Einsicht in elektronische Nachlassakte

  • Hallo zusammen,

    soweit ich es überblicke, gibt es noch keinen Thread zu dem Thema. Also sehe ich ja vielleicht Probleme, wo keine sind...

    Unser Nachlassgericht hat kürzlich die E-Akte eingeführt. Unsere Grundakten werden weiterhin in Papierform geführt. Es ist jetzt hier die Frage aufgekommen, wie zukünftig rein praktisch die Akteneinsicht in die Nachlassakten vonstatten gehen soll - in erster Linie ja für Zwecke der Grundbuchberichtigung.

    Schon seit einigen Jahren bekommen wir - Hoch lebe der Datenschutz!- bei letztwilligen Verfügungen nicht mehr automatisch eine beglaubigte Abschrift nebst Eröffnungsprotokoll, sondern nur noch diese Mitteilung wer "Ansprechpartner" ist. Wir mussten also grundsätzlich mindestens einmal die Nachlassakten anfordern.

    Jetzt soll es so laufen, dass die Nachlassabteilung die elektronische Nachlassakte in ein pdf umwandelt, dieses verschlüsselt in einem "Tauschordner" ablegt und das Passwort an uns weitergibt. Aus dem Ordner soll das pdf nach etwa drei Wochen wieder gelöscht werden.

    Jetzt mal abgesehen davon, dass mir dieses System sehr umständlich erscheint, sind auch Bedenken wegen der Form aufgekommen. Es gilt immer noch § 35 Abs. 1 GBO. Die Grundbuchberichtigung aufgrund Einsicht in die elektronische Nachlassakte (über Lesezugriff) wäre ja das eine, aber Berichtigung aufgrund eines davon gefertigten pdf (das ja nie tagesaktuell sein wird)?

    Es würde mich mal interessieren, wie das anderswo gehandhabt wird.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Die Grundbuchrechtspfleger haben Leserechte für die elektronische Nachlassakte (Brandenburg).

    Dito bei dem hiesigen Gericht (NRW).
    Wie sonst soll der Rpfl. im Grundbuchamt den Fortbestand eines Erbscheins oder die Tatsache prüfen,
    ob es noch weitere Testamente gibt (siehe Bindungswirkung oder Aufhebung durch spätere V.v.T.w.).
    Dies war bereits zu Zeiten der Papierakte so und hat sich durch die Einführung der eAkte nicht geändert.


    Ein temporärer Ordner mit PDF-Dateien ist kein Ersatz dafür,
    da er nur den Verfahrensstand z.Ztp. der Erstellung des PDF wiedergibt.
    Wenn die Erben sich zwei Jahre Zeit lassen -was sie dürfen- ist der Ordnerinhalt längst überholt oder gelöscht.

    Im Übrigen muss ich die Erben kennen, um ein Berichtigungs-Verfahren nach § 82 GBO einzuleiten.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

    2 Mal editiert, zuletzt von Spaltenmuckel (27. September 2024 um 10:21)


  • Wenn die Erben sich zwei Jahre Zeit lassen -was sie dürfen- ist der Ordnerinhalt längst überholt oder gelöscht.

    Und wenn die Erben sich vierzig Jahre Zeit lassen (oder erst dann die vergessene Ackerparzelle im Nachbardorf auftaucht) läßt sich nichts mehr machen, weil die Löschroutine alles schon gelöscht hat. :daemlich

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Wie heißt es so schön im Eingangsposting:

    Schon seit einigen Jahren bekommen wir - Hoch lebe der Datenschutz!- bei letztwilligen Verfügungen nicht mehr automatisch eine beglaubigte Abschrift nebst Eröffnungsprotokoll, sondern nur noch diese Mitteilung wer "Ansprechpartner" ist.

    Und das lasst Ihr Euch gefallen?

    § 83 GBO ist Bundesrecht.

  • Alle Behörden leisten sich nach Art. 35 Abs. 1 GG gegenseitig Amts- und Rechtshilfe;
    dies gilt auch im Verhältnis von Nachlassgericht und Grundbuchamt.
    Datenschutzbestimmungen können diese (durch die Verfassung gesetzte) Verpflichtung nicht aushebeln
    - auch wenn dies gerne mal versucht wird.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • also hier in MV ist es so, dass wir keine Einsicht in die e-Akte nehmen können. Dies ist auch schwierig da wir so programmiert sind, dass man mehrere Zugänge bräuchte (Haupt- und Zweigstelle gesondert). Bisher ist das wohl nicht weiter problematisch gewesen (Grundbuch ist bei uns auch noch Papier, Nachlass sein einigen Monat e-Akte). Intern hatten wir das bereits besprochen, dass auch ne zip-Datei kein Ersatz ist, weil ja der Stand vom Erstellungszeitpunkt ist und nachfolgende Änderungen nicht sichtbar sind. Wenn also die Umschreibung nicht gerade 2 - 3 Tage später erfolgt (und selbst das wäre schon sehr strittig), halten das hier wohl alle für nicht möglich. Die Nachlassabteilung hat auch mitgeteilt, dass sie uns keine Ausfertigungen schicken dürfen. Uns wird wohl - nach derzeitigem Stand - nichts anderes übrig bleiben, als die Antragsteller um Übersendung einer Ausfertigung zu bitten und darauf hinzuweisen, dass die Einsicht aufgrund der fehlenden Einsichtsrechte hier nicht möglich sind. Gemeldet wurde das Problem der Leitung, ist aber nichts passiert. Für mich stellt sich das Problem - Gott sei dank - nicht so, dass ich in meiner Zweigstelle einen Zugang für die Nachlassabteilung habe und meine Grundbuchgebiete sich vorrangig in diesem Bereich bewegen. Natürlich gebe ich dann einigen Kollegen auch die Möglichkeit. Wir werden sehen, wie sich das hier weiter gestaltet...

  • Alle Behörden leisten sich nach Art. 35 Abs. 1 GG gegenseitig Amts- und Rechtshilfe;
    dies gilt auch im Verhältnis von Nachlassgericht und Grundbuchamt.
    Datenschutzbestimmungen können diese (durch die Verfassung gesetzte) Verpflichtung nicht aushebeln
    - auch wenn dies gerne mal versucht wird.

    Das hat mit Amts- und Rechtshilfe gar nichts zu tun. Das NachlG ist nach § 83 GBO entsprechend gesetzlich verpflichtet.

  • also hier in MV ist es so, dass wir keine Einsicht in die e-Akte nehmen können. Dies ist auch schwierig da wir so programmiert sind, dass man mehrere Zugänge bräuchte (Haupt- und Zweigstelle gesondert). Bisher ist das wohl nicht weiter problematisch gewesen (Grundbuch ist bei uns auch noch Papier, Nachlass sein einigen Monat e-Akte). Intern hatten wir das bereits besprochen, dass auch ne zip-Datei kein Ersatz ist, weil ja der Stand vom Erstellungszeitpunkt ist und nachfolgende Änderungen nicht sichtbar sind. Wenn also die Umschreibung nicht gerade 2 - 3 Tage später erfolgt (und selbst das wäre schon sehr strittig), halten das hier wohl alle für nicht möglich. Die Nachlassabteilung hat auch mitgeteilt, dass sie uns keine Ausfertigungen schicken dürfen. Uns wird wohl - nach derzeitigem Stand - nichts anderes übrig bleiben, als die Antragsteller um Übersendung einer Ausfertigung zu bitten und darauf hinzuweisen, dass die Einsicht aufgrund der fehlenden Einsichtsrechte hier nicht möglich sind. Gemeldet wurde das Problem der Leitung, ist aber nichts passiert. Für mich stellt sich das Problem - Gott sei dank - nicht so, dass ich in meiner Zweigstelle einen Zugang für die Nachlassabteilung habe und meine Grundbuchgebiete sich vorrangig in diesem Bereich bewegen. Natürlich gebe ich dann einigen Kollegen auch die Möglichkeit. Wir werden sehen, wie sich das hier weiter gestaltet...

    Was soll das heißen, das Nachlassgericht dürfe keine Ausfertigungen übersenden? Was übersandt wird, hat dem Rechtspfleger des Nachlassgerichts niemand vorzuschreiben und wenn er verfügt, dass eine Ausfertigung übersandt wird, dann ist das so.

    Ist denn die ganze Welt verrückt geworden? - So sie es nicht schon ist ...

  • Wie heißt es so schön im Eingangsposting:

    Schon seit einigen Jahren bekommen wir - Hoch lebe der Datenschutz!- bei letztwilligen Verfügungen nicht mehr automatisch eine beglaubigte Abschrift nebst Eröffnungsprotokoll, sondern nur noch diese Mitteilung wer "Ansprechpartner" ist.

    Und das lasst Ihr Euch gefallen?

    Steht denn irgendwo konkret, dass das Nachlassgericht dem GBA eine beglaubigte Abschrift der letzwilligen Verfügung nebst Eröffnungsprotokoll übersenden muss? Das ist mir nicht bekannt.

  • Alle Behörden leisten sich nach Art. 35 Abs. 1 GG gegenseitig Amts- und Rechtshilfe;
    dies gilt auch im Verhältnis von Nachlassgericht und Grundbuchamt.
    Datenschutzbestimmungen können diese (durch die Verfassung gesetzte) Verpflichtung nicht aushebeln
    - auch wenn dies gerne mal versucht wird.

    Das hat mit Amts- und Rechtshilfe gar nichts zu tun. Das NachlG ist nach § 83 GBO entsprechend gesetzlich verpflichtet.


    Werter Cromwell, hier der Wortlaut der Vorschrift:

    "Das Nachlaßgericht, das einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis erteilt oder sonst die Erben ermittelt hat, soll, wenn ihm bekannt ist, daß zu dem Nachlaß ein Grundstück gehört, dem zuständigen Grundbuchamt von dem Erbfall und den Erben Mitteilung machen. Wird ein Testament oder ein Erbvertrag eröffnet, so soll das Gericht, wenn ihm bekannt ist, daß zu dem Nachlaß ein Grundstück gehört, dem zuständigen Grundbuchamt von dem Erbfall Mitteilung machen ..."

    Da lese ich nichts von "und das Testament / den Erbschein übersenden".

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Dass das dort nicht explizit steht, weiß ich auch.

    Gleichwohl ist es sinnfrei, dem Grundbuchamt irgendwelche Mitteilungen oder Unterlagen zukommen zu lassen, die dann nicht zur Grundbuchberichtigung geeignet sind.

    In Bayern ist es daher seit jeher üblich, im Anwendungsbereich des § 83 GBO auch die betreffenden Unterlagen zu übersenden (Erbscheinsausfertigung bzw. notarielles Testament nebst Eröffnungsprotokoll). Aber vielleicht liegt das auch am Grundsatz der amtlichen Erbenermittlung, in dessen Rahmen des BayAGGVG auch ausdrücklich vorsieht, dass das NachlG im Zuge der Aufnahme des Erbscheinsantrags auch den Grundbuchberichtigungsantrag entgegennehmen und ihn an das GBA weiterleiten soll.

    Sinnvoll ist das allemal, was ja auch der vorliegende Thread bestätigt. Man macht es den Leuten und sich selbst unnötig schwer. Wenn das, was früher problemlos funktioniert hat, nun auf einmal nicht mehr funktionieren soll, weil nunmehr der "Fortschritt" der elektronischen Akte über uns kommt, dann ist etwas faul im Staate Dänemark. Richtig ist allerdings, dass wir derlei Unsinn auch schon beim maschinellen Grundbuch diskutiert haben, wo man dann die Erbscheinsausfertigungen vernichtet, weil es keine Akte mehr gibt, wo man sie aufbewahren könnte (oder man sie sogar bereits vernichtet, obwohl die Grundbuchberichtigung aufgrund dieses Erbscheins noch gar nicht erfolgt ist).

  • Man macht es den Leuten und sich selbst unnötig schwer. Wenn das, was früher problemlos funktioniert hat, nun auf einmal nicht mehr funktionieren soll, weil nunmehr der "Fortschritt" der elektronischen Akte über uns kommt, dann ist etwas faul im Staate Dänemark.

    Mit der elektronischen Akte hat es nichts zu tun, dass manche Nachlassgerichte nur d. Erben mitteilen.
    Nach Einführung der elektronischen Akte wird es für das Grundbuchamt eher einfacher, an die benötigten Unterlagen zu gelangen, vorausgesetzt es erhält die notwendigen Leserechte für die Nachlassakten.

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