hat der Sohn gegenüber Dritten objektiv eindeutig zum Ausdrzck gebracht, Erbe zu sein und die Erbschaft behalten zu wollen. Er hat die Mieteinnahmen, die in den Nachlass gefallen sind, für sich vereinnahmt.
    Der Fiskalvertreter hat den Sohn mehrfach aufgefordert, die Mietverträge zu übersenden und die Mieteinnahmen zurückzuzahlen. Dieser Aufforderung ist er nicht nachgekommen.
    Des Weiteren hat er die gegen seine Mutter (nach seinen Aussagen) beistehenden Verbindlichkeiten nicht nachgewiesen.
    Dies sind die Gründe, warum das NLG den Beschluss über das Erbrecht des Fiskus aufgehoben hat.
    Der Sohn hat eine begl. Kopie des Aufhebungsbeschlusses zugestellt bekommen.

  • Die Erblasserin ist am 08.02.2019 verstorben, der Sohn hat am 06.03.2019 die Erbschaft ausgeschlagen und angegeben, dass er seit dem 08.02.2019 Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erlangt hat.

    Der Fiskalvertreter führt zur Unwirksamkeit der Erbausschlagung aus, dass der Sohn von dem Konto ... Abhebungen auf sein eigenes Konto vorgenommen hat, und zwar am 11.02.2019, 24-05.2019, 12.06.2019 und 17.06.2019.
    Mit diesen Überweisungen hat der Sohn, so der Fiskalvertreter, aufgrund der zu Lebzeiten von der Erblasserin erteilten Bankvollmacht tätigen konnte, hat er über das Erbe sowohl vor als auch nach seiner erklärten Erbausschlagung verfügt.

    Ich staune, dass die Fiskusvertreter nicht mit einem Bankenerstanschreiben sämtliche Vollmachten widerrufen haben und stattdessen zusehen, wie ein Angehöriger, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, über den Nachlass verfügt.

    Ferner wundere ich mich, warum der Fiskus nicht einen (für ihn kostenlosen) Erbschein beantragt hat, um dann gegen den Sohn gerichtlich vorzugehen. Im Rahmen des Erbscheinsverfahrens hätte das Nachlassgericht die Wirksamkeit der Ausschlagung prüfen können.

    Ich stelle mir vor, ich würde als Nachlasspfleger tatenlos zusehen, wenn Angehörige, die ausgeschlagen haben, sich am Nachlass bedienen, und ich dann lediglich dem Nachlassgericht gegenüber anregen würde, die Nachlasspflegschaft aufzuheben, da aus meiner Sicht der Verfügende trotz Ausschlagung wohl doch Erbe geworden ist. Das Haftungsrisiko, dass der Verfügende letztlich doch nicht Erbe ist, wäre mir zu groß.

  • Wenn er ausdrücklich in Ausübung der Vollmacht gehandelt hat, dann ist er gerade nicht als Erbe aufgetreten, was ja konkludente Annahme der Erbschaft bedeutet hätte, sondern als Bevollmächtiger (des Erben = Land Niedersachsen). Da möge man sich die Kohle über Auftragsrecht zurückholen, aber der - zugegeben nette - Versuch, auch die Nachlassverbindlichkeiten beim Sohn eintreiben zu wollen, wird wohl scheitern.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Mein Vorredner bringt es auf den springenden Punkt.

    Wer als Bevollmächtigter handelt, muss nicht Erbe sein, also kann das Handeln als Bevollmächtigter für sich alleine auch keine konkludente Erbschaftsannahme darstellen. Der Sachvortrag des Fiskus ist in rechtlicher Hinsicht somit mehr als zweifelhaft und das Nachlassgericht hat die Problematik wohl gar nicht erkannt.

  • Mein Vorredner bringt es auf den springenden Punkt.

    Wer als Bevollmächtigter handelt, muss nicht Erbe sein, also kann das Handeln als Bevollmächtigter für sich alleine auch keine konkludente Erbschaftsannahme darstellen.

    Der Sachvortrag des Fiskus ist in rechtlicher Hinsicht somit mehr als zweifelhaft


    Dem ist zuzustimmen.

    und das Nachlassgericht hat die Problematik wohl gar nicht erkannt.

    Jetzt schon, denn sonst würden wir hier nicht diskutieren.

    Und wenn das Nachlassgericht der vorangegangenen Argumentation folgen würde, könnte es zu dem Schluss kommen, dass der Erbe im Sinne des § 1960 Abs. 1 Satz 2 BGB unbekannt ist oder ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.

    Wenn dem so wäre, könnte Nachlasspflegschaft angeordnet werden.

    Fraglich ist, ob für eine konkludente Erbschaftsannahme die Verfügung über Nachlassmittel ausreichend ist, oder ob der Verfügende auch zu erkennen geben muss, die Nachlassverbindlichkeiten jedenfalls in Höhe des Aktivnachlasses übernehmen zu wollen.

  • ... dass der Sohn von dem Konto ... Abhebungen auf sein eigenes Konto vorgenommen hat, und zwar am 11.02.2019, 24-05.2019, 12.06.2019 und 17.06.2019.

    Die Verwaltung der Mietverhältnisse mag in Ausübung der Vollmacht geschehen. Wenn er aber Geld (die Überschüsse aus den Mieten?) auf sein eigenes Konto überweist und damit die Erträge des Nachlasses für sich beansprucht, könnte man schon über konkludente Annahme nachdenken. Wenn er diese Gelder für die Beerdigung ausgegeben hat, sieht es wieder anders aus.

    Nachlasspflegschaft wäre eine gute Idee. Dann ist wenigstens jemand da, der als erstes die Vollmacht widerruft und dann dafür sorgt, dass die Mieteinnahmen zum Nachlass gelangen.

  • ... dass der Sohn von dem Konto ... Abhebungen auf sein eigenes Konto vorgenommen hat, und zwar am 11.02.2019, 24-05.2019, 12.06.2019 und 17.06.2019.

    Die Verwaltung der Mietverhältnisse mag in Ausübung der Vollmacht geschehen. Wenn er aber Geld (die Überschüsse aus den Mieten?) auf sein eigenes Konto überweist und damit die Erträge des Nachlasses für sich beansprucht, könnte man schon über konkludente Annahme nachdenken.

    Man könnte allerdings auch darüber nachdenken, dass der Sohn das Geld widerrechtlich vereinnahmt hat.



    Nachlasspflegschaft wäre eine gute Idee. Dann ist wenigstens jemand da, der als erstes die Vollmacht widerruft und dann dafür sorgt, dass die Mieteinnahmen zum Nachlass gelangen.

    Wenn man denn als Nachlassgericht Zweifel an der Erbenstellung des Sohnes hat, wäre eine Nachlasspflegschaft aus den Gründen meines Vorredners sinnvoll. Wer weiß, was ein Nachlasspfleger in dieser Sache noch alles zutage fördern würde.

    Die Aufhebung der Feststellung des Fiskalerbrechts stünde der Anordnung einer Nachlasspflegschaft m.E. nicht entgegen, da auch begründete Zweifel an der Erbenstellung des Fiskus die Aufhebung rechtfertigen würden, ohne dass andererseits der Sohn zweifelsfrei als Erbe feststehen muss.

    In diesem Fall wären wir bei § 1960 BGB und der Möglichkeit der Anordnung einer Nachlasspflegschaft.

  • Eben. Es ist soviel unklar, dass klar ist, dass man es klären muss. Und das geht aktuell bei Immobilien und weiterem Vermögen wohl nur durch eine Pflegschaft.

    Ich würde den Sohn und den Fiskus anschreiben und ihm sagen, dass ich in 4 Wochen einen Pfleger bestelle, sofern kein anderer Antrag (z.B. ESA) eingeht, da die Erbfolge einer Klärung bedarf und Sicherungsbedürfnis besteht.


    P.S.
    Der Sachverhaltsnachtrag war hier entscheidend. Das ändert meine erste Stellungnahme natürlich. Und eigentlich hätte das Gericht schon bei Aufhebung des Fiskuserbrechts darüber entschieden müssen.

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  • Der Sohn hat die Schließung des Kontos veranlasst, weil dieses lediglich nur weitere Kosten produzierte. Von dem restlichen Saldo ist eine Teilzahlung auf die Gebührenrechnung der Steuerberaterin geflossen. Zudem sind die Beerdigungskosten davon beglichen worden. Die restliche Summe hat der Sohn verrechnet und zwar mit seinem - so wie er sagt - Ausgleichsanspruch gegenüber der Erblasserin. Dieser Ausgleichsanspruch ist jedoch noch nicht vollständig ausgeglichen. Der Sohn hat den Dispositionskredit seiner Mutter ausgeglichen.
    Ein Großteil der angemieteten und weitervermieteten Wohnungen sind bereits 2018 gekündigt, die Vermietung der übrigen Wohnungen hat ab März 2019 der Sohn der Erblasserin übernommen, damit die Mieter wohnen bleiben können - so die Steuerberaterin.

    Ihr habt vollkommen Recht, hier ist alles viel zu unklar und es bedarf einer Aufklärung.
    Und die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft ist die einzige Lösung.

    Wenn ich eine Nachlasspflegschaft - nach Anhörung des Sohnes und des Fiskalvertreters - anordne,
    wähle ich dann den Aufgabenkreis „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses“ ? Oder gehört auch noch „Ermittlung der Erben dazu“?

    ich bedanke mich für eure Hilfe:):)

  • die Vermietung der übrigen Wohnungen hat ab März 2019 der Sohn der Erblasserin übernommen ...


    Dann spielt er sich bezüglich der Mietverträge und Untermietverträge aber schon als Rechtsnachfolger auf. Das riecht nach konkludenter Annahme.

    ... damit die Mieter wohnen bleiben können - so die Steuerberaterin.


    Die Untermieter können ewig da wohnen bleiben, solange es keinen Erben (oder Nachlasspfleger) gibt, der eine Kündigung des Untermietverhältnisses aussprechen oder eine Kündigung des Hauptmietverhältnisses entgegennehmen kann.

  • die Vermietung der übrigen Wohnungen hat ab März 2019 der Sohn der Erblasserin übernommen ...


    Dann spielt er sich bezüglich der Mietverträge und Untermietverträge aber schon als Rechtsnachfolger auf. Das riecht nach konkludenter Annahme.

    Möglich. Wäre aber auch typische Aufgabe z.B. eines (für Vermögensangelegenheiten) Vorsorgebevollmächtigten.

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