Versamter Ehe Nürnberger Rechts

  • Guten Morgen!

    Ursprüngliche Eigentümer waren A + B in versamter Ehe Nürnberger Rechts. Der Kauf war 1884. Der Kaufvertrag ist leider so gut wie unleserlich. Erschienen waren A + B in versamter Ehe Nürnberger Rechts lebend; verkauft wurde an A, eingetragen im Grundbuch wurden A + B in versamter Ehe.

    Weiß jemand, ob dies eine Gesamthandsgemeinschaft oder eine Bruchteilsgemeinschaft ist?

    Gruß

  • Pfu wie garstig; ich kann dir da leider nicht weiterhelfen, aber hast du mal versucht beim
    a) Nürnberger Stadtarchiv
    b) Nürnberger Standesamt
    c) Nürnberger Amtsgericht (Nachlass, GBA)
    nachzuhaken.
    Vielleicht weiß da jemand näher Bescheid oder hat Material dazu...

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Wie verhält es sich dann mit dieser Gütergemeinschaft bei der Erbfolge nach dem BGB?

    Bisher ist im Grundbuch nur die Erbfolge des Ehemannes A eingetragen wie folgt:

    A ist am 20.04.1903 verstorben und beerbt worden von

    Ehefrau B zu 1/2
    Kind 1 zu 1/6
    Kind 2 zu 1/6
    Enkel 1 zu 1/12 und
    Enkel 2 zu 1/12
    gemäß Erbschein des Amtsgerichts X. Die Anteile sind tatsächlich so im Grundbuch eingetragen worden!

    Leider ist die Nachlassakte im Staatsarchiv nicht mehr auffindbar. Die restlichen Erben und Erbeserben habe ich nun ermittelt.

    Was würdet ihr dann als Gemeinschaftsverhältnis eintragen? Ich dachte an "in beendeter, nicht auseinandergesetzter versamter Ehe Nürnberger Rechts" oder "... Gütergemeinschaft".

    Gruß

  • ... Ich dachte an "in beendeter, nicht auseinandergesetzter versamter Ehe Nürnberger Rechts" ...

    Wenn ich von der Formulierung des Reichsgerichts im Urteil vom 18.11.1879, III 178/79 = RGZ 1, 85/86 ausgehe („Jedoch haben beide das Vermögen, so jeder über das Heiratsgut besitzt, in gegenseitigem Genusse und soll von der Ersparung der jährlichen Abnutzung am eheweiblichen Gute in Ermangelung eines Testamentes nach der Ehefrau Tode dem Manne die eine, den Erben der Frau die andere Hälfte zufallen“), dann müsste die Auseinandersetzung des Gesamtguts mit dem Tode des Ehemannes ja bereits in der Weise stattgefunden haben, dass das Gesamtgut in je hälftiges Miteigentum aufgeteilt wurde. Das wäre dann auch nicht so ungewöhnlich. Das DNotI führt im Gutachten vom 1.1.1999, Abruf-Nr. 1458
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…3a32cde982281e8
    zum kroatischen Recht aus: „Allerdings findet eine Auseinandersetzung hinsichtlich des Gesamthandseigentums in Miteigentum nach Bruchteilen statt bei Beendigung der Ehe durch Tod, Todeserklärung oder Scheidung (IPG Freiburg, 1973, S. 197). Es ist daher davon auszugehen, dass das gemeinsame Vermögen mit Beendigung der Ehe geteilt wird (Cigoj/Firsching, Jugoslawisches Familienrecht, 1980, S. 29), wobei keine ideellen Teile, sondern Bruchteile entstehen dürften. Da kroatisches Güterrecht Anwendung findet, steht dem überlebenden Ehegatten also zunächst die Hälfte des Vermögens am ehelichen Gesamtgut als Bruchteilsinhaber zu. Lediglich die andere Hälfte fällt in den Nachlass den im Erbschein benannten Erben, also der Ehefrau und den vier Kindern, zu je 1/5 zu“.

    Um zur noch erforderlichen Auseinandersetzung zu gelangen, müssten die § 1471, 1482 BGB entsprechend anwendbar sein. § 1471 BGB bestimmt, dass sich die Ehegatten nach der Beendigung der Gütergemeinschaft über das Gesamtgut auseinander setzen. § 1482 BGB stellt klar, dass beim Tod eines Ehegatten sein Anteil am Gesamtgut in den Nachlass fällt (falls nicht fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt) und sich die Beerbung des Ehegatten nach den allgemeinen Vorschriften richtet.

    Also müsste es in Bezug auf die versamte Ehe Nürnberger Rechts (sofern die Rechtsfolgen danach aufrecht erhalten wurden) Überleitungsvorschriften bzw. Vorschriften geben, wonach die Bestimmungen über die Gütergemeinschaft Anwendung finden. Ich glaube, da musst Du noch einmal ran.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich habe mal in unserer Bibliothek gestöbert und tatsächlich folgenden Kommentar im hintersten Eck gefunden: "Die Einwirkungen des BGB auf zuvor entstandene Rechtsverhältnisse, Dr. Hermann Habicht, 3. Auflage 1901":

    Sollte der Erblasser nach Einführung des BGB verstorben sein (was hier der Fall ist), gilt grundsätzlich das neue Recht. Ausnahme hiervon sind erbrechtliche Wirkungen eines altrechtlichen Güterstandes (Seiten 718/719).

    Auf Seiten 582/583 wird weiter ausgeführt, das in Bayern eine Günstigerprüfung stattfindet (Bayern ÜG (Übergangsgesetz?), Art. 80, 81, 85, 86. Anzuwenden ist daher das Recht, dass für den überlebenden Ehegatten günstiger ist bzw. wenn dieser sein Wahlrecht wahrnimmt.

    Nur leider hilft mir dies hier nicht weiter, da die Nachlassakte nicht mehr auffindbar ist. Ich kann daher weder in Erfahrung bringen, ob gesetzliche (nach altem Recht oder BGB) oder gewillkürte Erbfolge Anwendung fand.

    Trotzdem Danke für die Überlegungen.

    Schönes Wochenende!

  • ...Sollte der Erblasser nach Einführung des BGB verstorben sein (was hier der Fall ist), gilt grundsätzlich das neue Recht. ....

    Na ja, dann kommst Du aber auf die zunächst gegoltenen Errungenschaftsgemeinschaft.

    Das OLG Frankfurt/Main führt dazu in seinem Beschluss vom 14.09.2020, 21 W 59/20
    https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE200001564
    zum Vergleich mit dem gesetzlichen Güterstand Chinas aus (Hervorhebung durch mich):
    „Damit ist der hier maßgebliche gesetzliche Güterstand des chin. Ehegüterrechts bei Vergleich mit den Güterständen des deutschen Ehegüterrechts in seinen Kernbestandteilen ohne Weiteres dem durch Art. 8 I Nr. 7 GleichberG (G. v. 18.6.1957, BGBl I 609) als altrechtlicher Güterstand aufrecht erhaltenen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gemäß §§ 1519 ff. BGB a. F. vergleichbar. Dieser hatte gemäß §§ 1519 ff. BGB a. F. ebenfalls nur eine dingliche Vergemeinschaftung des ehelichen Erwerbs unter Herausnahme des vorehelichen Erwerbs der Eheleute vorgesehen und wurde bei Beendigung durch Tod eines der beiden Eheleute grundsätzlich durch eine dingliche Vorabausscheidung des Anteils des überlebenden Ehegatten an dem gemeinschaftlichen Vermögen außerhalb der erbrechtlichen Auseinandersetzung des dann noch verbleibenden Nachlasses abgewickelt (vgl. Kipp/Wolff, Familienrecht, 1925, 259 ff:; Erman/Gerstberger, 1952, Anm. 2 vor § 1519 BGB a. F.)“

    Und bei einer dinglichen Vorabausscheidung des Anteils des überlebenden Ehegatten an dem gemeinschaftlichen Vermögen außerhalb der erbrechtlichen Auseinandersetzung würde mE mit dem Tode des Ehemannes je hälftiges Miteigentum entstanden sein. Das dürfte dann auch dem von Dir Zitierten („Anzuwenden ist daher das Recht, dass für den überlebenden Ehegatten günstiger ist bzw. wenn dieser sein Wahlrecht wahrnimmt“ entsprechen.

    Ebenfalls schönes Wochenende !

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Nürnberger Regelung zum Güterrecht noch bis zum Inkrafttreten des BGB fortbestanden haben soll. Schließlich hat Nürnberg 1806 seine Eigenständigkeit aufgegeben. Wie hier ausgeführt ist
    https://www.nuernberg.de/internet/stadt…_nuernberg.html
    wurde 1806 aus der Reichsstadt Nürnberg eine bayerische Stadt und es hörte damit die Eigenstaatlichkeit Nürnbergs auf. Demnach müsste dann das Bayerische Landrecht gegolten haben. Und erst dieses Recht wäre dann in das BGB überführt worden.

    In den hier unter VIII zitierten
    https://www.nuernberg.de/internet/stadt…erzeichnis.html
    Abhandlungen von Heinrich Vocke, „Eheliches Güterrecht in Nürnberg. In: Zeitschrift des Anwaltsvereins in Bayern 17, 1877, S. 321-326, 337-342, 353-357 und 369-386“ und von Otto Schenkl, „Das eheliche Güterrecht im Stadtrecht der freien Reichsstadt Nürnberg“. Erlangen, Jur. Diss. 1950 [Maschinenschrift]. müsste dazu etwas zu finden sein.

    Schließlich handelt es sich sowohl bei der zunächst gegoltenen „allgemeinen“ Gütergemeinschaft nach § 1437 ff. BGB a.F., als auch bei der Errungenschaftsgemeinschaft nach §§ 1519 ff. BGB a.F. (und bei der Fahrnisgemeinschaft nach §§ 1549 ff. BGB a.F) um einen Wahlgüterstand.
    (siehe das hier dargestellte
    http://www.koeblergerhard.de/Fontes/BGBDR18961900.htm
    frühere Recht, Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, RN 3383 und die Abhandlung von Krug, „§ 1371 I BGB - Ist die erbrechtliche Pauschallösung gerecht und zeitgemäß? - - Ein Diskussionsbeitrag“, FPR 2007, 164 ff. unter ee) Altrechtliche Güterstände
    https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath…os=8&hlwords=on

    Diese Wahlgüterstände können mE nicht automatisch an die Stelle eines früheren gesetzlichen Güterstands getreten sein (auch wenn sich dieser Güterstand seiner Art nach als Gütergemeinschaft dargestellt hat). An seine Stelle kann dann ja wohl auch nur der gesetzlicher Güterstand nach BGB getreten sein. Und das war der Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes (§ 1418 a. F. BGB). Dieser Güterstand ist seit dem 1. April 1953 für den deutschen Rechtsbereich weggefallen (siehe Urteil des BGH 4. Zivilsenat vom 14.07.1976, IV ZR 116/75 Rz 17). In Rz 18 führt der BGH aus: „Art. 8 Abschn. I GleichberG enthält lediglich intertemporale Vorschriften über die Überleitung bisheriger BGB-Güterstände. So sieht Nr. 3 Abs. 1 vor, dass vom Inkrafttreten des Gesetzes (1. Juli 1958) an die Vorschriften über den Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelten, wenn die Ehegatten am 31. März 1953 im Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes gelebt haben...“

    Im Übrigen habe ich entweder die oben zitierten Ausführungen des OLG Frankfurt/Main im Beschluss vom 14.09.2020, 21 W 59/20, zur dinglichen Vorabausscheidung des Anteils des überlebenden Ehegatten an dem gemeinschaftlichen Vermögen falsch verstanden oder aber sie können nicht zutreffen, weil die deutsche Errungenschaftsgemeinschaft keine automatische Auseinandersetzung kannte, sondern nach § 1546 BGB a.F auseinanderzusetzen war. Einen Unterschied zur Gütergemeinschaft gab es nicht.

    So, jetzt können mal die bayerischen Kollegen/innen ran..

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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