Vollziehung des Haftbefehls 2 Jahre nach Erlass ?

  • Ich habe einen Ordnungsgeldbeschluss, ersatzweise Ordnungshaft in einer Gewaltschutzssache zu vollstrecken. Der Ordnungsgeldbeschluss datiert vom 24.01.2020. Da das Ordnungsgeld nicht beizutreiben war, hat der Richter am 17.07.2020 Haftbefehl zur Vollstreckung der Ordnungshaft erlassen. Am 04.09.2020 ist der Verhaftungsauftrag an die Gerichtsvollzierherverteilerstelle übersandt worden. Trotz etlicher Vollstreckungsversuche konnte der Betroffene nicht angetroffenen werden oder so betrunken , dass er nicht einlieferungsfähig war. Nach meiner Meinung ist die Haftvollstreckung nach § 802 h ZPO aber gar nicht mehr möglich, da der Haftbefehl älter als 2 Jahre ist. Der Gerichtsvollzieher meint, wir sollten dann einen neuen Haftbefehl durch den Richter ausstellen lassen.

    Ich habe um Rückgabe des Haftbefehls zunächst gebeten. Was tun ?

  • Was spricht denn gegen den neuen Haftbefehl und nachfolgend weitere Vollstreckung?

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    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • § 802h ZPO ist nicht einschlägig. Dieser steht im Kontext der Vermögensauskunft, und die soll ja hier nicht betrieben werden, sondern es soll Zwangshaft vollstreckt werden.

    Jedoch ist hier gem. Art. 9 II EGStGB das Ordnungsgeld als solches verjährt und kann nicht mehr vollstreckt werden, es sei denn, die Verjährung hat - etwa durch Ratenbewilligung - geruht.

    Das spricht gegen den neuen Haftbefehl.

  • ...Nach meiner Meinung ist die Haftvollstreckung nach § 802 h ZPO aber gar nicht mehr möglich, da der Haftbefehl älter als 2 Jahre ist.

    Sofern die Haftvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher noch nicht abgeschlossen oder eingestellt worden sein sollte, halte ich deine Ansicht für unzutreffend, vgl. BeckOK ZPO/Fleck, 47. Ed. 1.12.2022, ZPO § 802h Rn. 1:

    Zitat

    Die Frist ist gewahrt, wenn der Gläubiger binnen zweier Jahre einen Antrag stellt, den Schuldner zu verhaften (BGH NJW 2006, 1290; AG Stuttgart DGVZ 2015, 23: Zeitpunkt des Eingangs des Antrags entscheidend; s. auch AG Nordhorn Beschl. v. 23.4.2020 – 4 M 3125/20: Fristlauf bei Einstellung des Verfahrens; bestätigt durch LG Osnabrück DGVZ 2020, 205). Eingegangen ist der Antrag, wenn er bei der Verteilstelle gem. § 22 Abs. 2 GerVO oder unmittelbar beim Gerichtsvollzieher gem. § 24 Abs. 1 GerVO gestellt worden ist.

  • ...

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  • Hört auf! Es ist verjährt!

    So klar ist es wohl nicht, vgl. Hammer in: Prütting/Helms, FamFG, § 95 Anwendung der Zivilprozessordnung, Rn. 28:

    Zitat


    Auch die Beauftragung des Gerichtsvollziehers zur Vollstreckung der Ordnungshaft erfolgt von Amts wegen durch den Rechtspfleger (vgl. § 31 Abs. 3, § 4 Abs. 2 Nr. 2a RPflG), für den Vollzug der Haft gelten §§ 802g ff. ZPO.

    Der Schuldner soll die Vollstreckung der Ordnungshaft nicht so einfach aushebeln können, vgl. Kindl/Meller-Hannich, Zwangsvollstreckung, ZPO § 802h Rn. 4, beck-online:

    Zitat

    Die Frist wird gewahrt, wenn der Gläubiger die Verhaftung des Schuldners bei dem zuständigen Vollstreckungsorgan innerhalb der Zweijahresfrist beantragt hat. Die Verhaftung kann zu einem späteren Zeitpunkt durchgesetzt werden. Dadurch kann verhindert werden, dass der Schuldner durch sein Verhalten (zB unentschuldigtes Nichterscheinen, vorgeschobene Erkrankung) den Ablauf der Frist erreichen kann.

  • MüKoStPO | EGStGB Art. 9 Rn. 1-3 - beck-online

    Art. 9 Verjährung von Ordnungsmitteln

    (1) 1Die Verjährung schließt die Festsetzung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft aus. 2Die Verjährungsfrist beträgt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, zwei Jahre. 3Die Verjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist. 4Die Verjährung ruht, solange nach dem Gesetz das Verfahren zur Festsetzung des Ordnungsgeldes nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann.

    (2) 1Die Verjährung schließt auch die Vollstreckung des Ordnungsgeldes und der Ordnungshaft aus. 2Die Verjährungsfrist beträgt zwei Jahre. 3Die Verjährung beginnt, sobald das Ordnungsmittel vollstreckbar ist.

    Es ist verjährt !

  • MüKoStPO | EGStGB Art. 9 Rn. 1-3 - beck-online

    Art. 9 Verjährung von Ordnungsmitteln

    (1) 1Die Verjährung schließt die Festsetzung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft aus. 2Die Verjährungsfrist beträgt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, zwei Jahre. 3Die Verjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist. 4Die Verjährung ruht, solange nach dem Gesetz das Verfahren zur Festsetzung des Ordnungsgeldes nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann.

    (2) 1Die Verjährung schließt auch die Vollstreckung des Ordnungsgeldes und der Ordnungshaft aus. 2Die Verjährungsfrist beträgt zwei Jahre. 3Die Verjährung beginnt, sobald das Ordnungsmittel vollstreckbar ist.

    Es ist verjährt !

    Und wo steht, dass der EGStGB Art. 9 nicht nur Anwendung auf in Strafsachen verhängte Ordnungsmittel Anwendung findet, sondern auch auf die vom Zivil- oder Familiengericht angeordneten? :/

    Davon abgesehen, wie sieht es mit einer Unterbrechung der Frist aus, wenn der Betreffende nicht auffindbar ist oder nicht hafttauglich?

  • MüKoStPO | EGStGB Art. 9 Rn. 1-3 - beck-online

    Art. 9 Verjährung von Ordnungsmitteln

    (1) 1Die Verjährung schließt die Festsetzung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft aus. 2Die Verjährungsfrist beträgt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, zwei Jahre. 3Die Verjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist. 4Die Verjährung ruht, solange nach dem Gesetz das Verfahren zur Festsetzung des Ordnungsgeldes nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann.

    (2) 1Die Verjährung schließt auch die Vollstreckung des Ordnungsgeldes und der Ordnungshaft aus. 2Die Verjährungsfrist beträgt zwei Jahre. 3Die Verjährung beginnt, sobald das Ordnungsmittel vollstreckbar ist.

    Es ist verjährt !

    Das sieht der BGH eben anders.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Okay, die 2 Jahre aus Artikel 9 sind nach Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses mit der ersatzweisen Haftanordnung abgelaufen. Aber der erlassene Haftbefehl ist ja noch nicht zugestellt , der Gerichtsvollzieher stellt den Haftbefehl erst mit Verhaftung zu. Also hat die Verjährungsfrist für den Haftbefehl noch gar nicht aus Art 9 Abs. 2 EGSTGB begonnen oder läuft die Frist einheitlich mit der Frist für die Vollstreckung des Ordnungsgeldes ?

  • Hat schon mal jemand einen durch den Gerichtsvollzieher nicht vollstreckbaren Haftbefehl polizeilich Ausschreiben lassen (also den Schuldner).

    Wie funktioniert das? Würde es nur um Aufenthaltsermittlung gehen oder gleich um die Festnahme?

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