Ergänzungspflegschaft Schenkung Hausgrundstück

  • In einem Brief der Eltern zweier minderjährigen Kinder wird mir als Familiengericht mitgeteilt:

    Großvater ist Alleineigentümer eines unbelasteten Hausgrundstücks und möchte dieses an seine beiden minderjährigen Enkel -je zur Hälfte- verschenken. Für den Großvater soll ein lebenslanger Nießbrauch eingetragen werden.

    Großmutter (Ehefrau des Großvaters) ist Alleineigentümerin eines unbelasteten Hausgrundstücks und möchte dieses an ihre beiden minderjährigen Enkel (die gleichen wie oben) -je zur Hälfte- verschenken.

    Die Eltern regen die Bestellung eines Ergänzungspflegers für den Enkel A und die Bestellung eines Ergänzungspflegers für den Enkel B an und benennen die Ergänzungspfleger namentlich (zwei Steuerberater aus einer gemeinsamen Sozietät).

    Von meiner Geschäftsstelle wurden mir zwei Verfahren "Familiengerichtliche Genehmigung - Einzelpflegschaft" angelegt.

    1) Sind das wirklich zwei Verfahren oder müsste man dies nicht ein einem Verfahren bearbeiten?

    2) Falls in einem Verfahren zu bearbeiten: Sind die beiden Pfleger in einem Beschluss zu bestellen?

    Meines Erachtens ist die Bestellung eins Pflegers ausreichend, das der Pfleger jeweils nur auf der Seite des einzelnen Kindes handelt und die Kinder keine Rechtsgeschäfte untereinander schließen?

    3) Seht ihr das auch so?

  • 1) Aufgrund des Sachzusammenhangs sollte ein Verfahren genügen.

    2) Die Frage verstehe ich nicht wirklich. Welche Relevanz sollte es haben, ob mehrere Pfleger in einem oder zwei Beschlüssen bestellt werden?

    In der vorliegenden Konstellation scheint mir ein Ergänzungspfleger ausreichend zu sein, aus dem von dir genannten Grund.

    3) ja

  • Wenn die Kinder noch nicht 14 Jahre alt sind, müsste auch noch ein Ergänzungspfleger für die Wahrnehmung ihrer Rechte im Genehmigungsverfahren bestellt werden.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Wenn die Kinder noch nicht 14 Jahre alt sind, müsste auch noch ein Ergänzungspfleger für die Wahrnehmung ihrer Rechte im Genehmigungsverfahren bestellt werden.

    Das halte ich für unzutreffend, siehe Rn. 7 in BGH, Beschluss vom 3. April 2019 - XII ZB 359/17.

    Hinsichtlich des ohnehin zu bestellenden Ergänzungspflegers ist ein Fall des § 1795 BGB oder § 1796 BGB bei diesem nicht ersichtlich. Er kann daher die Kinder auch im Genehmigungsverfahren vertreten. Es bedarf keines weiteren Ergänzungspflegers.

  • Wenn die Kinder noch nicht 14 Jahre alt sind, müsste auch noch ein Ergänzungspfleger für die Wahrnehmung ihrer Rechte im Genehmigungsverfahren bestellt werden.

    Das halte ich für unzutreffend, siehe Rn. 7 in BGH, Beschluss vom 3. April 2019 - XII ZB 359/17.

    Hinsichtlich des ohnehin zu bestellenden Ergänzungspflegers ist ein Fall des § 1795 BGB oder § 1796 BGB bei diesem nicht ersichtlich. Er kann daher die Kinder auch im Genehmigungsverfahren vertreten. Es bedarf keines weiteren Ergänzungspflegers.

    Das sehe ich anders. Es kommt nicht auf die etwaige Verhinderung des Ergänzungspflegers an, sondern auf diejenige der Eltern. Sind diese jedoch, wie hier, gemäß § 1795 BGB von der Vertretung hinsichtlich des Rechtsgeschäfts ausgeschlossen, trifft dies auch auf die Wahrnehmung der Rechte im Genehmigungsverfahren zu (ebenso BGH an der von Dir zitierten Stelle sowie im Leitsatz b)).

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Ob es sich zutreffenderweise nur um ein oder um mehrere Verfahren handelt, ist gebührenrechtlich wohl durchaus von Bedeutung.

    Abgesehen von den begründeten Bedenken gegen den unterbreiteten Pflegervorschlag: Wenn eine - in solche Fällen durchaus übliche - Regelung nach § 1010 BGB getroffen wird, bedarf es natürlich zweier Ergänzungspfleger.

  • Ob es sich zutreffenderweise nur um ein oder um mehrere Verfahren handelt, ist gebührenrechtlich wohl durchaus von Bedeutung.

    Abgesehen von den begründeten Bedenken gegen den unterbreiteten Pflegervorschlag: Wenn eine - in solche Fällen durchaus übliche - Regelung nach § 1010 BGB getroffen wird, bedarf es natürlich zweier Ergänzungspfleger.

    Da es sich nur um ein Verfahren handelt: Sind die beiden Pflegerbestellungen auch in einem Beschluss vorzunehmen und sind hierfür zwei Beschlüsse erforderlich? Oder hängt dies davon ab, ob ein oder zwei Pfleger benötigt werden?

  • Kurze Zwischenfrage: Die Eltern der Kinder sind miteinander verheiratet? Wenn nein, dann ist nach neuerer Auffassung nur der Elternteil, der mit den Großeltern verwandt ist, von der Vertretung ausgeschlossen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ob es sich zutreffenderweise nur um ein oder um mehrere Verfahren handelt, ist gebührenrechtlich wohl durchaus von Bedeutung.

    Abgesehen von den begründeten Bedenken gegen den unterbreiteten Pflegervorschlag: Wenn eine - in solche Fällen durchaus übliche - Regelung nach § 1010 BGB getroffen wird, bedarf es natürlich zweier Ergänzungspfleger.

    Da es sich nur um ein Verfahren handelt: Sind die beiden Pflegerbestellungen auch in einem Beschluss vorzunehmen und sind hierfür zwei Beschlüsse erforderlich? Oder hängt dies davon ab, ob ein oder zwei Pfleger benötigt werden?

    Es handelt sich um ein einziges Pflegschaftsverfahren für zwei Kinder, die gleichermaßen an zwei Rechtsgeschäften beteiligt sind. Also wird in einem einzigen Beschluss nur ein Pfleger für beide Kinder oder es werden für beide Kinder in einem einzigen Beschluss zwei Pfleger bestellt (je nachdem, ob man einen oder zwei Pfleger braucht). Ein Erfordernis zum Erlass zweier Beschlüsse - für jedes Kind ein eigener - sehe ich nicht.

  • Wenn nein, dann ist nach neuerer Auffassung nur der Elternteil, der mit den Großeltern verwandt ist, von der Vertretung ausgeschlossen.

    Diese neuere Auffassung täte mich - im Hinblick auf das Gesamtvertretungsrecht bei Eltern - interessieren.

    z.B. OLG Köln 16.09.2022 - 2 Wx 171/22 im Anschluss an BGH 24.03.2021, XII ZB 364/19

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Wenn die Kinder noch nicht 14 Jahre alt sind, müsste auch noch ein Ergänzungspfleger für die Wahrnehmung ihrer Rechte im Genehmigungsverfahren bestellt werden.

    Das halte ich für unzutreffend, siehe Rn. 7 in BGH, Beschluss vom 3. April 2019 - XII ZB 359/17.

    Hinsichtlich des ohnehin zu bestellenden Ergänzungspflegers ist ein Fall des § 1795 BGB oder § 1796 BGB bei diesem nicht ersichtlich. Er kann daher die Kinder auch im Genehmigungsverfahren vertreten. Es bedarf keines weiteren Ergänzungspflegers.

    Das sehe ich anders. Es kommt nicht auf die etwaige Verhinderung des Ergänzungspflegers an, sondern auf diejenige der Eltern. Sind diese jedoch, wie hier, gemäß § 1795 BGB von der Vertretung hinsichtlich des Rechtsgeschäfts ausgeschlossen, trifft dies auch auf die Wahrnehmung der Rechte im Genehmigungsverfahren zu (ebenso BGH an der von Dir zitierten Stelle sowie im Leitsatz b)).

    Vertritt noch jemand die Ansicht, dass es neben den zwei Ergänzungspflegern hier zusätzlich der Bestellung eines weiteren Ergänzungspflegers für die Wahrnehmung der Rechte der Kinder im Genehmigungsverfahren bedarf?

  • Mir liegt nun der Entwurf des Schenkungsvertrages vor. Es sind die genannten Schenkungen, die Bestellung je eines Nießbrauchs für den Großvater und die Großmutter und eine Rückauflassungsvormerkung jeweils für den Großvater und die Großmutter. Es ist also ein Pfleger ausreichend.

    Beantragt ist aber auch eine familiengerichtliche Genehmigung, die meines Erachtens vorliegend nicht erforderlich ist.

    Wie seht ihr das?

  • Im Schenkunsgsvertrag findet sich hierzu folgendes:

    "Aufwendungen aus dem Vermögen des Rückübertragungsverpflichteten werden - maximal jedoch bis zur Höhe der noch vorhandenen Zeitwerterhöhung - gegen Vorlage der entsprechenden Rechnungen erstattet bzw. durch Schuldübernahme abgegolten, soweit sie nicht lediglich der Erhaltung des Anwesens im derzeitigen Zustand, sondern dessen Verbesserung oder Erweiterung gedient haben und mit schriftlicher Zustimmung des Berechtigten oder seines Vertreters durchgeführt wurden. Im Übrigen erfolgt die Rückübertragung unentgeltlich, also insbesondere ohne Ausgleich für geleistete Dienste, wiederkehrende Leistungen, Tilgungen, geleistete Zinsen, Arbeitsleistungen oder die gezogenen Nutzungen. Hilfsweise gelten die gesetzlichen Bestimmungen zum Rücktrittsrecht."

    Eine Beschränkung der Haftung des Minderjährigen auf das ihm unentgeltlich Zugewandte sehe ich hierin nicht. Oder verstehe ich das falsch?

  • Ich verstehe den Passus "...maximal jedoch bis zur Höhe der noch vorhandenen Zeitwerterhöhung..." in der Schenkungsurkunde nicht. ist das jetzt eine Beschränkung der Haftung des Minderjährigen auf das Ererbte?

    Nein, umgekehrt. Es geht hier darum, dass der Beschenkte (vermutlich: nach Eintritt der Voljährigkeit) aus seinem eigenen Vermögen Aufwendungen in das geschenkte Objekt vornimmt (neues Dach, Anbau, Balkon, behindertengerechter Umbau, neue Heizung, usw.). Hierfür bekommt er, wenn das Rückforderungsrecht ausgeübt wird, nur dann Ersatz, wenn der Zeitwert des Objekts noch erhöht ist, d.h. wenn und soweit der Wert jetzt immer noch höher ist als vor Vornahme der Aufwendungen.

    Beispiel:

    Wert Haus bei Schenkung € 100.000

    Neue Heizung, neues Bad € 50.000 Kosten, gezahlt durch Beschenkten

    Wert Haus bei Rückforderung € 200.000

    Wert Haus bei Rückforderung, wenn Heizung und Bad nicht erneuert worden wären: € 160.000

    Ergebnis: Der Beschenkte bekommt nicht € 50.000, sondern nur € 40.000 erstattet.

    Das ist eine Standardklausel in Übergabeverträgen, auch und gerade mit volljährigen Erwerbern, die mit der Beschränkung der Erbenhaftung nichts zu tun hat.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!