Hab mich damit vor ner Weile beschäftigt und würde das anders sehen wollen wg. BGH Beschluss vom 24.10.2023 – VI ZB 39/21
Die Entscheidung beschäftigt sich unmittelbar mit der Frage, ob die alleinig eingeklagte vorgerichtliche Geschäftsgebühr (für einen außergerichtlich erfüllten und deshalb nicht eingeklagten Anspruch) auf die Verfahrensgebühr (für diese Geschäftsgebühr) anzurechnen sein soll.
Der BGH bejaht das mit dem Argument, dass die Gegenstände identisch sind, weil das Kosteninteresse (das Gegenstand der Klage wird)mit der vorgerichtlich geltend gemachten Hauptsache identisch und untrennbar in ihr enthalten ist!
Ich meine, das wirkt sich auch auf diese Konstellation aus:
Das (verbleibende) Kosteninteresse ist bereits (unbezifferter und nicht streitwerterhöhender) Teil der zuvor geltend gemachten Hauptsache.
Auf den ersten Blick kommt man auf den Gedanken: beides fällt an; nach §15 III RVG begrenzt: also nicht mehr, als eine 1,3 Gebühr aus den addierten Werten (wie P. schreibt).
Dabei würdigt man aber nicht, dass (wie der BGH klarstellt) in dem ursprünglichen Gegenstand das Kosteninteresse bereits enthalten ist!- auch wenn sich das Kosteninteresse nicht betragsmäßig bei der Wertbemessung niederschlägt.
Das unterscheidet diese Konstellation von dem klassischen Anwendungsbereich des §15 III:
Klassisch ist es ja so:
Gegenstand besteht aus A und B
Gebühr A (bspw. 0,5) aus Wert A fällt an
Gebühr B (bspw. 1.0) aus Wert B fällt an; §15 III bewirkt: Begrenzung auf 1,0 aus A+ B
Unsere Konstellation ist aber:
Gegenstand besteht aus A einschließlich Kosteninteresse
Gebühr A (bspw. 0,8) fällt aus Wert A –einschließlich Kosteninteresse an
Gebühr B (bspw. 1,3) fällt aus Kosteninteresse an
Der Unterschied ist, dass in unserer Konstellation der Teil für den die weitere Gebühr anfallen soll, bereits untrennbarer Teil dessen ist, für den die erste Gebühr anfällt.
Der Gesetzgeber hat sich entschieden das Kosteninteresse als Nebenforderung nicht werterhöhend zu berücksichtigen, sondern durch die Ausgestaltung der Gebührensätze (bspw. 1,3 Verfahrensgebühr) einzubeziehen.
Würde man §15 III RVG anwenden, wäre das Ergebnis:
0,8 aus A inkl. Kosteninteresse, sowie 1,0 aus Kosteninteresse; begrenzt auf 1,0 aus A + Kosteninteresse.
Das Kosteninteresse würde doppelt berücksichtigt werden;
Der Grundgedanke des Gesetzgebers für die Ausgestaltung der Gebührensätze würde durch die Anwendung von §15 III RVG hintertrieben werden.
Hinzu kommt, dass wenn die Klage (Gegenstand A) hinsichtlich eines winzigen Teiles (1€) nicht erledigt würde, sich die Frage nicht stellen würde:
in dem winzigen unerledigten Teil wäre das Kosteninteresse noch vollständig (nicht werterhöhend!) enthalten- das Ergebnis wäre also eine 0,8 aus A - 1€ und eine 1,3 aus 1€, gem. §15 III RVG begrenzt auf 1,3 aus A
Deswegen meine ich, dass §15 III RVG nicht anzuwenden ist, sondern in anderer Weise herangegangen werden muss.
Nämlich, dass der RA wählen muss, ob er eine 1,3 Verfahrensgebühr aus dem Kosteninteresse oder eine 0,8 Verfahrensgebühr aus dem gewöhnlichen Streitwert (inkl. Kosteninteresse!) beansprucht.
Nur so wird gewährleistet, dass er für die Verfolgung des Kosteninteresses nicht überhaupt nicht, aber auch nicht doppelt vergütet wird.