Annahmebescheinigung TV enstanden oder nicht?

  • Hallo liebe Forengemeinde,


    habe derzeit eine Nachlasssache, in der ich mir nicht ganz sicher bin, wie ich weiter vorgehen soll.


    Die Erblasser haben einn notariellen EV hinterlassen und ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament. In der notariellen Vfg haben sich die Ehegatten als Alleinerben eingesetzt; sonst nichts weiter geregelt. In der privatschr. Vfg wurde dann der EV bestätigt und dann wie folgt weiter testiert:


    § 2: Pflichtteilsstrafklausel

    § 3: Schlusserbeneinsetzung: "Alleiniger Schlusserbe ist unser Sohn X. Ersatzerben Y und Z."

    § 4: Geltenmachung von Pflichtteilsansprüchen: "Sollten von Seiten der Abkömmlinge unseres am Tag XX.XX.XXXX vorverstorbenen Sohnes B nach dem ersten bzw. zweiten Erbfall gesetzliche Pflichtteilsansprüche bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht werden, wird hiermit darauf hingewiesen, dass in Anbetracht einer lebzeitigen unentgeltlichen Zuwendung an Sohn B iHv. ____DM unterzeichnete Anrechnungsbestimmung im Besitz der testierenden Person befindet und diese im Falle der Geltendmachung zur Anwendung zu bringen ist. Auch die Abwicklung eventuell geltend gemachter gesetzlicher Pflichtteilsansprüche unterfällt der im folgendesn angeordneten TV."

    § 5: Testamentsvollstreckung: "Für den Vollzug des Testament in Amnsehung von 2 - 4 ordnen wir TV an. Zur TV ernennen wir Rechtsanwältin C. Ersatzweise D."


    Der Ehemann ist 2021 bereits verstorben. TV hat damals mitgeteilt (und nachgewiesen) dass Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden. Daher Antrag auf Annahmebescheinigung und TV Zeugnis. Nach Prüfung und erforderlichen Anhörungen erteilt.


    Nun ist die Ehefrau im Juli 2023 verstorben. Verfügungen wurden eröffnet und an Alleinerben übersandt, sowie an Pflichtteilsberechtigte nebst Belehrung. An "eingesetzten TV" ist keine Übersendung erfolgt, da ich der Meinung bin, dass die TV nicht notwendig ist, solange keine Ansprüche bzgl. Pflichtteil geltend gemacht werden.


    Nun hat die Anwältin mir geschrieben, dass ihr bekannt wurde, dass die EL verstorben ist, sie das Amt annimmt und beantragt die Erteilung einer Annahmebestätigung. Ich habe Zwischenverfügung übersandt, dass die TV nach hiesiger Ansicht lediglich erforderlich ist, wenn Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden würden. Sie wird daher aufgefordert dies zu erklären und Nachweise einzureichen.

    Die Rechtsanwältin sieht das anders: Es sei noch kein Antrag auf Ausstellung des TV-Zeugnisses gestellt worden, sondern nur auf Übersendung der Bestätigung dass das Amt angenommen wurde. "Die Amtsannahmebestätigung ist keine Bescheinigung über eine sachliche Prüfung des Nachlassgerichts, sondern nur eine Bescheinigung über einen tatsächlichen Vorgang; dass Nachlassgericht nimmt die Annahme ohne weitere Prüfung zu den Nachlassakten des Erbfalls (OLG Braunschweig, Beschluss vom 12.02.2019, 1 W 1917)."

    Eine PRüfung von Amts wegen sei daher nicht durchzuführen. Außerdem wird noch darauf hingewiesen, dass es den Erblassern wichtig gewesen sei, dass die Pflichtteilsansprüche genau errechnet werden würde und daher könne man nicht warten, bis einer der Pflichtteilsberechtigten vor Ablauf der Verjährung seinen Anspruch geltend macht, da es dann immer schwieriger wäre, den Wert zu bestimmen.

    Der Teil "Auch die Abwicklung evtl. geltend gemachter...." unterfällt nach Ansicht der RA der TV. Eine Abwicklung beinhalte zwangsläufig auch die Erfüllung der Pflichtteilsansprüche, welche dem TV völlig entzogen wäre, wenn man abwarten würe, bis Pflichtteilsansprücht geltend gemacht werden würden.


    Sollte ich die Annahmebescheinigung weiter nicht erteilen wollen, wird auf rechtsmittelfähige Entscheidung bestanden.



    Ich bin der Ansicht, dass die TV für die evtl. Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen angeordnet wurde. In dem ersten Erbfall hat der TV auch ohne wenn und aber direkt den Nachweis erbracht, damit er TV-Zeugnis und Bescheinigung bekommen hat.

    Hier ist dies anscheinend bislang nicht der Fall, sonst würde die RA mir es ja einfach einreichen. Die von der RA zitierte Rspr. finde ich auch nicht ganz passend. Ich denke, dass betrifft Fälle, in denen die TV tatsächlich entstanden ist. Ich halte es einfach für falsch eine Annahmebescheinigung auszustellen für ein Amt, was meiner Ansicht nach nicht entstanden ist. Auch wenn es das TV-Zeugnis nicht ersetzt. Aber gewisse Rechtsgeschäfte können auch mit der Bescheinigung vorgenommen werden.


    Würde gerne mal eure Meinung dazu hören bzw. ob jemand so etwas schon einmal hatte????


    Und sorry für den mega langen Text!!!! Aber dachte, dass ich den Sachverhalt besser gleich vollständig darstelle....

  • Die entscheidende Frage ist, ob für den zweiten Sterbefall in materieller Hinsicht


    a) unbedingte Testamentsvollstreckung oder

    b) aufschiebend bedingte Testamentsvollstreckung oder

    c) überhaupt keine Testamentsvollstreckung


    angeordnet ist.


    Die Möglichkeit c) dürfte auch nach Deiner Ansicht ausscheiden, weil jedenfalls (zumindest) TV für den Fall der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen (Möglichkeit b) angeordnet ist. Die Frage ist aber, ob nicht sogar unbedingte TV (Möglichkeit a) angeordnet ist, weil in § 5 auch auf § 3 - also auf die Schlusserbeneinsetzung - Bezug genommen wird, ohne dass sich dadurch - jedenfalls kein zwingender - Schluss auf die Pflichtteilskomponenten in § 2 und § 4 ergibt.


    Bevor man insoweit eine Entscheidung trifft, ist in jedem Fall der Schlusserbe anzuhören. Denn schließlich ist es der Schlusserbe, der durch eine - gleich welche - beschwert würde.


    Folgende Gedanken schon mal vorab:


    Handelt es sich lediglich um eine aufschiebend bedingte TV, wird die Streitfrage Bedeutung erlangen, ob eine solche TV in einem zu erteilenden Erbschein zu vermerken wäre. Ich halte dies für geboten, weil nicht die TV als solche, sondern - entsprechend dem Wesen einer Bedingung - lediglich ihre Rechtswirkungen aufschiebend bedingt sind (die entgegengesetzte Rechtsprechung halte ich daher für unzutreffend).


    Bei der besagten nachlassgerichtlichen Bescheinigung ist zu unterscheiden, ob der Eingang der Annahmeerklärung oder die Amtsannahme bescheinigt werden soll, weil nur die letztgenannte Bescheinigung eine Aussage über die materielle Wirksamkeit der Amtsannahme (und damit inzident auch über die materielle Existenz der TV) trifft. Dementsprechend wäre auch nur diese letztgenannte Bescheinigung im Grundbuchverkehr brauchbar (was z. B. neuerdings das OLG Stuttgart verkennt).


    Aber: Wenn das NachlG der Ansicht ist, dass materiell überhaupt keine TV besteht oder sie nur aufschiebend bedingt besteht, während der potentielle TV auf dem Standpunkt steht, dass eine unbedingte TV angeordnet sei, kommt eine solche Bescheinigung von vorneherein nicht in Betracht, weil der Streit über den materiellen Bestand der TV (in dem Sinne, ob überhaupt TV angeordnet ist oder ob sie unbedingt oder lediglich bedingt angeordnet ist) nicht in das Bescheinigungserteilungsverfahren verlagert werden kann. Hierfür gibt es das TV-Zeugnis-Erteilungsverfahren.


    Man könnte also allenfalls eine Bescheinigung darüber erteilen, dass eine Amtsannahmeerklärung der besagten Rechtanwältin vom ... am ... beim NachlG eingegangen ist, dass mit dieser Bescheinigung aber keine Aussage darüber verbunden ist, ob und inwieweit die Erblasserin überhaupt Testamentsvollstreckung angeordnet hat, weil im aktuellen Stadium des Verfahrens im Hinblick auf diese Fragen unterschiedliche Rechtsauffassungen bestehen.


    Aber natürlich wäre eine solche Bescheinigung für die potentielle TV völlig wertlos.


    Also erst mal sehen, was der Schlusserbe dazu sagt. Wenn er sich die TV-Vergütung sparen will, wird er wohl gegen die TV argumentieren und wenn er die Sache "pflichtteilsmäßig" einfach vom Hals haben will, wäre auch sein Einverständnis denkbar. Beides würde das NachlG aber natürlich rechtlich nicht binden.

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