Vorläufige Maßnahmen in der Insolvenz § 21 InsO

  • Hallo,


    Ich habe folgenden Fall:

    Mit Schreiben vom 24.03. wurde von der eingetragenen Eigentümerin die Eintragung einer Abtretung einer Grundschuld von der eingetragenen Gläubigerin an sie zur Eintragung beantragt. Diesbezüglich hatte ich ein formloses Schreiben an Sie geschickt, weil ich wegen des Zinsbeginns eine Nachfrage hatte.

    Am 27.03. ist dann über das elektronische Anwaltspostfach ein Antrag eines Rechtsanwalts auf Eintragung einer Zwangshypothek eingegangen. Er gab an die Unterlagen im Original nachreichen zu wollen.

    Am 31.03. ist sodann ein Ersuchen des Insolvenzgerichts eingegangen, aufgrund dessen die Eintragung von Verfügungsbeschränkungen beim Grundstück und bei den in Abt. II und III eingetragenen Rechten gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO erfolgen soll.

    Die Eintragung der Abtretung der Grundschuld ist theoretisch ja eintragungsfähig. Kann die Eintragung nun trotz der zur Eintragung beantragten Verfügungsbeschränkung gemäß § 21 InsO erfolgen, weil das Ersuchen ja zeitlich nach der Abtretung eingegangen ist oder übersehe ich etwas?

    Grundsätzlich ist die Eintragung einer Zwangshypothek in Kombination mit einer Insolvenzeröffnung wegen §§ 88, 89 InsO ja kritisch. Hier handelt es sich allerdings ja um lediglich eine vorläufige Maßnahme, sodass § 88 InsO ja theoretisch noch nicht zu beachten ist und die Eintragung, sofern die Unterlagen vollständig eingereicht werden, erfolgen könnte. Nach Insolvenzeröffnung müsste dann geprüft werden, ob § 88 InsO gilt und das Recht unwirksam wird oder?

    Ich bin mir bei Insolvenzsachen recht unsicher, deshalb die Nachfragen..

    Danke schonmal für die Hilfe.

  • Die Abtretung der Grundschuld ist keine Handlung des Eigentümers, der als Einziger hier den Insolvenzbeschränkungen unterliegt.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Rückschlagsperre und und "absolut-relative" Unwirksamkeit wären die Stichworte, die mir einfallen.

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  • Hier ist der Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek eingegangen am 28.03., allerdings war Titel noch nicht im Original beigefügt, sodass zunächst abgewartet wurde.

    Am 03.03.2023 (eingegangen beim Insolvenzgericht am 06.03.) wurde sodann die Insolvenzeröffnung beantragt (bisher wurden lediglich vorläufige Maßnahmen angeordnet, wie oben aufgeführt).

    Am 20.04.2023 wurde sodann der Titel bezüglich der Zwangshypothek hergereicht.

    Nun berechnet sich die Frist gem. § 88 InsO ja nach dem Tage der Eintragung der Zwangshypothek, welche ja noch nicht vor dem 20.04.2023 hätte erfolgen können (fehlende Unterlagen). Zu dem Zeitpunkt war die Frist gem. § 88 InsO allerdings ja bereits abgelaufen. § 89 InsO greift auch noch nicht, da bisher keine Eröffnung erfolgt ist, sondern ja lediglich vorläufige Maßnahmen angeordnet wurden.

    Müsste ich dann ja, bei Eintragungsfähigkeit, die Zwangshypothek eintragen und die Wirksamkeit der Zwangshypothek wäre ja auch nicht von 88 InsO tangiert oder?

    Sofern ich beanstanden müsste, hängt die Möglichkeit der Eintragung dann wohl davon ab, ob der Eintragungsmangel vor Insolvenzeröffnung behoben wird oder (§ 89InsO)?

  • Richtig, es wurde auch gemäß § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 angeordnet aber nur soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind. Ein allgemeines Vollstreckungsverbot wurde nicht festgelegt.

    Also müsste ich eintragen oder?

  • Ich schicke Dir schon mal meine vorbereitete Antwort, bin aber noch am Ausarbeiten.

    Meine vorstehende Antwort bezieht sich auf die Feststellung von Queen „Dann wäre die Einzelzwangsvollstreckung sowieso eingestellt“. Die Einstellung nach § 21 II 3 InsO betrifft nur die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen. In das unbewegliche Vermögen kann bei Anordnung eines Allgemeines Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO, eines besonderen Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 1 InsO, eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO), eines besonderen Zustimmungsvorbehalts (§ 21 Abs. 1 InsO) oder eines allgemeinen Verfügungsverbots (§ 21 Abs. 1 InsO iVm §§ 135, 136 BGB) durch Eintragung einer Zwangssicherungshypothek vollstreckt werden (siehe Wilsch im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 02.01.2023, Sonderbereich Insolvenzrecht und Grundbuchverfahren, RNern. 8, 23, 34, 46, 55).

    Nach dem geschilderten Sachverhalt wurde entweder am 27.03. oder am 28.03. die Eintragung der Zwangssicherungshypothek beantragt, ohne dass der zur Vollstreckung erforderliche Titel nebst Zustellungsnachweis nach § 750 ZPO vorgelegt wurde. Damit bestand ein Eintragungshindernis, das dazu führt, dass der Antrag nicht rangwahrend ist (OLG Jena, Beschluss vom 28. Februar 2002, 6 W 787/01; OLG München, Beschl. v. 20.10.2011, 34 Wx 455/11; Seibel in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 867 RN 4, Riedel im BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, Stand: 01.03.2023, § 867 ZPO RN 13, Kindl in Saenger, Zivilprozessordnung, 9. Auflage 2021, § 867 RN 13; Wilsch im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 02.01.2023, Sonderbereich Zwangssicherungshypothek RN 11, je mwN).

    Allerdings ist streitig, ob in den Fällen, in denen der Gläubiger im Eintragungsantrag das Vorliegen einer Vollstreckungsvoraussetzung schlüssig vorträgt, aber der erforderliche Nachweis noch fehlt, auch eine (rangwahrende) Zwischenverfügung ergehen kann (siehe dazu die Nachweise bei Saenger/Kindl, aaO oder bei Dörndorfer im Münchener Kommentar zur ZPO,6. Auflage 2020, § 867 RN 31).

    Meiner Ansicht nach kommt auch in solchen Fällen keine rangwahrende Zwischenverfügung in Betracht. Sie wurde vorliegend auch nicht erlassen. Infolgedessen stellt sich die Frage, ob das am 31.03. eingegangene Ersuchen des Insolvenzgerichts, aufgrund dessen die Eintragung von Verfügungsbeschränkungen beim Grundstück gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO erfolgen soll, vorab zu erledigen ist. Das ist mE zu bejahen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Wie Zeiser im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 02.01.2023, § 17 GBO RN 5 ausführt, gilt ein Antrag auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek erst dann im Sinne des § 17 GBO als eingegangen, wenn er mit keinen vollstreckungsrechtlichen Hindernissen (mehr) behaftet ist (Zitat: KG JFG 14, 444; Bauer/Schaub/Wilke Rn. 8; Meikel GBO/Böttcher Rn. 8). Also ist vorab das am 31.03. eingegangen Ersuchen zu erledigen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich finde es bei dieser Konstellation irgendwie besonders unglücklich, dass der Antragsteller der Zwangshypothek hier eine Verzögerung bewirkt hat (dadurch, dass er die Titel nicht hergereicht hat) und nun außerhalb der Rückschlagsperre liegt. Damit wäre ja die Eintragung der Zwangshypothek wirksam, wenn er allerdings sofort alles hergereicht hätte, wäre es innerhalb der Rückschlagsperre gewesen und die Löschung des Rechts hätte erwirkt werden können..

    ich versteh deine Logik nicht

  • Allerdings ist streitig, ob in den Fällen, in denen der Gläubiger im Eintragungsantrag das Vorliegen einer Vollstreckungsvoraussetzung schlüssig vorträgt, aber der erforderliche Nachweis noch fehlt, auch eine (rangwahrende) Zwischenverfügung ergehen kann (siehe dazu die Nachweise bei Saenger/Kindl, aaO oder bei Dörndorfer im Münchener Kommentar zur ZPO,6. Auflage 2020, § 867 RN 31).

    Meiner Ansicht nach kommt auch in solchen Fällen keine rangwahrende Zwischenverfügung in Betracht. Sie wurde vorliegend auch nicht erlassen. Infolgedessen stellt sich die Frage, ob das am 31.03. eingegangene Ersuchen des Insolvenzgerichts, aufgrund dessen die Eintragung von Verfügungsbeschränkungen beim Grundstück gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO erfolgen soll, vorab zu erledigen ist. Das ist mE zu bejahen.

    Siehe dazu auch den Beschluss des KG vom 16.05.2023, 1 W 94/23, Leitsatz

    Die Berliner Justiz hat den elektronischen Zugang zu den Grundbuchämtern bislang nicht eröffnet. Wird dennoch ein (Vollstreckungs-)Antrag unter Beifügung des Vollstreckungstitels über das besondere elektronische Anwaltspostfach bei dem Grundbuchamt eingereicht, ersetzt der von dem Amtsgericht gefertigte Ausdruck jedenfalls nicht die Ausfertigung des Titels. Insoweit fehlt es an einer Voraussetzung der Zwangsvollstreckung. Das Grundbuchamt hat hierauf nicht durch – rangwahrende – Zwischenverfügung, sondern mit einer Aufklärungsverfügung hinzuweisen.

    KG Berlin 1. Zivilsenat, Beschluss vom 16.05.2023, 1 W 94/23

    Berliner Vorschriften- und Rechtsprechungsdatenbank

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