Haftbefehl § 35 FamFG - Rechtmittelbelehrung!?

  • Hallo Leute,

    ich sitze hier gerade vor einem Schreiben von eines Gerichtsvollziehers und weiß nicht so recht.

    Situation:
    Zwangsgeld wg. mangelnder Mitwirkung im VA festgesetzt, ersatzweise Zwangshaft. Nicht gezahlt, also Haftbefehl fertig gemacht und Verhaftungsauftrag an den GVZ raus.

    Jetzt Monierung vom GVZ: Der Haftbefehl ist nicht vollstreckbar, denn
    a) er enthält nicht die Vorschriften, nach denen der Schuldner verhaftet werden soll und
    b) er enthält keine Rechtsmittelbelehrung.

    Zu a)
    Ja gut, stimmt. War mir ehrlich gesagt nicht bewusst, dass das notwendig wäre, weil die §§ ja im Verhaftungsauftrag stehen. Aber ok, lässt sich im Zweifel ergänzen.

    Zu b)
    :confused:
    Ich finde nirgends etwas, dass der Haftbefehl gesondert anfechtbar wäre, immer nur zum anordnenden Beschluss und die Haftbeschwerde in Strafsachen (die ja hier nicht gilt).

    Was übersehe ich? Wir schicken seit Jahren die Haftbefehle nach dieser Vorlage raus (forumSTAR) und es gab noch nie Probleme damit.
    Bin ich zu blöd oder verwechselt der GVZ was?

    Hilfe!

    Don't blink. Blink and you're dead. They are fast. Faster than you can believe. Don't turn your back. Don't look away. And don't blink. Good Luck. - The Doctor

  • Den von dir geschilderten Problemen gehen wir am Gericht aus dem Weg.

    Die Familienrichter lassen keinen Haftbefehl erstellen, da aufgrund des Zwangshaftbeschlusses die Zwangshaft vollstreckt werden kann und es eines gesonderten Haftbefehles nicht bedarf. Dazu gibt es entsprechende Kommentierung bzw. Aufsätze.

    Eine Anfechtbarkeit des (eigentlich unnötigen) Haftbefehls ist mir nicht bekannt. Unabhängig davon, mag der betreffende Gerichtsvollzieher gern mitteilen, nach welcher Vorschrift eine RMB nötig sei und deren Fehlen angeblich die Vollstreckbarkeit des Haftbefehls hindern würde. Ggf. muss man das im Erinnerungsverfahren klären.

  • Vor Jahren hatte ich mal ein Rechtsmittel gegen einen Haftbefehl und stand vor dem selben Problem. Da ich nichts abschließendes gefunden habe, habe ich getreu dem Motto „Versuch macht klug“ das als SB ausgelegt und zum OLG gegeben (mit der Erwartung, die würden mir das um die Ohren hauen).
    Tatsächlich hat der Senat die SB zurückgewiesen. Entweder die waren genauso ahnungslos wie ich und sind den Weg des geringsten Widerstands gegangen, oder die SB war in der Tat das richtige RM.

  • Der Haftbefehl ist eine Anordnung des Rechtspflegers, die sich an das Vollstreckungsorgan richtet und nicht an den Schuldner. Schon deswegen erscheint es mir absurd, ihn mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.

    Das ist unzutreffend.

    Der Haftbefehl, wenn man ihn für nötig erachtet, wäre durch den Richter zu erlassen (§ 4 Abs. 2 Ziff. 2 RPflG, eine Ausnahme nach dieser Vorschrift liegt nicht vor). Das was du meinst, ist der Auftrag an den Gerichtsvollzieher, den Schuldner zu verhaften.

    Die Rechtsbehelfsbelehrung, sofern man diese für erforderlich hält, hätte in einem Haftbefehl auch ihren Sinn, da eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls dem Schuldner zu übergeben wäre (§ 802g Abs. 2 S. 2 ZPO i. V. m. § 6 Abs. 1 Ziff. 1 JBeitrG).

  • Den von dir geschilderten Problemen gehen wir am Gericht aus dem Weg.

    Die Familienrichter lassen keinen Haftbefehl erstellen, da aufgrund des Zwangshaftbeschlusses die Zwangshaft vollstreckt werden kann und es eines gesonderten Haftbefehles nicht bedarf. Dazu gibt es entsprechende Kommentierung bzw. Aufsätze.

    Eine Anfechtbarkeit des (eigentlich unnötigen) Haftbefehls ist mir nicht bekannt. Unabhängig davon, mag der betreffende Gerichtsvollzieher gern mitteilen, nach welcher Vorschrift eine RMB nötig sei und deren Fehlen angeblich die Vollstreckbarkeit des Haftbefehls hindern würde. Ggf. muss man das im Erinnerungsverfahren klären.

    Hm, das ist dann aber offenbar strittig und ich finde da auch nicht so richtig etwas Stützendes im Gesetz...eher im Gegenteil. Auch der aktuelle Zöller sagt zu § 35 abs. 3 FamFG: "Für den Vollzug der Haft verweist III 3 auf die ZPO: Das Gericht hat einen Haftbefehl entspr § 802g I 2 ZPO zu erlassen, in dem die Beteiligten, insb der Verpflichtete und der Grund der Verhaftung (Bezeichnung als Zwangshaft, Angabe der durchzusetzenden Verpflichtung, s § 802g ZPO Rn 10) anzuführen sind. Die Verhaftung erfolgt gem § 802g II ZPO durch den GV iA des Gerichts."


    Der Haftbefehl, wenn man ihn für nötig erachtet, wäre durch den Richter zu erlassen (§ 4 Abs. 2 Ziff. 2 RPflG, eine Ausnahme nach dieser Vorschrift liegt nicht vor). Das was du meinst, ist der Auftrag an den Gerichtsvollzieher, den Schuldner zu verhaften.

    Die Rechtsbehelfsbelehrung, sofern man diese für erforderlich hält, hätte in einem Haftbefehl auch ihren Sinn, da eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls dem Schuldner zu übergeben wäre (§ 802g Abs. 2 S. 2 ZPO i. V. m. § 6 Abs. 1 Ziff. 1 JBeitrG).


    Jetzt bin ich verwirrt. In diesem Thread war man sich damals einig, dass das hier der Rpfl. darf, weil die Anordnung der Haft gem. § 4 RPflG ja durch den Richter im ZG/ZH-Beschluss erfolgt und der Rpfl. diese Anordnung nur noch umsetzt.

    Das passt m.M. nach auch zu der Ansicht, dass es keines gesonderten Haftbefehls mehr bedarf.


    Da fällt mir auf, dass, wenn § 802G ZPO gilt, das Rechtsmittel der Wahl in der Tat die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO wäre (auch Zöller, zu 802g ZPO).
    Hm.

    Ich fürchte, da muss ich in den sauren Apfel beißen und den HB neu machen...

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    Einmal editiert, zuletzt von Zahira (2. November 2022 um 14:25) aus folgendem Grund: nach Lesen im Kommentar nochmal eine Sache ergänzt

  • Haftbefehl - Richterzuständigkeit!

    So ist es. Rechtspflegerzuständigkeit.

    :wechlach:


    Aber auch die Kommentatur ist sich da offenbar nicht sicher:

    BeckOK zu § 35 FamFG
    "Der Haftbefehl ist ausschließlich vom Richter zu erlassen (§ RPFLG § 4 Abs. RPFLG § 4 Absatz 2 Nr. RPFLG § 4 Absatz 2 Nummer 2 RPflG)."

    Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung zu § 4 RPflG
    "Die Einschränkung der Befugnisse des Rechtspflegers durch Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a stellt klar, dass über die Zulässigkeit und Fortdauer freiheitsentziehender Maßnahmen im Hinblick auf Art. 104 Abs. 2 GG immer ein richterlicher Beschluss vorliegen muss. Deswegen ist für den Antrag eines Gläubigers auf Erlass eines Haftbefehls nach § 901 ZPO funktionell der Richter zuständig. Dagegen ist die Vollstreckung einer Ordnungshaft, die im Rahmen einer Handlungsvollstreckung angeordnet wurde, eine Aufgabe des Rechtspflegers des Prozessgerichts. Diese Aufgabenübertragung steht mit dem GG in Einklang, weil in diesen Fällen Grundlage für die Maßnahme einer Freiheitsentziehung eine vorherige richterliche Entscheidung über die Anordnung von Ordnungshaft ist."
    (letzteres triff auf die hier diskutierte Zwangshaft ja genauso zu).

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  • Den von dir geschilderten Problemen gehen wir am Gericht aus dem Weg.

    Die Familienrichter lassen keinen Haftbefehl erstellen, da aufgrund des Zwangshaftbeschlusses die Zwangshaft vollstreckt werden kann und es eines gesonderten Haftbefehles nicht bedarf. Dazu gibt es entsprechende Kommentierung bzw. Aufsätze.

    Eine Anfechtbarkeit des (eigentlich unnötigen) Haftbefehls ist mir nicht bekannt. Unabhängig davon, mag der betreffende Gerichtsvollzieher gern mitteilen, nach welcher Vorschrift eine RMB nötig sei und deren Fehlen angeblich die Vollstreckbarkeit des Haftbefehls hindern würde. Ggf. muss man das im Erinnerungsverfahren klären.

    Hm, das ist dann aber offenbar strittig und ich finde da auch nicht so richtig etwas Stützendes im Gesetz...eher im Gegenteil. Auch der aktuelle Zöller sagt zu § 35 abs. 3 FamFG: "Für den Vollzug der Haft verweist III 3 auf die ZPO: Das Gericht hat einen Haftbefehl entspr § 802g I 2 ZPO zu erlassen, in dem die Beteiligten, insb der Verpflichtete und der Grund der Verhaftung (Bezeichnung als Zwangshaft, Angabe der durchzusetzenden Verpflichtung, s § 802g ZPO Rn 10) anzuführen sind. Die Verhaftung erfolgt gem § 802g II ZPO durch den GV iA des Gerichts."

    ....

    Hier noch die Fundstelle, nach der es eines gesonderten Haftbefehls nicht bedarf: Cirullies: Zwangsmittel und Haftbefehl – Die Anordnung von Ersatzzwangshaft NJW 2013, 203

  • Hallo Leute,

    ich sitze hier gerade vor einem Schreiben von eines Gerichtsvollziehers und weiß nicht so recht.

    Situation:
    Zwangsgeld wg. mangelnder Mitwirkung im VA festgesetzt, ersatzweise Zwangshaft. Nicht gezahlt, also Haftbefehl fertig gemacht ...

    Aber erfolglos vollstreckt nach vorheriger Mahnung hast du schon, oder? :gruebel: (Jedenfalls hoffe ich, dass der Sachverhalt insoweit lückenhaft ist.) Ansonsten wäre die Vollstreckung der Ersatzzwangshaft unzulässig.

    Und die Nichtbeitreibbarkeit des Zwangsgeldes und die jetzt vorzunehmende Vollstreckung der Ersatzzwangshaft muss auch durch richterlichen Beschluss festgestellt bzw. angeordnet werden, vgl. Cirullies, Zwangsmittel und Haftbefehl – Die Anordnung von Ersatzzwangshaft NJW 2013, 203

  • ... In diesem Thread war man sich damals einig, dass das hier der Rpfl. darf, weil die Anordnung der Haft gem. § 4 RPflG ja durch den Richter im ZG/ZH-Beschluss erfolgt und der Rpfl. diese Anordnung nur noch umsetzt.
    ...

    So ist es. Rechtspflegerzuständigkeit.[/QUOTE]

    So ist es nicht. Viel Spaß dabei, wenn ein renitenter Schuldner Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung stellt.

    Die Lektüre lohnt sich: Keidel/Meyer-Holz, 20. Aufl. 2020, FamFG § 35 Rn. 29

  • Aber erfolglos vollstreckt nach vorheriger Mahnung hast du schon, oder? :gruebel: (Jedenfalls hoffe ich, dass der Sachverhalt insoweit lückenhaft ist.) Ansonsten wäre die Vollstreckung der Ersatzzwangshaft unzulässig.

    Ja, natürlich habe ich vorher schon versucht, zu vollstrecken. Sorry, das hatte ich vorausgesetzt, aber nicht ausdrücklich geschrieben.

    Zitat von Frog

    Und die Nichtbeitreibbarkeit des Zwangsgeldes und die jetzt vorzunehmende Vollstreckung der Ersatzzwangshaft muss auch durch richterlichen Beschluss festgestellt bzw. angeordnet werden, vgl. Cirullies, Zwangsmittel und Haftbefehl – Die Anordnung von Ersatzzwangshaft NJW 2013, 203

    Wtf!? Gut, dass das auf der Fortbildung, auf der ich mal war, mit keinem Wort erwähnt wurde! Aber gut, die hat das Thema Haft sowieso elegant ausgeklammert :cursing:
    Allerdings erkenne ich den Sinn dahinter nicht. Schade, dass er das nur so dahinstellt und nicht begründet.

    Zitat von Frog

    Hier noch die Fundstelle, nach der es eines gesonderten Haftbefehls nicht bedarf: Cirullies: Zwangsmittel und Haftbefehl – Die Anordnung von Ersatzzwangshaft NJW 2013, 203

    Aber spricht er nicht in dem Abschnitt auschließlich über die Zwangsmittel nach § 888 ZPO? Was für mich nach seiner Herleitung von Haftbefehl und -anordnung auch soweit Sinn ergibt, aber aufgrund von § 35 FamFG m.A.n. nicht auf das durch das vom Gericht zu vollstreckende Zwangsgeld übertragbar ist, da für dieses JBeitrG gilt und nicht ZPO (außer bei speziellem Verweis, der aber in § 6 JBeitrG den § 888 ZPO nicht mit erfasst).

    § 35 FamFG ist bei den Ausnahmen in § 4 RpflG nicht genannt. Vom Erlass eines Haftbefehls würde ich auch tunlichst die Finger lassen (BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel, 44. Ed. 1.10.2022, FamFG § 35 Rn. 24).

    Aber mit welcher Begründung? Auch hier wird das einfach so hingestellt und fertig. Ich finde den Gedanken, dass die ANORDNUNG nach § 4 RPflG schon mit den ZG/ZH-Beschluss des Richters erfolgt ist, nämlich eigentlich recht einleuchtend...

    Die Lektüre lohnt sich: Keidel/Meyer-Holz, 20. Aufl. 2020, FamFG § 35 Rn. 29

    Ah...hm...ok, das kann ich zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Ich glaube zwar nicht, dass die Richter das in der Praxis so dediziert prüfen, aber gut, dafür kann ja das Gesetz nichts.
    Aber wenn der Richter das vor Erlass des HB ohnehin prüfen muss, was soll dann noch der extra Beschluss, den Cirulius fordert? Das ist doch dann doppelt gemoppelt.
    Der Richter wird doch nicht die Vollstreckung der Ersatzaft anordnen und dann den HB nicht erlassen. Genauso könnte man argumentieren, dass, wenn der Richter die Nichtbeitreibbarkeit des ZG feststellt und die ZV der ZH anordnet, dass dann doch die Anordnung (§ 4 RpflG) wiederum erfolgt ist und der Rechtspfleger den HB machen könnte.


    Boah, das Thema schafft mich.


    Ich glaube, ich werde es in Zukunft so machen, dass ich nach der Fruchtlosigkeitsbescheinigung vom GVZ die Akte dem Richter vorlege mdB um Feststellung der Nichtbeitreibbarkeit, Anordnung des Vollzuges der Ersatzhaft und Erstellung des HB.

    Dann sollte man wohl auf der absolut sicheren Seite sein.

    Zu meiner Ausgangfrage habe ich inzwischen herausgefunden, dass der HB tatsächlich eine RMB für die sofortige Beschwerde nach ZPO braucht. Da muss forumSTAR dann wohl mal überarbeitet werden...

    Don't blink. Blink and you're dead. They are fast. Faster than you can believe. Don't turn your back. Don't look away. And don't blink. Good Luck. - The Doctor

  • Nach welcher Vorschrift soll denn der Haftbefehl eine RMB enthalten müssen? Hast du dazu Kommentierung gefunden?


  • Ich glaube, ich werde es in Zukunft so machen, dass ich nach der Fruchtlosigkeitsbescheinigung vom GVZ die Akte dem Richter vorlege mdB um Feststellung der Nichtbeitreibbarkeit, Anordnung des Vollzuges der Ersatzhaft und Erstellung des HB.

    Dann sollte man wohl auf der absolut sicheren Seite sein.

    ...

    Nein, der Betroffene muss vor Erlass des Haftbefehls (durch wen auch immer) zum Haftantritt geladen sein. Erst wenn die Frist abgelaufen ist, ohne dass eine Aufnahmemitteilung der JVA vorliegt, kann Haftbefehl erlassen werden.

  • Nein, der Betroffene muss vor Erlass des Haftbefehls (durch wen auch immer) zum Haftantritt geladen sein. Erst wenn die Frist abgelaufen ist, ohne dass eine Aufnahmemitteilung der JVA vorliegt, kann Haftbefehl erlassen werden.

    Nein, der Gerichtsvollzieher wird unmittelbar mit der Verhaftung beauftragt.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Nein, der Betroffene muss vor Erlass des Haftbefehls (durch wen auch immer) zum Haftantritt geladen sein. Erst wenn die Frist abgelaufen ist, ohne dass eine Aufnahmemitteilung der JVA vorliegt, kann Haftbefehl erlassen werden.

    Das geht für die Strafhaft auf die besonderen Regelung der StVollstrO zurück und kann m.E. so nicht auf Ordnungs- und Zwangshaft nach ZPO und FamFG übertragen werden.

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