Beiträge von DerNachlasspfleger

    Es meldet sich nun eine Cousine großmütterlicherseits, die sich teilweise um die Erbfolge gekümmert hat, aber auch nur um den Zweig der Mutter. Die Großmutter hatte 6 Geschwister, alle verstorben, Kinder und Kindeskinder, auch teilweise verstorben. Sie legt einige Urkunden vor trägt aber vor, dass die Verwandten aus Polen kamen und einige Geburtsurkunden nicht zu beschaffen sind, dh. ihre eigene Erbstellung kann zur Zeit nicht nachgewiesen werden. Überhaupt stoße sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten weiter zu ermitteln. Bestellt ihr in diesem Fall einen Pfleger für die (teilweise) unbekannten Erben, der die Erben ggf mit Hilfe eines Erbenermittlers sucht oder sollte die Beauftragung des Ermittlers durch die bekannte Erbin erfolgen ? Könnte ggf. auch der Bevollmächtigte einen Erbenermittler beauftragen ? Danke im Voraus für Eure Hilfe

    Nachlasspflegschaft anordnen.

    Die Erbenstellung der Cousine kann "zur Zeit nicht nachgewiesen werden", also ist die Erbenstellung der Cousine ungewiss bzw. unbekannt. Ein Sicherungsbedürfnis im Sinne von § 1960 BGB ist nach obergerichtlicher Rechtsprechung auch vorhanden, denn:

    Bei der Frage, ob ein Sicherungsbedürfnis besteht, ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht allein auf den zu sichernden Nachlass abzustellen. Ein Sicherungsbedürfnis ist vielmehr auch dann gegeben, wenn die gesetzlichen Erben ohne die Ermittlungen eines Nachlasspflegers überhaupt nicht die Möglichkeit haben, von ihrem Erbe Kenntnis zu erlangen (KG OLGZ 1971, S. 210; OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).

    Das Kammergericht hat bereits im Jahr 1971 festgestellt: „Die Sicherung und Erhaltung des Nachlaßvermögens ist daher nicht Selbstzweck. Dieses Vermögen soll nicht um seiner selbst willen, sondern für diejenigen Personen, die sich als Erben herausstellen, gesichert und erhalten werden. Das erfordert jedoch auch, daß die Erben, wenn sie unbekannt sind, ermittelt werden und eine Verbindung zwischen ihnen und dem Nachlaß hergestellt wird, weil dieser für sie verloren ginge, falls sie von seinem Vorhandensein und von ihrer Erbenstellung keine Kenntnis erlangen. Die Erbenermittlung ist daher eine Maßnahme der Nachlaßsicherung, so daß ein (Sicherungs-) Bedürfnis zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft allein auf Grund der Notwendigkeit gegeben sein kann, unbekannte Erben zu ermitteln, auch wenn das Nachlaßvermögen in seinem Bestand selbst nicht gefährdet ist. Deshalb gehört die Ermittlung der unbekannten Erben zu den wesentlichen Aufgaben des Nachlaßpflegers (KGJ 40, 37 [38]; Staudinger-Lehmann aaO, § 1960 Rdn. 51) und kann sogar seine Hauptaufgabe sein (KG OLGR 8, 269).“ (KG OLGZ 1971, S. 210; so auch OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).

    Das OLG Hamm führt in der vorzitierten Entscheidung weiter aus: „Da es sich bei einer Nachlasspflegschaft um eine Personenpflegschaft für den zurzeit noch nicht bekannten Erben handelt, ist für jedes Erbteil und jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen“.

    Wenn - wie dargelegt - die Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft vorliegen, kann ich nicht erkennen, warum diese nicht angeordnet wird, es sei denn, das Nachlassgericht will die erforderlichen Erbenermittlungen selbst vornehmen.

    Aus der obergerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass die (noch nicht festgestellte) Teilerbin nicht darauf verwiesen werden kann, selbst einen gewerblichen Erbenermittler einzuschalten.

    Auch der Bevollmächtigte wird in der Regel nicht in der Lage sein, die Erben selbst zu ermitteln. Aus hiesiger Sicht wäre zur Kontrolle eines Bevollmächtigten durch die unbekannten Erben ohnehin ein Nachlasspfleger zu bestellen.

    Ein Nachlasspfleger darf nicht vorschnell einen in der Regel wesentlich kostenintensiveren gewerblichen Erbenermittler einsetzen. Er hat zunächst selbst Ermittlungen anzustellen.

    Nach alledem kann ich nicht erkennen, dass die unbekannten Erben mit erheblichen Kosten eines durch Teilerbin oder Bevollmächtigten beauftragten gewerblichen Erbenermittlers belastet werden sollen, wenn doch das Gesetz und die obergerichtliche Rechtsprechung die Bestellung eines (fähigen) Nachlasspflegers allein zum Zweck der Erbenermittlung vorsieht.

    Ich würde hier schon ein Sicherungsbedürfnis sehen, denn es ist ja nicht auszuschließen, dass die Sachen noch verwertbar sind oder noch werthaltige Gegenstände auftauchen. Es kann ja nicht sein, dass X, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, den Nachlass sichtet und entscheidet, was werthaltig ist und was nicht und durch eine eigenmächtige Räumung den Nachlass selbst in Besitz nimmt.

    Meinen Bruder (Vermieter) hat allererstes ein Nachlassrechtspfleger nach seinem Antrag nach § 1961 BGB angerufen und (unter Androhung einer Zurückweisung des Antrags) um Antragsrücknahme gebeten, da nach Ausschlagung diverser Erben noch immer unbekannte Erben vorhanden seien und somit eine Nachlasspflegschaft erst nach Ausschlagung auch dieser (durch wen auch immer noch zu ermittelnder) Erben möglich wäre. Hätte gerne eine Beschwerde zu dem Zurückweisungsbeschluss verfasst, wenn sich der Nachlassrechtspfleger nicht doch noch anderweitig entschieden hätte.

    So ähnlich hat mir das auch ein Vermieter mal bestätigt. Solange es noch Verwandte gäbe, die die Erbschaft ausschlagen können, sei die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nicht möglich. Wenn alle bekannten Erben ausgeschlagen hätten, würde das Fiskuserbrecht festgestellt werden. Wenn einer der Erbprätendenten bei Kenntnis des Anfalls der Erbschaft im Ausland sei und die Ausschlagungsfrist sechs Monate betrage, müsse der Vermieter schon hinnehmen, dass er erst nach sieben oder acht Monaten Zugriff auf seine Wohnung hat.

    Nix unbekannt, nur eben etwas anstrengend und für routiniertere Leute einfacher als für Laien.

    Also doch noch unbekannt. Wenn ich das Ergebnis nicht kenne, sind die Erben doch unbekannt. Sonst könnte man doch nie eine Nachlasspflegschaft anordnen. Denn bestellte Nachlasspfleger puzzeln am Ende doch immer Erben aus ihrer Wundertüte. Ist auch für sie oft etwas anstrengend und dauert mitunter sehr lange.

    Wer sagt denn, dass man seine Entscheidung an der Sympathie des Beteiligten festmacht? Soweit hier überhaupt ein Ermessen im Rahmen der Prüfung nach § 1960 BGB besteht, wird doch die Frage, ob ein Pfleger zu bestellen ist, nicht von der Person des Beteiligten abhängig sein, sondern der Frage, ob im Interesse der unbekannten Erben für diese ein Pfleger zu bestellen ist, wenn anderenfalls anzunehmen wäre, dass den Erben ein Nachteil droht oder diese ohne ein Eingreifen des Gerichts wahrscheinlich niemals oder erst erheblich später etwas von ihrem Erbrecht erfahren oder sogar davon auszugehen ist, die Erben überhaupt keine Kenntnis erhalten werden.

    So sehe ich das in Übereinstimmung mit @Balzac, TL und der obergerichtlichen Rechtsprechung auch:

    KG OLGZ 1971, S. 210; OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).

    Das Kammergericht hat bereits im Jahr 1971 festgestellt:

    „Die Sicherung und Erhaltung des Nachlaßvermögens ist (...) nicht Selbstzweck. Dieses Vermögen soll nicht um seiner selbst willen, sondern für diejenigen Personen, die sich als Erben herausstellen, gesichert und erhalten werden. Das erfordert jedoch auch, daß die Erben, wenn sie unbekannt sind, ermittelt werden und eine Verbindung zwischen ihnen und dem Nachlaß hergestellt wird, weil dieser für sie verloren ginge, falls sie von seinem Vorhandensein und von ihrer Erbenstellung keine Kenntnis erlangen. Die Erbenermittlung ist daher eine Maßnahme der Nachlaßsicherung, so daß ein (Sicherungs-) Bedürfnis zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft allein auf Grund der Notwendigkeit gegeben sein kann, unbekannte Erben zu ermitteln, auch wenn das Nachlaßvermögen in seinem Bestand selbst nicht gefährdet ist. Deshalb gehört die Ermittlung der unbekannten Erben zu den wesentlichen Aufgaben des Nachlaßpflegers (KGJ 40, 37 [38]; Staudinger-Lehmann aaO, § 1960 Rdn. 51) und kann sogar seine Hauptaufgabe sein (KG OLGR 8, 269).“ (KG OLGZ 1971, S. 210; so auch OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).

    Das OLG Hamm führt in der vorzitierten Entscheidung weiter aus:

    „Da es sich bei einer Nachlasspflegschaft um eine Personenpflegschaft für den zurzeit noch nicht bekannten Erben handelt, ist für jedes Erbteil und jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen“.


    Würdet ihr gleich eine Nachlasspflegschaft einrichten oder selbst anfangen, die gesetzlichen Erben zu ermitteln?

    Wenn das Nachlassgericht selbst die Ressourcen hat, den Nachlass zu sichern und die Erben zu ermitteln, braucht man natürlich keinen Nachlasspfleger. Ein Nachlasspfleger könnte sich natürlich entsprechend kümmern und das Nachlassgericht entlasten.

    Wenn ich das Stichwort "Bausparvertrag" höre und die Bausparkasse den Vertrag gerne abgewickelt hätte, müsste man vorsichtig sein. Denn es gibt (habe ich ich selbst auch in einer Sache) für die heutige Zeit Bausparverträge, die hoch verzinst sind (z.B. 2 % Basiszins zzgl. 3 % Bonuszins, wenn das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird).

    Solche Verträge versuchen die Bausparkassen verständlicherweise im Erbfall loszuwerden.

    So war es auch in meinem Fall und ich habe den Vertrag (verzinsliche Anlage) natürlich bestehen lassen und "meinem" Nachlassgericht "empfohlen", eine nachlassgerichtliche Genehmigung zur Kündigung des Vertrages nicht zu erteilen.

    So ist der Nachlass für die heutige Zeit sehr gut verzinst angelegt, während ich die Erben ermittle.

    ... dass der Sohn von dem Konto ... Abhebungen auf sein eigenes Konto vorgenommen hat, und zwar am 11.02.2019, 24-05.2019, 12.06.2019 und 17.06.2019.

    Die Verwaltung der Mietverhältnisse mag in Ausübung der Vollmacht geschehen. Wenn er aber Geld (die Überschüsse aus den Mieten?) auf sein eigenes Konto überweist und damit die Erträge des Nachlasses für sich beansprucht, könnte man schon über konkludente Annahme nachdenken.

    Man könnte allerdings auch darüber nachdenken, dass der Sohn das Geld widerrechtlich vereinnahmt hat.



    Nachlasspflegschaft wäre eine gute Idee. Dann ist wenigstens jemand da, der als erstes die Vollmacht widerruft und dann dafür sorgt, dass die Mieteinnahmen zum Nachlass gelangen.

    Wenn man denn als Nachlassgericht Zweifel an der Erbenstellung des Sohnes hat, wäre eine Nachlasspflegschaft aus den Gründen meines Vorredners sinnvoll. Wer weiß, was ein Nachlasspfleger in dieser Sache noch alles zutage fördern würde.

    Die Aufhebung der Feststellung des Fiskalerbrechts stünde der Anordnung einer Nachlasspflegschaft m.E. nicht entgegen, da auch begründete Zweifel an der Erbenstellung des Fiskus die Aufhebung rechtfertigen würden, ohne dass andererseits der Sohn zweifelsfrei als Erbe feststehen muss.

    In diesem Fall wären wir bei § 1960 BGB und der Möglichkeit der Anordnung einer Nachlasspflegschaft.

    Mein Vorredner bringt es auf den springenden Punkt.

    Wer als Bevollmächtigter handelt, muss nicht Erbe sein, also kann das Handeln als Bevollmächtigter für sich alleine auch keine konkludente Erbschaftsannahme darstellen.

    Der Sachvortrag des Fiskus ist in rechtlicher Hinsicht somit mehr als zweifelhaft


    Dem ist zuzustimmen.

    und das Nachlassgericht hat die Problematik wohl gar nicht erkannt.

    Jetzt schon, denn sonst würden wir hier nicht diskutieren.

    Und wenn das Nachlassgericht der vorangegangenen Argumentation folgen würde, könnte es zu dem Schluss kommen, dass der Erbe im Sinne des § 1960 Abs. 1 Satz 2 BGB unbekannt ist oder ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.

    Wenn dem so wäre, könnte Nachlasspflegschaft angeordnet werden.

    Fraglich ist, ob für eine konkludente Erbschaftsannahme die Verfügung über Nachlassmittel ausreichend ist, oder ob der Verfügende auch zu erkennen geben muss, die Nachlassverbindlichkeiten jedenfalls in Höhe des Aktivnachlasses übernehmen zu wollen.

    Die Erblasserin ist am 08.02.2019 verstorben, der Sohn hat am 06.03.2019 die Erbschaft ausgeschlagen und angegeben, dass er seit dem 08.02.2019 Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erlangt hat.

    Der Fiskalvertreter führt zur Unwirksamkeit der Erbausschlagung aus, dass der Sohn von dem Konto ... Abhebungen auf sein eigenes Konto vorgenommen hat, und zwar am 11.02.2019, 24-05.2019, 12.06.2019 und 17.06.2019.
    Mit diesen Überweisungen hat der Sohn, so der Fiskalvertreter, aufgrund der zu Lebzeiten von der Erblasserin erteilten Bankvollmacht tätigen konnte, hat er über das Erbe sowohl vor als auch nach seiner erklärten Erbausschlagung verfügt.

    Ich staune, dass die Fiskusvertreter nicht mit einem Bankenerstanschreiben sämtliche Vollmachten widerrufen haben und stattdessen zusehen, wie ein Angehöriger, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, über den Nachlass verfügt.

    Ferner wundere ich mich, warum der Fiskus nicht einen (für ihn kostenlosen) Erbschein beantragt hat, um dann gegen den Sohn gerichtlich vorzugehen. Im Rahmen des Erbscheinsverfahrens hätte das Nachlassgericht die Wirksamkeit der Ausschlagung prüfen können.

    Ich stelle mir vor, ich würde als Nachlasspfleger tatenlos zusehen, wenn Angehörige, die ausgeschlagen haben, sich am Nachlass bedienen, und ich dann lediglich dem Nachlassgericht gegenüber anregen würde, die Nachlasspflegschaft aufzuheben, da aus meiner Sicht der Verfügende trotz Ausschlagung wohl doch Erbe geworden ist. Das Haftungsrisiko, dass der Verfügende letztlich doch nicht Erbe ist, wäre mir zu groß.

    Achso, und dann ergibt sich wahrscheinlich noch ein Restbetrag aus der Versicherungsleistung...

    Der Fall, dass eine Restschuldversicherung nicht vollumfänglich für die Darlehenstilgung aufgewendet wird, da ja das Darlehen in der Regel zumindest teilweise getilgt wurde, kommt nicht selten vor.

    Der Restbetrag steht den unbekannten Erben zu (wenn kein Drittbezugsrecht verfügt wurde) , so dass ein Sicherungsbedürfnis im Sinne des § 1960 BGB vorliegt.

    Wer, wenn nicht ein Nachlasspfleger, soll denn für die unbekannten Erben die Abrechnung der Versicherungsleistung prüfen?

    Ergäbe sich nach Abzug aller Verbindlichkeiten noch ein Überschuss, wäre doch gar nicht klar, ob die Erben der 2 Erbordnung tatsächlich ausschlagen. Aus diesen Gründen scheidet m.E. das Fiskuserbrecht zu diesem Zeitpunkt aus.


    Guten Tag,


    mal eine Verständnisfrage für mich…..

    Alle Erben der 1. Erbordnung haben die Erbschaftausgeschlagen, die Akte ist schon weggelegt. Nun meldet sich die Bank A und fragt nach den Erben. Als Anlage wird der Kreditvertragbeigefügt. Ich sehe, dass eine Risikolebensversicherung vereinbart wurde, derauf den Finanzierungsbetrag noch draufgerechnet und natürlich verzinst wurdeund ich sehe, dass dieser Risikolebensversicherungsbetrag in Summe –netto- andie Lebensversicherung B überwiesen wurde.

    Nun meine Verständnisfrage, was passiert eigentlich mitdiesem Versicherungsbetrag?
    Sicherlich wird den Lebensversicherung B nach negativer Erbenanfrage vereinnahmen,aber richtig ist das doch nicht?

    edit by Kai: Bitte Klarnamenverbot beachten!


    Habe ich es den Sachverhalt richtig verstanden, dass mit der Risikolebensversicherung der Kredit abgelöst wurde und nun noch ein Überschuss besteht?

    Dieser Fall kommt ja öfter mal vor.

    Die Frage, ob nach dem Ausschlagen der Erben der ersten Ordnung bereits Fiskuserbrecht festgestellt werden kann, wäre meines Erachtens davon abhängig zu machen, wie hoch der Überschuss ist und sich weitere Erbenermittlungen rechtfertigen.

    Selbst wenn ein Nachlass überschuldet ist, darf das Fiskuserbrecht nicht vorschnell festgestellt werden (OLG Celle, Beschluss vom 20.04.2021 - 6 W 60/21 = NLPrax 2-2021, S.72 ff.).

    Die Frage, wann innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist das Erbrecht des Fiskus festgestellt wird (§ 1964 Abs. 1 BGB), richtet sich sich auch nach dem Wert des Nachlasses. Wenn durch eine Lebensversicherung ein überschuldeter Nachlass wieder werthaltig wird, wäre - sofern das Nachlassgericht die Erbenermittlungen nicht selbst durchführen will - eine Nachlasspflegschaft anzuordnen, damit weitere Erbenermittlungen durchgeführt werden können und ggf. Nachlassverbindlichkeiten beglichen werden, um weiteren Schaden abzuwenden.

    Selbst wenn eine Lebensversicherung per Drittbezugsrecht auf den Todestag abgetreten wäre, müsste ein Nachlasspfleger versuchen, die im Valutaverhältnis liegende Schenkung gegenüber dem Begünstigten zu widerrufen. Ein Sicherungsbedürfnis wäre daher auch in dieser Konstellation gegeben.

    Ferner hat der Nachlasspfleger die Möglichkeit, im Falle der Nachlassüberschuldung einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, damit der Insolvenzverwalter die im Valutaverhältnis liegende Schenkung nach § 134 InsO anfechten kann.

    Dass die Versicherung mangels Ermittlung der Erben die Versicherungssumme selbst vereinnahmt oder der Fiskus sich entsprechend bereichert, ist nicht Zweck des § 1960 BGB.

    Das Kammergericht hat bereits im Jahr1971 festgestellt:


    Die Sicherung und Erhaltung des Nachlaßvermögens ist daher nicht Selbstzweck.
    Dieses Vermögensoll nicht um seiner selbst willen, sondern für diejenigen Personen, die sich als Erben herausstellen, gesichert und erhalten werden. Das erfordert jedoch auch, daß die Erben, wenn sie unbekannt sind, ermittelt werden und eine Verbindung zwischen ihnen und dem Nachlaß hergestellt wird, weil dieser für sie verloren ginge, falls sie von seinem Vorhandensein und von ihrer Erbenstellung keine Kenntniserlangen. Die Erbenermittlung ist daher eine Maßnahme der Nachlaßsicherung, so daß ein (Sicherungs-) Bedürfnis zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft allein auf Grund der Notwendigkeit gegeben sein kann, unbekannte Erben zu ermitteln, auch wenn das Nachlaßvermögen in seinem Bestand selbst nicht gefährdet ist. Deshalb gehört die Ermittlung der unbekannten Erben zu den
    wesentlichen Aufgaben des Nachlaßpflegers (KGJ 40, 37 [38];Staudinger-Lehmann aaO, § 1960 Rdn. 51) und kann sogar seine Hauptaufgabe sein (KG OLGR 8, 269).“
    (KG OLGZ 1971, S. 210; so auch OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).



    Ich habe gerade ein Antrag zur Nachlassverwaltung auf dem Tisch. Die Erben haben keinerlei Auskünfte über den Nachlass und können daher auch kein Nachlassverzeichnis o.ä. vorlegen. Erbschein für die 2 Erben wurde erteilt. Mit dem Antrag möchten die Antragsteller die persönliche Erbenhaftung ausschließen.

    Kann ich ohne hinreichende Auskünfte zum Nachlass eine Nachlassverwaltung anordnen, auch wenn evtl. keine kostendeckende Masse vorhanden ist? Wie hoch sollte in diesem Fall der Vorschuss ausfallen? :gruebel:

    Wenn der Erbschein erteilt wurde, sollte es den Erben doch möglich sein, bei kontoführenden Instituten des Erblassers zumindest die Auskunft zu bekommen, welche Vermögenswerte vorhanden sind. Wenn sie das nicht wollen oder können, könnte man vielleicht einen Kostenvorschuss von 3000 - 5000 € anfordern, so dass der Nachlassverwalter Ermittlungen nach Vermögenswerten anstellen kann.

    Stellt sich (nach Durchführung des Aufgebotsverfahrens gemäß § 1970 BGB) heraus, dass ausreichend Mittel für die Nachlassverwaltung und die sonstigen Nachlassverbindlichkeiten vorhanden sind, kann die Nachlassverwaltung nach vollständiger Befriedigung aller Nachlassgläubiger zur Haftungsbeschränkung der Erben führen.

    Können nicht alle Nachlassgläubiger vollständig befriedigt werden, ist der Nachlassverwalter ohnehin verpflichtet, das Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen.

    Wäre da nicht ein Nachlassinsolvenzantrag als Erbhaftungsbeschränkung sinnvoller.

    Warum Nachlassinsolvenzantrag? Das ist doch ein Verfahren für zahlungsunfähige/überschuldete Nachlässe, während die Nachlassverwaltung die Haftung auf den Nachlass beschränkt, sofern alle Nachlassverbindlichkeiten vollständig beglichen werden können.


    Wirkungskreis: Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und Ermittlung der Erben. Damit ist meines Erachtens alles abgedeckt, auch die Vertretung im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens.

    Du kennst zwar die Namen derjenigen, die nach der gesetzlichen Erbfolge zu Erben berufen sind, aber nicht deren Aufenthaltsort. Also weißt du auch nicht, ob sie die Erbschaft annehmen werden. Damit ist die Annahme der Erbschaft im Sinne von § 1960 BGB ungewiss.


    Ich beabsichtige, eine Nachlasspflegschaft anzuordnen. Ein Kostenvorschuss seitens der Gläubigerin ist meiner Meinung nach nicht erforderlich.
    Für mich stellt sich die Frage nach dem Wirkungskreis des Nachlasspflegers.
    Nehme ich als Wirkungskreis „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses?“

    Vielen Dank im Voraus:)

    Genau so würde ich das machen. "Sicherung und Verwaltung des Nachlasses" als Wirkungskreis.

    Bei einem Antrag nach § 1961 BGB muss das Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft anordnen. Ein Ermessensspielraum besteht nicht. Es "steht der Anordnung nicht entgegen, dass kein Nachlassvermögen existiert oder der Nachlass aller Voraussicht nach dürftig ist" (KG, Beschluss vom 02.08.2017 - 19 W 102/17 m.w.N; https://oj.is/966863).

    Hallo allerseits,

    ich habe als Gläubiger bei der Beantragung von Nachlasspflegschaften gem. § 1961 BGB zur Einleitung von Zwangsversteigerung immer wieder das Problem, dass die Nachlassgerichte sich sehr sträuben und von mir erst mal eine Erbenermittlung verlangen.

    Hierbei gehe ich davon aus, dass das auch damit zusammenhängen kann, dass es sich immer um völlig überschuldete Nachlässe handelt, bei denen keinerlei Vermögen vorhanden ist und somit für den Nachlasspfleger nur Arbeit aber kaum Vergütung zu erwarten ist. Insofern kann ich das Zögern schon verstehen.

    Bei einem Antrag nach § 1961 BGB muss das Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft anordnen. Ein Ermessensspielraum besteht nicht. Es "steht der Anordnung nicht entgegen, dass kein Nachlassvermögen existiert oder der Nachlass aller Voraussicht nach dürftig ist" (KG, Beschluss vom 02.08.2017 - 19 W 102/17 m.w.N; https://oj.is/966863).


    Meine Frage: wenn die NLP angeordnet wurde, der Titel auf die unbekannten Erben vertr. d. d. NLP umgeschrieben und zugestellt ist und anschließend das Zwangsversteigerungsverfahren angeordnet wurde: kann ich dann beim Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft wieder aufheben lassen, oder sollte/muss sie bis zur Beendigung des ZVG-Verfahrens bestehen?

    Auch diese Frage ist (für das Insolvenzverfahren) obergerichtlich entschieden. Die Nachlasspflegschaft muss bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens bestehen bleiben (OLG Stuttgart, Beschluss vom 23.04.2012 - 8 W 136/12; https://openjur.de/u/608840.html).

    Entsprechendes gilt für das Zwangsversteigerungsverfahren, da der Nachlasspfleger - wie im Insolvenzverfahren - die Rechte der unbekannten Erben wahrnimmt. Die Beschlüsse des Insolvenzverfahrens bzw. des Zwangsversteigerungsverfahren werden dem Nachlasspfleger zugestellt.

    Wenn streitig ist, ob der Fiskus Erbe ist, dürfte aus Sicht des Nachlassgerichts der Erbe unbekannt sein. Das Nachlassgericht könnte bis zur endgültigen Klärung Nachlasspflegschaft nach § 1960 BGB anordnen. Der Umstand, dass "die Sparkasse" für die unbekannten Erben Geld gerichtlich hinterlegt hat, steht dem nicht entgegen, denn nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Erbenermittlung allein ein Sicherungsbedürfnis, wenn die Erben ohne Ermittlung des Gerichts (bzw. eines Nachlasspflegers) nie vom Anfall der Erbschaft Kenntnis erlangen würden (OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18; so auch OLG Hamm FamRZ 2015, 2196, 2197; KG, Beschluß vom 13. 11. 1970 - 1 W 7814/70, OLGZ 1971, 210).

    Für eine vorläufige Sicherungsmaßnahme (Nachlasspflegschaft) dürfte das Gericht auch nach § 344 Abs. 4 FamFG zuständig sein, da sich lt. Sachverhalt ein Geldbetrag dort in der Hinterlegung befindet. Die Hinterlegung ist auch eine vorläufige Sicherungsmaßnahme (vgl. Siebert, Rpfl. 2018, 517ff.) und lässt das Sicherungsbedürfnis für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nicht entfallen (s.o.).

    Der Nachlasspfleger müsste sich im Rahmen der Erbenermittlung mit der Frage auseinandersetzen, welches Erbrecht zur Anwendung kommt.

    Aus dem Sachverhalt geht leider nicht hervor, ob bereits ein Nachlasspfleger bestellt war. Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des OLG Celle (OLG Celle vom 20.04.2021, NLPrax, 2-2021, S. 72 ff.) sind Ermittlungen des Nachlassgerichts oder die Einsetzung eines Nachlasspflegers Voraussetzung für die Feststellung des Fiskalerbrechts, auch wenn es sich nur um geringwertigen Nachlass handelt.

    Denn mit dem Eigenvermögen haftet der Erbe nicht.

    woraus ergibt sich das genau?
    So deutlich habe ich das irgendwie nicht finden können und war nach vielem Lesen eigentlich dazu gekommen, dass der Erbe doch voll/persönlich haftet - wie für alle anderen Nachlassverbindlichkeiten auch - wenn er keine entsprechenden haftungsbeschränkenden Maßnahmen ergreift. War unsicher, ob § 1836e Abs. 1 S. 2 BGB für diesen Fall direkt anwendbar ist (s.o.) und habe in den Kommentaren auch Widersprüchliches gefunden habe ... daher meine Frage(n).

    Die Gedanken sind doch gar nicht abwegig.

    Das OLG Hamm (OLG Hamm, 31.08.2016 - I-15 W 273/16) sieht (beim vermögenden Nachlass) die Entscheidung des OLG Celle kritisch und ist der Auffassung, dass der Erbe für die Nachlasspflegervergütung als Nachlassverbindlichkeit im Sinne von § 1967 BGB grundsätzlich auch persönlich haftet. Will er das vermeiden muss er selbst die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass herbeiführen.

    "Dem Erben entsteht in keiner Weise ein Rechtsverlust, wenn er - wie im Hinblick auf andere in Betracht kommenden materiellrechtliche Einwendungen - für die Geltendmachung der beschränkten Erbenhaftung auf ein nachfolgendes Verfahren verwiesen wird."

    OLG Hamm, Beschluss vom 31.08.2016 - 15 W 273/16 - openJur


    Das Landgericht Münster, Beschluss vom 24.08.2020 - 5 T 339/20 sieht die Haftungsbeschränkung des Erben aus § 1836e Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB auch für die Nachlasspflegervergütung über § 1915 BGB als gegeben an.

    "Denn auch für den Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers gilt über § 1915 BGB die Haftungsbeschränkung des § 1836e Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB, wonach der Erbe nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses haftet".

    LG Münster, Beschluss vom 24.08.2020 - 5 T 339/20 - openJur