Erwerbsgeschäft Minderjähriger Genehmigung

  • Hallo, ich stehe etwas auf dem Schlauch und benötige einen Rat. Bedarf es ab 2023 noch einer familiengerichtlichen Genehmigung, wenn ein Minderjähriger beim Gewerbeamt ein Gewerbe anmelden möchte? Vorher war dies ja nach §§ 1643 Abs. 1, 1822 Ziff. 3 BGB genehmigungspflichtig. Seit 01.01.2023 gibt es nach § 1645 n.F. (für Vormund § 1847 BGB n.F.) nur noch eine Anzeigepflicht: Eltern haben Beginn, Art und Umfang eines neuen Erwerbsgeschäfts im Namen des Kindes beim Familiengericht anzuzeigen.

    Andererseits ist der § 112 BGB (selbständiger Betrieb eines Erwerbsgeschäfts: Genehmigung des Familiengerichts) geblieben.

    Wie verfahre ich nunmehr?? Muss doch noch ein Genehmigungsbeschluss erlassen werden? (worin besteht die Unterscheidung zwischen § 112 und § 1645 n.F.) Vielen lieben Dank im Voraus.

  • § 112 BGB ist, wenn der Minderjährige selbst das Gewerbe ohne die Eltern betreiben möchte. In diesem Fall trägt er auch das volle unternehmerische Risiko insbesondere ohne die Möglichkeit, sich später auf die beschränkte Minderjährigenhaftung berufen zu können.

    § 1645 BGB regelt im Gegensatz, wenn das Gewerbe mit den Eltern betrieben wird. Der Minderjährige kann in diesem Fall nicht selbst wirksam Verträge usw. abschließen, sondern es muss alles über die Eltern laufen. Hat aber für den Minderjährigen den Vorteil, dass er rechtlich deutlich besser abgesichert ist.

  • Grundsätzlich ja. Wenn der zeitliche Aufwand allerdings lediglich einen relativ geringen Umfang haben soll, kommt auch eine Ermächtigung nach § 113 BGB in Betracht. Dabei kann es sich auch um eine selbständige Tätigkeit handeln. § 112 BGB - und damit ein Genehmigungserfordernis - kommt nur dann zum Tragen, wenn der Betrieb des Erwerbsgeschäfts weit über das Eingehen eines selbständigen Dienstverhältnisses hinausgehen soll.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Ich schließe mich hier mal an. Habe einen Antrag des Minderjährigen (Einzeiler) vorliegen, der die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit für Rechtsgeschäfte, die "sein Unternehmen betreffen" begehrt.

    Also Antrag nach § 112 Abs. 1 S. 1 BGB. Von den Eltern liegt ebenfalls eine kurze Zustimmungserklärung unterschrieben vor. Was würdet Ihr euch alles anfordern?
    Würdet Ihr erstmal schriftlich Euch die ganzen grundlegenden Unterlagen (um was geht es genau, Kreditaufnahme nötig, welche steuerrechtlichen Rahmenbedingungen...) vom Kind selbst (ist 16) anfordern, und danach persönlich anhören? Ich habe so wirklich gar keine Informationen bisher vorliegen. Es klingt auch so, als gäbe es das Unternehmen schon, was ja wiederum anzeigepflichtig wäre. Vielleicht hat jemand Tipps.

  • Das fängt ja schon mal wenig vielversprechend an....

    Ich würde erstmal um ordentlichen Sachvortrag zu dem geplanten Unternehmen und seinen persönlichen Verhältnissen bitten. Die Aufforderung würde ich bewusst offen formulieren und keinen umfassenden Fragenkatalog übersenden (der Jugendliche will ja ein Gewerbe betreiben, da kann er dann gleich mal zeigen, dass er zumindest eine grobe Ahnung hat, auf was es ankommt).

    Ich würde erwarten, dass der Jugendliche von sich aus seine schulische Situation oder den Stand seiner Berufsausbildung schildert und darauf eingeht, warum er jetzt schon ein Unternehmen gründen will und wie er auf diese Branche kommt. Bei Schulbesuch würde mich auch die schulischen Leistungen interessieren.

    Bei dem Gewerbe sollte er vortragen, was er genau machen will, wie er das zu finanzieren gedenkt, welchen Zeitaufwand er einkalkuliert, wie er sich die notwendigen fachlichen und rechtlichen Kenntnisse verschafft (z.B. Existenzgründerkurs der IHK, entsprechende Berufsausbildung). Je nach Art des Gewerbes könnte auch ein Businessplan erforderlich sein.

    Wenn die Antwort vorliegt, würde ich einen Anhörungstermin bestimmen und etwaige offene Fragen im persönlichen Gespräch klären. Ich bin kein großer Freund davon, die Angelegenheit schon vor dem Termin "auszuschreiben", da man nie weiß, wer beim Abfassen der Briefe hilft. In meinen Augen macht es Sinn, sich etwaige Rückfragen für den Termin aufzuheben. Hier zeigt sich dann recht schnell, ob der Jugendliche eine Ahnung von dem hat, was er da genehmigt bekommen möchte.

    Etwaige fehlende Unterlagen können (sofern es noch darauf ankommt) auch nach dem Termin nachgefordert werden.

    Auch wenn es ein wenig OT ist, erlaube ich mir noch einen Hinweis:

    Neben den klassischen Jugendlichen, die etwas blauäugig an die Sache herangehen, gibt es (gerade in letzter Zeit) die Tendenz, dass versucht wird, die Kinder als Strohmänner für das Geschäft der Eltern einzuspannen. Grund ist meist eine Insolvenz, Zwangsvollstreckungen und/oder die Gewerbeuntersagung. Daher kann zumindest ein Blick in die Insolvenzbekanntmachungen oder eine Rückfrage an die M-Abteilung nicht schaden. Außerdem schaue ich immer mal im Internet, was ob es unter dem Namen/der Adresse schon mal einen vergleichbaren Gewerbebetrieb gab.

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