§ 11 RVG: neues Rubrum, neues Verfahren?

  • Liebe Mitglieder,

    gestern hatte ich einen ganz kuriosen Berichtigungsantrag auf meinem Tisch.

    Ich habe in einem Familienverfahren einen § 11 RVG-Beschluss erlassen. Inhalt soweit korrekt.

    § 11 RVG-Anträge und Beschlüsse sind (meines Wissens) immer im Hauptsacheverfahren zu behandeln. Hierfür werden keine neuen Akten angelegt.

    In diesem Beschluss taucht (systembedingt) das Rubrum des Hauptsacheverfahrens auf. Als kleine Überschrift steht dort "In der Familiensache ...".

    Am Ende des Rubrums steht "wegen Scheidung und Folgesachen, hier: Kostenfestsetzung nach § 11 RVG".

    Der Tenor lautet: Die vom Antragsgegner an die Kanzlei xy, Herrn Rechtsanwalt xy, gemäß § 11 RVG zu zahlende Vergütung ...

    Bisher (ich bin seit 5 Jahren Rechtspflegerin) war das nie ein Problem.

    Es wurde eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt. Der Rechtsanwalt wollte diesen Anspruch nun beim GBA durch eine Zwangssicherungshypothek sichern. Das GBA weigert sich.

    Ich habe jetzt einen Berichtigungsantrag auf dem Tisch:

    1. Es dürfte dort nicht "In der Familiensache" stehen, sondern "Festsetzungsverfahren".

    2. Der Rechtsanwalt muss im Rubrum als Antragsteller erfasst werden. Der Mandant als Antragsgegner.

    3. Das Geburtsdatum des Rechtsanwalts fehlt im Rubrum.

    Ich bin verwirrt. :)

    Ich bin mir sicher, dass ich alles richtig gemacht habe, kann aber meine Stellungnahme nicht so richtig begründen.

    Das Rubrum kann nicht einfach geändert werden. Der Mandant war im Hauptsacheverfahren nunmal der Antragsgegner. Der Rechtsanwalt Antragsgegnervertreter. Nichts anderes.

    Ein "Festsetzungsverfahren" gibt es nicht. Was soll das sein? Es wird keine separate Akte angelegt für diese Anträge nach § 11 RVG.

    Aufgrund des Geburtsdatums würde ich auch keine Rubrumsberichtigung machen, das ist aber wohl auch das kleinste Problem.

    Ich habe leider nirgends (Kommentar oder Aktenordnung) etwas zu dieser Problematik gefunden.

    Die Begründung "Es ist richtig, weil es halt richtig ist." und "Das machen wir schon immer so." reicht wohl weder dem GBA noch dem RA. ^^

    Kann mir vielleicht jemand weiterhelfen?

  • Ich bearbeite Zivilsachen am Landgericht. Bei uns wird in der Regel auch das Rubrum des "Hauptsacheverfahrens" für die Beschlüsse nach § 11 RVG genutzt. Als Antragsgegner des Verfahrens nach § 11 RVG steht dann im Tenor halt "Kläger" bzw. "Beklagter" oder wie die halt im Rubrum bezeichnet sind. Für die Bezeichnung des Gläubigers (Antragsteller § 11 RVG) frage ich vorher immer nach der korrekten Gläubigerbezeichnung mit einem Vorschlag (i. d. R. alle RAe des Briefkopfes als Gesamtgläubiger), falls keine anderweitige Erklärung eingeht. Damit ergibt sich aus dem Tenor der Entscheidung eindeutig, welche Person (Schuldner) an den bzw. die Gläubiger zu leisten hat. Ein Geburtsdatum steht da nie drin, da dies in dem Verfahren sowieso nie angegeben ist.

    Ein abweichendes Rubrum benutze ich eigentlich nur dann, wenn ich einen § 11 RVG-Antrag zurückweise oder vielleicht im Beschwerdeverfahren. Dann sieht das Rubrum in etwa so aus:

    In dem Vergütungsfestsetzungsverfahren

    Rechtsanwalt Holger Beispiel, Dorfplatz 987, 98765 Beispielhausen

    - Antragsteller -

    gegen

    Max Mustermann, Hauptstr. 123, 12345 Musterdorf

    - Antragsgegner -

    Für deinen Fall wüsste ich nicht, weshalb man das Rubrum ändern sollte. Denn aus deiner Entscheidung ergibt sich eindeutig aus dem Zusammenhang zwischen Tenor und Rubrum, wer hier Gläubiger und Schuldner ist. Weshalb das GBA sich da so anstellt, ist mir schleierhaft. Mir würde das als GB-Rechtspfleger ausreichen, damit ich die ZwaSiHyp eintragen kann, sofern der Betroffene (Voreintragung) zweifelsfrei zu ermitteln ist.

    "Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe." - Pippi Langstrumpf

  • Ich habe jetzt einen Berichtigungsantrag auf dem Tisch:

    1. Es dürfte dort nicht "In der Familiensache" stehen, sondern "Festsetzungsverfahren".

    2. Der Rechtsanwalt muss im Rubrum als Antragsteller erfasst werden. Der Mandant als Antragsgegner.

    3. Das Geburtsdatum des Rechtsanwalts fehlt im Rubrum.

    Zu 1.: Das ist für den vollstreckungsfähigen Inhalt des Titels komplett belanglos. Abgesehen davon handelt es sich um ein Festsetzungsverfahren im Rahmen einer Familiensache, sodass die von Dir gewählte Formulierung noch nicht einmal falsch ist.

    Zu 2.: Ich fasse meine § 11 RVG-Beschlüsse regelmäßig so, wie es in Beitrag #3 beschrieben ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass Deine Variante falsch ist. Schließlich ergibt sich aus Deiner Formulierung eindeutig, wer Gläubiger und wer Schuldner ist.

    Zu 3.: Der Grundbuchrechtspfleger möge darlegen, auf welcher Rechtsgrundlage er die Angabe des Geburtsdatums verlangt. Aus § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO folgt eine solche Verpflichtung nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass die Parteien zuverlässig identifiziert werden können (Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 313 Rn. 4). Das dürfte bei einem Rechtsanwalt kein Problem sein.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Das GBA weigert sich.

    Auf welcher rechtlichen Grundlage basiert denn die Weigerung?

    Ich habe jetzt einen Berichtigungsantrag auf dem Tisch:

    1. Es dürfte dort nicht "In der Familiensache" stehen, sondern "Festsetzungsverfahren".

    2. Der Rechtsanwalt muss im Rubrum als Antragsteller erfasst werden. Der Mandant als Antragsgegner.

    3. Das Geburtsdatum des Rechtsanwalts fehlt im Rubrum.

    Zu 1. und 2.

    Das Erfordernis eines Rubrums folgt aus §313 Abs. 1 ZPO, der entsprechend auf Beschlüsse anwendbar ist (vgl. Elzer in BeckOK ZPO, 47. Ed. 01.12.2022, §313 Rn. 14ff). Eine genaue Form wie das Rubrum auszusehen hat ist nicht vorgeschrieben.

    Sinn und Zweck des Rubrums ist, dass die Parteien des Verfahrens ersichtlich werden.

    Dabei ist m.E. nicht erforderlich, dass der Prozessgegner der Hauptsache im Rubrum auftaucht, weil dieser am Vergütungsfestsetzungsverfahren (VFV) nicht beteiligt ist. Ich würde tendenziell sogar soweit gehen, dass der Prozessgegner des Hauptsacheverfahrens deshalb im Rubrum des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses eigentlich nichts zu suchen hat.

    Solange sich aber mit den Mitteln der Auslegung feststellen lässt wer die Parteien sind, ist das unschädlich und der Beschluss wirksam.

    Vorliegend ergibt sich aus dem Beschluss ja eindeutig, dass es um ein VFVgeht und zumindest in Verbindung mit dem Tenor kann daher mit den Mitteln der Auslegung ermittelt werden wer Partei des Verfahrens war.

    Ein "Festsetzungsverfahren" gibt es nicht. Was soll das sein? Es wird keine separate Akte angelegt für diese Anträge nach § 11 RVG.

    Mit "Festsetzungsverfahren" ist wohl das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach §11 RVG gemeint. Das dafür keine gesonderte Akte angelegt wird ist ohne Bedeutung. Das VFV ist im wesentlichen auch unabhängig von der Hauptsache.

    Ich denke allerdings, dass dort weder "In der Familiensache" noch "im Festsetzungsverfahren" stehen muss. Es könnte auch einfach nur "in dem Verfahren" stehen.

    Es sollte sich aber ersehen lassen, dass ein VFV vorliegt, aber das wahr ja auch der Fall. Das

    Das Rubrum kann nicht einfach geändert werden.

    Die Sachbearbeitung hat sich nach dem Gesetz zu richten und nicht nach dem System. Man wird doch wohl im Beschluss händisch das Rubrum ändern können. Sonst ist m.E. das System schlecht. Notfalls kopiert man das ganze in ein Blanko-Dokument.

    Der Mandant war im Hauptsacheverfahren nunmal der Antragsgegner. Der Rechtsanwalt Antragsgegnervertreter

    Und? Du entscheidest aber nicht im Hauptsacheverfahren. Es ist für die Vergütungsfestsetzung auch irrelevant wer was im Hauptsacheverfahren war.

    Die Bezeichnung entsprechend der im Hauptsacheverfahren ist aber unschädlich solange sich erkennen lässt wer Partei des VFV ist.

    Zu 3.

    Die Angabe des Geburtsdatums muss nicht in den Titel und ist auch grundbuchrechtlich unproblematisch. In §15 Abs. 1 a) GBV ist sogar ausdrücklich vorgeschrieben, dass der Wohnort der Person einzutragen ist, wenn das Geburtsdatum unbekannt ist.

    Insoweit würde ich keinesfalls eine Berichtigung vornehmen.

    Wenn der Beschluss genau so erlassen wurde, wie beabsichtigt dann scheidet eine Berichtigung nach §319 ZPO ohnehin aus.

    Eine offensichtliche Unrichtigkeit i.S.d. §319 ZPO liegt mangels fehlerhafter Verlautbarung des gerichtlichen Willens ja gerade nicht vor.

    Nur vorsorglich:

    Der Tenor lautet: Die vom Antragsgegner an die Kanzlei xy, Herrn Rechtsanwalt xy, gemäß § 11 RVG zu zahlende Vergütung ...

    Das ist aus vollstreckungsrechtlicher Sicht zumindest ungünstig. Es muss aus dem Tenor schon klar hervorgehen zu wessen Gunsten die Festsetzung erfolgt ist. Ist es nun die Kanzlei (dann diese mit Rechtsformbezeichnung angeben) oder der RA selbst (dann nur diesen angeben).

    Hier könnte man es mit den Mitteln der Auslegung wohl noch feststellen, dass zugunsten des Anwalts selbst festgesetzt wurde, aber eine solche Tenorierung wirft m.E. unnötige Probleme auf.

    Das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG ist genauso wie das nach § 104 ZPO eben kein gänzlich unabhängiges Verfahren.

    Als deutlichstes Argument würde mir § 105 ZPO einfallen, da muss man nicht mal einen eigenständigen Beschluss machen.

    Das ist m.E. kein guter Vergleich. Der KFB ist in seinem Bestand und der Vollstreckbarkeit von der KGE abhängig. Daher sind die Parteien im KFV auch notwendigerweise grundsätzlich identisch mit den Parteien der Hauptsache.

    Der VFB ist grundsätzlich völlig unabhängig von der Hauptsache. Die Hauptsache bestimmt nur den Rahmen der Kosten die festgesetzt werden können.

    Die Parteien der VFV sind notwendigerweise verschieden als die Parteien der Hauptsache, weil es immer um das Verhältnis einer Partei zu ihrem Anwalt geht.

    §105 ZPO dürfte auf den VFB nicht anwendbar sein.

  • Oh wow, vielen vielen Dank für die vielen (so schnellen) Nachrichten. 8|

    Das hilft mir so sehr! :):thumbup:

    Ich bin beruhigt, dass meine Auffassung grundsätzlich doch richtig war.

    Aber tatsächlich dachte ich, dass ich in einem Hauptsacheverfahren kein "neues Rubrum zusätzlich" einführen dürfte. Ich dachte, das Rubrum wäre heilig. Wieder was gelernt. Danke! :)

    Nur vorsorglich:

    Das ist aus vollstreckungsrechtlicher Sicht zumindest ungünstig. Es muss aus dem Tenor schon klar hervorgehen zu wessen Gunsten die Festsetzung erfolgt ist. Ist es nun die Kanzlei (dann diese mit Rechtsformbezeichnung angeben) oder der RA selbst (dann nur diesen angeben).

    Hier könnte man es mit den Mitteln der Auslegung wohl noch feststellen, dass zugunsten des Anwalts selbst festgesetzt wurde, aber eine solche Tenorierung wirft m.E. unnötige Probleme auf.

    Das war vielleicht von mir blöd beschrieben. Die Kanzlei trägt den Vor- und Nachnamen des Rechtsanwalts. Also eigentlich steht in meinem Beschluss "Kanzlei Max Mustermann, Rechtsanwalt Max Mustermann".

    Ich spar mir in Zukunft die Angabe der Kanzlei. Danke für den Tipp! :)


    Lieben Dank noch einmal an alle Antwortenden! <3

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