Aufgabenbereich Vermögenssorge

  • Unsere Richter/innen stellen sich derzeit teilweise auf den Standpunkt, dass aufgrund der Gesetzesänderung der Aufgabenbereich "Vermögenssorge" insgesamt nicht mehr angeordnet werden kann. Stattdessen wird z. B. der Aufgabenbereich "Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs einschließlich Bankgeschäfts (Giro-/Sparkonto)" angeordnet.

    Ich halte diesen Aufgabenbereich für sehr problematisch, da er den Betreuer doch sehr einschränkt. Teilweise erkennen Banken den Aufgabenbereich nicht an, bezüglich Erbausschlagungen gab es auch schon Probleme.

    Die Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 19/24445 S. 234) sagt zwar, dass mit dem § 1815 BGB Aufgabenbereiche einzeln angeordnet werden sollen, jedoch Oberbegriffe wie "Vermögenssorge" nicht völlig ausgeschlossen sind.

    Die Richter argumentieren, dass Vermögenssorge viel zu weit gefasst sei, insbesondere auch weil Vermögenssorge das Pendant zu Personensorge darstelle.

    Ich habe das Gefühl, dass wir das einzige Gericht sind, dass dies so anordnet.

    Ich würde gerne mal eure Meinung dazu wissen und ob bei euch trotzdem weiterhin der Aufgabenbereich "Vermögenssorge" angeordnet wird. Wie wird das an den anderen Betreuungsgerichten gehandhabt? Welche Problematiken seht ihr noch?

  • Dann müsste es ja eine Vielzahl von Unter-Aufgabenbereichen in der Vermögenssorge je nach Lebenssituation des Betreuten geben.

    Schuldenregelung, Geldanlagen, Erbausschlagungen etc., all das wäre ja von deinem o.g. Aufgabenbereich nicht umfasst.

    Ich weiß dass das nach der Reform vermutlich so gedacht war, es ist aber praktisch kaum umsetzbar. Unsere Richter scheuen sich vor permanenten Aufgabenkreiserweiterungen die mit viel Arbeit verbunden sind. Bei uns wird nach wie vor die Vermögenssorge angeordnet und wir fahren jetzt nicht schlecht damit. Die Wunscherfüllung und eigenständiges Handeln vor Vertretung müssen wir allerdings auch noch in die Köpfe kriegen.

  • Die Wunscherfüllung und eigenständiges Handeln vor Vertretung müssen wir allerdings auch noch in die Köpfe kriegen.

    Wer wir? In wessen Köpfe?

    Ich handhabe das Prinzip "an der langen Leine" seit 1992, weil es da schon im Gesetz stand. Diese ist mit der Reform noch einmal in ihrer unendlichen Weite bestätigt worden, weil jetzt Jeder Betroffenee "einen Schuß" frei hat. Wenn er den Schaden, den er sich selber zugefügt hat, überlebt, was meistens der Fall ist, dann habe ich endlich eine Grundlage, "die Leine" kürzer zu fassen.

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    Einmal editiert, zuletzt von ARK (15. Dezember 2023 um 16:17)

  • In die Köpfe der Betreuer.

    Da wird mit einem Einzeiler ohne Begründung eine Genehmigung beantragt ohne Angabe warum der Betreuer überhaupt handeln muss, welche Wünsche der Betreute hat, ob er sich äußern kann. Oder es kommt dann auf Nachfrage die Mitteilung, "aus Gründen der Rechtssicherheit" handelt der Betreuer.

    Schön wenn das bei dir anders läuft, du hast natürlich Recht, dass dies grundsätzlich schon immer galt und jetzt nur nochmal in Papier gegossen wurde. Eigentlich müsste schon bei der Anordnung der Aufgabenkreise eben genau geprüft werden wo die Betreuung überhaupt erforderlich ist. Aber wie so vieles bei der Reform, gut gedacht und bei der Belastung in der Praxis eben schlecht umzusetzen.

  • @ ARK

    Hehe, die Frage wollte ich auch grade stellen.

    Also in wessen Köpfe?

    Ämter und Behörden?

    Ärzte?

    Vermieter?

    Heime?

    Angehörige?

    oder, auch mal ganz böse gefragt, der Gerichte?

    Die Haftungsfrage ist doch der Grund weshalb viele Betreuer noch handeln obwohl es der Betreute selber auch könnte.

    Ich bin mittlerweile dazu übergegangen mir alles von meinen zu Betreuenden unterschreiben zu lassen.

    Sone Art "Beratungsprotokoll".

    Ob das allerdings rechtlich Bestand hat wenn der voll geschäftsfähige Betreute z.B. einem gerichtlichen Vergleich in einem dem Betreuer übertragenen Aufgabenkreis zugestimmt hat, der sich im nachhinein als ungünstig für ihn erweist, wäre spannend zu wissen.

    Wahrscheinlich wird es dann hiessen "Betreuer, du hättest wissen müssen das das nicht gut ist für den Betreuten und hättest verhindern müssen das er zustimmt".

  • Wenn man bedenkt, was alles unter Vermögenssorge verstanden wird: Giroverkehr, Geldeinteilung, Geldanlage, Schuldenregulierung und -abwehr, Insolvenzverfahren, Erbrechtliche Ansprüche inkl Pflichtteil, Schadenersatzfragen, Steuererklärungen, Immobilienangelegenheiten, meist auch Behördenangelegenheiten. Da wäre es schon einfach, Teile auszuschließen, die mit Sicherheit in absehbarer Zeit nicht vorkommen dürften (oder gar nicht).

  • Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung sowie Post/Telekommunikation dürften künftig für die Erstanordnung im allgemeinen viel zu umfangreich sein.

    Im Rahmen der Erstanordnung wird mit eingeschränkten Aufgabenbereichen gearbeitet werden müssen. Diese können dann ggf. nach Vorliegen des Anfangsberichts angepasst werden.

    So ist nach hiesiger Auffassung das seit 1.01.2023 geltende neue Betreuungsrecht in diesem Bereich umzusetzen.

  • Ob das allerdings rechtlich Bestand hat wenn der voll geschäftsfähige Betreute z.B. einem gerichtlichen Vergleich in einem dem Betreuer übertragenen Aufgabenkreis zugestimmt hat, der sich im nachhinein als ungünstig für ihn erweist, wäre spannend zu wissen.

    Wahrscheinlich wird es dann hiessen "Betreuer, du hättest wissen müssen das das nicht gut ist für den Betreuten und hättest verhindern müssen das er zustimmt".

    Merkwürdige Aussage.

    Wenn der geschäftsfähige Betreute selbst handelt, kann niemals der Betreuer in Haftung kommen. Das Betreuungsrecht gesteht es dem Betreuten eben insbesondere auch zu, "dumme" Entscheidungen zu treffen.

    Einzig § 1821 Abs. 3 Nr. 1 BGB gebietet es bei erheblichen Gefährungen tätig zu werden und dies auf der Krankheit des Betreuten beruht.

  • So ähnlich meinte ich es mit dem "in die Köpfe kriegen". Da gibt es überall unterschiedliche Auffassungen, wie Knobus in einem anderen Thread schreibt erfolgt mit dem Betreuten allein keine Beurkundung von Verträgen. Der Betreuer muss immer mit dazu. Das passt doch alles nicht richtig, es kommt mir vor als müssen wir seit 1.1.2023 nochmal alle Grundlagen neu klären.

    Wird es in anderen Gerichten wirklich so gemacht dass die Vermögenssorge als Aufgabenkreis wegfällt und genau ausdefiniert wird?

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