Beiträge von Nerma

    Um nochmal zu meinem Ausgangspunkt und dort meiner II. Frage zurückzuhüpfen:

    Vorausgesetzt, wir gehen davon aus, dass die Beauftragung der Drittauskünfte gemeinsam mit der Abnahme der VA verfrüht/übereilt und daher nicht notwendig i.S.d. §788 ZPO ist- geht ihr davon aus, dass auch die (anteiligen) Gerichtsvollzieherkosten betroffen sind? Ich meine atm ja.

    Ich sehe bspw. recht häufig, dass Inkassos den GV mit der Abnahme der VA und der Einholung der Drittauskünfte beautragen, auch (ganz brav) nur einmal die Gebühren beanspruchen, aber dann die vollständigen Gerichtsvollzieherkosten mit aufnehmen...

    OLG Köln, Beschluss vom 23. Mai 2023 – I-17 W 51/22 –, juris
    "Wird der Gerichtsvollzieher unter Verwendung eines modularen Vollstreckungsauftragsformulars
    gleichzeitig mit der Abnahme der Vermögensauskunft und der Einholung von Drittauskünften
    beauftragt, ist gem. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GvKostG von nur einem Auftrag auszugehen,
    für den die Pauschale nach KV 716 GvKostG nur einmal anfällt.(Rn.6)"

    AG Düsseldorf, Beschluss vom 19.1.2022 – 660 M 1748/21

    "Wird die Einholung von Drittauskünfte im selben Auftragsformular erteilt wie die Abnahme
    der Vermögensauskunft handelt es sich nicht um einen gesonderten Auftrag im
    kostenrechtlichen Sinne."

    Es fehlt bisher an einem Sachargument, weshalb der Gläubiger, dessen RA die VAK und DA im selben Antrag bereits stellt, erstattungsrechtlich anders behandelt werden soll als der Gläubiger, der gesondert erst die VAK und später dann die DA stellt. In beiden Fällen sind dieselben Kosten in derselben Höhe entstanden.

    Die Einholung von Drittauskünften ist erst dann möglich, wenn die in § 802l ZPO genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

    Eben das Prüfen dieser Voraussetzung führt m.E. nach erst zur Entstehung der Gebühren für die Drittauskünfte.

    Bei der gleichzeitigen Beantragung können die Voraussetzungen noch nicht geprüft worden sein, bei der nachträglichen darf man das eben davon ausgehen.

    Der BGH hat entschieden, dass ein Schuldner durch die Erstattung von Nebenkosten und die durch das Jobcenter erfolgte Anrechnung auf die Sozialleistung nicht schlechter gestellt werden darf, sodass dem Schuldner die Rückerstattung der Nebenkosten, bei entsprechendem Nachweis, durch das Vollstreckungsgericht freizugeben ist. Sollte durch die Rückerstattung und die Zahlung der Sozialleistung der Freibetrag auf dem P-Konto im lfd. Monat nicht überschritten werden, so ist durch das Vollstreckungsgerichts nichts zu veranlassen.

    Mich würde diese Entscheidung interessieren, um welche handelt es sich konkret?

    Im Normalfall ist eine Energiekostenrückerstattung ja nicht freizugeben, aber die Gutschrift steht der Schuldnerin ja nicht zu.

    Sehe ich anders: sie steht nur der Schuldnerin zu, da sie den Energieversorgungsvertrag abgeschlossen hat, nicht das Jobcenter.
    Es ist auch keine Leistung, die zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird.

    Ich verstehe den Sachverhalt auch so, dass noch gar kein Rückforderungsbescheid in der Welt ist.

    Bis das durch ist, ist das Geld doch längst weg, so dass das Jobcenter bestenfalls mit kleinen Beträgen monatlich aufrechnen dürfte, nicht aber mit dem kompletten Rückzahlungsbetrag.

    Ich verstehe die Entscheidung des BGH wie JoansDong und Verfasser in anderen Kommentaren anscheinend auch, z. B.:

    Stein/Kern, 23. Aufl. 2024, ZPO § 788 Rn. 27, beck-online

    BeckOK ZPO/Preuß, 54. Ed. 1.9.2024, ZPO § 788 Rn. 27, beck-online

    Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 788 ZPO, Rn. 13_23

    Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO § 788 Rn. 27, beck-online

    Danke dafür!

    Kurze Nachfrage aber: Ich finde nur "Stein/Jonas" und nicht "Stein/Kern".
    Bei Saenger finde ich keine Rand-Nr. 27, das Hört bei Rand.-Nr. 15 auf.

    Suche ich falsch? :S

    Bei mir ist die Problematik auch aktuell.

    Ich weise die Kosten für Drittauskünfte im beschriebenen Fall auch konsequent zurück.

    Meine Vollstreckungsrichterin hat mich mit den Worten "ich weiß jetzt auch nicht, ob das richtig ist, was ich da entschieden habe" aufgehoben... :P

    Ich sehe in der BGH- Entscheidung auch keine Beschränkung auf den Fall, dass bereits alles gezahlt wurde.

    Die Entscheidung ist allgemein formuliert, insbesondere bei der hier schon genannten Rand-Nr.: 22 wird derart allgemein auf das Thema eingegangen, dass man m.E. nicht von "der BGH hat da einen anderen Fall entschieden" sprechen kann.

    Mal ganz simpel gedacht:
    Nach meinem Verständnis bekommt der Anwalt die Gebühr für die Drittauskünfte nicht nur für die schlichte Antragstellung (also das Kreuz im Antrag).
    Er wird regelmäßig zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen zur Einholung der Drittauskünfte vorliegen (keine oder nur eine unvollständige Vermögensauskunft abgegeben).

    Diese Prüfungspflicht trifft ihn, nicht den Gerichtsvollzieher.

    Wenn nun vorgetragen wird, es handele sich um eine bedingte Antragstellung für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Einholung von Drittauskünften vorliegen, dann prüft das eben genau nicht der Anwalt, die Prüfung wird vielmehr auf den Gerichtsvollzieher "ausgelagert".
    Dafür kann es nach meinem Empfinden keine Vergütung geben.

    Insofern folge ich auch nicht der Ansicht der nachträglichen Heilung (die auch hier konkret den Ausführungen des BGH in Rand.-Nr. 22 widerspricht).

    Ich verstehe auch, dass gerade in der Anwaltschaft die andere Auffassung vertreten wird.
    Als Anwalt würde ich es auch so versuchen. :)

    Maßgeblich ist m.E. nur die Forderungsaufstellung auf amtlichen Vordruck, der ist ja schließlich zwingend zu nutzen.

    Andere Forderungsaufstellungen entferne ich grundsätzlich aus dem Beschlussentwurf (Ausnahme: Vollstreckung aus Restforderung nach Zahlung).

    Sollten hier nur eine Forderungsaufstellung auf amtlichem Vordruck und zudem noch eine weitere, davon sogar abweichende Forderungsaufstellung vorhanden sein, würde ich als Beteiligter definitiv Erinnerung einlegen.

    Es scheint fast so, als wäre das Vorhaben nicht mehr zu verhindern (da schon zu weit fortgeschritten):

    Es existiert ein Referentenentwurf, der die Zuständigkeit für Pfübse ausschließlich auf die Gerichtsvollzieher überträgt.

    Der Entwurf ist hier zu finden:

    Gesetz zur Zuständigkeitskonzentration der zivilrechtlichen Mobiliarvollstreckung bei den Gerichtsvollziehern und zu Zuständigkeitserweiterungen für die Rechtspfleger in Nachlass- und Teilungssachen
    Gesetz zur Zuständigkeitskonzentration der zivilrechtlichen Mobiliarvollstreckung bei den Gerichtsvollziehern und zu Zuständigkeitserweiterungen für die…
    www.bmj.de

    Da M-Sachen quasi mein Lieblingspensum sind, bin ich persönlich schon schwer enttäuscht.

    Allerdings werde ich in einer Stellungnahme kaum emotional argumentieren können. ;)

    Hat sich hier Jemand weiterführende Gedanken dazu gemacht?

    Zur Vermeidung von Missverständnissen:

    in dem mir zur Stellungnahme vorgelegten Entwurf lautet § 829a ZPO wie folgt:

    "§ 829a

    Elektronischer Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses

    (1) Soweit bei einem Antrag auf Pfändung (§ 829), Pfändung und Überweisung (§§ 829, 835) oder Überweisung (§ 835) einer Geldforderung die Übergabe oder Vorlage

    1. der Ausfertigung des Vollstreckungstitels,

    2. der Vollstreckungsklausel oder

    3. weiterer Urkunden zum Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen

    erforderlich ist, genügt es bei einem elektronischen Antrag, die in Papierform vorliegenden Schriftstücke in die elektronische Form zu übertragen und dem Gericht die elektronischen Dokumente zu übermitteln. § 130d Satz 1 ist auf die in Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Dokumente nicht anzuwenden.

    (2) Bestehen die Dokumente nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 nicht mehr oder treten Änderungen an ihnen auf, nachdem die elektronischen Dokumente über-mittelt worden sind,

    1. ist das Gericht hierüber unverzüglich zu informieren;

    2. sind die geänderten Schriftstücke, sofern vorhanden, in die elektronische Form zu übertragen und dem Gericht diese elektronischen Dokumente zu übermitteln;

    3. darf das Gericht auf die ursprünglich übermittelten elektronischen Dokumente nicht mehr zugreifen.

    (3) Der Antragsteller hat dem Gericht in Textform zu versichern, dass ihm diejenigen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Dokumente, die er als elektronische Dokumente übermittelt hat, vorliegen und sie jeweils bildlich und inhaltlich mit den übermittelten Dokumenten übereinstimmen.

    (4) Kann das Gericht anhand der übermittelten Dokumente nicht zweifelsfrei fest-stellen, dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen, teilt es dies dem Antragsteller mit und fordert die aus seiner Sicht erforderlichen Dokumente an.“

    Ich lese daraus nicht, dass uns hier jegliche Prüfungspflichten abgesprochen worden sind.

    Ich sehe hier nur den Unterschied, dass es elektronisch eingereicht werden darf (nicht muss!), wenn die in Papier vorliegenden Dokumente in die elektronische Form überführt worden sind.
    Dazu erhalte ich die Versicherung des Antragstellers nach Absatz 3.

    Selbstverständlich habe ich diese Unterlagen sorgfältig zu prüfen und kann im Zweifel das Original anfordern.

    Für mich ist das eine große Vereinfachung, weil ich Anträge direkt (fertig) bearbeiten kann und nicht einen Tag auf den Zutrag der Papiertitel warten muss.

    Da die Gerichtsvollzieher selbst noch über keine eigene "e-Akte" verfügen, läuft es so, dass die Wachtmeistereien, bei denen die elektronische Post für die Gerichtsvollzieherverteilerstellen ja ankommt, die Eingänge ausdrucken und den Gerichtsvollziehern dann übergeben.

    Gerichtsvollzieher haben seit dem 01.01.2022 einen sicheren Übermittlungsweg einzurichten, § 173 II Nr. 1 ZPO.

    Daher verstehe ich nicht wirklich, warum die Vorgänge auf der GVZ-Verteilerstelle ausgedruckt werden, anstatt sie schlicht elektronisch weiterzuleiten.

    Dabei werden dann ja auch die Prüfprotokolle zur Signatur übermittelt.

    Inhaltlich habe ich mich mit den neuen Formularen noch nicht auseinandergesetzt.

    Allerdings fiel mir bei der groben Durchsicht bereits das Folgende, erhebliche Mehrarbeit verursachende auf, sofern man mit der E-Akte arbeitet:

    In NRW wird die sog. Rahmenanwendung e2A zur Bearbeitung der elektronischen Akte genutzt.

    Anträge auf Erlass eines Pfüb werden elektronisch übersandt und können, sofern Einträge / Änderungen durch das Gericht vorzunehmen sind, nicht direkt in e2A bearbeitet werden.

    Notwendig ist leider, eine Kopie des Antrages in e2A zu erstellen, diese zu exportieren, dann im Bearbeitungsmodus des Adobe Acrobat Reader anzupassen.

    Da die neuen Formulare den Passus

    "Vom Gericht auszufüllen:
    sowie wegen der Kosten für die Zustellung dieses Beschlusses an sämtliche aufgeführte Schuldner und sämtliche aufgeführte Drittschuldner"

    enthalten muss zukünftig jeder Pfüb, also auch solche die an sich unterschriftsreif eingereicht worden sind, auf diese Art bearbeitet werden.

    Verglichen mit der Papierakte, in der ich schlicht diesen Bereich ankreuze und unterschreibe, ist das ein in der Masse nicht unerheblicher Mehraufwand.

    M.E. sollte der Gesetzgeber hier dringend nachbessern.

    Es wäre ja ohnehin schön, wenn vor der Anpassung solcher Unterlagen mal Praktiker:Innen befragt werden könnten. ;)

    Ich wurde vom Chef gebeten, zum Referentenentwurf Stellung zu nehmen.

    Ich füge das der Einfachheit halber hier mal ein und bedanke mich vorab für die Anregungen aus diesem Thread, das war hilfreich.

    Grundsätzlich begrüße ich die Option, verschiedene Protokollierungen zukünftig über eine Bild- und Tonübertragung vornehmen zu können.

    Mir fehlt allerdings in § 129 a Abs. 2 ZPO Ref-Entw der Zusatz „[kann] in geeigneten Fällen […]“.

    Es muss gerade bei umfangreichen Antragsaufnahmen oder solchen, die eine Vorlage von verschiedenen oder einer hohen Anzahl von Dokumenten erfordern möglich sein, auf einer mündlichen Vorsprache zu bestehen.


    Es könnte zu Problemen in folgenden Bereichen kommen:


    Versicherung an Eides statt

    Eine solche ist nach dem Referentenentwurf zumindest nicht per Bild- und Tonübertragung möglich.

    Beispielsweise nach § 4 Abs 4 BerHG kann das Gericht die Versicherung an Eides statt aber zur Glaubhaftmachung verlangen.

    Davon wird in der Praxis regelmäßig Gebrauch gemacht.

    Selbst bei der Antragstellung amtlicher Bescheide über den Bezug von Leistungen (etwa SGB II) ist eine solche Versicherung an Eides statt m.E. notwendig, alleine schon wegen einem möglichen Sparguthaben, für das nach dem SGB II andere Schongrenzen gelten als im für das Beratungshilfeverfahren maßgeblichen SGB XII.

    Möglich wäre evtl. die Unterschrift der Antragstellenden dadurch zu ersetzen, dass diese eine eindeutige Identifikation („Signatur“) mittels Personalausweis mit NFC-Chip abgeben.

    Eine Vielzahl moderner Mobilfunkgeräte bietet die Möglichkeit an, den NFC-Chip auszulesen, so dass hierfür in den meisten Fällen nicht mal der Erwerb zusätzlicher, teurer Hardware notwendig wäre.


    Vorlage von Belegen

    Insbesondere bei Privatpersonen wird die Vorlage von Belegen im Regelfall nur durch das Präsentieren in die Kamera möglich sein.

    Dabei ist dann wahrscheinlich nur ein kurzfristiger Blick in das jeweilige Dokument möglich, was der Prüfungspflicht m.E. nicht gerecht wird.

    Beispielsweise sind SGB II Bescheide grundsätzlich mehrseitig, gelegentlich weisen sie sogar zweistellige Seitenzahlen auf.

    Auch ist eine Prüfung der Echtheit der gezeigten Dokumenten kaum möglich.

    In jedem Fall wird die Prüfung mehr Zeit in Anspruch nehmen, da Dokumente (bzw. Seiten von Dokumenten) nur einzeln in die Kamera gehalten werden können.


    Fehlende Unterschrift der Antragsteller:Innen, stattdessen Vermerk des UdG im Protokoll

    Ich befürchte, dass insbesondere in den Fällen, in denen Anträge abschlägig oder zumindest nicht im Sinne der Antragstellenden bescheiden werden, das Protokoll des UdG angezweifelt werden wird („Das habe ich so gar nicht gesagt“).

    Dies gilt auch bei Sprachbarrieren.


    Aufzeichnung des Gesprächs

    Eine gerichtliche Aufzeichnung des Gesprächs findet nicht statt.

    Dennoch sollte m.E. ausdrücklich im Gesetz angeordnet werden, dass es auch der antragstellen Partei untersagt ist, Bild- oder Tonaufnahmen des Gespräch anzufertigen, vergleichbar mit den Anordnungen aus § 128 a Abs. 6 ZPO Ref-Entw.

    Dies sollte als Hinweis vor dem eigentlich Antragsgespräch durch den UdG vermittelt und ein Vermerk darüber im Protokoll aufgenommen werden.


    Allgemein:

    Eine Mehrarbeit sehe ich zumindest, aber nicht nur, in der Anfangszeit auf die Gerichte zukommen:

    Es ist üblich, dass das antragstellende Publikum von Dritten (auch Rechtsanwälten, Behörden, etc.) mit den Worten zu Gericht geschickt werden, dass man „sich mal den Beratungshilfeschein abholen“ oder „sich eine einstweilige Verfügung besorgen“ solle.

    Dass dies gerichtliche Verfahren, Prüfungspflichten des Gerichts und Mitwirkungspflichten der Antragstellenden voraussetzt, ist diesen in großer Mehrheit gar nicht bewusst.

    Dies könnte dazu führen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl virtueller Antragsaufnahme daran scheitert, dass Antragsteller:Innen die notwendigen Auskünfte nicht oder nicht sicher geben und Unterlagen nicht vorlegen können, sondern sich solche erst besorgen müssen.

    Dies wird jetzt im Vorfeld in einem Telefongespräch geklärt, bei dem Antragsteller:Innen aber wissen, dass dieses Gespräch rein informativ und nicht zur Antragstellung geeignet ist.

    Sofern die virtuelle Rechtsantragstellung genutzt wird, wenden sich Antragsteller:Innen direkt mit einem anderen Verständnis bzw. einer konkreten Zielsetzung an das Gericht und werden mit Unverständnis reagieren, warum dies so nicht klappen kann.

    In seiner Sitzung vom 08.10.2020 hat der Bundestag eine Reform des Pfändungsschutzkontos beschlossen.

    https://dbtg.tv/fvid/7475873

    Wesentliche Punkte:

    - jährliche Anpassung der Pfändungstabelle

    - Regelung bei Pfändung eines Gemeinschaftskontos (§ 850l ZPO-neu)

    - Wirkungen des Pfändungsschutzkontos in gesondertem neuen Abschnitt der ZPO (§§ 899 – 910 ZPO-neu)

    - Übertragung des nicht verbrauchten Pfändungsbetrag für drei Monate (§ 899 Abs. 2 ZPO-neu)

    - Verbot der Aufrechnung und Verrechnung (§ 901 ZPO-neu)

    - Erhöhungsbetrag auch bei gemeinsamen Haushalt und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 902 Abs. 1 Nr. 1 lit c ZPO-neu)

    - Geldleistungen, die dem Schuldner nach landesrechtlichen oder anderen als in den Nummern 1 bis 5 genannten bundesrechtlichen Rechtsvorschriften gewährt werden, in welchen die Unpfändbarkeit der Geldleistung festgelegt wird (§ 902 Abs. 1 Nr. 6 ZPO-neu)

    - Verpflichtung der Sozialleistungsträger und Familienkasse zur Ausstellung der P-Konto-Bescheinigung (§ 903 Abs. 3 ZPO-neu)

    - Gültigkeitsdauer der P-Konto-Bescheinigung: Regelfalll 2 Jahre (§ 903 Abs. 2 ZPO-neu)

    - Regelung Nachzahlung von Leistungen (§ 904 ZPO-neu)

    - Der aktuelle § 850l ZPO wird zum neuen § 907 ZPO-neu. Der Schuldner muss glaubhaft machen, dass auch innerhalb der nächsten sechs Monate [aktuell 12] ganz überwiegend nur die Gutschrift unpfändbarer Beträge zu erwarten ist.

    - “Das Kreditinstitut informiert den Schuldner in einer für diesen geeigneten und zumutbaren Weise über das im laufenden Kalendermonat noch
    verfügbare von der Pfändung nicht erfasste Guthaben …” (§ 908 Abs. 2 Nr. 1 ZPO-neu)

    - An § 36 InsO wird angefügt: “Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.”

    Quelle: https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/2020/bundestag…tos/#more-17462

    Inkraftreten wohl in etwa einem Jahr.

    Stimmt, h.M.; obwohl nur das Einziehungsrecht übergeht, nicht die Rechtsinhaberschaft.

    So waren auch meine Bedenken zu Beginn.


    Die vollstreckbare Ausfertigung ist notwendig, weil nach mancher Ansicht bei der Rechtsnachfolge der § 894 S. 2 ZPO gilt (Musielak/Voith/Lackmann ZPO § 894 Rn 13; a.A. Zöller/Stöber ZPO § 894 Rn 5

    Hier liegt weder eine Zug-um-Zug-Verurteilung, noch eine andere Bedingung vor.
    Ich kann den Kommentar von Musielak von hier aus nicht einsehen, Zöller sagt dazu m.E. nichts eindeutiges bzw. nur dann, wenn eben die Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgt ist oder eine andere Bedingung eingetreten sein muss.

    Edit: Musielak sieht den Fall auch bei einer RNF als gegeben an.
    Verwiesen wird aber auch auf die andere Auffassung nach dem Münchener Kommentar, dort Rand-Nr. 19 zu § 894 ZPO.

    Ich danke für den Hinweis, werde es mir aber erst mal einfach machen und dem Antragsteller meine Bedenken so vortragen. ;)

    Hätte L nicht den Anspruch der B GmbH auf Auszahlung/ Herausgabe des hinterlegten Betrages gegenüber der Hinterlegungsstelle als DrittSch pfänden müssen? Eine Auszahlung an L hätte dann erfolgen können, wenn das Urteil in der Sacbe O ./. B Gmbh mit RK-Vermerk bei der Hinterlegungsstelle vorgelegt wird. Ob L aufgrund eines solchen PfÜB einen Anspruch auf Erteilung einer rechtskräftigen Ausfertigung hat, weiß ich leider nicht.


    Müssen sicher nicht. Wäre es meine Sache gewesen, hätte ich (natürlich) direkt die Ansprüche meiner Schuldnerin gegenüber der Hinterlegungsstelle gepfändet.
    Aber warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.


    45:
    Zöller lässt dies auch bei der Einziehung zu, Rand-Nummer 9 zu § 727 ZPO, 33. Auflage mit Verweis auf Stöber.


    Ich hatte an § 894 ZPO gedacht, hab den aber wohl zu eng nur auf die Parteien des Klageverfahrens bezogen.

    Eine Ausfertigung des Urteils mit RK-Vermerk müsste zusammen mit der Ausfertigung des Pfüb gegenüber der Hinterlegungsstelle als Legitimation ja ausreichen...

    Hallo!

    Ich habe hier eine Akte auf dem Tisch, bei der ich Hilfe oder zumindest Gedanken-Input benötige:

    Zivilverfahren der Eheleute O gegen die B GmbH.

    Das Verfahren schliesst mit Urteil des OLG in der zweiten Instanz ab.

    Darin werden die Eheleute O verurteilt, "die zu Gunsten der Kläger und der Beklagten beim AG … hinterlegten Mieten für das Objekt … an die Beklagte zu bewilligen."

    Es wurde Rechtsmittel zum BGH eingelegt, dort aber verworfen.
    Interessanterweise hat aber der BGH der Beklagten B GmbH eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des OLG erteilt.

    Nun kommt der Rechtsanwalt L, der am Verfahren bislang gar nicht beteiligt war daher und beantragt die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel.
    Als Nachweis wird ein Pfüb über knapp 200.000 Euro vorgelegt, mit dem der Anwalt L die Ansprüche der Beklagten B GmBH gegen die Kläger auf Zahlung und auf Zustimmung zur Auszahlung der hinterlegten Mieten gepfändet und zur Einziehung an sich überwiesen hat.
    An der Wirksamkeit der Pfändung bestehen keine Zweifel, auch nicht an der urkundlichen notwendigen Form des § 727 ZPO.

    Interessanterweise möchte die Beklagte B GmbH selber noch eine (weitere) vollstreckbare Ausfertigung des Urteils haben.

    Ich habe zum Antrag des Rechtsanwaltes L angehört, eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.

    Ich tue mich mit der Rechtsnachfolge noch schwer, immerhin ist hier eine Willenserklärung abzugeben.
    Das Urteil ist allerdings rechtskräftig.
    Nach Zöller reicht die Überweisung zur Einziehung aus.

    Was ist allerdings mit der Höhe der Pfändungsforderung?
    Ich weiss nicht, welcher Gesamtbetrag an Mieten hinterlegt ist, da dort mehrere Mieter eingezahlt haben.
    Eine Rechtsnachfolge kann ich ja nur bescheinigen, sofern nicht mehr als 200000 Euro an Mieten hinterlegt sind.

    Was mache ich hinsichtlich der vom BGH erteilten vollstreckbaren Ausfertigung an die Beklagte B GmbH?
    Wenn ich im Rahmen von § 727 ZPO eine Rechtsnachfolge feststelle, müsste ich die doch zurückfordern?

    Ich steh hier gerade ein wenig auf dem Schlauch...



    Rechtlich wird der Antrag von mir zurückgewiesen werden.
    a) Kindergeld = Finanzsache und daher von BerHG nicht erfasst


    Kindergeldangelegenheiten gehören doch zur Finanzgerichtsbarkeit (§ 6 I Nr 4 AO in Verbindung mit § 33 I Nr. 1 FGO). Und in Finanzangelegenheiten besteht kein Anspruch auf Beratungshilfe.

    Ich würde an der Stelle doch ein weiteren Blick ins Gesetz empfehlen:
    diese Einschränkung besteht bereits seit Jahren nicht mehr.
    Beratungshilfe wird in alle Angelegenheiten gewährt, § 2 II BerHG

    Die Vorlage des Original-Berechtigungsscheines dürfte nach der Anlage 2 der BerHFV notwendig sein.
    Auf dem vom Anwalt / der Anwältin einzureichenden Vergütungsfestsetzungsantrag ist zu vermerken, ob der Berechtigungsschein im Original oder ein Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe beigefügt wurde.

    Dem Präsidenten des OLG Düsseldorf wurde vorgeschlagen, eine Änderung dieser Verordnung anzuregen.

    Vielleicht tut sich ja was in der Richtung.

    Hallo!

    Um ihren Gebührenanspruch glaubhaft zu machen, reichen bei uns im Bezirk fast alle Anwälte Durchschriften der Schreiben an die Gegenseite (oder andere Unterlagen) als Kopie und zum Verbleib zur Akte.

    Ein Anwalt aus dem Bezirk reicht regelmäßig "die Originale meiner Handakte" "mit der Bitte um Rückgabe" zusammen mit dem Vergütungsantrag ein.
    Sofern Beratungshilfe noch nicht bewilligt ist, werden auch die zur Bewilligung notwendigen Unterlagen der Mandantschaft nur im Original und mit der Bitte um Rückgabe zur Akte gereicht (SGB II-Bescheide, Mietverträge,etc.).

    Ich stelle mich auf den Standpunkt, dass die Entscheidungen, die in einer Akte getroffen werden, auch für einen Dritten bei Durchsicht der Akte in sich nachvollziehbar sein müssen (Stichwort Geschäftsprüfung?).
    Dazu gehört m.E. eben auch, dass Unterlagen zum Nachweis des Gebührenanspruches oder der Bedürftigkeit als Kopie in der Akte zu verbleiben haben.
    Dies hat hier zur Folge, dass ich selber kopieren muss, die Servicekraft mit dieser Arbeit "belaste" oder aber den Anwalt anschreibe, mir Kopien zur Akte zu reichen (was er nicht macht und was letztlich den Arbeitsaufwand auch wieder nur erhöht).

    Der beteiligte Anwalt ist der Meinung, ein Vermerk des Sachbearbeiters über die Vorlage der notwendigen Unterlagen reicht aus.

    "Verschärft" wird diese Problematik dadurch, dass sich der beteiligte Anwalt im Kollegenkreis damit brüstet, dass "das Amtsgericht für ihn kopiert."

    Diese Aussage "wurmt" mich ein wenig und ich suche da gerade eine Möglichkeit, dem den Riegel vorzuschieben... ;)

    Hat hier jemand eine Argumentationshilfe?

    Gerne auch Kritik an meiner Einstellung, da mir der Gedanke des Papiersparens an sich nicht wirklich unangenehm aufstößt.

    Besten Dank für die Antworten!