Aufgebot des Grundstückseigentümers, §927 BGB

  • Hallo zusammen,

    ich habe aktuell ein Aufgebotsverfahren nach §927 BGB und weiß nicht so recht, wie ich weitermachen soll. Beiträge hierzu über die Suchfunktion habe ich bereits gelesen, jedoch habe ich meiner Meinung nach einen "Sonderfall". Ich würde mich über Antworten freuen, wie ihr weitermachen würdet.

    Zum Sachverhalt:

    Ein Landwirt ist Eigentümer eines Flurstücks, das ca. 1,5 ha groß ist. es handelt sich um eine Wiese, die der Landwirt seit Jahrzenten (weit über 30 Jahre hinaus) bewirtschaftet. Als nun kürzlich eine Vermessungsfachfrau vor Ort war, um das Grundstück zu vermessen, kam auf, dass innerhalb des o.g. Flurstücks (1,5 ha) ein weiteres Flurstück liegt. Dieses Flurstück hat lediglich eine Größe von 70 Quadratmetern, ist rechteckig und im Grundbuch als Fischbehälter betitelt (neben den gegenständlichen Flurstücken befindet sich ein Weiher). Optisch ist das enthaltene Flurstück nicht abzugrenzen. Es handelt sich um diesselbe Wiese, die der Landwirt seit Jahrzenten mitbewirtschaftet und dieser nicht einmal von der Existenz des Flurstücks gewusst hat.

    Eigentümer des kleinen Flurstücks ist eine Dame (A), die im Jahr 1893 geboren wurde.

    Der Landwirt stellt nun den Antrag auf Aufgebot zur Ausschließung des Eigentümers.

    Ich habe mir sodann mal die Grundakte zu dem Flurstück angefordert. Der ganze Grundbesitz in der Gegend (Schloss mit Wiesen, Feldern, Weiher etc.) stand mal im Grundbesitz von A und Ihrem Ehemann. Der Grundbesitz wurde wohl nach und nach veräußert und das Ehepaar ist sodann verzogen. Meine Vermutung ist, dass das Flurstück einfach "vergessen" wurde (bei der Eigentumsübertragung).

    Die eingetragene Eigentümerin A ist ist im Jahr 1977 verstorben.

    Die Voraussetzungen des §927 BGB liegen unproblematisch vor (30 Jahre Eigenbesitz, wahrer Eigentümer verstorben).

    In der Kommentierung zum §442ff. FamFG (Verfahrensvorschriften) habe ich jedoch gefunden, dass die Erben (bekannt oder unbekannt) am Verfahren zu beteiligen sind und anzuhören sind (ggf. Abwesenheitspfleger/Nachlasspfleger). Vorherkann keine Ausschließung erfolgen.

    A hatte drei Erben

    - B

    -C

    -D

    Aus der Testamentseröffnung (in der das Vermögen der A benannt wurde) ist ersichtlich, dass das Grundstück offensichtlich vergessen wurde, da es nicht bei dem vorhandenen Vermögen aufgelistet wurde.

    Alle drei Erben der A sind ebenfalls bereits verstorben. Die Erben des B sind bekannt, die Erben des C sind bekannt, jedoch im Ausland (England), die Erben des D sind unbekannt und im Ausland (Brüssel).

    Meine Überlegungen sind nun, ob ich hier wirklich eine Nachlasspflegschaft anordnen muss. Gerade aufgrund des Auslandsbezugs würden hier Unmengen von Kosten anfallen und diese Kosten nicht im Verhältnis zu dem Wert des Grundstücks stehen. Hatte jemand vielleicht schonmal so einen Fall oder Meinungen dazu?

    Eigentlich ist doch das Aufgebot nach §927 BGB genau für solche Fälle da. Aber ich verstehe natürlich auch, dass das Recht am Eigentum nach Art. 14 GG gewahrt werden muss und die Erben (und eigentlich rechtmäßige Eigentümer des Grundstücks) angehört werden müssen.

    Zudem frage ich mich auch, ob nicht das Grundbuchamt von sich aus gemäß §82a GBO tätig werden müsste. Hierzu kenne ich mich allerdings grundbuchrechtlich zu wenig aus, bis zu welchem Grad das GBA noch tätig wird, und ab wann so ein "Fall" über das Aufgebot zu lösen ist.

    Ich weiß einfach nicht weiter, inwieweit hier die Erben ermittelt werden müssen oder beteiligt werden müssen, bevor ich das Aufgebot erlassen kann.

    Ich freue mich über jede Antwort.

  • In der Kommentierung zum §442ff. FamFG (Verfahrensvorschriften) habe ich jedoch gefunden, dass die Erben (bekannt oder unbekannt) am Verfahren zu beteiligen sind und anzuhören sind (ggf. Abwesenheitspfleger/Nachlasspfleger). Vorherkann keine Ausschließung erfolgen.

    Echt? Wo hast du das gelesen?

    Dörndorfer im Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Auflage 2019, Rn. 2-5 sagt, dass die materiellen Voraussetzungen sind: Eigenbesitz und unrichtiges Grundbuch oder der wahre Eigentümer ist eingetragen und verstorben oder verschollen.

    Nach Sinn u Zweck ist es doch so: Da wurde ein Flurstück vergessen zu übertragen. Niemand (Erben) kümmert es. Jemand fühlt sich als Eigentümer - seit über 30 Jahren.

    Und nun soll die Rechtslage den wahren Gegebenheiten angepasst werden.

    Das geschieht durch die Ausschließung des Eigentümers, wodurch das Flurstück herrenlos wird und der Eigenbesitzer sich dann im Grundbuch eintragen lässt. Fertig.

    Dort im Münchener Komm. zitiert: Die Erben müssen nicht unbekannt sein; vgl. OLG Brandenburg BeckRS 2012, 09667. Zur Verschollenheit vgl. OLG Düsseldorf BeckRS 2017, 142, 652.

    Viel Erfolg!

  • Der Knackpunkt ist ja: Meistens weißt du gar nicht so genau, wer Erbe ist. Mit erheblicher Mühe könnte man vielleicht die Angehörigen ermitteln, aber wenn irgendwo ein privatschriftliches Testament rumliegt, das man nicht gefunden hat, oder der Eigentümer Kinder im Ausland hatte, hast du trotzdem die falschen. Würde man der Ansicht von Keidel folgen, gäbe es quasi kein Aufgebotsverfahren ohne flankierende Pflegschaft.

    Eine solche Handhabung liefe aber dem Sinn und Zweck des Aufgebotsverfahrens entgegen. Du machst die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots ja, damit sich potentielle Berechtigte melden können.

    Daher versuche ich mich nicht an der Erbenermittlung, sondern sorge für eine ausreichende Verbreitung des Aufgebots (Gemeidetafel, Gemeideblatt usw.). Was anderes gilt bloß, wenn sich potentielle Erben wirklich aufdrängen. In einem aktuellen Fall von mir ergibt sich aus der Grundakte, dass vor einigen Jahren jemand eine Grundbuchberichtigung beantragt und behauptet hat, Eigentümer aufgrund Erfolge zu sein. Mangels lückenloser Erbscheinkette konnte er es bloß nicht nachweisen.

    Schon wegen des Grundsatzes eines fairen Verfahrens gebe ich dem das Aufgebot bekannt. Dann hat er zumindest Gelegenheit, seine angeblichen Ansprüche anzumelden.

  • Ich habe gerade einen ähnlichen Fall. Der MüKO sagt zwar, die Erben müssen nicht unbekannt sein (#2) - dies aber als Antragsvoraussetzung. Nichts anderes steht im Keidel (#3). Von den Antragsvoraussetzungen abgesehen, geht aber die Fragestellung oben doch auch dahin, wer am Verfahren zu beteiligen ist und dies ist im Keidel recht eindeutig definiert. Auch aus der zitierten Entscheidung des OLG Brandenburg (#2) ergibt sich mE nichts gegenteiliges. Es wären also zumindest die bekannten Erben zu beteiligen, indem sie gehört werden. Allerdings geht der Keidel mE zu weit, wenn er pauschal die Beteiligung auch der unbekannten Erben fordert (Nachlasspfleger, Feststellung des Fiskus als Erbe etc), da dies doch dem Sinn und Zweck der mit § 927 BGB geschaffenen Möglichkeit im Wege des Aufgebotsverfahrens klare Rechtsverhältnisse zu schaffen, zuwider läuft, indem er das Verfahren so hoch anbindet.

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