Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der ViKo pp.

  • Ich habe hier den Gesetzentwurf s.o. auf dem Tisch.

    Demnach soll auch die RAST und BerH im Wege der ViKo gemacht werden.

    Gibt es da schon Meinungen zu ?

    Ich sehe den Vorteil, dass man nicht mehr jeden im Büro hat, was bei Pandemie usw. vielleicht nicht schlecht ist und es gibt auch keine Übergriffe mehr. Außerdem kann ich das Gespräch sehr einfach beenden.

    Als Nachteil sehe ich, dass künftig jeder mal bei Gericht "anruft" um sofort jeden Punkt geklärt haben zu wollen. Das wird zu einer massiven Arbeitsbelastung führen.

    Weitere Meinungen ?

  • Bei der unmittelbaren Beantragung von Beratungshilfe legen die Antragsteller die Belege auf den Tisch und der Rechtspfleger prüft dann, ob die Voraussetzungen vorliegen. Per Video wird das wohl etwas umständlicher. Da müsste der Antragsteller ja alles einzeln in die Kamera halten.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Bei der unmittelbaren Beantragung von Beratungshilfe legen die Antragsteller die Belege auf den Tisch und der Rechtspfleger prüft dann, ob die Voraussetzungen vorliegen. Per Video wird das wohl etwas umständlicher. Da müsste der Antragsteller ja alles einzeln in die Kamera halten.

    Und nicht nur das.

    Er versichert die Richtigkeit der Angaben, ggf. im Rahmen der e.V. Wie soll das ohne Unterschrift gehen?

    Von der Legitimation mittels BPA einmal abgesehen.

    Weiß ich, ob der Ausweis echt ist?

    Und mal ehrlich, wenn ich einen 12-seitigen SGB-II-Bescheid prüfe reicht es mir in der Regel nicht, grob und kurz draufzugucken.

    Weiterhin besteht bei uns die RASt auch aus der Aufnahme von Anträgen im Rahmen der einstw. Anordnung. Dort werden die Angaben auch immer an Eides statt versichert.

    Fotos und andere Nachweise können dann ja auch nicht zum Vorgang genommen werden, zumal eine Speicherung ja gerade nicht erfolgen soll.

    Aus meiner Sicht also nicht praxistauglich.

    Meine Stellungnahme ist schon abgesandt...

  • Ein großes Problem sehe ich beim Thema Eigenschutz:

    Sobald irgendwelche Videokonferenzen stattfinden, können Ton und Video aufgezeichnet werden. Ich habe keine Lust, daß Aufzeichnungen meiner Gespräche in der RAST dann in der Gegend kursieren. Damit ist das Thema RAST eigentlich tot, denn sämtliche Äußerungen zur Sache könnten einem als unzulässige Rechtsberatung oder sonstwas ausgelegt werden.

    Dann schreibe ich nur noch auf, was mir erzählt wird...

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Fotos und andere Nachweise können dann ja auch nicht zum Vorgang genommen werden, zumal eine Speicherung ja gerade nicht erfolgen soll.

    Das ist noch das geringste Problem. Das kann man ja alles noch nachreichen.

    Die anderen genannten Aspekte sprechen meiner Meinung nach aber sehr stark gegen diese Idee.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Das ist noch das geringste Problem. Das kann man ja alles noch nachreichen.

    Naja, beim Antrag auf einstweilige Anordnung nach Gewaltschutz ist ja das Ziel, ohne weitere Zeitverzögerung einen entsprechenden Beschluss zu bekommen, so dass ein Zuwarten auf nachgereichte Dokumente eher semioptimal ist.

    Bei schwerwiegenden Vorfällen, haben das die Richter bei uns auch schon entschieden, bevor Behandlungsberichte vom Arzt oder ähnliches noch nachgereicht waren.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Ja, gibt es:

    Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten
    Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten
    www.bmj.de
  • Mir gefällt insbesondere nicht, dass ich das Protokoll digital zur Durchsicht vorlegen soll und dann die mündliche Zustimmung protokollieren muss, die ganze Nummer also ohne Unterschrift des Antragstellers abgeht.

    Gerade bei typischem Rechtsantragstellenpublikum habe ich die Erfahrung gemacht, dass falls der Prozess in die Hose geht, der Rechtspfleger schuld ist, weil der nicht ordentlich protokolliert hat. Bisher konnte ich auf die Unterschrift unter dem Protokoll und meine Belehrungen bzgl. der nicht erfolgten Rechtsberatung verweisen, die der Antragsteller unterschrieben hat.

    Künftig werden dann solche Diskussionen aufkommen, dass man diese Fassung des Dokuments nicht genehmigt hat und der Bestätigungsvermerk falsch ist.

    Wenn man so etwas schon machen muss, dann bitte mit einer auf die Justiz angepassten Software, die eine digitale Signatur (z.B. mit dem neuen Personalausweis) ermöglicht und eine einfache Dateiversendung für Anlagen und Protokollentwürfe zwischen den Konferenzteilnehmern ermöglicht.

    Was gar nicht ginge, ist eine Software, bei der nur über Bildschirm Teilen oder "in die Kamera halten von Dokumenten" gearbeitet wird.

    Weiter müsste der Stream so verschlüsselt sein, dass eine Aufzeichnung nicht möglich ist (wie z.B. bei Video on Demand Plattformen).

    Da ich Zweifel habe, dass hier eine bedarfsgerechte Softwarelösung entwickelt wird, stehe ich der Sache sehr skeptisch gegenüber.

  • Da bin ich ziemlich deiner Meinung und sehe genau die Problematik, dass wir im Zweifel selbstverständlich falsch protokolliert haben.

  • Alternativ müssten Mitschnitte der jeweiligen ViKo mit der RAST gefertigt und in geordneter Weise so aufbewahrt werden, dass es im Streitfall zu Beweiszwecken zur Verfügung steht. Dann könnte anhand des Videos geklärt werden, ob das Protokoll so wie vorliegend genehmigt wurde.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Und ich denke, wenn man es wie in #10 vorgeschlagen umsetzt, findet es bei Naturparteien keinen Anklang.

    Insbesondere das Beratungshilfepublikum würde das Angebot wohl nur annehmen, wenn man einfach kurz per Smartphone Facetime mit dem Gericht machen kann, seinen SGB II Bescheid grob in Richtung der Kamera hält und direkt den Berechtigungsschein zugeschickt bekommt.

    Eine für uns rechtssichere und auf den Gerichtsalltag zugeschnittene Lösung wird ähnlich wie das DE-Mail Postfach ein Nischendasein fristen.

    Hallunke , es steht aber im Gesetz, dass eine Aufzeichnung gerade nicht stattfinden darf. Das gilt soweit ich weiß auch bei Verhandlungen nach § 128a ZPO. Selbst wenn man dies ändern wollte, dürfte das zumindest am Datenschutz scheitern.

    Um es klar zu sagen: Bei professionellen Beteiligten wie Rechtsanwälten o.ä. habe ich nichts gegen Videoverhandlungen. Nur bei Naturparteien sehe ich Probleme.

  • Wenn man eine rechtssichere, technisch ausgefeilte, mit BPA-Idenfitizierung arbeitende, und im Ergebnis vollkommen unbenutzbare Lösung haben will, kann man ja bei der BNotK anfragen, ob man eine OEM-Version der Onliebeurkundungen zur GmbH-Gründung haben kann. Nur € 118,00 pro Monat und User.

    :teufel:

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Corypheus

    § 128a ZPO bezieht sich auf Sitzungen des Gerichts. Die Aufnahme von Anträgen in der RAST ist keine Sitzung im Sinne des § 128a ZPO. § 128a findet auf die RAST keine Anwendung. Das dort normierte Verbot greift daher hier nicht. Da bleibt die gesetzliche Regelung abzuwarten. Allerdings ist in § 129a RefE ein solches Verbot vorgesehen.

    Ich sehe aber nicht, warum es am Datenschutz scheitern sollte, da die Aufzeichnung zweckgebunden erfolgt.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

    2 Mal editiert, zuletzt von Hallunke (7. Dezember 2022 um 12:04)

  • Wenn man eine rechtssichere, technisch ausgefeilte, mit BPA-Idenfitizierung arbeitende, und im Ergebnis vollkommen unbenutzbare Lösung haben will, kann man ja bei der BNotK anfragen, ob man eine OEM-Version der Onliebeurkundungen zur GmbH-Gründung haben kann. Nur € 118,00 pro Monat und User.

    :teufel:

    Naja, da der Erfüllungsaufwand bei einmalig 176.600 € für die Anschaffung und 114.790 € jährlich für den Betrieb betragen soll (Seite 3 des Referentenentwurfs), wird es das wohl nicht werden.

    Gilt der Betrag für jedes Gericht in Deutschland oder bekommt jedes Gericht in Deutschland einen Flux-Kondensator?

    Wer kommt eigentlich immer auf diese Beträge?

  • Zitat

    § 129a wird wie folgt geändert:
    a) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:
    „(2) Die Abgabe von Anträgen und Erklärungen nach Absatz 1 kann auch per Bild- und Tonübertragung erfolgen. Hierfür werden die Vorgänge zeitgleich in Bild und Ton an diejenigen Orte übertragen, an denen sich die erklärende Person und der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle aufhalten. Die Übertragung wird nicht aufgezeichnet. § 162 Absatz 1 Satz 1 und 3 gilt entsprechend.“
    b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3.

    Im derzeitigen Entwurf ist die Aufzeichnung, wie auch bei der normalen Zivilverhandlung, ausgeschlossen. Und was den Datenschutz angeht: Soweit ich weiß (bin kein DSGVO Experte) gilt der Grundsatz der Datensparsamkeit. Die pauschale Aufzeichnung sämtlicher RaSt Termine für den Fall eines eventuell drohenden Rechtsstreits erscheint mir da kritisch.

    Was den veranschlagten Erfüllungsaufwand angeht: Der erscheint mir verdächtig gering... Steht zu befürchten, dass die irgendeine Billiglösung planen.

  • "Ob sich ein konkretes Anliegen für die Bearbeitung per Bild- und Tonübertragung eignet, liegt im Entscheidungsermessen der Urkundsbeamtin oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. In besonders komplexen oder beratungsintensiven Fällen kann die Urkundsbeamtin oder der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle weiterhin auf die Notwendigkeit einer persönlichen Vorsprache im Gericht verweisen." RefE, S. 24.

    Das dürfte kaum praktikabel sein und zu endlosen Diskussionen führen.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Wenn das eine Ermessensentscheidung ist, müsste ja überprüfbar sein, ob ich mein Ermessen korrekt ausgeübt habe. Daher müsste ich konsequenterweise in einem gesonderten AR-Verfahren eine rechtsmittelfähige Entscheidung treffen, oder?

    Das wäre an Absurdität kaum zu überbieten.

  • Ich wurde vom Chef gebeten, zum Referentenentwurf Stellung zu nehmen.

    Ich füge das der Einfachheit halber hier mal ein und bedanke mich vorab für die Anregungen aus diesem Thread, das war hilfreich.

    Grundsätzlich begrüße ich die Option, verschiedene Protokollierungen zukünftig über eine Bild- und Tonübertragung vornehmen zu können.

    Mir fehlt allerdings in § 129 a Abs. 2 ZPO Ref-Entw der Zusatz „[kann] in geeigneten Fällen […]“.

    Es muss gerade bei umfangreichen Antragsaufnahmen oder solchen, die eine Vorlage von verschiedenen oder einer hohen Anzahl von Dokumenten erfordern möglich sein, auf einer mündlichen Vorsprache zu bestehen.


    Es könnte zu Problemen in folgenden Bereichen kommen:


    Versicherung an Eides statt

    Eine solche ist nach dem Referentenentwurf zumindest nicht per Bild- und Tonübertragung möglich.

    Beispielsweise nach § 4 Abs 4 BerHG kann das Gericht die Versicherung an Eides statt aber zur Glaubhaftmachung verlangen.

    Davon wird in der Praxis regelmäßig Gebrauch gemacht.

    Selbst bei der Antragstellung amtlicher Bescheide über den Bezug von Leistungen (etwa SGB II) ist eine solche Versicherung an Eides statt m.E. notwendig, alleine schon wegen einem möglichen Sparguthaben, für das nach dem SGB II andere Schongrenzen gelten als im für das Beratungshilfeverfahren maßgeblichen SGB XII.

    Möglich wäre evtl. die Unterschrift der Antragstellenden dadurch zu ersetzen, dass diese eine eindeutige Identifikation („Signatur“) mittels Personalausweis mit NFC-Chip abgeben.

    Eine Vielzahl moderner Mobilfunkgeräte bietet die Möglichkeit an, den NFC-Chip auszulesen, so dass hierfür in den meisten Fällen nicht mal der Erwerb zusätzlicher, teurer Hardware notwendig wäre.


    Vorlage von Belegen

    Insbesondere bei Privatpersonen wird die Vorlage von Belegen im Regelfall nur durch das Präsentieren in die Kamera möglich sein.

    Dabei ist dann wahrscheinlich nur ein kurzfristiger Blick in das jeweilige Dokument möglich, was der Prüfungspflicht m.E. nicht gerecht wird.

    Beispielsweise sind SGB II Bescheide grundsätzlich mehrseitig, gelegentlich weisen sie sogar zweistellige Seitenzahlen auf.

    Auch ist eine Prüfung der Echtheit der gezeigten Dokumenten kaum möglich.

    In jedem Fall wird die Prüfung mehr Zeit in Anspruch nehmen, da Dokumente (bzw. Seiten von Dokumenten) nur einzeln in die Kamera gehalten werden können.


    Fehlende Unterschrift der Antragsteller:Innen, stattdessen Vermerk des UdG im Protokoll

    Ich befürchte, dass insbesondere in den Fällen, in denen Anträge abschlägig oder zumindest nicht im Sinne der Antragstellenden bescheiden werden, das Protokoll des UdG angezweifelt werden wird („Das habe ich so gar nicht gesagt“).

    Dies gilt auch bei Sprachbarrieren.


    Aufzeichnung des Gesprächs

    Eine gerichtliche Aufzeichnung des Gesprächs findet nicht statt.

    Dennoch sollte m.E. ausdrücklich im Gesetz angeordnet werden, dass es auch der antragstellen Partei untersagt ist, Bild- oder Tonaufnahmen des Gespräch anzufertigen, vergleichbar mit den Anordnungen aus § 128 a Abs. 6 ZPO Ref-Entw.

    Dies sollte als Hinweis vor dem eigentlich Antragsgespräch durch den UdG vermittelt und ein Vermerk darüber im Protokoll aufgenommen werden.


    Allgemein:

    Eine Mehrarbeit sehe ich zumindest, aber nicht nur, in der Anfangszeit auf die Gerichte zukommen:

    Es ist üblich, dass das antragstellende Publikum von Dritten (auch Rechtsanwälten, Behörden, etc.) mit den Worten zu Gericht geschickt werden, dass man „sich mal den Beratungshilfeschein abholen“ oder „sich eine einstweilige Verfügung besorgen“ solle.

    Dass dies gerichtliche Verfahren, Prüfungspflichten des Gerichts und Mitwirkungspflichten der Antragstellenden voraussetzt, ist diesen in großer Mehrheit gar nicht bewusst.

    Dies könnte dazu führen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl virtueller Antragsaufnahme daran scheitert, dass Antragsteller:Innen die notwendigen Auskünfte nicht oder nicht sicher geben und Unterlagen nicht vorlegen können, sondern sich solche erst besorgen müssen.

    Dies wird jetzt im Vorfeld in einem Telefongespräch geklärt, bei dem Antragsteller:Innen aber wissen, dass dieses Gespräch rein informativ und nicht zur Antragstellung geeignet ist.

    Sofern die virtuelle Rechtsantragstellung genutzt wird, wenden sich Antragsteller:Innen direkt mit einem anderen Verständnis bzw. einer konkreten Zielsetzung an das Gericht und werden mit Unverständnis reagieren, warum dies so nicht klappen kann.

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