Zuständigkeit Eröffnung Verfügung von Todes wegen

  • Hallo,

    ich habe hier folgenden Fall:

    Der Erblasser hatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt wohl mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit in Frankreich und ist auch dort verstorben.

    Es dürfte für den Erbfall damit Frankreich zuständig sein.

    Der Erblasser war zuletzt jedoch auch noch hier in meinem Bezirk gemeldet.

    Ein handschriftliches Testament des Erblassers existiert.

    Hiervon hat das Gericht Kenntnis erlangt. Dieses ist in deutscher Sprache verfasst und befindet sich bei der testamentarisch eingesetzten Erbin.

    Muss diese das Testament nun hier abliefern und es muss nach § 343 Abs. 2 FamFG hier eröffnet werden?

  • Ich würde sie an die französischen Behörden verweisen (d.h. wenn er nicht in den Departements Oberrhein, Unterrhein oder Mosel seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, kann sie sich einen Notar aussuchen). Ein Zuständigkeit der deutschen Gerichte besteht nicht.

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  • Ich würde analog 344 Abs. 6 eröffnen, damit das Testament überhaupt zeitnah gesichert/ gerichtlich eröffnet wird. Ich nehme hierbei an, die Erbin wohnt in deinem Bezirk.

    Dann erstmal ausermitteln, ob der letzte gewöhnlichen Aufenthalt wirklich in Frankreich lag. Da dorthin keine Abgabe nach 350 erfolgen kann, Verfahren abschließen und die Erbin darauf hinweisen dass sie in Frankreich einen Erbnachweis beantragen kann/muss und dabei auf das Testament hinweisen muss.

    Habe noch ein Skript aus einer Fortbildung zum IPR wo es mE so drinsteht... bei Bedarf bitte PN.

  • Tja. Wie soll sie in Frankreich ohne Testament ihre Rechte geltend machen?

    Es muss der letzte gewöhnliche Aufenthalt ermittelt werden, bevor man sich Zuständigkeiten anmaßt.

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  • Ich würde analog 344 Abs. 6 eröffnen, damit das Testament überhaupt zeitnah gesichert/ gerichtlich eröffnet wird.

    Eine analoge Anwendung von Normen setzt ein planwidrige Regelungslücke voraus. Diese ist für Fälle der internationalen Unzuständigkeit nicht gegeben.

    Wenn die deutschen Gerichte international unzuständig sind, erfolgt durch sie keine Eröffnung des Testamentes.
    Die Behandlung der Angelegenheit ist einzig Sache der französischen Behörden nach dortigem Recht.

    Muss diese das Testament nun hier abliefern und es muss nach § 343 Abs. 2 FamFG hier eröffnet werden?

    Nur wenn sich feststellen lässt, dass wider Erwarten die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit gegeben ist.

  • Tja. Wie soll sie in Frankreich ohne Testament ihre Rechte geltend machen?

    Es muss der letzte gewöhnliche Aufenthalt ermittelt werden, bevor man sich Zuständigkeiten anmaßt.

    Der Meldewohnsitz spricht ja grds. erstmal für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit. Frankreich könnte - nicht zu Unrecht - Probleme bei der Behandlung der Angelegenheit machen.
    "Die Testamentseröffnung als solche ist ein formaler Akt, der keine Voraussetzung für die Wirksamkeit des Testaments ist und dazu dient, den letzten Willen des Verstorbenen amtlich kundbar zu machen (BayObLG Beschluss v. 30.04.1986, 1 Z 69/85, BayObLGZ 1986, 118). Auch danach ist die Testamentseröffnung keine Entscheidung.

    Nach dieser Betrachtung kommt man zu dem Ergebnis, dass die Testamentseröffnung keine Entscheidung im Sinne von Art. 4 EuErbVO ist, weshalb sich auch die Zuständigkeit für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen nicht nach der EuErbVO richten kann."

    Da die Rechtspflegerin nun hier von der Existenz des Testaments Kenntnis erlangt hat und sich leicht eine "Verwahrung" (durch Ablieferung) im Sinne des § 344 Abs. 6 FamFG verschaffen kann, ist sie m.E. ohnehin für die Eröffnung zuständig. Fraglich ist danach die Weiterbehandlung. Da auch die Zuständigkeit nach § 343 Abs. 2 FamFG gegeben zu sein scheint, ist das Gericht auch für die Bekanntgabe an die Beteiligten zuständig. Nach Bekanntgabe kann die Testamentserbin (auch) auf "ganz normalem Weg" in Frankreich ihre Erbenrechte geltend machen. Wenn das französische Notariat Zweifel an der Echtheit hat, kann es ja Akteneinsicht beantragen.

    Einmal editiert, zuletzt von Rita (26. Januar 2023 um 11:10)

  • Tja. Wie soll sie in Frankreich ohne Testament ihre Rechte geltend machen?

    Es muss der letzte gewöhnliche Aufenthalt ermittelt werden, bevor man sich Zuständigkeiten anmaßt.

    Der Meldewohnsitz spricht ja grds. erstmal für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit.

    Da der Meldewohnsitz für die Zuständigkeit keinerlei Bedeutung hat, frage ich mich warum das so sein soll.

    Und Testamente von Verstorbenen können nicht in Verwahrung genommen werden.

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  • Da der Meldewohnsitz für die Zuständigkeit keinerlei Bedeutung hat, frage ich mich warum das so sein soll.

    Und Testamente von Verstorbenen können nicht in Verwahrung genommen werden.

    Nun ja, normal läuft es doch so, dass das hiesige Nachlassgericht die Mitteilung vom Standesamt / ZTR aufgrund des Meldewohnsitzes bekommt. Wenn ich nichts Gegenteiliges weiß, fühle ich mich aufgrund des Meldewohnsitzes zuständig und ermittele auch nicht etwa extra, ob ich aus irgendeinem Grund nicht zuständig sein könnte... es kommt also auf den konkreten Fall jetzt an, aufgrund welcher Umstände vom "letzten gewöhnlichen Aufenthalt wohl mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit in Frankreich" ausgegangen wird. Allein wegen dem Todesort hoffentlich nicht.

    Nach der Kommentierung zu § 344 Abs. 6 FamFG (komme leider gerade nicht da dran) fällt auch eine Ablieferung nach dem Tod unter "Verwahrung".

  • Der Meldewohnsitz spricht ja grds. erstmal für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit.

    Nach ausdrücklicher Angabe des Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass der letzte gewöhnliche Aufenthalt in Frankreich war. Eine Meldeadresse in Deutschland sagt nichts darüber aus, ob hier ein gewöhnlicher Aufenthalt bestand und genügt insbesondere bei abweichenden Anhaltspunkten nicht im Ansatz zur Feststellung einer internationalen Zuständigkeit.

    Nach dieser Betrachtung kommt man zu dem Ergebnis, dass die Testamentseröffnung keine Entscheidung im Sinne von Art. 4 EuErbVO ist

    Zur Auslegung des Begriffes der Entscheidung in Art. 4 EUErbVO führt der EUGH in der Oberle-Entscheidung folgendes aus (Hervorhebung durch mich):

    Zitat von EUGH, Urteil vom 21.6.2018 – C-20/17 (Oberle)


    So zielt dieser Art. 13 in Verbindung mit dem 32. Erwägungsgrund der VO Nr. 650/2012 auf die Vereinfachung der Amtswege der Erben und Vermächtnisnehmer ab, indem von den Zuständigkeitsregeln der Art. 411 dieser Verordnung abgewichen wird. Folglich sind die gem. Art. 4 der Verordnung für Entscheidungen in Erbsachen über den gesamten Nachlass zuständigen Gerichte grundsätzlich auch zur Entgegennahme von Erbserklärungen zuständig. Demzufolge erfasst die Zuständigkeitsregel des Art. 4 auch solche Verfahren, die nicht zum Erlass einer judiziellen Entscheidung führen.

    Das die Entscheidung des BayObLG von vor Inkrafttreten der EUErbVO stammt, lässt sich dessen Auffassung nicht für die Auslegung des Begriffes der Entscheidung nach der EUErbVO heranziehen.

    Ich sehe auch nicht, weshalb die für die Behandlung der Erbsache unzuständigen Behörden den Willen des Erblassers amtlich kundmachen sollen. Dies bleibt den zuständigen Behörden vorbehalten, sofern dies nach dem anzuwenden Recht erforderlich ist.

    Da die Rechtspflegerin nun hier von der Existenz des Testaments Kenntnis erlangt hat und sich leicht eine "Verwahrung" (durch Ablieferung) im Sinne des § 344 Abs. 6 FamFG verschaffen kann, ist sie m.E. ohnehin für die Eröffnung zuständig. Fraglich ist danach die Weiterbehandlung. Da auch die Zuständigkeit nach § 343 Abs. 2 FamFG gegeben zu sein scheint, ist das Gericht auch für die Bekanntgabe an die Beteiligten zuständig.

    Wie kommst du zur Anwendbarkeit des FamFG?

    Und insbesondere wie kommt du zu einer Anwendbarkeit des §2259 BGB?

    Ich finde auch die in der Literatur teilweise vertretene Auffassung zur Eröffnung bei Gericht verwahrter Testamente trotz internationaler Unzuständigkeit unzutreffend. Noch befremdlicher finde ich es wenn ein international unzuständiges deutsches Gericht noch dazu auffordern würde ein Testament bei ihm abzuliefern um es dann zu eröffnen.

  • Nach ausdrücklicher Angabe des Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass der letzte gewöhnliche Aufenthalt in Frankreich war. Eine Meldeadresse in Deutschland sagt nichts darüber aus, ob hier ein gewöhnlicher Aufenthalt bestand und genügt insbesondere bei abweichenden Anhaltspunkten nicht im Ansatz zur Feststellung einer internationalen Zuständigkeit.

    (...)

    Ich finde auch die in der Literatur teilweise vertretene Auffassung zur Eröffnung bei Gericht verwahrter Testamente trotz internationaler Unzuständigkeit unzutreffend. Noch befremdlicher finde ich es wenn ein international unzuständiges deutsches Gericht noch dazu auffordern würde ein Testament bei ihm abzuliefern um es dann zu eröffnen.

    Dem ist nichts hinzuzufügen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Es muss der letzte gewöhnliche Aufenthalt ermittelt werden, bevor man sich Zuständigkeiten anmaßt.

    Die testamentarische Alleinerbin hat mir gegenüber geäußert, dass er sowohl in Frankreich verstorben ist, als auch zuletzt dort gelebt habe, jedoch hier eine Eigentumswohnung hatte. (unter letzterer war er auch in Deutschland gemeldet)

    Als diese bei mir das Testament abliefern wollte, habe ich aus diesem Grund abgelehnt.

    Daneben haben auch die gesetzlichen Erben in einer anderen Sache mitgeteilt, dass der Erblasser in seinem Haus in Frankreich verstorben sei, wo er auch zuletzt gelebt habe.

     Mich hatte einer von den gestelichen Erben angerufen (in der anderen Sache) und mir dabei eröffnet, dass schon der Erbnachweis aufgrund gesetzlicher Erbfolge in Frankreich vorbereitet wird.

    Diesem habe ich sodann mitgeteilt, dass ich Kenntnis davon habe, dass hier Person xy im Besitz eines Testaments ist.

    Davon war er überrascht.

    Den Gläubigeranfragen nach zu deuten ist der Erblasser hier steuerrechtlich in Erscheinung getreten. (Kann natürlich die Wohnung betreffen)

    Daneben war hier ein Auto zugelassen.

    Nichts desto trotz hat er zuletzt nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in Frankreich gelebt.

    Ich hab mich dann nur nach dem Telefonat gefragt, ob ich das Testament nicht hätte müssen entgegen nehmen.

  • Hallo zusammen,

    ich habe folgenden ähnlichen Fall, bei dem ich ehrlich gesagt nicht weiß, wie ich jetzt vorzugehen habe:

    Aufgrund einer Sterbefallbenachrichtigung habe ich im November 2022 eine letztwillige Verfügung eröffnet, die sich bei uns in der amtlichen Verwahrung befand. Ein letzter Wohnsitz der verstorbenenn Person war in der Sterbefallbenachrichtigung nicht angegeben, verstorben ist die Person in Frankreich. Als zuständiges Nachlassgericht wurde das Amtsgericht Berlin-Schöneberg genannt.

    Über das Melderegister konnte ich zunächst nur erkennen, dass der Erblasser bis März 2014 noch in meinem Bezirk gemeldet war und dann verzogen ist. Wohin war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt.

    Gemeldet in meinem Bezirk war der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes nicht mehr.

    Mittlerweile konnte ich über den Sohn ermitteln, dass der letzte gewöhnliche Aufenthalt tatsächlich in Frankreich war.

    Was mache ich jetzt mit dem eröffneten Testament? Örtlich zuständig bin ich ja nicht bzw. tatsächlich nie gewesen (weshalb wohl die Eröffnung an sich schon nicht korrekt war, aber sie ist ja nun einmal erfolgt...) Wohin übersende ich das Testament?

    Herzlichen Dank für eure Hilfestellungen!

  • Habe dazu noch das gefunden: OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 26.5.2020 – 21 SV 2/20

    Betrifft aber EU Ausland...

    Herzlichen Dank schon einmal dafür!! Der vorliegende Fall betrifft aber leider Thailand und ich denke, dass ich meinen Sachverhalt (Frankreich) nicht ohne Weiteres ebenso behandeln kann.

    Vielleicht hat ja noch jemand eine Idee, was ich mit dem hier eröffneten Testament nun anfange?

    In Frankreich gibt es ja -nach meiner Recherche- auch keine Nachlassgerichte, sondern lediglich Notare. Wie kann ich da rausfinden, wohin ich das Testament übersenden muss?

  • Ich habe genau das gleiche jetzt auch auf dem Tisch.... :S

    Notarielles Testament bei uns verwahrt, letzter gewöhnlciher Aufenthalt in Frankreich.

    Grundbesitz in meinem Bezirk.

    Ich habe noch nicht mal eine ZTR Mitteilung, sodass ich nicht sicher wissen kann, ob woanders noch Verfügungen verwahrt sind...

    Pippi Langstrumpf
    29. Juni 2020 um 14:45

    Habe das hier noch gefunden :)

    Ich bin mir trotzdem nicht zu 100 % sicher, wie ich vorgehen muss. Gerade auch wegen der Problematik mit den Notaren.

  • Ich habe jetzt die französische Botschaft in Berlin angeschrieben (unter Übersendung einer begl. Abschrift der letztwilligen Verfügung) mit der Bitte um Mitteilung, wohin ich das Testament zu versenden habe. Hatte ich gestern hier im Forum gefunden. Und da war auch eine Fundstelle, dass die Eröffnung durch mich durchaus in Ordnung war.

    Die Akte ist jetzt schon wieder weg, aber bei Bedarf schaue ich gerne nochmal.

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