Vermögensanlagen nach der Reform

  • Dürfen befreite Betreuer nun eigenmächtig Vermögensanlageentscheidungen treffen oder müssen Sie weiter hin auf die Mündelsicherheit (#1859) achten bzw. Wochenlang in einem Genehmigungsverfahren verweilen?

    Können Sie auch eine Befreiung von #1859 beantragen?

  • Wenn der Betreuer - befreit oder nicht - Geld vom Girokonto auf ein verzinsliches Anlagekonto (Festgeldkonto, Tagesgeldkonto), § 1841 BGB, überträgt, dann benötigt er hierfür keine betreuungsgerichtliche Genehmigung, § 1848 BGB.

    Frage: Gilt dies auch, wenn der nicht befreite Betreuer Geld von einem Anlagekonto (z.B. Sparbuch) auf ein anderes Anlagekonto überträgt ?

    Der Betreuer muss aber die Geldanlage dem Betreuungsgericht nach § 1846 BGB anzeigen und die Sperrvereinbarung gem.

    § 1845 BGB vorlegen.

    Der befreite und der nicht befreite Betreuer bedarf jedoch der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn er Anlagegeld anders als auf einem Anlagekonto gemäß § 1841 Absatz 2 anlegt, § 1848 BGB.

    Die Auflösung eines Girokontos ist genehmigungsfrei, da diese Verfügung, wenn das Guthaben bereits ausgezahlt ist, nicht mehr auf eine Geldleistung (§ 1849 BGB Absatz 1 Nummer 1) oder andernfalls auf eine genehmigungsbefreite Geldleistung (§ 1849 BGB Absatz 2 Nummer 1 b) gerichtet ist.

    HorstD
    9. Februar 2023 um 17:04

    #117

  • Wenn der Betreuer - befreit oder nicht - Geld vom Girokonto auf ein verzinsliches Anlagekonto (Festgeldkonto, Tagesgeldkonto), § 1841 BGB, überträgt, dann benötigt er hierfür keine betreuungsgerichtliche Genehmigung, § 1848 BGB.

    Frage: Gilt dies auch, wenn der nicht befreite Betreuer Geld von einem Anlagekonto (z.B. Sparbuch) auf ein anderes Anlagekonto überträgt ?

    Das ist nicht direkt Frage der Befreiung, sondern ob ersteres Konto versperrt ist. Dann braucht der Betreuer eine Genehmigung zur Verfügung darüber nach § 1845 BGB, egal wohin er es überweisen möchte.

    Zusammengefasst lässt sich noch sagen, dass die gesetzlichen Befreiungen nach § 1859 BGB für die Anlage von Geld selbst nun keine Erleichterungen mehr beinhalten. Lediglich die auf Antrag vom Gericht erteilten Befreiungen nach § 1860 BGB können dies bewirken.

  • vgl. § 1849 Abs. 2 Ziff. 1. c) BGB:

    § 1849 BGB
    Genehmigung bei Verfügung über Rechte und Wertpapiere

    (1) 1Der Betreuer bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts zu einer Verfügung über

    1.ein Recht, kraft dessen der Betreute eine Geldleistung oder die Leistung eines Wertpapiers verlangen kann,
    2.ein Wertpapier des Betreuten,
    3.einen hinterlegten Wertgegenstand des Betreuten.

    2Das gleiche gilt für die Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung.

    (2) 1Einer Genehmigung bedarf es nicht,

    1.im Fall einer Geldleistung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, wenn der aus dem Recht folgende Zahlungsanspruch
    a)nicht mehr als 3 000 Euro beträgt,
    b)das Guthaben auf einem Girokonto des Betreuten betrifft,
    c)das Guthaben auf einem vom Betreuer für Verfügungsgeld ohne Sperrvereinbarung eröffneten Anlagekonto betrifft,
    d)zu den Nutzungen des Vermögens des Betreuten gehört oder
    e)auf Nebenleistungen gerichtet ist,
    2.im Fall von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, wenn die Verfügung über das Wertpapier
    a)eine Nutzung des Vermögens des Betreuten darstellt,
    b)eine Umschreibung des Wertpapiers auf den Namen des Betreuten darstellt,
    3.im Fall einer Verfügung nach Absatz 1 Satz 1, wenn die Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung bereits durch das Betreuungsgericht genehmigt worden ist.

    2Satz 1 Nummer 2 gilt entsprechend für die Eingehung einer Verpflichtung zu einer solchen Verfügung.

    (3) 1Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a ist nicht anzuwenden auf eine Verfügung über einen sich aus einer Geldanlage ergebenden Zahlungsanspruch, soweit er einer Sperrvereinbarung unterliegt, sowie über den sich aus der Einlösung eines Wertpapiers ergebenden Zahlungsanspruch. 2Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe d ist nicht anzuwenden auf eine Verfügung über einen Zahlungsanspruch, der einer Sperrvereinbarung unterliegt und eine Kapitalnutzung betrifft.

    (4) Die vorstehenden Absätze gelten entsprechend für die Annahme der Leistung.

    Einmal editiert, zuletzt von ollik (28. Februar 2023 um 17:00)

  • helft mir bitte - es dreht sich alles nur noch in meinem Kopf.

    Die Betroffene wird von einer Vereinsbetreuerin betreut.

    Das gesamte Vermögen befindet sich zur Zeit auf dem Girokonto (rund 100.000,00€).

    Die Betreuerin legt nun ein Angebot einer Bank vor.

    Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, brauche ich hier keine Genehmigung und auch keinen Sperrvermerk?

  • Hallo, soweit das Geld nach § 1842 BGB (also „mündelsicher“, von der Einlagensicherung erfasst) angelegt wird, dann nein, wenn anders (zB in Fonds, Aktien usw) angelegt werden soll, dann ja (§ 1848 BGB). Und dann muss der Beschluss rechtskräftig sein, da jetzt Außengenehmigung (§ 40 FamFG).

    Ausnahme wieder dann, wenn eine Einzelbefreiung nach § 1860 BGB erteilt wurde.

  • helft mir bitte - es dreht sich alles nur noch in meinem Kopf.

    Die Betroffene wird von einer Vereinsbetreuerin betreut.

    Das gesamte Vermögen befindet sich zur Zeit auf dem Girokonto (rund 100.000,00€).

    Die Betreuerin legt nun ein Angebot einer Bank vor.

    Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, brauche ich hier keine Genehmigung und auch keinen Sperrvermerk?

    Richtig.

    Die vorgenommene Eröffnung eines Anlagenkontos ist durch die Betreuerin lediglich mit den entsprechenden Angaben umgehend mitzuteilen, § 1846 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 BGB.

    Und die Vereinsbetreuerin ist von der Pflicht zur Sperrvereinbarung ausgenommen, vgl. § 1859 BGB.

  • Ich habe gerade einen Antrag einer Berufsbetreuerin vor mir liegen. Sie möchte 50.000,00 € vom Girokonto anlegen und zwar in Sparbriefen und Kündigungsgeld.

    Dafür braucht sie keine Genehmigung, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe :?: , nur die Anlagen mitteilen/nachweisen mit dem erforderlichen Sperrvermerk, zu mindestens bei dem Kündigungsgeld.

    Wissen das auch die Banken?

  • Interessante Geldanlage mit kurzer Kündigungsfrist

    Sie möchten gerne Geld anlegen, welches Sie mindestens die nächsten 35 Tage nicht verwenden werden? Dann ist das Kündigungsgeld eine geeignete Anlageform für Sie. Um über Teilbeträge oder den gesamten Anlagebetrag verfügen zu können wird zwischen der Bank und Ihnen eine Kündigungsfrist von 35 Tagen festgelegt.

    Habe ich mal aus dem Internet "kopiert".

    Die Betreuerin möchte das Geld anlegen, aber für den Notfall auch nicht nur festanlegen.

    Das Geld soll bei der Sparkasse angelegt werden.

  • Hallo in die Runde,

    benötigt der befreite Betreuer für die Kündigung des Anlagekontos (Sparbuch ohne Sperrvermerk) mit einem Guthaben von weit unter 3.000 € eine Genehmigung? Das Geld soll bei einer anderen Bank auf ein neues Sparbuch gezahlt werden.

    Gruß Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • In der Hoffnung, nichts übersehen zu haben und mich angesichts meiner Verwirrung nicht komplett zum Deppen zu machen, brauch ich auch mal eure Hilfe:

    Bei einer der hiesigen Banken mit einem Logo, das einem Fragezeichen ähnelt, sind zur Zeit wieder Festzinsanleihen hoch im Kurs. Diese werden häufig den Betreuern angeboten.

    Seit 01.01.2023 sehen die Kollegen und ich bezüglich dieser Anlagen folgendes Problem:

    Die Festzinsanleihen unterliegen knappen Zeichnungsfristen, drei Wochen sind da schon hochgegriffen. Wenn der Betreuer also heute einen Beratungstermin hatte und sich dächte "Mensch, das klingt ja klasse, das schließ ich für den Betreuten ab.", wäre mit der Reform nun folgendes Problem hinsichtlich der Genehmigung eingetreten:

    Aus der Innengenehmigung nach altem Recht ist ja nun eine Außengenehmigung geworden...

    Das Genehmigungsverfahren dauert aber seine Zeit (Betreuer erscheint erst am nächsten Tag oder sendet die Anregung per Post, Personalsituation im Gericht, Anhörung, Rechtsbehelfsfrist etc.) - aus unserer Sicht ist es nahezu nicht möglich, die rechtskräftige Genehmigung innerhalb der Zeichnungsfrist zu erteilen.

    Hier kursiert eine "Betreuungsreform 2023 FAQ Betreuungsdepots"-Info des Festzinsanleihen-Anbietenden, aus der hervorgeht:

    "Die Nachreichung des Genehmigungsbeschlusses des Betreuungsgerichts wird seitens der [Bank] aufgrund der damit verbundenen Risiken und Aufwände nicht akzeptiert." Folglich müsste hier eine Vorabgenehmigung erfolgen, was aber wegen der oben dargestellten Zeitabläufe im Regelfall so nicht möglich ist.

    Wir hatten hier überlegt, ob man wie folgt handeln könnte:

    Betreuer bringt konkretes Angebot für eine solche Anleihe mit und man prüft, ob die so genehmigungsfähig wäre. So dem so wäte, erteilte man eine Genehmigung nach Art "Dem Betreuer wird der Erwerb/die Anlage von [Betrag] € zu folgenden Mindestkonditionen betreuungsgerichtlich genehmigt: [hier fügt man dann die Konditionen aus dem Produkt ein, hinsichtlich dessen man die Genehmigung erteilt hätte]...

    Habt ihr ähnliche Fragen? Oder noch besser Lösungen? Oder am allerbesten: Erfahrungen?

    Oder sehen die Kollegen und ich hier ein Problem, wo gar keins ist?

  • § 1848 BGB ist zwar eine Außengenehmigung. Aber da es ein Vertrag ist, kann doch gem § 1856 BGB auch nachträglich genehmigt werden. Das eigentliche Problem hat die Bank, wenn die Genehmigung versagt wird (wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit?) Denn dann müssten die den Kauf rückgängig machen. Wie wärs denn damit: die Genehmigung liegt vor, sie ist aber noch nicht rechtskräftig. Der Betreuer und der Betreute werden wohl kaum Beschwerde einlegen. Das wäre zwar formal ein Fall des § 1856 (weil ja das Rechtskraftdatum Maßgeblich ist, nach „normalem“ Rechtsverständnis aber eine Vorabgenehmigung.

  • Danke, das stimmt natürlich. Allerdings gibt's - so denke ich - im Prinzip zwei praktische Probleme.

    Die nachträgliche Genehmigung ist zwar möglich, wird von der Bank so aber nicht mehr akzeptiert - offensichtlich gab's doch den einen oder anderen Rückabwicklungsfall, der - so das Infoblatt der Bank - zu immensem Rückabwicklungsaufwand geführt habe.

    Eine Vorabgenehmigung scheitert in der Regel an den Zeichnungsfristen. Ich brauch ja zur Prüfung trotzdem die konkreten Konditionen, um über die Genehmigungsfähigkeit entscheiden zu können.

    Die Zeichnungsfristen für die Produkte sind mitunter so kurz, dass - wenn der Betreuer nicht sofort losrennt, um die Erteilung der Genehmigung hier anzuregen/die Geschäftsstelle nicht ausreichend besetzt ist, um die Eingänge zuzuordnen/d. Rechtspflegerebene auch nur ein paar Tage nicht ausreichend besetzt ist/das Postunternehmen auch nur ein bisschen länger braucht - noch nicht einmal der Genehmigungsbeschluss, geschweige denn in rechtskräftiger Ausfertigung, innerhalb der Zeichnungsfrist bekanntgegeben ist.

  • Hallo in die Runde,

    benötigt der befreite Betreuer für die Kündigung des Anlagekontos (Sparbuch ohne Sperrvermerk) mit einem Guthaben von weit unter 3.000 € eine Genehmigung? Das Geld soll bei einer anderen Bank auf ein neues Sparbuch gezahlt werden.

    Gruß Grottenolm

    Nö, ist ja gerade nicht versperrt und § 1849 BGB greift nicht, weil unter 3.000 €.

    Betreuer bringt konkretes Angebot für eine solche Anleihe mit und man prüft, ob die so genehmigungsfähig wäre. So dem so wäte, erteilte man eine Genehmigung nach Art "Dem Betreuer wird der Erwerb/die Anlage von [Betrag] € zu folgenden Mindestkonditionen betreuungsgerichtlich genehmigt: [hier fügt man dann die Konditionen aus dem Produkt ein, hinsichtlich dessen man die Genehmigung erteilt hätte]...

    DIe Vorabgenehmigung dürfte wohl die beste Lösung sein. Die allgemeinen Vertragskonditionen bei einer Festgeldanlage ändern sich ja normalerweise nicht großartig, lediglich der Zins mag schwanken. Aber wenn man da dann halt einfach wie von dir beschrieben einen Mindestzins, Höhe und Laufzeit bestimmt, sollte das kein Problem sein. Dann muss der Betreuer damit nur noch zur Bank gehen und bekommt hoffentlich ein entsprechendes Angebot.

  • Mein befreiter Betreuer will eine Rentenfondversicherung bei einer LebensversicherungsAG der S***kasse abschließen.

    Es gibt einen guten Garantiezins.

    Eine Genehmigung ist ja erforderlich, da es sich nicht um ein Kreditinstitut handelt. Hättet ihr Bedenken? Es soll nur ein Bruchteil des Vermögens angelegt werden.

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