Neues Betreuungsrecht ab 01.01.2023

  • -> Cromwell: hallo, das Vormundschaftsrecht habe ich nicht so sehr im Fokus. Dass da eine Anpassung an die für Betreuer geltende Regelung des § 287 FamFG stattgefunden hat, hatte ich ja gesehen und auch für sinnvoll gehalten. Der § 1789 war auch wirklich Mittelalter (nicht das Gespräch an sich, das finde ich sinnvoll und bedauere, dass das Pendant im Betreuungsrecht ja schon fast die Ausnahme ist), sondern die daran geknüpfte Rechtsfolge. Aber Sie haben natürlich recht, es fehlt auch dazu eine Übergangsregelung.

    Wirklich ganz spontan würde ich sagen, der Bestellung vor dem 1.1.23 war noch keine Wirksamkeit beschieden. Diese müsste am 1.1.23 eingetreten sein (Inkl Vormundsvergütung, falls -da Zeitvergütung - ab diesem Termin Tätigkeiten - vor dem Verpflichtungsgespräch unternommen wurden. Und die Frist für die Aufwandspauschale Ehrenamtlicher müsste dann konsequenterweise mit dem 1.1.23 beginnen. Das Verpflichtungsgespräch nach diesem Termin wäre dann nur noch deklaratorischer Natur. Ich muss das auch zur Vollständigkeit der Kommentierung des § 1878 BGB im HKBUR auch noch mit den Autorenkollegen diskutieren.

    Ich kann mich mit diesem Ergebnis nicht recht anfreunden. Beim Gegenvormund hat man ja auch eigens angeordnet, dass sein Amt erlischt, obwohl es die Gegenvormundschaft seit dem 01.01.2023 nicht mehr gibt. Streng genommen wäre das dann nicht notwendig gewesen.

  • Den Vergleich mit Gegenvormund/-betreuer verstehe ich nicht. Das waren doch wirksame Bestellungen, die irgendwann mal erfolgt waren. Durch die Gesetzeslösung in Art 229 § 54 EGBGB wollte man die Arbeit mit individuellen Aufhebungsbeschlüssen ersparen. Ich hätte es persönlich übrigens für sinnvoller gehalten, die Institution modifiziert beizubehalten oder alternativ kraft Gesetzes in Mitbetreuungen/-vormundschaften zur Vermögenssorge umzuwandeln.

  • Wenn ein Rechtsinstitut durch eine Gesetzesänderung ohnehin mit Wirkung vom 01.01.2023 nicht mehr existent ist, dann braucht man nicht anzordnen, dass es entfällt, sondern nur, dass das Rechtsinstitut in Altfällen ggf. weiterbestehen soll. Wenn man also bei der Gegenbetreuung etwas anordnet, was ohnehin so ist, dann müsste man bei der Pflegerverpflichtung im Umkehrschluss gleichfalls anordnen, was ohnehin so ist (also dass die Pflegerverpflichtung entfällt).

    Das meinte ich.

    Vielleicht kommt man auch über die Definition des sog. "abgeschlossenen Vorgangs" weiter. Wenn die vor dem 01.01.2023 erfolgte Anordnung der Gegenbetreuung und die vor dem 01.01.2023 erfolgte Bestellung des Pflegers jeweils als "abgeschlossener Vorgang" betrachtet würde (weil die betreffenden Beschlüsse unter Geltung des alten Rechts ergangen sind), dann muss man - wie erfolgt - eigens anordnen, dass die Gegenbetreuung erlischt (weil sie sonst weiterbestünde) und man muss - wie erfolgt - nicht anordnen, dass es in Altfällen beim Erfordernis der konstitutiven Pflegerverpflichtung verbleibt (weil Altrecht weitergilt).

  • Vielleicht wollte man beim Gegenbetreuer vor allem nicht den „Restmonat“, der sich sonst aus § 18 VBVG ergeben hätte, bezahlen. Die Gesetzesbegründung ist jedenfalls dünn (Bt-Drs. 19/24445, S. 321: „Da im neuen Vormundschafts- und Betreuungsrecht weder die Bestellung eines Gegenvormunds noch eines Gegenbetreuers möglich ist, werden bestehende Bestellungen mit Inkrafttreten dieses Gesetzes wirkungslos. Sie sind verfahrensrechtlich wie entlassene Vormünder oder Betreuer zu behandeln.„

  • ... "werden wirkungslos" heißt aber, dass sie es von selbst werden. Also wozu die Anordnung, dass sie es werden?

    ... "wird angeordnet, dass sie wirkungslos werden" - Das wäre zutreffend gewesen, wenn man einer konstitutiven Bedeutung dieser Regelung das Wort reden möchte.

    Aber es ist halt wie immer im Gesetzgebungsverfahren. Die übliche Schlamperei, begleitet von fehlendem rechtlichen Sachverstand.

  • Hallo an Alle!

    Der Rechtspfleger ist nach neuem Recht u.a. ja nunmehr zuständig für die Bestellung von Verhinderungsbetreuern (bei rechtlicher Verhinderung).

    Wenn ein Betreuer aufgrund längerer Krankheit ausfällt und ein Verhinderungsbetreuer bestellt werden muss, ist dann der Rpfl. oder der Richter zuständig?

    Krankheit stellt in meinen Augen keine rechtliche Verhinderung dar. Das wäre zbsp. der Fall, wenn der Betreuer (= Sohn des Betreuten) das Grundstück des Betreuten verkaufen will und zwar an sich selbst.

    Danke für eure Hilfe.

  • Rechtliche Verhinderung heißt ja jetzt Ergänzungsbetreuung, § 1817 Abs. 5 >Rechtspflegerzuständigkeit.

    Krankheit ist tatsächliche Verhinderung, § 1817 Abs. 4 -> Richterzuständigkeit.

    Wenn die Krankheit so schlimm ist, dass sie zugleich zu Geschäftsunfähigkeit führt (Koma) läge natürlich auch rechtliche Verhinderung vor. Da wäre die Frage, was vorrangig ist. Allerdings dürfte das zugleich ein Fall für eine Betreuerentlassung nach § 1868 Abs. 1 BGB sein -> Richterzuständigkeit.

  • zu #22 Überleitungsvorschriften

    Art. 229 EGBGB

    Weitere Überleitungsvorschriften

    ……………………..

    § 54 Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

    (1) Eine bei Ablauf des 31. Dezember 2022 bestehende Geschäftsfähigkeit besteht fort.

    (2) Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Januar 2023 wird die Bestellung eines Gegenvormunds und eines Gegenbetreuers wirkungslos.

    (3) Ist am 1. Januar 2023 ein Betreuer zur Besorgung aller Angelegenheiten bestellt, ist der Aufgabenkreis bis zum 1. Januar 2024 nach Maßgabe des § 1815 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu ändern.

    (4) Auf Betreuungen, die am 1. Januar 2023 bestehen, findet § 1815 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bis zum 1. Januar 2028 keine Anwendung. Bei der nächsten Entscheidung über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung oder im Rahmen eines gerichtlichen Genehmigungsverfahrens nach § 1831 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat das Betreuungsgericht über den Aufgabenkreis nach Maßgabe des § 1815 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu entscheiden.

    (5) Betreuer, die erstmals durch § 1859 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit sind, haben bis zum Ablauf des am 1. Januar 2023 noch laufenden Betreuungsjahres Rechnung zu legen.

    (6) Auf vor dem 1. Januar 2023 abgeschlossene Vorgänge bleibt das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar.

  • ForumStar BW:

    Die vorläufige Betreuerin ist von

    -der Pflicht zur Sperrvereinbarung gemäß § 1845 BGB

    -der Genehmigungsbedürftigkeit bzw. Eingehung einer Verpflichtung zur Verfügung über Rechte bzw. Wertpapiere nach § 1849 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2, Satz 2 BGB

    befreit. Die in den Vorschriften genannten Geschäfte bedürfen daher keiner betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

    Da kann Eureka mit ForumStar definitiv nicht mithalten... Bei uns steht nur befreit von den Beschränkungen und Genehmigungen gem. §§ 1845, 1849 BGB...

    Wir haben schon begonnen, eine Liste anzulegen, was alles berichtigt werden muss. Ich fürchte, sie wird ziemlich lang.

  • Hat ein Justizministerium bereits eine aktuelle Broschüre zum neuen Betreuungsrecht herausgegeben ?

    Das Bundeministerium der Justiz hat eine neue Broschüre rausgegeben, allerdings im Moment nur zum Download.

    Wird wohl nachgedruckt und soll voraussichtlich Ende Januar wieder bestellbar sein.

    Broschueren
    Suche im Content des Auftritts
    www.bmj.de

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