Beiträge von Lex²

    M.E. regelt die noch immer gültige "Verordnung über Urkundenersetzung" (UrkErsetzVO) vom 19.06.1942 das Vorgehen.

    Daneben sind ggf. noch Regelungen für den Fall des Verlustes von Aktenteilen zu beachten, wie etwa in Niedersachsen gemäß § 5 Abs. 6 AktO: "Sind Akten oder Aktenteile verloren gegangen oder nicht mehr aufzufinden, ist alsbald der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter sowie der Behördenleitung Anzeige zu machen."

    Die geschilderte Fallkonstellation scheint in Rechtsprechung und Literatur bislang noch nicht behandelt worden zu sein.

    Ob die Voraussetzungen für das Vorgehen nach § 829a ZPO in dem genannten Fall erfüllt sind, ist durch Auslegung des Gesetzestextes zu ermitteln.

    Bei der grammatischen Auslegung wird streng am Wortlaut des Gesetzes gearbeitet:

    "Im Fall eines elektronischen Antrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid ..."

    Es liegt zwar ein solcher Antrag vor. Allerdings wird nicht die Zwangsvollstreckung aus nur einem, sondern aus mehreren Vollstreckungsbescheiden beantragt.

    Die grammatische Auslegung allein führt somit zu dem Ergebnis, dass im beschriebenen Fall der Weg über § 829a ZPO nicht beschritten werden kann.

    (Dies übrigens auch dann, wenn die Summe der sich aus allen Vollstreckungsbescheiden ergebenden fälligen Geldforderungen einschließlich titulierter Nebenforderungen und Kosten weniger als 5000 Euro betrüge, z.B.: ein Antrag, drei Vollstreckungsbescheide über je 10 Euro).

    [...] Grundsätzlich hätte ich ja wahrscheinlich BerH bewilligt, aber einen unbegründeten Widerspruch kann doch die Antragstellerin auch allein einreichen, oder???

    Damit ist es nur noch ein Problem der Vergütungsfestsetzung, konkret, ob eine Beratung genügt hat oder auch eine Vertretung erforderlich war.
    Für einen begründungslosen Widerspruch muss kein Rechtsanwalt beauftragt werden, also dürfte später eine eventuell für die Vertretung geltend gemachte Vergütung abzusetzen sein ...

    Ich bin zu folgendem Ergebnis gelangt:

    Über die in § 1791 Abs. 2 BGB aufgeführten Angaben hinaus sind in der Bestallungsurkunde weitere Angaben üblich und auch zulässig (s. Staudinger/Veit, BGB, Aufl. 2020, § 1791 Rn. 4; Erman/Schulte-Bunert, BGB, 16. Aufl. 2020, § 1791 Rn. 1; Schindler/Hoffmann, BGB, Stand 01.10.2022, § 1791 Rn. 19; Hau/Poseck/Bettin, BeckOK BGB, Stand 01.08.2022, § 1791 Rn. 2; Kaiser/Schnitzler/Schilling/Sanders/Fritsche/Katzenstein/Lohse, BGB Familienrecht, 4. Aufl. 2021, § 1791 Rn. 2; Spickhoff, MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 1791 Rn. 3), wie etwa das Geburtsdatum des Vormunds oder Ergänzungspflegers.

    Um sich zweifelsfrei gegenüber Dritten zu legitimieren, ist es nämlich ohnehin erforderlich, sowohl die Bestallungsurkunde als auch den Personalausweis vorzulegen (vgl. BGH, Urt. v. 20.04.2021 – XI ZR 511/19, juris Rn. 20 ff. m.w.N.). Aus dem Personalausweis ist aber stets auch das Geburtsdatum ersichtlich.

    Aus diesen Gründen ist die Aufnahme des Geburtsdatums des Vormunds oder Ergänzungspflegers auch mit den Schutzvorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) vereinbar (vgl. Schaffland/Wiltfang/Holthaus, DS-GVO/BDSG, Aufl. November 2022, Art. 5 DS-GVO, Rn. 34a). Der Grundsatz der Datenminimierung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DS-GVO verpflichtet nämlich nicht auf das absolute Minimum (s. Franzen/Gallner/Oetker, EuArbRK, 4. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 5, Rn. 7 m.w.N.).

    Vielen Dank nochmal an alle Mitdenker! :)

    Die DSGVO gilt doch nicht für die Gerichte für die Rechtssprechung

    Selbstverständlich gilt die DS-GVO auch für die Gerichte und andere Justizbehörden. Wegen der Unabhängigkeit der Justiz gibt es lediglich keine Unterstellung unter die darin genannten Aufsichtsbehörden. Hierfür sind besondere Stellen im Justizsystem zuständig (s. Schaffland/Wiltfang/Holthaus, DS-GVO/BDSG, Art. 2 Sachlicher Anwendungsbereich, Rn. 27).

    Ein herzliches Moin aus dem hohen Norden!

    Hier mal ein Thema für diejenigen, die firm sind in der DSGVO:

    Ein berufsmäßiger Vormund und Ergänzungspfleger reicht dem Gericht sämtliche seiner Bestallungen zurück mit der Aufforderung, diese aus Datenschutzgründen ohne sein Geburtsdatum neu auszustellen. Bisher habe ich lediglich das dringende Bauchgefühl, dass er hierauf keinen Anspruch hat, da sein Geburtsdatum neben dem Vor- und Nachnamen seiner Identifizierung dient.

    Leider bin ich bisher weder in unserem Forum, noch bei beck-online oder jurisweb oder gockel mit den entsprechenden Suchbegriffen fündig geworden.

    Ich würde sein Anliegen anstatt mit dem Argument "Bauchgefühl" lieber mit einer Gesetzesgrundlage verbescheiden ...

    Vielen Dank schonmal fürs Mitdenken!

    Ich hole das hier mal aus der Tiefe des Forums:

    Gibt's da inzwischen neue Erkenntnisse ?

    Verschlechterung (SGB_II) 01.03.2022, Eingang Antrag 01.06.2022. Ich habe ab 01.06.2022 abgeändert und nun eine sofortige Beschwerde auf dem Tisch, ich hätte ab 01.03.2022 abändern müssen.

    Ok, wirtschaftlich betrachtet, ist da was dran, aber ich bin versucht, das mal durchentscheiden zu lassen, daher meine Frage in die Runde.

    Ich halte folgende Rechtsauffassung für zutreffend:
    "Maßgeblich für den Zeitpunkt der Änderung ist nicht deren Mitteilung an das Gericht, sondern der Zeitpunkt ihres Eintritts, weshalb eine Ratenzahlungsanordnung rückwirkend ab diesem Zeitpunkt zu ändern ist" (s. LArbG Hamm, Beschl. v. 18.12.2018 – 14 Ta 552/18, juris m.w.N., der eine überzeugende Begründung enthält).

    Habe da in den letzten 10 Jahren gefühlt 5 Fälle dieser Art gehabt und nie was unternommen, weil das Kind nun mal in den Brunnen gefallen ist und es mit den Vorschriften über die Begrenzung der Erbenhaftung oder über § 1629a BGB noch Möglichkeiten gibt, den Schaden zu begrenzen.
    "Entzug der Vermögenssorge nach § 1666 Abs. 3 BGB (Zuständigkeit Rechtspfleger) Halte ich für überzogen und zudem kann man damit auch nichts rückgängig machen

    oder die Aufforderung an die Mutter, gem. § 1667 das Vermögen des Minderjährigen zu verzeichnen (Zuständigkeit Rechtspfleger)." Was sollte das auch bringen?

    Einen Hinweis, sich - ggf. über Beratungshilfe - eines Anwalts zu bedienen, um nach Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung zu suchen, habe ich aber dennoch immer gegeben.

    Die nicht abgegebene Genehmigung beim Nachlassgericht führt ja im Übrigen zu demselben Ergebnis wie eine gar nicht erst erklärte Erbausschlagung, von der wir häufig gar nichts erst mitbekommen und was ganz sicher auch regelmäßig bei überschuldeten Nachlässen passiert.

    Ein sehr treffendes Statement! Alles drin und auf den Punkt gebracht. Ich schließe mich in vollem Umfang an.


    […] wäre nur ein Schein zu erteilen.
    Über weitere Meinungen würde ich mich freuen!:)

    Die Frage der Anzahl der Angelegenheiten ist, unabhängig der Anzahl der erteilten Berechtigungsscheine, erst abschließend bei der Gebührenfestsetzung zu berücksichtigen.
    Wegen der Selbständigkeit des Verfahrens auf Bewilligung von Beratungshilfe einerseits und auf Feststellung der Vergütung andererseits ist zwischen ihnen keine Bindungswirkung gegeben.

    Das heißt für das Verfahren auf Bewilligung von Beratungshilfe :

    • Es dürfen vier Berechtigungsscheine erteilt werden, selbst wenn es sich um nur eine Angelegenheit handelt.
    • Es darf aber auch nur ein Berechtigungsschein erteilen, selbst wenn es sich um vier Angelegenheiten handelt.

    Das heißt für das Verfahren auf Feststellung der Vergütung:

    • Wenn die Beratungsperson vier Angelegenheiten liquidieren möchte, darf für vier Angelegenheiten festgesetzt werden, selbst wenn nur ein Schein erteilt ist, wenn man der Rechtsauffassung ist, dass es sich um vier Angelegenheiten handelt.
    • Wenn die Beratungsperson vier Angelegenheiten liquidieren möchte, darf für nur eine Angelegenheit festgesetzt werden, auch wenn vier Scheine erteilt wurden, wenn man der Rechtsauffassung ist, dass es sich um nur eine Angelegenheit handelt.

    § 79 ZPO: nein

    Beachte aber § 79 Abs. 3 S. 2 ZPO!

    Richtig wäre es deshalb wohl, die Schuldnerberatung durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 3 S. 1 ZPO als Bevollmächtigte des Schuldners zurückzuweisen, eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses an die Schuldnerberatung zustellen lassen m.d.B. um Mitteilung einer zustellfähigen Anschrift des Schuldners, mit der Begründung, dass aufgrund der Rechtswirkung des Beschlusses die Korrespondenz ab sofort mit dem Schuldner selbst zu führen ist. Nach Zugang der Schuldnerabschrift wären dem Schuldner selbst die gewünschten Auskünfte im Rahmen des § 299 ZPO zu erteilen.
    (Damit würde man dann auch datenschutzrechtliche Aspekte umschiffen.)

    Guten Morgen!

    Auch ich suche gerade eine Gesetzesgrundlage für die Berichtigung einer fehlerhaften (Teil-)Rechtsnachfolgeklausel.

    (Hier wurde einem Jobcenter in einer Unterhaltssache eine vollstreckbare Teilausfertigung für höhere Beträge erteilt, als das zugrundeliegende Urteil im Tenor zulässt.)

    Weder über § 48 FamFG noch über § 319 ZPO (mit Verweisvorschrift) komme ich weiter.
    Auch in den Kommentierungen zu § 727 ZPO finden sich keine Hinweise.

    Hat jemand eine Idee?