Als Rechtspfleger Schöffe werden?

  • Hey,

    mich beschäftigt angesichts der Schöffenwahlen folgende Frage:

    Kann man sich als Rechtspfleger(in) auf das Schöffenamt bewerben?

    In der Kommentierung zu § 34 GVG lassen sich hierzu unterschiedliche Auffassungen finden,

    die einen verneinen die Möglichkeit hierzu, da ein Rechtspfleger richternahe Aufgaben ausübt/richterliche Tätigkeiten übernommen hat.

    Die anderen bejahen die Möglichkeit, da § 34 GVG einen Ausschluss vom Wortlaut her bereits nicht hergibt (das würde ich auch so sehen).

    Meine persönliche Situation ist folgende:

    Ich bin an einem Sozialgericht tätig, welches sich nicht an meinem Wohnort befindet.

    Ich spiele mit den Gedanken mich als Schöffin in der ordentl. Gerichtsbarkeit meines Wohnortes zu bewerben.

    Es läuft allerdings auch ein Versetzungsantrag in die ordentl. Gerichtsbarkeit meines Wohnortes.

    Wäre eine Bewerbung möglich/sinnvoll? Was meint ihr?

    Welche Erfahrungen habt ihr diesbezüglich gemacht?

    Habt ihr von Gerichten gehört, die Rechtspfleger als Schöffen eingesetzt haben?

    Danke für eure Meinungen :)

  • Ich meine, dass so vor 20 Jahren eine Kollegin Schöffin gewesen ist. An dem Gericht, an dem sie auch sonst gearbeitet hat (ohne Gewähr allerdings).

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Als ich mich da vor 2 Jahren mal informiert habe, hab ich im Informationsflyer vom "meinem" Justizministerium noch gelesen, dass ich als Rechtspfleger kein Schöffe werden kann. Allerdings wurde der Flyer zwischenzeitlich aktualisiert und jetzt steht dazu nichts mehr drin.

    Insofern einfach mal bewerben, würde ich sagen :D

  • Ich kenne eine Kollegin der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die am Sozialgericht im Nachbarbundesland (wo sie wohnt) Schöffin ist.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • In der Kommentierung zu § 34 GVG lassen sich hierzu unterschiedliche Auffassungen finden,

    die einen verneinen die Möglichkeit hierzu, da ein Rechtspfleger richternahe Aufgaben ausübt/richterliche Tätigkeiten übernommen hat.

    Die anderen bejahen die Möglichkeit, da § 34 GVG einen Ausschluss vom Wortlaut her bereits nicht hergibt (das würde ich auch so sehen).

    In vier Kommentaren schreibt das nur einer. Die anderen halten uns für Urkundsbeamte der anderen Art. Wenn bedarf ist, wird man sicher auch Rechtspfleger nehmen. Wegen des "soll" in Art. 34 GVG ist die Ernennung in jedem Fall wirksam.

  • Zumindest nach der Kommentarliteratur sollte es möglich sein:

    Als Richter gelten alle Richter gleich welchen Status sie haben und welchem Gerichtszweig sie angehören. Ebenso wenig relevant sind etwaige Abordnungsverhältnisse, so dass die aktuelle nicht richterliche Tätigkeit außer Betracht zu bleiben hat. Ausgenommen sind allein Rechtsreferendare (s: jedoch: AG Berlin-Tiergarten Beschl. v. 8.3.1989 – 245 Sam IIa 324/89 mit dem Ergebnis, dass „Gerichtsreferendare“ aus der Schöffenliste zu streichen seien). Auf ehrenamtliche Richter findet § 35 Nr. 2 Anwendung (Meyer-Goßner/Schmitt Rn. 7). Eine entsprechende Anwendung auf Rechtspfleger kommt nicht in Betracht (SK-StPO/Degener Rn. 5; Löwe/Rosenberg/Gittermann Rn. 8).

    (BeckOK GVG/Goers, 17. Ed. 15.11.2022, GVG § 34 Rn. 10)

    Überlegt habe ich da auch schonmal, weil es bestimmt interessant ist. Allerdings bin ich am Landgericht tätig und weiß nicht, ob ich das dann auch an meinem Gericht bzw. einem anderen Gericht im hiesigen Bezirk machen möchte.

    "Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe." - Pippi Langstrumpf

  • Ich würde der Frage, ob das geht, aus Interessentensicht gar nicht so großen gedanklichen Aufwand widmen. Das muss schließlich das jeweilige Gericht in Bezug auf die Berufung als Schöffe entscheiden, wenn man hier von einem Inkompatibilitätsproblem ausgeht.

  • In unserer Zeitung stand anlässlich der Ausschreibung für die Schöffenwahl dass hauptamtlich bei der Justiz tätigen Leute nicht Schöffe werden sollen.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Rechtspfleger bei der Staatsanwaltschaft werden auf jeden Fall nicht für das Schöffenamt zugelassen.

    Das ist durch die Sollvorschrift in § 34 Abs. 1 Nr. 4 GVG abgedeckt ("Zum Amt eines Schöffen sollen ferner nicht berufen werden... Beamte der Staatsanwaltschaft...").

    In unserer Zeitung stand anlässlich der Ausschreibung für die Schöffenwahl dass hauptamtlich bei der Justiz tätigen Leute nicht Schöffe werden sollen.

    Das halte ich auf diesem allgemeinen Level nicht für zutreffend, da so nicht durch die berufsbezogenen Gründe in § 34 Abs. 1 Nr. 4, 5 GVG erfasst.

    Wenn jemand mit hauptamtlicher Tätigkeit bei der Justiz ohne Zugehörigkeit zu einer in § 34 Abs. 1 Nr. 4, 5 GVG nicht benannten Berufsgruppe nicht berufen wird, führt das nach meiner Meinung zu der Frage, ob das im Strafprozess wegen fehlerhafter Schöffenwahl eine Besetzungsrüge bzw. die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter begründet.

  • Also ich wurde 2019 als Schöffin zugelassen. Zu diesem Zeitpunkt war ich als Beamtin bei einer Bundesbehörde (außerhalb der Justiz) tätig. Bei meiner Bewerbung hatte ich allerdings angegeben, dass ich Rechtspflege studiert habe und auch bis 2016 als Rechtsflegerin gearbeitet habe. Zu diesem Zeitpunkt hatte das niemand gestört. Im Oktober 2019 wurde ich wieder in die Justiz versetzt und habe wieder als Rechtspflegerin gearbeitet. Dies hatte ich der Verwaltung des betreffenden Landgerichts angezeigt und prompt kam meine Entlassung als Schöffin mit Verweis auf §§ 52 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 1 Nr 5 GVG. Ich bin zwar dagegen vorgegangen, weil ich die gleiche Ansicht wie Breamter vertrete, aber leider ohne Erfolg.

    Konsequenterweise hätte man mich aufgrund meines Studiums aber gleich als Schöffin ausschließen müssen.

  • Vielen Vielen Dank für all die Antworten! Es scheint ja doch sehr unterschiedliche Ansichten zu geben. Ich habe mich daher erst einmal dazu entschlossen bei meiner zuständigen Stelle der Stadt nachzufragen, ob eine Bewerbung möglich wäre. Hier warte ich auf Antwort. Ansonsten würde ich es vermutlich erst einmal auf eine Bewerbung ankommen lassen.

    Pusteblume - sehr interessant, dass du dagegen vorgegangen bist aber keinen Erfolg hattest! Dürfte ich erfahren in welchem Bundesland das war?

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