Berufsmäßiger Betreuer - Befreiung von Rechnungslegung

  • Hallo zusammen,

    ich habe nun immer wieder Anträge von berufsmäßigen Betreuern, welche die Befreiung von der Rechnungslegung gemäß § 1860 BGB beantragen. Meines Erachtens bezieht sich § 1860 BGB jedoch nicht auf die Rechnungslegung (mangels Verweis in § 1860 BGB). Gibt es hierzu eine andere Vorschrift, welche die Befreiung ermöglicht?

    Ich sehe es eher schwierig den berufsmäßigen Betreuer hiervon zu befreien. Es ist immerhin seine Aufgabe als Betreuer - für welche er auch entlohnt wird. Und bei geringen Vermögen und wenigen Ein- und Ausgaben ist die Rechnungslegung ja auch überschaubar.

    Vielen Dank :)

  • § 1859 Abs. 2 S. 2 BGB hatte ich auch angedacht - dies macht aber in keinen der Fälle Sinn, in denen der Antrag gestellt wurde. Bezogen wird sich konkret auf § 1860 BGB - ein Verweis auf die Rechnungslegung finde ich jedoch nicht. Habe nun gedacht, dass ich da vielleicht durch die Betreuungsrechtsreform etwas übersehen. Aber dann weise ich die Betreuer darauf hin. Komisch ist halt, dass die Anträge von mehreren verschiedenen Betreuern gestellt wurden - dies hat mich etwas unsicher gemacht :D

  • Früher gab es (unter strengen Voraussetzungen) die Möglichkeit, eine vereinfachte Rechnungslegung anzuordnen. Dass es das im BGB jetzt nicht mehr gibt, dürfte sehr deutlich dafür sprechen, dass eine Befreiung von der Rechnungslegung nicht vom Gesetzgeber gewollt ist.

    Vermutlich hat keiner bei § 1860 BGB in die weiter genannten Vorschriften geguckt und auf irgendeiner Fortbildung oder Besprechung hat jemand so etwas aufgeworfen.

  • Der § 1860 soll nach der Gesetzesbegründung die §§ 1817 und 1825 ersetzen (Bt-Drs 19/24445, S 294). Und hat daher gar nichts mit der Rechnungslegung zu tun. Im übrigen gibts doch dort selbst Erleichterungen bez Belegen (offenbar für die üblichen Abbuchungen wie Strom, Telefon usw) sowie für selbstverwaltete Konten.

  • Hallo,

    meine Berufsbetreuer hat pauschal für alle seine Betreuten, die ein Vermögen unter 6000€ haben, die Befreiung gem. § 1860 Abs. 1 beantragt. Begründet hat er den Antrag nicht. Ich halte das gerade für den mir vorliegenden Fall für nicht erforderlich, da lediglich ein Girokonto existiert.

    Muss ich für die Ablehnung einen Beschluss machen oder reicht eine schriftl. Mitteilung? Wenn er eine rechtsmittelfähige Entscheidung haben möchte, müsste ich natürlich einen Beschluss machen.

  • Okay danke! Ihr würdet einem Betreuer doch auch nicht ohne nähere Begründung in allen Verfahren die Befreiung erteilen, oder?

    Da der Betreute nicht anhörungsfähig ist, muss ich wohl auch noch einen Verfahrenspfleger bestellen. Was für ein Aufwand, nur damit der Betreuer evtl. irgendwann mal etwas weniger Arbeit hat. Zudem müsste man bei Befreiung noch regelmäßig überprüfen, ob das Vermögen noch unter 6000 € liegt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Karo (30. August 2024 um 12:38)

  • [...} Ihr würdet einem Betreuer doch auch nicht ohne nähere Begründung in allen Verfahren die Befreiung erteilen, oder? [...}

    Was soll denn der Betreuer für eine Begründung liefern? Die Begründung ergibt sich doch schon aus dem Wortlaut des § 1860 Absatz 1 BGB ("...Wert des Vermögens ... 6.000,00 Euro nicht übersteigt").

    Ist dies der Fall, ist der Antrag begründet.

    Ansonsten:
    "Das Betreuungsgericht kann ...". Lehnst Du den Antrag ab, musst Du begründen, warum Du dem Antrag des Betreuers nicht folgst. Begründet ist der Antrag des Betreuers. Du hast ein Ermessen ("...kann ... befreien"), von dem Du in angemessener Weise Gebrauch machen kannst.

    Deine Ausführungen zu den Stichworten "Erforderlichkeit", "mangelnde Anhörungsfähigkeit Betroffener", "Bestellung eines Verfahrenspflegers" bzw. "Erforderlichkeit der regelmäßigen Überprüfung des Vermögensbestands") würden einer landgerichtlichen Überprüfung im Falle Deiner Ablehnung der Erteilung der Befreiung sicher in keinster Weise stand halten.

    Wenn der Gesetzgeber eine Möglichkeit der Befreiung vorsieht, wirst Du Sie nicht mit allgemeinen Erwägungen, insbesondere dem Wegfall der Überprüfung durch das Gericht, wegwischen können. Der Betreuer hat einen Anspruch auf Entscheidung in Ausübung Deines Ermessens als Gericht.

  • Begründung wäre für mich, dass ein Sparkonto vorhanden ist, von welchem monatlich Überweisungen getätigt werden müssen. Dann wäre die Versperrung hinderlich. Für diesen Fall würde ich aber nur die Befreiung nach § 1845 BGB erteilen.

    Also hättest du kein Problem damit, einem Betreuer generell für alle seine Betreuten mit Vermögen unter 6000 Euro die komplette Befreiung nach § 1860 BGB zu bewilligen?

    Ich habe in der Kommentierung gelesen, dass die Befreiung nicht so ohne Weiteres erfolgen soll. Ich such's nochmal raus.

    In meinem Fall würde ich zunächst einen Verfahrenspfleger bestellen.

  • Hier ausbeck-online.GROSSKOMMENTAR
    GesamtHrsg: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann:

    "Diese Voraussetzung entspricht § 1817 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 aF (vgl. § 1801 Abs. 2 S. 1). Nur die drohende erhebliche Vermögensgefährdung hindert die Befreiung.

    8Das hängt wesentlich von der Zuverlässigkeit des Betreuers ab.4 Solange das Betreuungsgericht sich noch nicht von der Zuverlässigkeit überzeugt hat, wird es die Befreiung nicht gewähren dürfen. Es kann allerdings genügen, dass seine Zuverlässigkeit, zB bei einem Berufsbetreuer,5 aus anderen Verfahren bereits bekannt ist.6 Gefahren für das Betreutenvermögen können aber auch aus dessen besonderer Zusammensetzung, zB dem Vorhandensein hochspekulativer Anlagen, folgen."

    aus Jurgeleit, Betreuungsrecht
    5. Auflage 2023:

    "Dabei ist stets zu prüfen, inwieweit der Schutz des Vermögens des Betreuten eine Befreiung erlaubt. Ob sich die Ermächtigung auf alle genannten Rechtsgeschäfte bezieht oder nur einzelne Rechtsgeschäfte erfasst, ist ausdrücklich zu bestimmen. Die einmal erteilte Ermächtigung wirkt wie eine Befreiung vom Genehmigungserfordernis."

    Ich halte die Genehmigungserfordernisse zum Schutz des Vermögens des Betreuten in meinem Fall für erforderlich. Außerdem kenne ich den Betreuer nur aus diesem einen Verfahren und kann daher nicht viel zu seiner Zuverlässigkeit sagen. In diesem Verfahren gab es bereits einen Disput, da er mir zum Taschengeldkonto keine Selbstverwaltungserklärung und auch keine Rechnungslegung vorlegen konnte. Von der eidesstattlichen Versicherung gem. § 1865 Abs. 3 S. 5 hatte er noch nichts gehört und wollte diese auch nach Hinweis meinerseits nicht abgeben. Zudem hat er den Bericht und die Rechnungslegung erst nach Zwangsgeldandrohung eingereicht.

    Kann ich die Unzuverlässigkeit in diesem Verfahren als Begründung für die Ablehnung anführen?

  • Sehe ich auch so. Im übrigen habe ich im Hinterkopf, dass in einem Forum des BdB Vorschläge gesammelt wurden, wie man Mehrarbeit, die durch die 2023er Reform anfällt - und leider nicht vergütet wird - wieder loswerden kann. Ich meine, der Befreiungsantrag nach § 1860 war auch dabei. Es hört sich so an, als habe der Betreuer das wohl gelesen, ohne sich Gedanken über die Hintergründe gemacht zu haben.

    Ich persönlich vertrete die Auffassung, dass die Befreiung von § 1845 und 1849 ganz sinnvoll sein kann. Warum Vereinsbetreuer und Familienangehörige ggü Berufsbetreuer und sonstigen Ehrenamtlern benachteiligt werden, hat mir noch nie eingeleuchtet. Kritisch sehe ich aber § 1848 BGB. Man kann auch 6.000 € sinnlos verspekulieren.

    Und im übrigen: völlig unverständlich finde ich die Befreiungsmöglichkeit nach § 1860 Abs. 3 BGB. Der Betreuer als Börsenguru? Was sollen denn diese besonderen Kapitalmarktkenntnisse sein?

  • Sehe ich ganz genauso HorstD👍🏼!

    Würdest du die Befreiung erteilen, wenn ein zuverlässiger Betreuer bei sämtlichen Betreuten unter 6000 Euro Vermögen die Befreiung beantragt?

    Ich bin der Meinung, das man abgesehen von der Zuverlässigkeit auch berücksichtigen sollte, ob die Befreiung Sinn macht. Wenn die Betreuten lediglich ein Girokonto besitzen und keinerlei Geldanlagen geplant sind, ist die Befreiung doch überflüssig.

    Zudem bereitet die Befreiung in sämtlichen Verfahren nebst deren Überprüfung den Betreuungsgerichten eine ganze Menge Arbeit und dem Staat erhebliche Kosten (Verfahrenspflegervergütung).

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