Dienstbarkeiten für Azubiwohnheim

  • Ich hätte gerne mal Einschätzungen zu zwei Dienstbarkeiten (oder Teilen davon):

    1. Der Eigentümer hat es im Rahmen eines Azubiwohnheimes zu unterlassen, u.a. eine bestimmte förderfähige Wohnfläche anders als so zu nutzen, dass die Wohnfläche für einen bestimmten Zeitraum ausschließlich einer Nutzung durch Auszubildende zugeführt wird. Die Apartments sind in diesem Zeitraum ausschließlich nach Konditionen der XY Förderbank preisgebunden zu vermieten.

    Es ist die Frage, ob hier ein unzulässiger Kontrahierungszwang zum Abschluss bestimmter Mietverträge vorliegt. Allerdings können bei einer Einschränkung des tatsächlichen Gebrauchs durch die Dienstbarkeit auch Einschränkungen für den Eigentümer beim Abschluss von als solche nicht verbotenen Mietverträgen verbunden sein, zB wenn er einen Mietvertrag mit nicht berechtigten Personen abschließt (MüKo-Mohr, Rn 17 zu § 1090 BGB, BGH, V ZR 221/11)


    2. Verpflichtung zur Duldung der Belegung durch eine Sozialbehörde. Darin enthalten: Der Eigentümer verpflichtet sich, eine bestimmte Nutzfläche durch eine namentlich benannte Sozialorganisation oder eine andere mit der Gemeinde abgestimmte Einrichtung nutzen zu lassen. Das Einvernehmen kann nicht verweigert werden, wenn es sich um eine bestimmte Einrichtung im Sinne der Sozialgesetzbücher ... handelt.

    Ist dies schon ein unzulässiges aktives Tun?

  • zu 1)
    Denke, dass das wohl so geht, weil die Dienstbarkeit insoweit dieser höchstrichterlichen Entscheidung entspricht. Der Eigentümer ist in dem Maß von der Nutzung ausgeschlossen, wie ihn auch dieser Kontrahierungszwang trifft, der sonst für sich allein nicht Inhalt der Dienstbarkeit sein könnte. Gleichlauf von Unterlassungshandlung und Beschränkung der rechtsgeschäftlichen Verfügungsbefugnis.

    zu 2)
    Ein aktives Tun, wegen dieser ausdrücklichen Verpflichtung? Ist meiner Meinung nach keine Leistungsverpflichtung. Mich würde mehr die namentliche Begünstigung stören. Die Unterlassungshandlung darf sich nicht über Personen definieren. Deshalb auch kein Biervertriebsverbot mit Ausnahme für den Tigerbräu. Wenn man auf das Wohnungsbesetzungsrecht abgestellt hätte, wäre das jetzt die Verpflichtung, den Grundstücksteil nur durch Personen nutzen zu lassen, die von dem Berechtigten genannt werden. Mit der Zustimmungsfiktion, dass die Angehörigen der Sozialeinrichtungen ... als genannt gelten. Die Nutzungsbeschränkung geht dann vermutlich auch nur, weil sie sich auf eine Teilfläche bezieht und das deswegen nach mancher Ansicht als Unterlassungshandlung in einzelnen Beziehungen zu verstehen ist. Parallel zum Nutzungsrecht bezüglich einer Teilfläche.

    2 Mal editiert, zuletzt von 45 (23. Juni 2022 um 21:58)

  • Danke, 45.

    Zu 1. sehe ich folgenden Unterschied zwischen der vorliegenden Konstellation und der BGH-Entscheidung:

    Dem BGH lag eine Dienstbarkeit vor, in der ein Teil der Wohnungen nur mit von der Gemeinde benannten Personen besetzt werden durfte. Die Benennung galt als erfolgt, wenn die Nutzer einen Betreuungsverein mit einem bestimmten Dienstleister abschließen. Damit wird zwar Druck auf den Eigentümer ausgeübt, die Wohnungen nur bestimmten Personen zu überlassen. Es wird dem Eigentümer aber aus der Dienstbarkeit heraus nicht verboten, Verträge mit nicht benannten Personen abzuschließen, auch wenn es faktisch wirtschaftlich wenig sinnvoll ist.

    Die obige Dienstbarkeit sagt dem dem Eigentümer aber doch ganz ausdrücklich: Du hat es zu unterlassen, andere Mietverträge als die nach bestimmten Förderrichtlinien gestalteten abzuschließen. Da stellt sich mir schon die Frage, ob dann nicht ein unzulässiger Kontrahierungszwang vorliegt.


    Zu 2. werde ich dem Hinweis auf die namentliche Benennung nochmal nachgehen.

  • Zum Vergleich mit dem Biervertriebsverbot:

    Wenn ich BGH, DNotZ 1986, 618, richtig verstehe, sind Dienstbarkeiten, nach denen der Eigentümer keine anderen Waren außer denen eines konkreten Herstellers beziehen darf, zwar unzulässig.

    Dies aber nicht wegen der namentlichen Begünstigung, sondern "weil das Recht zur freien Auswahl des Warenlieferanten kein Ausfluß des Eigentumsrechts am Grundstück ist". Der Abschluss von Miet-/Pachtverträgen -wie hier- ist aber doch Ausfluss des Eigentumsrechts.

  • Bin nicht im Büro und habe nur mein Handy und 10 Wurstfinger zur Verfügung.

    zu 1)
    Darf der Eigentümer die Nutzung nicht überlassen, betrifft das tatsächliche Handlungen. Nach BGH könnte er damit auch die Mietsache nicht überlassen, so dass es nicht erheblich ist, wenn er damit zugleich in seinen rechtlichen Verfügungsmöglichkeiten beschränkt wird. Soweit er den Gebrauch an Azubis überlassen kann, steht ihm damit auch die Möglichkeit zur Vermietung an sie zu. Er wird aber darüber hinaus in seiner Befugnis zur Vermietung beschränkt, als er in der Miethöhe limitiert ist. Insoweit dann vermutlich doch kein Gleichlauf.

    zu 2)
    Ich meinte damit, daß dem Eigentümer eine bestimmte Handlungen beim Biervertriebsverbot untersagt ist. Die Handlung ist der Handel mit Bier. Für den tatsächlichen Sachgebrauch oder dessen Untersagung kommt es aber nicht darauf an, wer sie vornimmt oder eben nicht. Wenn nur der Tigerbräu mit Bier handeln darf, gilt das daraus resultierende Verbot für den Eigentümer nicht mehr einer einzelnen Handlung. Die Handlung wird nicht dadurch bestimmt, wer sie vornimmt. Der Handel mit Bier ist auch einer, wenn es der Tigerbräu tut. Alle oder keiner. Vorliegend damit keine Begünstigung einer namentlich genannten Organisation.

  • Was weiter geschah:

    Nach einem konstruktiven Austausch mit dem Notariat sind die Dienstbarkeiten entsprechend BGH -V ZR 221/11- so umgestaltet worden, dass die Benennung der Mieter und Nutzer als erfolgt gilt, wenn die vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind.

    Nochmals danke, 45, für das Mitdenken!

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!