Terminsgebühr und Anrechnung Geschäftsgebühr

  • Hallo zusammen,

    ich mache noch relativ neu Kostenfestsetzung und bin über zwei Problemchen gestolpert, bei denen ihr mir sicher helfen könnt :)

    1. Ich habe den Eindruck, dass man quasi in jedem Verfahren eine Terminsgebühr geltend machen kann. Grundsätzlich kein Problem, aber in so mancher Sache gerate ich ins Schwimmen., weil ja vielfach doch im schriftlichen Verfahren (in welcher Form auch immer) entschieden wird. Nun gibt das Gesetz auch dann ja die Terminsgebühr her. Allerdings hatte ich jetzt den Fall, dass im schriftlichen Verfahren VU ergangen ist. Der RA hat die halbe TG geltend gemacht. Ist auch das in Ordnung? Es gab nur die Klage, Aufforderung an den Beklagten Verteidigungsabsicht anzuzeigen und dann wurde direkt VU erlassen.

    2. Wie verhält es sich mit der Anrechnung der Geschäftsgebühr, wenn die titulierten außergerichtlichen Kosten aus einem geringeren Streitwert berechnet wurden als der Rest? Ich hab mich durch die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 03.08.2010, 8 W 337/10 gequält, aber ich verstehe deren Rechnung nicht, besonders verstehe ich nicht, dass da mit Gebühr plus Auslagen gerechnet wurde :/

    Ich mach´s mal als Beispiel. Streitwert gerichtliches Verfahren 600 €, Verfahrensgebühr 114,40 €. Titulierte außergerichtliche RA-Kosten 88,67 €. Wie die sich zusammensetzen, keine Ahnung, der RA legt einen Streitwert von 400,- € zugrunde und berechnet daraus die 0,65 € Gebühr. In der OLG-Entscheidung wurde dann ja irgendwelche Differenzen abgezogen. Ich blick´s einfach nicht. Kann mir da wer auf die Sprünge helfen?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • zu Nr. 1: Siehe Nr. 3105 (1) Nr. 2 VV-RVG.

    Gemeint ist vermutlich meine Nummer 2, aber das hilft mir sehr, vielen Dank! Im Urteil steht nur gem. § 495a ZPO.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • zu Nr. 1: Siehe Nr. 3105 (1) Nr. 2 VV-RVG.

    Gemeint ist vermutlich meine Nummer 2, aber das hilft mir sehr, vielen Dank! Im Urteil steht nur gem. § 495a ZPO.

    Nö. Nr. 1. 8) Wochenende!

    Ah sorry, du hast natürlich Recht. Ist echt Zeit für Wochenende :wall:

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • 2. Wie verhält es sich mit der Anrechnung der Geschäftsgebühr, wenn die titulierten außergerichtlichen Kosten aus einem geringeren Streitwert berechnet wurden als der Rest?

    Vielleicht hilft Dir da Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 25. Aufl., VV Vorb. 3 Rn. 320, weiter. :)

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Zu 1.:

    Eine Terminsgebühr kann eigentlich nur dann geltend gemacht werden, wenn diese auch tatsächlich entstanden ist. Falls dies nicht aktenersichtlich sein sollte, muss der ASt. die Entstehung glaubhaft machen. Ein solcher Fall könnte zum Beispiel eintreten, wenn der RA mit dem Gegner oder dem Gericht telefoniert und dabei bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllt werden. In einem solchen Fall wird das in den meisten Fällen nicht aktenersichtlich sein. Außerdem könnte es auch sein, dass die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich schließen und der RA dabei mitwirkt. Auch dann würde unter Umständen eine 1,2 Terminsgebühr entstehen, welche in den meisten Fällen nicht aktenersichtlich ist.

    Für deinen konkreten Fall wurde die einschlägige Vorschrift bereits genannt. Dazu ist vielleicht noch anzumerken, dass es sich bei dem "schriftlichen Verfahren" wohl um ein schriftliches Vorverfahren nach § 276 ZPO handelt.

    Zu 2.:

    Der Fall aus der Entscheidung des OLG Stuttgart ist allerdings schon sehr speziell. Dort treffen mehrere Besonderheiten zusammen, welche in dieser Zusammensetzung nicht gerade alltäglich sind (verschiedenen Gegenstandswerte, Klageerhöhung, teilweise Titulierung der vorgerichtlichen RA-Kosten in einem Vergleich). Für deinen Fall dürfte diese Entscheidung nicht passen.

    Aber auch in deinem konkreten Fall hat eine Anrechnung gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG i. V. m. § 15a Abs. 3 Alt. 2 RVG zu erfolgen. Hierzu verweise ich auf KG, Beschluss vom 13.07.2010 - 27 W 55/10 - "es gilt aber auch der Grundsatz, dass der Rechtspfleger nicht sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen darf". Wie sich der Betrag von 88,67 EUR zusammensetzt, lässt sich eventuell aus der Klage ersehen. Manchmal kann es auch anhand der Urteilsgründe nachvollziehen (aber nicht bei einem VU). Rechnerisch komme ich allerdings zumindest zu folgendem Ergebnis:

    1,3 GGeb Nr. 2300 VV RVG (bis 500,00 EUR) = 63,70 EUR zzgl. AP Nr. 7002 VV RVG = 12,74 EUR zzgl. 16 % USt. Nr. 7008 VV RVG = 88,67 EUR

    Dann wäre die Anrechnung einer 0,65 Geb. (bis 500,00 EUR) richtig, denn der RA muss die Anrechnung nur mit dem niedrigeren Gegenstandswert der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr vornehmen.

    Kleiner Tipp am Ende:

    Diese und andere ähnliche Fälle lassen sich gut mit Kommentar: Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar lösen, welcher mittlerweile zumindest für die Kollegen in Niedersachsen über beck-online auch digital verfügbar ist. Ansonsten tut es aber auch die Buch-Ausgabe.

    Ich hoffe ich konnte dir damit ein wenig helfen.

    "Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe." - Pippi Langstrumpf

  • 1,3 GGeb Nr. 2300 VV RVG (bis 500,00 EUR) = 63,70 EUR zzgl. AP Nr. 7002 VV RVG = 12,74 EUR zzgl. 16 % USt. Nr. 7008 VV RVG = 88,67 EUR

    Das stimmt rechnerisch, hat mich aber auch stolpern lassen: Die höhere Geschäftsgebühr (63,70 € statt 58,50 €) gilt erst ab 01.01.2021, während der Steuersatz von 16 % nur bis 31.12.2020 Anwendung fand.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Vielen Dank für eure Hilfe!

    Bezüglich der Zusammensetzung der Anrechnung stimmt die Rechnung mit den 16%, richtig wären aber 19% gewesen. Ich glaube, da ist bisschen was durcheinander gegangen... Für die Gebühren gilt definitiv neues Recht und ein Steuersatz von 19%.

    Auf den Gerold/Schmidt hab ich Zugriff, aber manchmal hilft ein Beispiel noch mal mehr :)

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Bezüglich der Anrechnung der Geschäftsgebühr hätte ich noch mal eine Frage:

    Tituliert sind 300,- € vorgerichtliche RA-Kosten. Aus den Gründen ergibt sich, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher RA-Kosten aus einem Streitwert von 6.500,- € (höher als der gerichtliche Streitwert) zusteht, abzüglich einer bereits geleisteten Zahlung von 300,- €.

    Was muss der Klägervertreter jetzt anrechnen? Grundsätzlich hätte ich gesagt, die 0,65er Gebühr aus dem höheren Streitwert. Tituliert als Betrag ist ja aber aufgrund der Zahlung ein geringerer Betrag? Oder denke ich zu kompliziert?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich denke, die Anrechnung muss ohnehin nur erfolgen, soweit die Gegenstände auch deckungsgleich sind:

    Wenn der Streitwert des streitigen Verfahrens 3.000,00 € beträgt, kann auch nur (höchstens!) eine Geschäftsgebühr aus 3.000,00 € anzurechnen sein

    Zu der Zahlung:

    Dass man die Anrechnung bei der Festsetzung berücksichtigen muss, wenn eine der Gebühren (die Geschäftsgebühr) tituliert ist, ergibt sich aus §15 a III RVG; dort gibt es aber auch noch 2 weitere Alternativen;

    Hier relevant die erste: der Anspruch auf eine der beiden Gebühren (die Geschäftsgebühr) ist (teilweise) erfüllt

    => Die Anrechnung ist in voller Höhe bei der Festsetzung zu berücksichtigen; teilweise wegen der Titulierung, teilweise wegen der Zahlung

    Aber lediglich der deckungsgleiche Teil ist anzurechnen (also hier wohl eine Geschäftsgebühr aus dem Wert des Streitverfahrens)

    (Anmerkung am Rand: das kann auch abweichen; anschaulich: vorgerichtliche Geschäftsgebühr aus 3 Gegenständen: A 1.000,00 €, B 2.000,00 €, C 3.000,- € =>1,3 Geschäftsgebühr aus 6.000,00 € eingeklagt und tituliert (oder von mir aus: aktenkundig/zugestanden gezahlt);

    im Streitverfahren 2 Gegenstände: C 3.000,00 € und D 1.000,00 €

    => 1,3 Verfahrensgebühr aus 4.000,00 €

    Hier wäre nur eine Geschäftsgebühr aus 3.000,00 € anzurechnen, weil sich die Gegenstände nur bei C decken)

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Vielen Dank!

    In meinem Fall wurde vorgerichtlich eine Teilzahlung geleistet (auf Forderung und Kosten), weshalb dann nur der Restbetrag klageweise geltend gemacht wurde. Dann würde ich hier die Geschäftsgebühr aus dem gerichtlichen Streitwert anrechnen.

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