Fiskuserbrecht - Erblasserin 1909 verstorben

  • Hallo,

    habe hier eine Anregung eines Landkreises hinsichtlich der Feststellung des Fiskuserbrechts auf dem Tisch. Die Erblasserin ist als Eigentümerin in einem Grundbuch eingetragen.

    Sie verstarb im Jahr 1909 und es konnten keine Erben ermittelt werden. Sie verstarb in einer Stadt in Brandenburg,

    Nunmehr wollte ich die öffentliche Aufforderung machen, jedoch bin ich mir unsicher, welcher Fiskus als Erbe in Betracht kommt. Das Land Brandenburg, vertreten durch das Ministerium der Finanzen, kann es offensichtlich nicht sein, da im Jahr 1909 noch das deutsche Kaiserreich existierte.

    Hatte von Euch schon mal jemand so eine Konstellation und kann mir helfen? Meine Recherchen haben leider nichts ergeben.

    Vielen Dank und liebe Grüße,

    Tim

  • Fiskuserbe wäre damals (vermutlich - es gibt "Grenzfälle", bei denen heute brandenburgische Gebiete nicht in Preußen, sondern in Mecklenburg-Schwerin oder Mecklenburg-Strelitz lagen) das Köngreich Preußen geworden, das nach Ende der Monarchie zum Freistaat Preußen wurde. Mit Kontrollratsgesetz Nr. 46 („Auflösung des Staates Preußen“) vom 25. Februar 1947 wurde Preußen aufgelöst; Rechtsnachfolger waren die Länder, auf deren Gebiet jeweils das betreffende Staatsgebiet lag. In der DDR waren Rechtsnachfolger der Länder die Bezirke, und deren Rechtsnachfolger sind die (neuen) Länder, gemäß Ländereinführungsgesetz vom 22. Juli 1990.

    Daher: "Land Brandenburg" ist vermutlich schon richtig.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ehe man sich über die Rechtsnachfolge des preußischen Staats Gedanken macht müsste man eigentlich prüfen, ob der Erblasser überhaupt preußischer Staatsangehöriger war.

    Urfassung BGB:

    "§. 1936. Ist zur Zeit des Erbfalls weder ein Verwandter noch ein Ehegatte des Erblassers vorhanden, so ist der Fiskus des Bundesstaats, dem der Erblasser zur Zeit des Todes angehört hat, gesetzlicher Erbe. Hat der Erblasser mehreren Bundesstaaten angehört, so ist der Fiskus eines jeden dieser Staaten zu gleichem Antheile zur Erbfolge berufen. War der Erblasser ein Deutscher, der keinem Bundesstaat angehörte, so ist der Reichsfiskus gesetzlicher Erbe."

  • Sofern der Erblasser in Preußen wohnhaft war, ist das Königreich Preußen Fiskuserbe und im Beschluss auszuweisen.

    Daher: "Land Brandenburg" ist vermutlich schon richtig.

    Wie kommst du darauf? Was hat das Land Brandenburg damit zu tun?

    Es handelt sich um Bundesfinanzvermögen. Die BImA ist zu beteiligen.

    Sobald das Fiskuserbrecht festgestellt wird, befindet sich das Grundstück im "Eigentum des Volkes". Die BImA muss nach Erbscheinserteilung erst noch die Vermögenszuordnung auf die Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzvermögen) veranlassen.

  • Es handelt sich um Bundesfinanzvermögen. Die BImA ist zu beteiligen.

    Sobald das Fiskuserbrecht festgestellt wird, befindet sich das Grundstück im "Eigentum des Volkes". Die BImA muss nach Erbscheinserteilung erst noch die Vermögenszuordnung auf die Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzvermögen) veranlassen.

    Wie kommst du darauf?

    Der Bund (bzw. damals das Reich) ist im Jahre 1909 sicher nicht Erbe geworden.

  • Sofern der Erblasser in Preußen wohnhaft war, ist das Königreich Preußen Fiskuserbe und im Beschluss auszuweisen.

    Daher: "Land Brandenburg" ist vermutlich schon richtig.

    Wie kommst du darauf? Was hat das Land Brandenburg damit zu tun?

    Es handelt sich um Bundesfinanzvermögen. Die BImA ist zu beteiligen.

    Sobald das Fiskuserbrecht festgestellt wird, befindet sich das Grundstück im "Eigentum des Volkes". Die BImA muss nach Erbscheinserteilung erst noch die Vermögenszuordnung auf die Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzvermögen) veranlassen.

    § 8 VZOG erfordert Voreintragung als "Eigentum des Volkes" - liegt hier nicht vor.

    OLG Naumburg, 24.08.2017, 2 Wx 40/16 gilt nur für Grundstücke, die nach Fiskuserbrecht ZGB-DDR vererbt wurden - das liegt hier auch nicht vor.

    Da bisher nicht festgestellt wurde, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, handelt es sich auch nicht um Finanzvermögen (Art 22 Einigungsvertrag - nur dieses geht auf die BImA über, Art. 2 Abs. 1 Finanzvermögen-Staatsvertrag.

    Also bleibt es bei § 1936 BGB, in der heute geltenden Fassung, daher Kgr. Preußen (oder u.U. eines der Mecklenburgs) und dessen Rechtsnachfolger.

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  • Tom hat in #2 das Ergebnis seiner Rechtsnachfolgerecherche mitgeteilt.

    Was ich mich frage, ob 1952 wirklich die Bezirke Rechtsnachfolger der aufgelösten Länder geworden sind (und wo das steht), oder ob die DDR nicht das Eigentum der Länder "dem Volk" oder "der Republik" zugeschustert hat. Dann könnte nämlich 1990 der Bund Rechtsnachfolger geworden sein.

  • Tom hat in #2 das Ergebnis seiner Rechtsnachfolgerecherche mitgeteilt.

    Was ich mich frage, ob 1952 wirklich die Bezirke Rechtsnachfolger der aufgelösten Länder geworden sind (und wo das steht), oder ob die DDR nicht das Eigentum der Länder "dem Volk" oder "der Republik" zugeschustert hat. Dann könnte nämlich 1990 der Bund Rechtsnachfolger geworden sein.

    Es geht hier um Funktionsnachfolge, daher Länder -> Bezirke: § 4 Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Länder in der Deutschen Demokratischen Republik (und wieder auf die neuen Länder: § 21 Abs. 1 Ländereinführungsgesetz).

    Eigentümer sind bisher übrigens "die unbekannten Erben nach [Eigentümerin]".

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  • Hm, wenn ich mir § 4 Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Länder in der Deutschen Demokratischen Republik anschaue, da ist nur die Rede von "Überleitung der bisher von den Landesregierungen wahrgenommenen Aufgaben auf die Organe der Bezirke". Gehört dazu auch die Nachfolge an geerbtem Eigentum, das nicht staatlichen Verwaltungsaufgaben dient?

  • Was ich mich frage, ob 1952 wirklich die Bezirke Rechtsnachfolger der aufgelösten Länder geworden sind (und wo das steht), oder ob die DDR nicht das Eigentum der Länder "dem Volk" oder "der Republik" zugeschustert hat.

    Früheres Reichs–, Länder– und Kommunalvermögen ging unterschiedslos in Volkseigentum über (BVerwG, VIZ 1996, 39 (41).

    Art. 21, 22 EinigungsV regeln den Übergang volkseigenen Vermögens.

    Dann könnte nämlich 1990 der Bund Rechtsnachfolger geworden sein.

    Die DDR ist als Rechtssubjekt, also als Trägerin von Rechten und Pflichten, mit dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 untergegangen.

    Eine universelle, das heißt alle bestehenden Rechte und Pflichten der ehemaligen DDR oder ihrer Rechtsträger umfassende Rechtsnachfolge der Bundesrepublik Deutschland oder anderer Körperschaften beziehungsweise Anstalten desöffentlichen Rechts ist zwischen den Parteien des Einigungsvertrags nicht vereinbart worden und ergibt sich auch nicht aus anderen Vorschriften oder Rechtsgrundsätzen(vgl. BGH NJW 2006, 912/913; BGHZ 127, 297/301; OLG Dresden VIZ 2001, 575; KG DtZ 1996, 148/150; Senat OLG-NL 1994, 130/132; OLG Rostock OLG-NL 1994, 12/14).

    Es geht hier um Funktionsnachfolge, daher Länder -> Bezirke: § 4 Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Länder in der Deutschen Demokratischen Republik (und wieder auf die neuen Länder: § 21 Abs. 1 Ländereinführungsgesetz).

    Knapp daneben ist auch vorbei. Durch den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 wurde der § 21 faktisch aufgehoben.

    Nö. Wie lautet sie denn?

    BImA!!! Kauf dir eine neue Brille.

    Die Sachen sind alle höchstrichterlich entschieden. Warum muss man immer wieder neue Diskussionen anfangen.

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