Es meldet sich nun eine Cousine großmütterlicherseits, die sich teilweise um die Erbfolge gekümmert hat, aber auch nur um den Zweig der Mutter. Die Großmutter hatte 6 Geschwister, alle verstorben, Kinder und Kindeskinder, auch teilweise verstorben. Sie legt einige Urkunden vor trägt aber vor, dass die Verwandten aus Polen kamen und einige Geburtsurkunden nicht zu beschaffen sind, dh. ihre eigene Erbstellung kann zur Zeit nicht nachgewiesen werden. Überhaupt stoße sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten weiter zu ermitteln. Bestellt ihr in diesem Fall einen Pfleger für die (teilweise) unbekannten Erben, der die Erben ggf mit Hilfe eines Erbenermittlers sucht oder sollte die Beauftragung des Ermittlers durch die bekannte Erbin erfolgen ? Könnte ggf. auch der Bevollmächtigte einen Erbenermittler beauftragen ? Danke im Voraus für Eure Hilfe
Nachlasspflegschaft anordnen.
Die Erbenstellung der Cousine kann "zur Zeit nicht nachgewiesen werden", also ist die Erbenstellung der Cousine ungewiss bzw. unbekannt. Ein Sicherungsbedürfnis im Sinne von § 1960 BGB ist nach obergerichtlicher Rechtsprechung auch vorhanden, denn:
Bei der Frage, ob ein Sicherungsbedürfnis besteht, ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht allein auf den zu sichernden Nachlass abzustellen. Ein Sicherungsbedürfnis ist vielmehr auch dann gegeben, wenn die gesetzlichen Erben ohne die Ermittlungen eines Nachlasspflegers überhaupt nicht die Möglichkeit haben, von ihrem Erbe Kenntnis zu erlangen (KG OLGZ 1971, S. 210; OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).
Das Kammergericht hat bereits im Jahr 1971 festgestellt: „Die Sicherung und Erhaltung des Nachlaßvermögens ist daher nicht Selbstzweck. Dieses Vermögen soll nicht um seiner selbst willen, sondern für diejenigen Personen, die sich als Erben herausstellen, gesichert und erhalten werden. Das erfordert jedoch auch, daß die Erben, wenn sie unbekannt sind, ermittelt werden und eine Verbindung zwischen ihnen und dem Nachlaß hergestellt wird, weil dieser für sie verloren ginge, falls sie von seinem Vorhandensein und von ihrer Erbenstellung keine Kenntnis erlangen. Die Erbenermittlung ist daher eine Maßnahme der Nachlaßsicherung, so daß ein (Sicherungs-) Bedürfnis zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft allein auf Grund der Notwendigkeit gegeben sein kann, unbekannte Erben zu ermitteln, auch wenn das Nachlaßvermögen in seinem Bestand selbst nicht gefährdet ist. Deshalb gehört die Ermittlung der unbekannten Erben zu den wesentlichen Aufgaben des Nachlaßpflegers (KGJ 40, 37 [38]; Staudinger-Lehmann aaO, § 1960 Rdn. 51) und kann sogar seine Hauptaufgabe sein (KG OLGR 8, 269).“ (KG OLGZ 1971, S. 210; so auch OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).
Das OLG Hamm führt in der vorzitierten Entscheidung weiter aus: „Da es sich bei einer Nachlasspflegschaft um eine Personenpflegschaft für den zurzeit noch nicht bekannten Erben handelt, ist für jedes Erbteil und jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen“.
Wenn - wie dargelegt - die Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft vorliegen, kann ich nicht erkennen, warum diese nicht angeordnet wird, es sei denn, das Nachlassgericht will die erforderlichen Erbenermittlungen selbst vornehmen.
Aus der obergerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass die (noch nicht festgestellte) Teilerbin nicht darauf verwiesen werden kann, selbst einen gewerblichen Erbenermittler einzuschalten.
Auch der Bevollmächtigte wird in der Regel nicht in der Lage sein, die Erben selbst zu ermitteln. Aus hiesiger Sicht wäre zur Kontrolle eines Bevollmächtigten durch die unbekannten Erben ohnehin ein Nachlasspfleger zu bestellen.
Ein Nachlasspfleger darf nicht vorschnell einen in der Regel wesentlich kostenintensiveren gewerblichen Erbenermittler einsetzen. Er hat zunächst selbst Ermittlungen anzustellen.
Nach alledem kann ich nicht erkennen, dass die unbekannten Erben mit erheblichen Kosten eines durch Teilerbin oder Bevollmächtigten beauftragten gewerblichen Erbenermittlers belastet werden sollen, wenn doch das Gesetz und die obergerichtliche Rechtsprechung die Bestellung eines (fähigen) Nachlasspflegers allein zum Zweck der Erbenermittlung vorsieht.