Gläubigerversammlung zur Nichtverfolgung von möglichen Ansprüchen

  • Vor Insolvenzeröffnung wurde ein Grundstück veräußert, es stehen diesbezüglich Anfechtungsansprüche im Raum. Sowohl der Erfolg einer Anfechtung als auch der wirtschaftliche Nutzen im Falle des Erfolgs sind unsicher.

    Der Insolvenzverwalter regt an, eine Gläubigerversammlung durchzuführen, in der beschlossen werden soll, keinen Rechtsstreit über etwaige Anfechtungsansprüche aufzunehmen.

    Ist das ein Fall für eine Gläubigerversammlung? Trotz der Formulierung in der Anregung des IV handelt es sich ja nicht um die Aufnahme eines Rechtsstreits, die in § 160 ausdrücklich genannt ist.

    Stellt also das Nichtverfolgen von zweifelhaften Ansprüchen eine bedeutende Rechtshandlung im Sinne des § 160 InsO dar?

    Die mir vorliegenden Kommentierungen äußern sich nicht dazu.

  • Es geht um bedeutsame Rechtshandlungen, wobei "Bedeutsam" nicht statisch feststellen kann. Es ist vom IV deshalb eine Kosten-Nutzen-Abschätzung zu betreiben, die auch berücksichtigen muss, dass ein verlorener Rechtstreit die Quote mindert.

    Die in Absatz II aufgeführten Punkte sind ja nicht enumerativ, wie die Formulierung "insbesondere" darstellt, es also nur Regelbeispiele sind. Ist halt genauso wie die nicht abschließend genannten Abschlagstatbestände in § 3 II InsVV. :motz:

    Nach HamKo, § 160, Rn. 12 besteht keine Zustimmungserfordernis bei PKH-Verfahren.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Also grundsätzlich sollte der IV ja erstmal versuchen, die Ansprüche außergerichtlich geltend zu machen.

    Wie gesagt, er hält den Anspruch schon für zweifelhaft und strebt ja gerade die Zustimmung zur Nichtgeltendmachung an.. Außerdem befindet sich der Anfechtungsgegner im Nicht-EU-Ausland.

  • Außerdem befindet sich der Anfechtungsgegner im Nicht-EU-Ausland.

    Da würde ich aber jetzt mal genauer hinschauen:

    Gemäß der Entscheidung des EuGH C 328/12 vom 15.01.2014 und der hieraus resultierenden Folgeentscheidung des BGH vom 27.03.2014, IX ZR 2/12:

    sind die Gerichte des Mitgliedstaates, in dessen Gebiet das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, auch dann für eine Insolvenzanfechtungsklage gegen einen Anfechtungsgegner zuständig, wenn dieser seinen Wohnsitz nicht im Gebiet eines Mitgliedstaates hat.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • M.E. ist das Ansinnen des Verwalters eines Gläubigerversammlungsbesclusses nicht zugänglich.

    Sofern der Verwalter davon ausgeht, dass eine Forderung nicht gegeben ist, oder bei Gegebenheit wirtschaftlich nicht durchsetzbar ist, obliegt dies seiner Einschätzung. Wenn er da "Mist baut" -> 60 InsO.

    Ein "Nichtgeltendmachen" ist schon begrifflich keine Rechtshandlung. Anders die Abgabe eines negativen Schuldanerkenntnisses", was in Einzelfällen denkaber ist, aber vorliegend wohl nicht sedes materiae. Überlegen ließe sich, ob dies so "ähnlich" wie die Aufnahme eines Aktivprozesses behandeln ließe. ABER: hierbei liegt bereits eine - aus welcher Sicht auch immer - aussichtsreich betrachtete Anspruchsdurchsetzungsperspektive vor, die sich möglicherweise aufgrund der ex post Sicht des Verwalters als nicht sinnvoll darstellt. Daher ist dies m.E. auf den Fall nicht anwendbar.

    I.Ü: egal was die GLV beschließt, wird dadurch § 60 nicht ausgeschlossen...... wem es am Herd zu heiß wird, der soll aus der Küche bleiben :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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  • M.E. ist das Ansinnen des Verwalters eines Gläubigerversammlungsbesclusses nicht zugänglich.

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    Ein "Nichtgeltendmachen" ist schon begrifflich keine Rechtshandlung. Anders die Abgabe eines negativen Schuldanerkenntnisses", was in Einzelfällen denkaber ist, aber vorliegend wohl nicht sedes materiae.

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    Andere Auffassung: Hess: Kölner Kommentar zur Insolvenzordnung, § 160 Rn. 33. Die Regelung des § 160 InsO ist wesentlich flexibler als die Regelungen der KO, so jedenfalls die Begründung in § 179 RegEInsO in 12/2443 BT-Drucks.

    Die Möglichkeit des Verzichtes zur Geltendmachung/Verwertung durch die Gläubigerversammlung ist ja auch in § 197 InsO gegeben. Weshalb kann man das nicht "vorziehen" auf eine GV?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Das sehe ich auch so. Ich würde die auch machen. Zumal der Insolvenzverwalter doch eh gemäß § 75 InsO eine Gläubigerversammlung beantragen kann, ohne das dem Gericht eine inhaltliche Entscheidung zusteht.

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  • Selbst, wenn die Gläubigerversammlung keinen entsprechenden Beschluss fassen kann (was ich jetzt mal offen lasse), kann der Insolvenzverwalter sie doch über sein Ansinnen informieren und ihre diesbezüglichen Fragen beantworten. Meiner Meinung nach sollte man auf alle Fälle eine Gläubigerversammlung einberufen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Hier befürworte ich auch die Möglichkeit, die Gläubiger entscheiden zu lassen. Auch das Unterlassen der Geltendmachung eines Anspruchs - mit der Folge der Verjährung - kann eine bedeutsame Rechtshandlung darstellen. Im Übrigen: § 160 InsO stellt nur die Fälle dar, in denen der Insolvenzverwalter eine Gläubigerversammlung einberufen muss ("hat die Zustimmung ... einzuholen"). Können kann er immer, wenn ihm der Brei zu heiß wird, er aber in der Küche bleiben möchte.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • äh der Vergleich mit § 197 passt nicht !. Hier will der Verwalter sich konsentieren lassen, einen Anfechtungsanspruch nicht weiter verfolgen zu müssen, um sich aus seinem pflichtgemäßen Ermessen zu verabschieden.... . § 197 bzgl. der unverwertbaren Vermögensgegenstände hat aber eine andere Zielrichtung. Die unverwertbaren Vermögenswerte können qua Versammlungsbeschluss einem Gläubiger zur Verwertung zugewiesen werden.

    I. Ü. was soll der Beschluss der GLV dem Verwalter bringen ? wenn seine Einschätzungsprärogative grob falsch ist, haftet er doch trotzdem !

    Zu dem Einwand, der Verwalter könne ja immer ein Einberufungsverlangen stellen, dem das Gericht nachzukommen habe:

    es muss ein zulässiger Einberufungszweck vorliegen. Diesen sehe ich vorliegend als nicht gegeben an. Ablehnen, mag die Kammer entscheiden ! Da liefe ja zeitlich auch nichts weg und wir hätten dazu ein landgerichtliches Judiz. Taktisch i.Ü: wenn das Schule macht, haben wir demnächst nur noch besondere GLV zur Nichtverwertung von Massebestandteilen....... bei ansonsten schriftlichen Verfahren.

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